DiRT: Showdown31.05.2012, Michael Krosta
DiRT: Showdown

Im Test:

Bunte Feuerwerkskörper, laute Musik und dröhnende Motoren: In Dirt Showdown trifft Rennsport auf Spaßfestival! Und was braucht eine Party dieses Kalibers? Action, Zerstörung und coole Stunts! Codemasters rast hier im Windschatten von Burnout & Co endgültig auf die Arcade-Piste. Eine Bereicherung der Dirt-Reihe?

Autosport

Ich drifte mit einem 650PS-Fiesta wie ein Profi um einen Bagger herum und drehe mich dabei kontrolliert im Kreis. Weiter geht’s mit einem stylischen Drift unter einem Anhänger hindurch bis ich mit Vollgas auf eine Rampe zurase und kurze Zeit später abhebe. Klingt vertraut? Ja: Gymkhana, Ken Blocks cooler Trendsport, ist nach seiner Premiere in Dirt 3 auch bei Showdown vertreten, so dass man auch hier atemberaubende Trick-Läufe absolvieren muss, deren Ablauf und Reihenfolge bei 1-gegen-1-Duellen entweder streng vorgegeben oder im Freestyle selbst festgelegt wird.

Allerdings wird schnell klar, dass man bei Codemasters nicht viel Zeit in die Erstellung von neuem Material stecken wollte: Nicht nur ein Großteil der Arenen, auch Schauplätze wie San Francisco, Miami, Yokohama oder Battersea sowie manche Strecken wurden offensichtlich aus den Dirt 3-Assets gebastelt und teilweise sogar nahezu 1:1 übernommen. Entsprechend könnte Showdown auf den ersten Blick als abgespeckter Zwilling durchgehen - abgesehen von dem verstärkten Einsatz von Pyrotechnik, denn an nahezu jeder Rampe werden kleine Feuerwerkskörper gezündet. Gerade Besitzer des letzten Rallye-Titels dürften sich angesichts des Recyclings etwas veräppelt vorkommen.

Futter für die Schrottpresse

Volle Breitseite!
Volle Breitseite!
Immerhin wird bei den Spielmodi viel geboten, was man bisher nicht in der Dirt-Reihe zu sehen bekam. Die Fokussierung auf Arcade  bringt neben kontaktfreudigen Standardrennen und den Gymkhana-Läufen deshalb auch Schrottorgien im Stil von Destruction Derby mit sich, bei denen man die Boliden der anderen Fahrer durch gezielte Rempeleinlagen zerlegen muss. Dazu gesellen sich mehrere Variationen des Konzepts: Bei Knockout werden die geschlossenen Arenen durch Plattformen ersetzt, von denen man die Konkurrenz herunter schubsen sollte, wenn man ordentlich punkten will. Genau wie in den anderen Modi kehren die Fahrer nach einem KO mit reparierten Karren zurück - es gibt also kein „Last Car Driving“. Schäden wirken sich zudem nur optisch aus und zehren an der Energieleiste. Auswirkungen auf die Fahrphysik gibt es nicht. „Hard Target“ ist eine weitere Variation der Crashorgien, doch wird der Jäger hier zum Gejagten. Das Ziel: Man muss die Rempel-Attacken der anderen Fahrer so lange wie möglich ausweichen und überleben. Um dem Ganzen einen zusätzlichen Kick zu verleihen, werden mit der Zeit immer mehr Boliden in die Arena geschickt, die es alle nur auf den Spieler abgesehen haben.

Was alle Crash-Modi gemeinsam haben: Hier entscheidet mehr das Glück, wer am Ende der Runde ganz oben auf dem Podest stehen darf. Deshalb kann es manchmal sehr frustrierend sein zu sehen, wie die Punkte der KI in die Höhe schießen, während man selbst scheinbar auf keinem grünen Zweig landet und immer am falschen Ort zu sein scheint. Zwar zeigen Icons die Position der anderen Fahrer an, doch ist das Gerangel trotzdem eher chaotisch als übersichtlich. Hinzu kommt, dass ich bei den Knockout-Events oft das Gefühl hatte, dass die Punkte nicht richtig gezählt werden - vor allem, wenn man einen der Konkurrenten von der Plattform befördert. Auch die Einblendung, ob es sich bei Zusammenstößen um leichte oder schwere Treffer handelt, lässt sich nicht immer nachvollziehen.

Rowdy-Rennen

Gymkhana-Läufe müssen ebenfalls wieder absolviert werden.
Gymkhana-Läufe müssen ebenfalls wieder absolviert werden.
Von solchen Problemen wird man in den restlichen Veranstaltungen verschont, die sich eher an klassischen Modi orientieren: Race Off-Events sind Standardrennen, bei denen zwar auch gepöbelt und über Rampen gerast werden darf, aber es letztendlich nur auf die Position beim Überqueren der Ziellinie ankommt. Beim Eliminator wird dagegen in regelmäßigen Abständen den Letztplatzierten aus dem Rennen gekickt, während das abgestellte Fahrzeug noch als weiteres Hindernis neben Betonblöcken und Fässern auf der Straße bleibt. Während die Endposition hier über Sieg oder Niederlage entscheidet, spielt sie bei Domination eine untergeordnete Rolle: Hier kommt es stattdessen auf die einzelnen Sektorenzeiten an, die man in den Asphalt brennt. Und dann wären da noch die 8 Ball-Events, bei denen die Pisten mehr oder weniger in Form einer Acht angeordnet sind. Hauptsache ist, dass sich die Fahrbahnen oft genug kreuzen, damit haarsträubende Unfälle quasi vorprogrammiert sind. Damit sind sie die ideale Kombination aus Crash- und Standardrennen. Vor allem wenn man in Führung liegt, hat man das Gefühl, als würde man mit geschlossenen Augen eine viel befahrene Straße überqueren, da jederzeit ein Rowdy in die Seite krachen kann. Die aus den Vorgängern bekannte Rückspulfunktion darf hier nur noch selten verwendet werden - vornehmlich beim Gymkhana. Entsprechend tun Unfälle richtig weh und können einen weit zurückwerfen.

Brutale KI

Die KI kennt keine Gnade und nutzt jede Chance zum "Abschießen".
Die KI kennt keine Gnade und nutzt jede Chance zum "Abschießen".
Viel Zeit zum Durchatmen bleibt ohnehin nicht, denn das Fahrerfeld wird durch einen Gummiband-Effekt nah beisammen gehalten. So bekommt man zwar schnell wieder Anschluss, wenn man mal zurückliegt, kann Verfolger aber selbst bei perfekter Fahrweise nicht so leicht abschütteln. Schon in der Vergangenheit war die Codemasters-KI dafür bekannt, nicht gerade zimperlich zu sein - hier packt sie bei Zweikämpfen endgültig die Brechstange aus und beweist ihre Abschussmentalität. Was bei den anderen Dirt-Titeln oder auch Racer Driver: GRID oft genervt hat, fällt hier längst nicht so negativ auf, weil es zum Arcade-Konzept von Showdown passt. Das gilt auch für die Fahrphysik, die weiter vereinfacht wurde, damit sich die Flitzer problemlos steuern lassen. Trotzdem wird man aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades manchmal verzweifelt in den Controller beißen.

Der Nitro, den man taktisch für kurzzeitige Geschwindigkeitsschübe einsetzen kann, passt ebenfalls ins Konzept. Ist die Boost-Energie aufgebraucht, regeneriert sie sich automatisch - und das in jedem Modus. Schade, denn hier verschenken die Entwickler die Chance, den Rennen etwas mehr Tiefe zu verleihen. Warum kann ich z.B. nicht zusätzlich durch Drifteinlagen oder Sprünge dafür sorgen, dass sich der Nitro schneller auflädt - etwa so, wie es zuletzt Ridge Racer: Unbounded gemacht hat? So bleiben die vielen Rampen nur ein bedeutungsloser, fast schon überflüssiger Zusatz.

Bye bye, Lizenzen!

In den Crash-Events sitzt man in Boliden ohne Lizenz.
In den Crash-Events sitzt man in Boliden ohne Lizenz.
Während bei GRID und DIRT in der Vergangenheit lizenzierte Boliden in der Startaufstellung zu finden waren, setzt man sich in Showdown vornehmlich hinter das Steuer von recht gut designten Fantasievehikeln. Ein Grund für die Entscheidung mag darin liegen, dass man sich durch diese Maßnahme nicht den Vorgaben der Hersteller beugen muss, die gerade im Bezug auf ein Schadensmodell oft Bauchschmerzen bekommen. Allerdings bleibt die Kinnlade beim Betrachten der Kollisionen oben - selbst wenn man sie in der neuen Crash-Cam erneut und in Zeitlupe betrachtet. Codemasters kann den Aufprall einfach nicht so gut einfangen wie es Criterion bei der Burnout-Reihe getan hat, die der Konkurrenz selbst heute noch auf und davon fährt.

Einzig in Gymkhana-Events stehen mit Ken Blocks Ford Fiesta, Scion, Saturn Sky, Subaru Impreza und dem alten Kult-Mini lizenzierte Boliden zur Auswahl - diverse vorgefertigte Lackierungen inklusive, die man auch bei den anderen Fahrzeugen verwenden darf. Einen Editor  zum Erstellen eigener Aufkleber und Muster sucht man aber genauso vergeblich wie eine Cockpitperspektive. Zur Auswahl steht nur jeweils eine Außen- und Motorhaubenansicht.  

„Ich fordere dich heraus“

Der Aufbau der Showdown Tour erinnert nicht nur rein optisch mit der Block-Darstellung an Race Driver: GRID und das erste DIRT. Auch hier kämpft man sich in vier Meisterschaften vom Pro über Allstar und Champion bis hin zu den Legend-Events vor. Schön: Nach jedem Wettbewerb darf man seinen Buddies auf der Freundesliste eine Herausforderung schicken, das eigene Ergebnis zu schlagen. Zudem gibt es erneut die Möglichkeiten, seine Wiederholungen direkt auf Youtube hochzuladen, sofern man den Code für den Mehrspielerpass eingelöst hat. Ein lokales Abspeichern der Videos ist leider nicht möglich.

Kommt mir bekannt vor

Konkurrenz für Ken Block? Veröffentlicht eure eigenen Stunt-Videos auf Youtube!
Konkurrenz für Ken Block? Veröffentlicht eure eigenen Stunt-Videos auf Youtube!
Neben der Karriere findet man im Modus Joyride die beiden Spielplätze Yokohama Docks und Battersea Compound. Hier kann man sich wie schon bei Dirt 3 mit Gymkhana-Aktionen nach Lust und Laune austoben sowie versteckte Pakete zum Sammeln finden. Hat man einen Teil der Aufgaben erfüllt, bekommt man Zugang zu neuen Bereichen. Auch im Mehrspielermodus wird Bekanntes geboten: Neben Splitscreen-Rennen für zwei Spieler kann man sich online mit bis zu sieben anderen Fahrern messen. Dafür werden erneut vorgefertigte Spielelisten angeboten, die Wahl der Modi und Strecken läuft anschließend per Abstimmung. Neu sind die Racenet-Events, an denen aber nur Leute teilnehmen dürfen, die sich auf der entsprechenden Webseite registriert haben, die in Zukunft wohl der zentrale Sammelpunkt für alle Rennspiele von Codemasters werden wird. Auch weitere Boliden wandern als Belohnung fürs Einschreiben in die Garage.

Fazit

Ich bin froh, dass sich Codemasters mit Dirt Showdown endlich dem reinen Arcade-Racer verschrieben hat. Ganz ehrlich. Denn dadurch steigen meine Hoffnungen, dass man mit den großen Teilen der Reihe endlich wieder zurück zu den echten Rallye-Wurzeln gehen kann und wird. Zumal der Ableger eine Existenzberechtigung hat und sich für Fans rempellastiger Rennaction durchaus lohnt: Trotz fragwürdiger Punktevergabe machen die Crash-Orgien eine Menge Spaß und sorgen vor allem in Online-Duellen für den einen oder anderen Kreischanfall – alternativ geht es im Splitscreen rund! Auch das Challenge-System gegen Freunde sorgt für spannende Kämpfe um Punkte und Hundertstel-Sekunden. Zwar hätte das Schadensmodell angesichts des überwiegend lizenzfreien Fuhrparks noch ausgefeilter sein dürfen, aber es ist trotzdem schön zu sehen, wie sich die Boliden mit jedem Treffer mehr in zerbeulte Wracks verwandeln. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass Codemasters hier eine Art Resteverwertung betrieben hat. Egal ob Gymkhana oder ein Großteil der Schauplätze: Das alles kennt man bereits aus Dirt 3! Der positive Nebeneffekt besteht darin, dass Showdown dank der engen Verwandtschaft nicht nur fantastisch aussieht, sondern mit einem grandiosen Lizenz-Soundtrack sowie wuchtigen Effekten auch entsprechend klingt.  

Wertung

360

Schöne Mischung aus Destruction Derby und Rempel-Rennen - aber die schamlose Wiederverwertung dürfte vor allem Dirt 3-Besitzern sauer aufstoßen.

PC

Leichte Technik-Vorteile auf dem PC, ansonsten identisch zu den Konsolenfassungen.

PlayStation3

Bis auf die übliche Zwangsinstallation identisch zur 360-Fassung.

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