Total War Battles: Shogun23.04.2012, Jörg Luibl
Total War Battles: Shogun

Im Test:

Hexfelder, Samurai und Total War in zweiter Dimension auf dem iPad? Das klingt vielleicht nach rundenbasierter Strategie alter Schule, ist aber etwas anderes. Creative Assembly präsentiert für 5,49 Euro ein ebenso frisches wie ungewöhnliches Spielprinzip, das sowohl den Aufbau als auch die Gefechte in Echtzeit ablaufen lässt. Wir haben uns im alten Japan des 16. Jahrhunderts ausgetobt.

In Echtzeit von links nach rechts

Ich habe nur eine schmale Karte, die mir wenig Platz zum Bauen und Aufstellen einer kleinen Truppe bietet? Gebäude dürfen nur in bestimmter Nachbarschaft platziert werden? Bewegungen laufen in Echtzeit, immer von links nach rechts? Das heißt, ich kann meine Samurai nicht zurückziehen, sondern nur stoppen? Dieses Korsett hat mir als freier Taktiker zunächst gar nicht gefallen. Obwohl die Kulisse ansehnlich und die Musik lieblich ist, wollte die gerunzelte Stirn in den ersten Missionen nicht verschwinden.

Vor allem nicht, weil einmal erteilte Bewegungsbefehle erst abkühlen müssen – sprich: Ich sage vorwärts und wenn die Reiter zu früh vor ein Hindernis geraten, entscheiden sie selbst, ob sie oben oder unten entlang galoppieren. Aber als ich noch dachte wie schade es ist, dass Creative Assembly nicht einfach rundenbasierte Gefechte à la Advance Wars oder Fire Emblem für das iPad konzipierte, zeigten sich auch die Stärken dieses ungewöhnlichen Spielprinzips, das viele Elemente klassischer Aufbaustrategie mit etwas Tower Defense und Puzzlecharme verbindet.

Aufbau & Rekrutierung

Kann man den General zehn Minuten schützen? Man muss effiziente Linien bilden.
Kann man den General links zehn Minuten schützen? Man muss clever bauen und effiziente Linien bilden.
Zum einen muss man sich um die vier Rohstoffe Holz, Gold, Stein und Ehre kümmern, die man über bestimmte Gebäude erntet. Je näher diese an Wäldern, Seen, Gebirgen oder Kirschbäumen stehen, desto reicher fällt der Ertrag aus. Das Verflixte: Man baut nicht frei, sondern muss die Richtlinien beachten, die zum einen bestimmte Hexfelder als Basis sowie ein Gebäude voraussetzen. Man kann zwar Fundamente per Fingertipp drehen, aber sehr schnell wird es eng auf den schmalen Karten.  Für die Rohstoffe kann man wiederum Truppen rekrutieren: Vom einfachen Schwertkämpfer, Speerträger über Bogenschützen bis hin zur Kavallerie, Luntenschloss-Schützen, Kampfmönchen oder Kanonen.

Ziel ist es meist, den eigenen General hinten links optimal zu beschützen und den gegnerischen hinten rechts zu besiegen. Aus taktischer Sicht muss man umdenken und seine Einheiten linearer platzieren, am besten in schlagfertigen Linien, denn Fernkämpfer visieren nur das an, was direkt vor ihnen liegt – lediglich die Infanterie greift auch diagonal an, so dass man effektive Dreiecke als Fallen vorbereiten kann. So entsteht manchmal ein Spielablauf, der entfernt an Plants vs. Zombies erinnert, wenn in sechs untereinander liegenden Reigen die Feinde heran marschieren und man alle abwehren muss.

Schere, Stein, Papier – Linie!

Für Erfahrungspunkte schaltet man bessere Funktionen für Gebäude, Einheiten und Befehle frei.
Für Erfahrungspunkte schaltet man bessere Funktionen für Gebäude, Einheiten und Befehle frei.
Da empfiehlt es sich, die Kanone hinter dem Bogenschützen und den wiederum hinter dem Kampfmönch zu platzieren, um möglichst viel Schaden auf eine Linie zu konzentrieren. Und wenn dann noch Trommler von hinten diese Linie motivieren, ist der Sieg fast sicher. Aber was ist, wenn die gegnerische Kavallerie eine andere Route wählt oder direkt auf die Katanakämpfer galoppiert? Dann sieht es schlecht aus, denn auch in diesem Total War gelten die Gesetze von Schere, Stein, Papier, die man beachten sollte – in diesem Fall hätten Speerkämpfer als Konter geholfen. Schade ist allerdings, dass es kaum Statistiken oder sonstige Truppeninfos gibt. Die Kampfanimationen sind gelungen, aber  die Zoomfunktion ist nicht der Rede wert – die Kamera kann nur etwas näher ans Geschehen heran, so dass man weder mehr Details wahrnimmt noch aus der Ferne mehr Übersicht genießt. Das geht quasi nur über das Wischen von rechts nach links.

Man kann über die Fähigkeiten des Generals direkt eingreifen und Truppen in letzter Sekunde komplett heilen oder zusätzlich anstacheln, so dass sie kurzfristig mehr Schaden anrichten. Aber hat man diese auch aktiviert? Oder könnte man neue Einheiten ins Gefecht schmeißen? Aufgrund des Echtzeitablaufs kämpft man immer gegen die Uhr bzw. mit den gerade aufgefrischten Rohstoffen, die für den nächsten Nachschub erforderlich sind – und das kann dauern. Es gibt leider keine Vorspulfunktion, so dass man mitunter ewig warten muss, bis die Einheiten am Ziel ankommen. In der Zwischenzeit kann man lediglich etwas ernten, indem man auf die Karte tippt, wenn zusätzliche Rohstoffsymbole aufleuchten.

Erfahrungspunkte & Entwicklungen

Ab un dzu gibt es Puzzle-Missionen, in denen man z.B. eine bestimmte Zahl von Gebäuden platzieren muss.
Ab un dzu gibt es Puzzle-Missionen, in denen man z.B. eine bestimmte Zahl von Gebäuden platzieren muss.
Es gibt 27 Haupt- und 18 Nebenmissionen, die in drei Stufen bewertet werden und von einer umfangreichen, aber öden Story um Rache getragen werden. Sie wird auf Englisch gesprochen und von viel zu langen deutschen Texten in Briefform vorgetragen. Diese Mühe hätte man sich sparen können, denn sie wirkt wie eine künstliche Streckung und man ist froh darüber, dass man sie wegklicken und die nächste Mission starten kann. Immerhin sind die Missionen abwechslungsreicher.

Neben der Vernichtung des Generals geht es auch mal darum, eine bestimmte Zahl an Einheiten zu töten oder eine feste Zeit gegen Feinde zu bestehen. Ab und zu wird in den Missionen etwas variiert: Mal muss man z.B. unter Einsatz der Befehle mit ein, zwei Einheiten zum Ziel kommen, indem man eine kluge Route wählt und seine verwundeten Truppen rechtzeitig verstärkt. Mal muss man auf engem Raum eine bestimmte Zahl an Gebäuden errichten, was angesichts der vorgeschriebenen Verbindungen einem verflixten Puzzle gleicht – Tempel bedingen z.B. Holzlager.

Bessere Funktionen & karger Multiplayer

Über die so gewonnenen Erfahrungspunkte lassen sich bessere Funktionen freischalten. Man kann die acht Gebäudetypen gezielt in bis zu fünf Bereichen und drei Stufen entwickeln und so z.B. den Ertrag der Rohstoffe erhöhen oder die Rekrutierungszeit der Truppen verringern. Außerdem kann man die Dauer der Befehlswirkung oder Abkühlzeiten beeinflussen. Das Aufrüstsystem ist etwas unübersichtlich und eindeutig auf

Der Multiplayer-Modus ist auf ein iPad beschränkt: Drei Karten, drei Truppensets, drei Siegtypen - das war's.
Der Multiplayer-Modus ist auf ein iPad beschränkt: Drei Karten, drei Truppensets, drei Siegtypen - das war's.
Käufe ausgelegt: Man sammelt einfach zu wenig Erfahrung, um alle Verbesserungen selbst freizuschalten. Für einen kniffligen Nebenauftrag bekommt man gerade mal 200 Punkte - satte 500 Punkte bekommt man für 0,79 Cent, für 4,99 Euro winken 5000.

Multiplayerfreunde schauen online in die Röhre und können lediglich auf einem iPad gegeneinander antreten: Drei Karten und drei Truppensets stehen zur Verfügung; man kann direkt um den Sieg, ein Best-of-3 oder Best-of-5 spielen. Diese knackigen Gefechte sind zwischendurch unterhaltsam, weil es ohne Aufbau sofort zur Sache geht, aber unterm Strich vermisst man natürlich eine Online-Unterstützung, Ranglisten % Co.

Fazit

Schade, dass Creative Assembly nicht eine komplexe rundenbasierte Variante von Total War entwickelt hat! Ich hätte zu gerne mit Samurais und Kampfmönchen à la Advance Wars auf dem iPad erobert – am besten auf riesigen Karten. Für diese reduzierte Echtzeitvariante musste ich mich erstmal erwärmen, denn das Korsett hinsichtlich der Aufstellung von Gebäuden und der Bewegung der Truppen sitzt ungewöhnlich eng. Zudem gibt es eine überflüssige Story, kaum Statistiken und nur einen mageren Multiplayer. Aber wenn man das an Plants vs. Zombies erinnernde Linienprinzip einmal verinnerlicht hat, macht diese Mischung aus Aufbaustrategie, Tower Defense und Puzzlecharme richtig Spaß. Zumal das Ganze ansehnlich präsentiert wird und vor allem der Anspruch auf der zweiten Insel ordentlich anzieht: Nur wer clever positioniert, rekrutiert sowie Schere, Stein und Papier beachtet, wird die kniffligen Missionen meistern - damit bleibt die umfangreiche Kampagne taktisch motivierend. Wer es als Feldherr klassischer und militärischer mag, sollte lieber Ravenmark spielen.

Wertung

iPhone

Unterhaltsame Mischung aus klassischer Aufbaustrategie, Tower Defense und Puzzlecharme.

iPad

Unterhaltsame Mischung aus klassischer Aufbaustrategie, Tower Defense und Puzzlecharme.

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