Scourge: Outbreak18.07.2013, Michael Krosta
Scourge: Outbreak

Im Test:

Schon 2010 versuchte man mit The Scourge Project einen weiteren Shooter im Stil von Gears of War auf den Markt zu werfen. Trotz zahlreicher Anleihen beim Vorbild endete das Vorhaben in einem Desaster, da Entwickler Tragnarion nicht mal ansatzweise an dieses Niveau heran reichen konnte. Warum sollte man einem solchen Machwerk mit Scourge: Outbreak eine überflüssige Fortsetzung spendieren?

Eine Engine, zwei Welten

Ich kann es immer noch nicht richtig fassen: Genau wie Gears of War setzt auch Scourge: Outbreak auf die Unreal-Engine. Selbst die Controller-Belegung wurde nahezu identisch von Epics Shooter übernommen. Manche der muskelbepackten Figuren wecken ebenfalls Erinnerungen an Marcus Fenix & Co. Und doch liegen zwischen beiden Spielen Welten: Die Kulisse ist so dermaßen eintönig und veraltet – ich möchte fast sagen hässlich -, dass man es kaum glauben mag, dass Scourge tatsächlich auf der gleichen technischen Basis entwickelt wurde wie Gears of War. Alleine die lächerlichen Animationen der vier spielbaren Charaktere mit ihren seltsam wackelnden Oberkörpern und Hintern sind auf Dauer kaum zu ertragen. Doch auch bei einem Blick in ihre grob modellierten und starren Gesichter fühlt man sich in die Zeit der Neunziger zurückversetzt. Kollisionsabfrage spielte scheinbar ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle. Wie ist es sonst zu erklären, dass Waffen getöteter Feinde regelmäßig in der Luft schweben und Teile der Figuren immer wieder in Wänden oder anderen Objekten der Umgebung versinken? Hier erinnert tatsächlich nichts an ein Spiel, das zum Ende der ersten HD-Konsolengeneration erscheint.  

Viel schlimmer als die technischen wiegen jedoch die spielerischen Mängel: Obwohl man beim Deckungssystem und der regenerativen Heilung ebenfalls fleißig abgekupfert hat, ist die Steuerung mit ihrer enorm schwammigen Reaktion beim Zielen eine Zumutung. Hinzu kommt, dass sich viele offensichtliche Objekte seltsamerweise doch nicht als Deckung eignen und man nicht schnell zwischen zwei Punkten wechseln kann. Das Arsenal umfasst die üblichen Verdächtigen wie  Schrotflinte sowie eine Auswahl an Sturm- und Scharfschützengewehren, deren futuristische Designs offenbar von Mass Effect inspiriert wurden. So gewöhnlich die Auswahl, so klingt sie auch: Selbst das Feuern der Schrotflinte hört sich erbärmlich an und es fehlt der Rumms, den selbst ein generischer Shooter wie dieser einfach bieten muss.

Einfach mal die Fresse halten!

"Wenn wir groß sind, wollen wir mal so werden wie die Gears."
"Wenn wir groß sind, wollen wir mal so toll werden wie die Gears."
Zumindest fügen sich die schwachen Sounds damit hervorragend in die ohnehin schwache Klangkulisse ein, denn obwohl man die Musik trotz ständiger Wiederholungen der kurzen Schleifen noch halbwegs ertragen kann, wünscht man sich bei der miserablen Vorstellung der Sprecher schnell Zehnsekunden-Kleber herbei, mit denen man die Lippen der uninteressanten Charaktere für immer verschließen könnte. Allerdings kann man den Sprechern keinen großen Vorwurf machen, denn angesichts der klischeehaften Science-Fiction-Geschichte rund um den Konflikt zwischen einem übermächtigen Konzern und Rebellen um die mysteriöse (Alien-)Substanz Ambrosia hätte ich angesichts des grauenhaften Skripts mit furchtbar schlechten Dialogen in Kombination mit der unterirdischen Inszenierung wohl ebenfalls Probleme gehabt, mich zu einer guten Leistung zu motivieren. Fast schon wieder lustig: Die Sprachausgabe ist zwar nur auf Englisch, doch die deutschen Untertitel sind mit ihrer seltsamen Hervorhebung von Wörtern mit Großbuchstaben keinen Deut besser, da die Auswahl meist gar keinen Sinn ergibt.

Grausige KI

Die Kämpfe gegen die grottenschlechte KI leiden unter der ungenauen Steuerung.
Die Kämpfe gegen die grottenschlechte KI leiden unter der ungenauen Steuerung.
Nicht nur beim Waffendesign ließ man sich von Mass Effect inspirieren – auch das Befehlssystem für die drei Mitstreiter könnte aus der Reihe stammen, auch wenn man hier längst nicht so viele Möglichkeiten hat. Mit kontextsensitiven Anweisungen schickt man sie an festgelegte Situationen, hetzt sie auf markierte Gegner oder ordnet die Wiederbelebung eines Kameraden an. Letzteres funktioniert übrigens nicht nur bei der KI unendlich oft – der Spieler darf sich ebenfalls über eine Behandlungs-Flatrate freuen, die nur dann unterbrochen wird, wenn alle Mitglieder des Quartetts röchelnd am Boden liegen. Ein Bewegen ist in dieser unangenehmen Situation leider nicht mehr möglich, so dass man sich hier nicht mehr wie bei Gears of War zu einer Deckung schleppen kann.

Immerhin erledigt die Kameraden-KI die Aufgaben meist zuverlässig und kommt immer schön mit einer heilenden Spritze angestürmt, sobald es mich erwischt hat. Nur bei markierten Zielen zickt sie manchmal etwas herum und bewegt sich an der Grenze zur Befehlsverweigerung. Dumm auch, dass sie meist recht eng beisammen bleiben und bei einem Granaten-Angriff sofort als Kollektiv zu Boden gehen. Doch das ist gar nichts gegen das, was die Gegner-KI aufführt: Wie die Moorhühner rennen sie ins offene Feuer oder drehen dem Spieler sogar einfach den Rücken zu bzw. drehen sich verzweifelt im Kreis, um eine Deckung zu suchen. Es ist einfach nur peinlich! Um den Mangel an Intelligenz auszugleichen, haben sich die Entwickler einen wahnsinnig tollen Trick einfallen lassen und manchen der Dumpfbacken ordentliche Nehmerqualitäten verpasst: Selbst mehrere Volltreffer mit der Schrotflinte stecken die Kerle einfach so weg oder reagieren erst gar nicht auf den Kugelhagel, der auf sie einprasselt. Sagte ich schon, wie peinlich das ist?!  

Nano-Suit für Arme

Die Fähigkeiten des Hightech-Anzugs sind praktisch unbrauchbar.
Die Fähigkeiten des Hightech-Anzugs sind praktisch unbrauchbar.
So: Wir hatten Gears of War und ein bisschen Mass Effect. Letzteres diente wohl auch als Vorbild für das XP-System, mit dem man sich diverse Verbesserungen durch saubere Treffer und Unterstützung verdient. Schön ist, dass diese dem eigenen Spielstil entgegen kommen. Vertraut man z.B. überwiegend auf das Gewehr, bekommt man Upgrades für seine Lieblingswaffe.

Und da wäre auch noch der Nano...ähhmm...der Ambrosia-Anzug, der sich ebenfalls aufwerten lässt und mit dem Tragnarion auch noch die Brücke zu Crysis schlägt – mit dem Unterschied, dass die Hightech-Kleidung hier nur auf zwei überflüssige Fähigkeiten beschränkt ist und längst nicht so cool ist wie das Gegenstück von Prophet. Das geht mit der Schockwelle los, die so schwach ausfällt und eine so geringe Reichweite aufweist, dass sie kaum von Nutzen ist. Ein Schutzschild stellt die zweite Fähigkeit dieser Billig-Variante des Nano-Suits dar, die ebenfalls niemand braucht. Warum? Weil der Vorrat der dafür nötigen Ambrosia-Energie viel zu schnell aufgebraucht ist und sich der Einsatz deshalb kaum lohnt. Hinzu kommt das lästige Aufladen, das entsprechend häufig verlangt wird:

Miese Inszenierung, furchtbare Sprachausgabe, klobige Figuren: Die Präsentation ist unter aller Kanone!
Miese Inszenierung, furchtbare Sprachausgabe, klobige Figuren: Die Präsentation ist unter aller Kanone!
Anstatt den Anzug mit einem regenerativen System auszustatten, muss man erst Ambrosia-Fässer oder andere Quellen finden und sich eine Zeit lang in ihrer Nähe aufhalten. Diese Mechanik als lästig zu beschreiben ist fast noch untertrieben.

Im Team auch nicht besser

Die mit fünf bis sechs Stunden kurze  Kampagne lässt sich alternativ auch gemeinsam mit drei Mistreitern im Koop ertragen. Das macht zwar etwas mehr Spaß als mit den KI-Begleitern, doch Mängel bei Steuerung, Inhalt und Feind-KI bleiben natürlich bestehen. Von daher ist es kein Wunder, dass man höchstens Spieler im Freundeskreis mit Erpressung zu einer Mehrspieler-Partie bewegen kann, denn auf den öffentlichen Servern herrscht tote Hose. Das gilt nicht nur für den Koop-Modus, sondern auch Versus-Optionen, die mit (Team-)Deathmatch und Capture the Flag ebenfalls nur das Standardprogramm abdecken. Mit mageren fünf Karten liegt man sogar noch darunter.

Fazit

Es ist schon eine beachtliche Leistung, sich bei so vielen guten Spielen zu bedienen sowie ein potenziell hervorragendes Technikgerüst zur Hand zu haben und dann so einen Mist abzuliefern! Scourge: Outbreak ist ein genauso überflüssiges Spiel wie sein geistiger Vorgänger The Scourge Project. Hier stimmt so ziemlich gar nichts: Kulissen und Figuren sehen furchtbar altbacken aus, die Steuerung ist eine Katastrophe und die lahme Story mit ihrer unterirdischen Inszenierung ein Fall für die goldene Himbeere. Selbst im Koop will man sich diese eintönigen Level nicht freiwillig antun – vor allem, wenn uns eine solche Dumpfbacken-Armee entgegen gesetzt wird, die ihre Dämlichkeit nur durch fragwürdige Nehmerqualitäten überschminken will. Die laschen Waffensounds und die grottige Leistung der Sprecher geben dem Ganzen dann noch den Rest – da reißt dann selbst das relativ solide Befehlssystem sowie die grundsätzlich gute Upgrade-Mechanik nichts mehr raus. Es gibt so viele gute Shooter da draußen – diesen hier braucht man definitiv nicht!

Pro

Koop-Kampagne
halbwegs interessante Upgrade-Mechanik
Befehlssystem funktioniert relativ gut

Kontra

furchtbar veraltete Kulisse
lächerliche Animationen
grausige Lokalisierung
schwammige Steuerung
fehlerhafte Kollisionsabfrage
eintöniges Leveldesign
KI agiert nicht gerade clever
miserable Inszenierung
öde Geschichte
kein schneller Wechsel zwischen Deckungspunkten
nur fünf Mehrspieler-Karten
geringer Umfang
nerviges Aufladen der Ambrosia-Energie

Wertung

360

Furchtbar generischer Shooter mit veralteter Technik, grausiger Steuerung, dämlicher KI und miserabler Inszenierung. Scource: Outbreak braucht kein Mensch (oder Alien)!

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