Im Test:
Hoffentlich nicht repräsentativ
Sacred Citadel (SC) soll erzählerisch eine Brücke zum nächsten offiziellen Ausflug nach Ancaria schlagen, der allerdings noch nicht final terminiert ist. Allerdings hoffe ich, dass Keen Games (verantwortlich für Sacred 3) bei der Geschichte ein glücklicheres Händchen hat als das Team von Southend Interactive (ilomilo, Deathrow), das hier verantwortlich zeichnet. Nicht nur, dass die entscheidende Wendung zwar zeitlich unvermutet, aber nicht unvorhersehbar und letztlich viel zu spät kommt. Die Charakterzeichnungen bis dahin bleiben blass, die Dialoge oberflächlich (aber immerhin sauber vertont) und Dramaturgie ist innerhalb der schalen Gut-Böse-Mär weitgehend ein Fremdwort: Ein Helden-Quartett, von dem bis zu drei Figuren gleichzeitig spielbar sind, überlebt einen Ork-Angriff auf ein Dorf und muss sich fortan durch 20 Abschnitte prügeln, bis es schließlich in der Zitadelle der Seraphim den finalen Gegner stellen kann.
Sacred mal anders
Im Gegensatz zu den bisherigen Serienvertretern baut Citadel weder auf isometrische Darstellung noch auf offene Gebiete, in denen man seinen Actionrollenspiel-Gelüsten frönen kann. Stattdessen ist man mit einer von vier Figuren (Kämpfer, Schamanin, Jäger, Magierin) seitwärts scrollend unterwegs und muss sich der Gegner erwehren. Moment mal: Seitwärts scrollend, Gegner, Fantasy-Setting, gibt’s vielleicht noch Reittiere oder so etwas in der Art? Oh ja! Und wem das alles bekannt vorkommt, muss wahrscheinlich nicht lange überlegen und dürfte zu 99 Prozent richtig liegen: Mechanisch ist Sacred Citadel ein Nachfahre von Segas Golden Axe-Serie - was per se noch nicht nachteilig sein muss.
Denn zum einen haben Titel wie Code of Princess auf dem 3DS gezeigt, wie dieses Prinzip mit leichten Modifikationen sowie dem Einbau von Rollenspielansätzen auch heutzutage gut funktionieren kann. Zum anderen hat vor kurzem erst ein weiterer Arcade-Titel namens Guacamelee auf der PS3 eindrucksvoll bewiesen, dass es möglich ist, mit bewährten Prinzipien (in jenem Fall dem Verfolgen alter Metroid- bzw.-Castlevania-Tugenden) für großartige Unterhaltung zu sorgen. Davon ist man hier allerdings weit entfernt.
Vier Helden, vier Stile, kein Unterschied
Dadurch rutscht das eingängige und auf allen Systemen weitgehend gut zu kontrollierende Kampfsystem, das nur bei Ausweichrollen nach oben und unten etwa zickt, vollkommen in die Belanglosigkeit ab – zumal es der Fantasy-Prügler nie schafft, den rauen, ungehobelten Charme der Sega-Vorbilder zu replizieren.
Rollenspiel light funktioniert
Was neben der stilistisch sauberen, aber unter dem Strich auch langweiligen Comic-Kulisse funktioniert, sind die leichten Rollenspiel-Ansätze, die Citadel seinem großen Namensvetter zu verdanken hat.
Kein Spiel, das Sacred im Namen trägt, darf ohne Beute auskommen – und die gibt es auch hier. Sie erreicht zwar hinsichtlich Vielfalt oder Effektivität nie das Niveau, das man mit den klassischen Sacreds assoziiert, doch ich habe mich immer wieder ein wenig über neue Waffen gefreut, die allerdings keine Auswirkung auf Schlaggeschwindigkeit etc. haben, sondern sich auf reine Schadenswerte reduzieren lassen. Übrigens gilt auch hier: Die Nahkampfwaffen sind von allen Figuren nutzbar, es gibt nur ein paar Sonderausrüstungsgegenstände, die sich von Figur zu Figur unterscheiden - wobei man im Solospiel ohnehin nur Sachen findet, die man selber verwenden kann.
Fazit
Sacred Citadel ist ein belangloser Prügler. Es macht abseits der vollkommen schwachen Erzählung, bei der weder Dramaturgie noch Charakterzeichnung überzeugen, nichts grundlegend falsch. Aber es kann sich auch in keinem Bereich von der breiten Arcade-Konkurrenz absetzen. Die an Segas Klassiker Golden Axe angelehnte Action geht locker von der Hand, ist aber bis auf die Bosse zu leicht. Die Levels sind zu kurz, die Unterschiede zwischen den vier grundsätzlich interessanten Klassen sind zu marginal, die Heimorgelmusik ist nervig. Die draufgestülpten Mini-Rollenspielelemente wie Aufwertung von Charakterwerten oder das Sammeln und Ausrüsten von neuen Waffen machen noch den besten Eindruck, während die saubere Comic-Kulisse auch noch passable Werte erreicht, obwohl sie nicht markant genug ist, um dauerhaft im Gedächtnis zu bleiben. Die banale Story hingegen ist hoffentlich kein Vorgeschmack auf Sacred 3 - auch wenn es die (oder zumindest: eine) Vorgeschichte erzählen soll. Mit dieser Action von der Stange haben sich die Entwickler von ilomilo und Deathrow keinen Gefallen getan.
Pro
Kontra
Wertung
360
Uninspirierter und viel zu kurzer Golden Axe-Klon mit Drei-Spieler-Modus, dessen anfänglicher Reiz schnell nachlässt.
PlayStation3
Der Sturm auf die Zitadelle orientiert sich an Segas Klassiker Golden Axe, verliert sich aber trotz anfänglicher guter Ideen schnell in der Belanglosigkeit.
PC
Erzählerisch schwach, technisch bieder, mechanisch eintönig: Zwar orientiert man sich in Grundzügen an Segas Golden Axe, doch nicht einmal das Beute-System kann auf Dauer motivieren.
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