Die Rückkehr des klassischen Hüpfers
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Mechaniken von früher gepaart mit der Technik von heute: Willkommen im Schloss der Illusionen.
Meine Güte, ist es wirklich schon fast 25 Jahre her, dass ich mit Micky Maus auf dem Mega Drive durch ein verwunschenes Schloss gehüpft bin, um Minnie aus den Fängen einer bösen Hexe zu befreien? Es ist merkwürdig, wie sich manche Spiele bis hin zu Bewegungsmustern bei Bossen in der Erinnerung festsetzen. Denn als ich den ersten Endgegner in der Neuauflage von Castle of Illusion Starring Mickey Mouse (CoI) zu Gesicht bekam und sah, wie er sich bewegte und in welchen Momenten er angreifbar ist, dachte ich mir: "Das kennst du doch!"
Die Bosskämpfe und ihre Angriffsmuster wurden ebenso übernommen wie die Levelthemen und die Geschichte: Micky und Minnie haben einen idyllischen Tag mit Picknick verbracht, bis die fiese Hexe Mizrabel (visuell eine Mischung der Antagonisten aus Dornröschen und Schneewittchen) die Zweisamkeit zerreißt. Eifersüchtig auf die Schönheit Minnies, entführt sie die Maus und kerkert sie in einem Schloss ein. Micky macht sich als strahlender Held natürlich sofort auf den Weg, um sie zu befreien. Doch bevor er zu seiner Herzallerliebsten gelangen kann, muss er erst die Regenbogenbrücke wieder herstellen, die zu dem Turm führt. Die wiederum gibt erst den Weg frei, wenn er sieben Diamanten von den sieben Meistern der Illusion bekommt. Und die geben ihre Schätze natürlich nicht freiwillig her.
Plattformer alter Schule
Micky hüpft so elegant durch das Schloss wie vor gut 25 Jahren.
Natürlich hat sich die Kulisse verbessert: Statt Pixelsprites und starren 16-Bit-Hintergründen, regieren jetzt Polygone, schicke Animationen und dreidimensionale Kulissen. Doch inhaltlich bleibt Castle of Illusion der Formel treu, die auch den gleichnamigen Ahnen auszeichnete. Man läuft mit Micky von rechts nach links, gelegentlich auch mal in die andere Richtung oder versucht, sich den Weg in die Vertikale zu bahnen - wenn es sein muss, auch schwimmend. Man weicht Gegnern aus, bewirft sie mit Gegenständen oder besser noch: hüpft auf sie, um sie aus dem Weg zu räumen. Dadurch schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, da man so unter Umständen an zusätzlicher Sprunghöhe gewinnt, um schwer erreichbare Ebenen und damit Diamanten, Sterne oder Mausohrensymbole einzusammeln.
Erstere benötigt man, um die Türen zu den fünf Welten wie Spielzeugland, Süßigkeiten-Paradies oder Düsterwald zu öffnen, mit den Sternen füllt man seine Energie wieder auf und Letztgenanntes spendiert ein Extraleben. Zusätzlich gibt es noch besonders gut versteckte Gegenstände, die neue Kostüme für den Helden freischalten, wenn man alle auffinden sollte. Das alles wird neuerdings begleitet von einem sonoren Märchenonkel, der beim Betreten eines neuen Abschnitts die Geschichte um Micky, Minnie und Mizrabel akustisch weiter strickt - allerdings nur auf Englisch mit sauberen deutschen Texten.
Zu vertraut?
Castle of Illusion fühlt sich unheimlich vertraut an. Und das nicht nur für diejenigen, die den Klassiker kennen und jetzt in modernem Gewand neu erleben. Alle erzählerischen Ergänzungen, das Anpassen der Kulisse sowie der Akustik –statt piepsigem Gedudel gibt es schöne Orchester-Melodien- können nicht verschleiern, dass die Mechanik in die Jahre gekommen ist – im Positiven wie im Negativen.
Die dritte Dimension wird nur selten spielerisch genutzt.
Dies wird vor allem dann deutlich, wenn man Micky neben den jüngsten Rayman-Ausflug hält. Wo Ubisofts Hüpfer das klassische Plattform-Erlebnis auf eine neue Stufe hievt, bleibt Sega konventionell. Überraschungen bleiben zumeist aus. Und wie wichtig die sind, zeigt sich in den zu seltenen Momenten, in denen die klassische Sprungmechanik aufgebrochen wird, so z.B. beim Navigieren über eine Plattform, deren fehlende Teile nur über den dahinter aufgestellten Spiegel sichtbar sind, so dass man hinsichtlich der Hand-Auge-Koordination gefordert wird. Oder wenn die dritte Dimension nicht nur als visuelles Stilmittel genutzt wird, sondern auch spielerisch, wenn man à la Indiana Jones vor einem Felsen (in Form eines Apfels) wegläuft oder in die Tiefe läuft, während sich Spielkarten hinter einem auflösen.
Hier wird die Standard-Mechanik wohltuend, aber eben zu selten aufgelockert. Der Rest ist zwar klassisches Plattform-Hüpfen auf hohem Niveau, aber eben auch nicht mehr. Zumal sich das Team von Sega Australien bei der Kontrolle der Hauptfigur einen kleinen Fauxpas geleistet hat. Denn so gut sich Micky beim Laufen und auch in der Luft kontrollieren lässt und so akkurat die Kollisionsabfrage ihre Dienste verrichtet, so sehr rutscht er einem bei der Landung weg. Es wirkt beinahe so, als ob er stets auf einer kleinen Schleimspur landet, bevor er zum Stillstand kommt. Nach ein paar sprunghaften Versuchen hat man ein Gefühl für den unerklärlichen "Geschwindigkeitsüberschuss" und kann entsprechend gegensteuern. Doch ärgerlich bleibt es allemal.