Titanfall14.03.2014, Michael Krosta

Im Test: Elegante Wandläufe und akrobatische Action

Titanfall (ab 4,28€ bei kaufen), mehr Titanfall und noch mehr Titanfall: Seit der Ankündigung kann man sich dem Hype rund um den Mehrspieler-Shooter von Respawn Entertainment kaum noch entziehen. Denn neben EA rührt auch Microsoft kräftig die Werbetrommel für den „Fast-Exklusiv-Titel“ der Xbox One, der auch auf PC erscheint und für die 360 nachgereicht wird. Servieren Vince Zampella & Co nur ein Call of Duty mit Mechs oder eine erfrischende Alternative zum militärischen Einheitsbrei?

Bewaffnete Akrobatik

Ich sprinte mit meinem Piloten in die Richtung der nächsten von drei Stellungen, die ich im Spielmodus Hardpoint à la Battlefield erobern und im Idealfall halten sollte. Doch anstatt langweilig die Treppe zur Spitze zu nehmen, laufe ich lieber schräg an der Wand des gegenüberliegenden Gebäudes entlang, stoße mich etwa in der Mitte des „Wall-Runs“ ab und nutze dann im Flug mein Jetpack, um gerade noch rechtzeitig nach einem Vorsprung zu greifen und mich anschließend auf die Plattform zu ziehen.

Was für ein toller Flow: Ich fühle mich wieder ein bisschen wie Faith im faszinierenden Mirror's Edge – mit dem Unterschied, dass ich hier während der Akrobatik-Einlagen auch oft die Waffen sprechen lasse anstatt nur davon zu laufen. Die Parkour-Elemente, auch leicht inspiriert von der gefloppten Bethesda-Ballerei Brink, sind eine gelungene Bereicherung für den Spielablauf, mit der sich Titanfall vom gewöhnlichen Shooter abhebt. Es macht einfach wahnsinnig viel Spaß, sich durch die Aneinanderkettung von Wandläufen und Jetpack-Boosts blitzschnell über die übersichtlichen Karten zu bewegen – vor allem dann, wenn man das vertikale Design vieler Maps berücksichtigt und über Dächer oder höher gelegene Felsformationen huscht, um sich einen taktischen Vorteil zu verschaffen. Zudem bildet die rasante Mobilität der Piloten nicht nur eine gute Balance zu den schwerfälligeren Titanen-Mechs, sondern passt auch wunderbar zum generell hohen Spieltempo, wie man es auch von Call of Duty kennt.

Unsichtbare Gefahr

Ein Titan in Flammen? Jetzt wird's Zeit für den Schleudersitz!
Am Hardpoint lege ich mich auf die Lauer und warte ungeduldig darauf, dass die Stellung zuerst neutralisiert und schließlich von meinem Team erobert wird. Verdammt: Als ich den Posten betreten habe, wurde der Feind per Funk über mein Eindringen informiert. Und neben der Mini-Karte links oben sehe ich auch schon in der Entfernung, wie einer der schwer bewaffneten Kampfroboter sich meiner Position nähert. Mein Blick wandert auf die Anzeige links unten, während mir fast gleichzeitig eine Stimme die Bestätigung gibt: „Ihr Titan ist in zwei Minuten zum Abwurf bereit“. Toll, bis dahin hat mich der Feind sicher schon erwischt, denn trotz meiner Anti-Titan-Wumme, die ich zusammen mit einer Primär- und Sekundärwaffe sowie Granaten trage, habe ich dem Koloss nur wenig entgegenzusetzen. Nervös schaue ich mich um und habe Glück: Gleich nebenan steht ein schweres Geschütz, das nur darauf wartet, von mir gehackt zu werden, damit es mir spätestens bei der Ankunft des gegnerischen Titanen wertvolles Unterstützungsfeuer liefert.

An der Bedienungskonsole angekommen, aktiviere ich per Knopfdruck meine Tarnvorrichtung, die es besonders für Piloten an Bord der Blechkameraden schwer macht, mich zu erkennen. Doch lange kann ich mich nicht in Sicherheit wiegen, denn das Zeitfenster ist klein und bis zum erneuten Einsatz muss ich erst warten, bis sich die Funktion wieder regeneriert hat. Immerhin besitze ich diese erste von insgesamt drei Taktikfähigkeiten von Anfang an – später lässt sich die vorübergehende Unsichtbarkeit mit einer höheren Rangstufe aber auch gegen eine kurzzeitig erhöhte Bewegungsgeschwindigkeit und Gesundheitsgeneration oder einen Radarimpuls austauschen. Mit dessen Hilfe kann man seine Feinde selbst durch Wände hindurch sehen.

David gegen Goliath

Ich habe es noch rechtzeitig geschafft: Kaum ist der gegnerische Titan im Radius, eröffnet das schwere Geschütz automatisch das Feuer und heizt ihm mit schweren Feuersalven ein. Da mein eigener Mech immer noch auf sich warten lässt, bereite ich mich auf den Kampf David gegen Goliath vor und stelle mich dem Titan alleine entgegen. Doch anstatt die offene Konfrontation zu suchen, die trotz meiner überlegenen Agilität sicher den schnellen Tod bedeuten würde, ziehe ich Plan B vor und befördere mich mit Jetpack-Sprüngen zunächst in eine erhöhte Position. Da der Pilot immer noch durch das Geschützfeuer abgelenkt ist und ich mittlerweile auch wieder mein Tarnfeld aktiviert habe, wage ich den Sprung und schaffe es tatsächlich, mich am hinteren Kopfteil des Kampfroboters festzukrallen – also genau dort, wo seine empfindliche Schaltzentrale liegt.

Die Schutzabdeckung wird in Sekundenschnelle noch automatisch von meinem Piloten abgerissen, danach pumpe ich unter dem lauten Rattern meines Maschinengewehrs eine Salve nach der anderen in das blecherne Gehirn und verfolge mit einem schelmischen Grinsen, wie zuerst die Schilde und anschließend die Hauptenergie des Biests rapide abbauen. Jawohl: Da

Titanen unter sich.
sich der gegnerische Pilot anscheinend nicht traut, angesichts des Geschütz-Dauerfeuers nicht traut, aus seiner Kanzel zu steigen und sich zu wehren, habe ich leichtes Spiel und kurze Zeit später ist von dem vermeintlich übermächtigen Titanen nur noch ein Häufchen brennender Schrott übrig – Bingo!

Mein eigener Kampfroboter!

Allerdings hat es der Pilot noch rechtzeitig geschafft, sich per Schleudersitz zu retten und wird wahrscheinlich schon während seiner Landung versuchen, mich über den Haufen zu ballern. Meine Tarnung hilft mir nicht mehr viel: Zum einen befinde ich mich wieder in der Regenerationsphase und zum anderen ist die optische Täuschung im Kampf gegen Soldaten deutlich weniger effektiv. Dafür darf ich jetzt endlich meinen eigenen Titanen anfordern - hurra! Selbstverständlich würde ich die Position für die Lieferung im Idealfall so wählen, dass das tonnenschwere Paket aus dem All direkt auf dem Kopf meines Verfolgers landet, doch sind solche Glückstreffer leider selten.

Immerhin wird mein Mech nach der Ankunft zunächst von einem undurchdringlichen Schild geschützt, so dass ich in aller Ruhe einsteigen kann. Und danach geht der Spaß erst richtig los: Neben einer mächtigen Primärwaffe wie einem wuchtigen 40-MM-Geschütz oder der durchschlagenden Plasma-Railgun verfügen die Kolosse genau wie die Piloten auch über Taktikfähigkeiten. Hier freut man sich zu Beginn über das Vortex-Schild, das nicht nur sämtliche Geschosse abwehrt, sondern nach dem Loslassen der Taste wieder postwendend an den Angreifer zurückschickt. Mit höheren Rängen greift man alternativ zum Elektrorauch, die wie ein EMP funktioniert und nicht nur gegnerischen Titanen Schaden zufügt, sondern auch Piloten, die z.B. gerade versuchen, meinem Mech in Rodeo-Manier die Schaltkreise zu rösten. Oder aber die Partikelmauer, die ähnlich funktioniert wie der Schild, der den Titanen bei seiner Ankunft schützt.

Meine eigene Ausrüstung!

Stehen wie bei den Piloten zu Beginn lediglich drei Mech-Klassen mit festgelegter Ausrüstung zur Wahl, darf man in höheren Rängen das Equipment selbst zusammenstellen und eine zunehmende Anzahl von bis zu fünf Loadouts für Titanen und Soldaten vorbereiten. So stehen später drei Chassis zur Verfügung, die sich hinsichtlich ihrer Haltbarkeit, Geschwindigkeit und Beschleunigung voneinander unterscheiden. Die Anzahl der Jetschübe ist ebenfalls nicht unwichtig – besonders dann, wenn man sich möglichst schnell zurückziehen oder Geschossen ausweichen will. Zwar wird auch diese Fähigkeit mit der Zeit regeneriert, doch ist es natürlich besser, gleich zwei oder drei Schübe direkt nacheinander ausführen zu können. Auch die Explosionswaffen wollen weise gewählt werden, denn der anfänglichen Raketensalve mit ungelenkten Raketen stehen in höheren Stufen attraktive Alternativen zur Seite. So z.B. das Multi-Ziel-Raketensystem, mit dessen Hilfe man gleich mehrere Gegner markieren und attackieren kann. Oder die Aufschalt-Sprengköpfe, das dem zuvor erfassten Ziel drei Lenkraketen hinterher schickt. Als Pilot nutzt man dagegen Splitter- und Elektrogranaten oder platziert Sprengstoff sowie Elektrominen.

Kits und Burn-Cards

Die Ausrüstung lässt sich nach kurzer Spielzeit auch individuell zusammenstellen.
Zusätzlich werden für jeden Titanen und Piloten jeweils zwei Slots für Kits reserviert, bei denen es sich im Grunde genommen um Perks handelt. Hier sichert man sich z.B. durch eine Powerzelle eine schnellere Regeneration der Taktikfähigkeit, erhöht die Munitionskapazität oder ein flotteres Tempo beim Nachladen. Titanen profitieren von ähnlichen Extras, haben alternativ aber auch speziellere Perks im Angebot: So kann man sich für einen Auto-Ausstieg entscheiden, wenn man sich nicht auf das eigene Timing verlassen will, die Pilotenkanzel noch rechtzeitig vor der Zerstörung zu verlassen. Oder man entscheidet sich für den „Nuklear-Ausstieg“, bei dem man zusammen mit dem Schleudersitz gleich noch den Nunklearkern seines Titanen sprengt und zum Abschied noch massiven Kollateralschaden anrichtet. Klar: Mit Rangaufstiegen erhält man auch Zugriff auf mehr Kit-Elemente – ein weiterer Grund, weshalb ich das System als herrlich motivierend empfinde.

Dazu gesellen sich diverse Herausforderungen, bei denen man sich nicht nur Erfahrungspunkte, sondern auch Verbesserungen für die aktuell verwendeten Waffen verdienen kann. Erreicht man z.B. die vorgegebenen Ziele im Umgang mit dem Karabiner, darunter z.B. eine bestimmte Anzahl an Kopfschüssen oder eine festgelegte Benutzungsdauer, bekommt man als Belohnung u.a. eine höhere Magazinkapazität oder Visieraufsätze. Selbst die ohnehin schon mächtigen Titan-Wummen lassen sich durch den Abschluss von Herausforderungen noch weiter aufrüsten.

Burn, Baby, burn! Die Karten verschaffen einmalige Vorteile auf dem Schlachtfeld.
Die so genannten Burn-Cards sind so etwas wie der Joker: Bis zu drei von ihnen dürfen gleichzeitig gelegt werden und geben mir spürbare Vorteil – sei es durch stärkere Waffen, eine höhere Bewegungsgeschwindigkeit, eine verkürzte Bauzeit für Titanen, doppelte Erfahrungspunkte oder ein Audio-Signal, das mich vor Gegnern in der Nähe warnt. Der Haken an der Geschichte: Burn-Cards lassen sich pro Leben(!) nur einmal verwenden. Wird man erwischt, sind die gelegten Karten futscht und man verliert beim Respawn all ihre Fähigkeiten, darf aber neue Karten anwenden, falls sich noch welche in der Sammlung befinden. Gut so, denn durch die einmalige Verwendung gerät der Kampf zwischen den IMC-Truppen und der Rebellen-Miliz kaum aus dem Gleichgewicht. Überhaupt muss man die Entwickler dafür loben, dass ihnen das Balancing hier hervorragend gelungen ist – so zumindest der bisherige Eindruck. Entgegen meiner Befürchtungen sind die Rollen zwischen Bodenkämpfern und Titanen ausgeglichen. Einzig die Smart-Gun scheint derzeit etwas zu stark ausgefallen zu sein: Mit ihr werden Gegner automatisch anivisiert, so dass man nicht mehr aktiv zielen, sondern nur noch den Abzug betätigen muss. Zwar dauert die Erfassung ein Weilchen und man muss sich schon recht nah an seinem Ziel befinden, doch empfinde ich die Kanone trotz ihres unbestreitbaren Coolness-Faktors als zu mächtig.

Eine Frage der Balance

So langsam nähert sich das Gefecht dem Ende – und es sieht nicht gut aus für mich und mein Team. Das liegt nicht nur daran, dass unsere Trefferquote vielleicht nicht so hoch ausfällt wie bei unseren Widersachern. Auch das oft fragwürdige Matchmaking trägt seinen Teil dazu bei, dass sich die Balance gerne deutlich zugunsten der IMC oder Miliz verschiebt – kein Wunder, wenn auf der einen Seite überwiegend Anfänger und auf der anderen vornehmlich hochrangige Profis zusammengewürfelt werden. Teilweise kann es sogar passieren, dass man in Unterzahl antreten muss. Respawn hat bereits angekündigt, das Matchmaking verbessern zu wollen – es wäre nötig. Dabei sollte man vielleicht auch in Betracht ziehen, die Spieler auf Wunsch private Lobbys anlegen und die Teilnehmer manuell auf beide Teams verteilen zu lassen. Bisher ist es nur möglich, für öffentliche Sitzungen eigene Freunde einzuladen. Was bei Origin einfach funktioniert, ist auf der One trotz der Überarbeitung des Dashboards immer noch ein Krampf und unnötig kompliziert, sobald man empfangene Einladungen annehmen will.

Symbiose aus klassischer Kampagne und Mehrspieler-Action?

Alles Gute kommt von oben?!
Auch wenn ein Sieg immer unwahrscheinlicher wird, kämpfen ich und meine Mitstreiter tapfer weiter. Doch plötzlich weicht der Standard-Funkverkehr wie die Wartezeit auf den nächsten Titanfall oder Informationen zu den Hardpoints plötzlich einem Pseudo-Storydialog und im Augenwinkel erkenne ich sogar, wie im Videofenster eine kleine Szene abgespielt wird. Im Eifer des Gefechts kann ich mich aber weder voll auf das Gebrabbel noch auf die Bilder konzentrieren. Doch selbst in den ruhigen Momenten – also beim Briefing vor jeder Mission – fällt es mir schwer, der Geschichte rund um den Konflikt zwischen den IMC- und Miliztruppen zu folgen. Da sprechen Personen, zu denen ich weder einen Bezug habe noch weiß, wie sie überhaupt aussehen. Ich kann keinen roten Faden in diesem Flickwerk erkennen, das die Bezeichnung Handlung kaum verdient. Mit anderen Worten: Die Kampagne, die man sowohl auf der Seite der IMC als auch der Miliz bestreitet, ist ein Trauerspiel – zumindest, was Inszenierung und Story angeht. Und auch der Umfang ist enttäuschend, denn im Prinzip besteht ein Durchlauf lediglich aus neun aufeinander folgenden Karten, bei denen die Spielmodi zwischen der Materialschlacht („Team-Deathmatch“) und Conquest variieren. Die angestrebte Verknüpfung einer klassischen Kampagne und Mehrspieler-Action geht nicht auf. Böse gesprochen ziehen die überflüssigen Dialoge nur die Wartezeit bis zum Matchbeginn in die Länge und interessieren dabei keine Sau.

Keine Überraschungen

Von daher ist es gut, dass man sich auch unabhängig von der Kampagne in die Schlachten stürzen und sich selbst seinen Lieblings-Modus aussuchen darf. Neben der bereits bekannten Materialschlacht (Team-Deathmatch) und dem Conquest-Kampf um Hardpoints stehen im klassischen Mehrspieler auch noch Capture the Flag, Last Titan Standing (Titan-Duelle ohne Respawns) und die Pilotenjäger zur Auswahl, bei der lediglich Abschüsse von Piloten gewertet werden – egal ob man sie Mann-gegen-Mann oder mit den schweren Geschützen eines Titanen vernichtet.

Bewährtes statt Innovation

Einen Innovationspreis gewinnt Respawn mit dieser Auswahl nicht, doch stellt das neue Wechselspiel zwischen Piloten und Titanen auch für die klassischen Modi eine Bereicherung dar, die trotz ihrer angestaubten Konzepte immer noch jede Menge Spaß machen. Ich liebe z.B. immer noch den altbewährten Flaggenklau – und mit einem Jetpack auf dem Rücken sowie einem Mech als Geleitschutz ist der Adrenalinschub gleich noch ein Stückchen höher. Trotzdem wäre sicher mehr drin gewesen: So hätte ich mir z.B. eine Variation wie InstaGibb im Stil von Unreal Tournament gewünscht, die wunderbar zur flotten Action gepasst hätte. Oder ein Modus, in dem alle Piloten nur mit der SmartGun ausgerüstet werden. Dynamische Ziele hätten ebenfalls nicht geschadet: Ich hätte es z.B. gerne gesehen, dass ein Pilot im Laufe einer Schlacht zum VIP erklärt und beschützt bzw. ausgeschaltet werden muss.

Auf der Flucht

Aber zurück zu meinem Gefecht, in der ich mit meinem Team trotz düsterer Aussichten immer noch alles gebe, um das Blatt vielleicht doch noch zu wenden. Aus lauter Frust knöpfe ich mir einfach das selten dämliche Fußvolk vor. Dabei handelt es sich um NPCs, deren KI in der Cloud berechnet wird und die mit häufigen Nachschub-Lieferungen etwas mehr Leben auf die Schlachtfelder bringen sollen. Denn leider dürfen sich hier pro Team lediglich sechs menschliche Teilnehmer auf den Karten tummeln, was angesichts eines Battlefield 4 mit seinen 64 Spielern für einen Mehrspieler-Shooter der neuen Generation etwas peinlich wirkt. Im Prinzip ist die Idee gar nicht schlecht, die Lücken mit KI-Mitstreitern zu füllen. Doch das, was da aus der Cloud kommt, kann man nur als Kanonenfutter bezeichnen: Ich habe selten eine KI erlebt, die so dumm an ihrer offenen

Die Cloud-KI agiert meistens dämlich.
Position verharrt und dabei noch schlechter schießt wie ein Pazifist mit drei Promille. So schön es auch manchmal sein kann, diese Dumpfbacken reihenweise wegzubrutzeln oder ihnen dabei zuzusehen, wie sie im Kampf gegeneinander „Not gegen Elend“ zelebrieren, hätte Respawn besser auf die Implementierung dieser Blöd-Pots verzichtet. Sie bereichern den Spielablauf in keiner Weise! KI-Berechnungen aus der Cloud sollen die Zukunft sein? Angesichts dieser gebotenen Qualität bleibe ich lieber in der Vergangenheit und ziehe die Bots eines Quake III oder UT jederzeit vor.

Aus der Befürchtung wird jetzt bittere Gewissheit: Die Niederlage meines Teams ist besiegelt! Doch der Kampf ist damit noch nicht vorbei, denn am Ende jeder Runde wartet immer ein spielbarer Epilog, der für einen letzten Kick sorgt. Dabei müssen die Verlierer rechtzeitig einen Abholpunkt erreichen und an Bord eines Rettungsschiffs springen – immerhin winken trotz der Schmach noch ein paar Bonuspunkte für eine erfolgreiche Evakuierung. Allerdings wird die Landezone nicht nur für die Verlierer markiert, sondern auch das andere Team bekommt den Ort angezeigt und setzt alles daran, die Flucht der letzten Überlebenden zu verhindern. Dabei versteht es sich von selbst, dass es in dieser finalen Phase einer Schlacht keinen Wiedereinstieg mehr gibt, sobald man getötet wurde – und genau das macht die letzten Minuten zusammen mit dem Zeitdruck so unglaublich spannend.

Technische Kompromisse

Da man sich bei Respawn für Valves mittlerweile betagte Source-Engine entschieden hat, wirkt die Kulisse trotz ihrer durchaus ansehnlichen Architektur angestaubt. Im direkten Vergleich zum Technikgerüst vom Schlag eines FrostBite oder der CryEngine 3 wirkt Titanfall hoffnungslos veraltet und muss sich selbst dem technisch mittelprächtigen Call of Duty: Ghosts geschlagen geben. Hinzu kommt, dass sich die Umgebung hier kaum zerstören lässt, obwohl gerade die mächtigen Titans geradezu prädestiniert gewesen wären, alles in Schutt und Asche zu legen. Aber vielleicht hätte es die Balance zu sehr negativ beeinflusst, wenn man den Akrobaten ihre Wände, Vorsprünge und Dächer genommen hätte. Trotzdem hätte ruhig etwas mehr zu Bruch gehen können als ein paar Fensterscheiben.

Nicht nur die Grafik, sondern auch das Sounddesign wirkt altbacken: Den heftigen Explosionen, ratternden Geschützen und stampfenden Mechs mangelt es selbst in einer 5.1-Konfiguration an einer druckvollen Abmischung und intensiven Surround-Effekten. Gerade aus dem Hause EA hat man da schon Besseres gehört – ich erinnere neben Battlefield in diesem Zusammenhang auch gerne an Dead Space oder selbst Need for Speed. Und auch Titanfall hätte die besten Voraussetzungen mitgebracht, die Wohnzimmerwände zum Wackeln zu bringen. So bleibt es nur bei leichten Erschütterungen und einem gewöhnlichen Soundtrack, der die Action zwar passend begleitet, aber keinen bleiben Eindruck hinterlässt.

Technisch gesehen ist die Grafik nur mittelprächtig, doch die Architektur kann sich teilweise sehen lassen.
Nein, Titanfall ist audiovisuell kein ansprechendes Spiel. Aber das muss es auch nicht sein, denn die technischen Kompromisse und Einschränkungen haben in diesem Fall durchaus auch ihre Vorteile: Da wäre zum einen die Bildrate, die auch auf der Xbox One meist bei flüssigen 60 Bildern pro Sekunde liegt, obwohl die Darstellung auf der Konsole auch schon mal gehörig in die Knie gehen kann, wenn auf dem Bildschirm zu viel los ist. Das ist zwar nur äußerst selten der Fall, erinnert dann aber fast schon an eine Diashow. Davon abgesehen halten sich die grafischen Unterschiede zwischen PC und One trotz höherer nativer Auflösung des Rechners in Grenzen. Gerade beim Landeanflug springt auf der Konsole zusätzlich deutliches Tearing ins Auge, das im Spiel jedoch seltener auftritt und folglich kaum stört.

Störungsfreie Matches

Ein besonderes Lob gebührt EA und Respawn für den Netzcode und die Server: Ich hatte während meiner fast einwöchigen Testphase keinen einzigen Absturz und auch Lags traten – wenn überhaupt – nur äußerst selten auf. Selbst am Releasetag und auch am Wochenende traten weder am PC noch an der Konsole Probleme auf; ein Desaster wie Battlefield 4 blieb uns zum Glück erspart.

Als Belohnung winken immer wieder Extras und Verbesserungen.
Trotzdem ist es bedauerlich, dass eine Onlineverbindung Pflicht ist, um Titanfall zu spielen. Ich bekomme schon bei reinen Mehrspieler-Titeln immer leichte Bauchschmerzen, weil ich sofort die mögliche Nutzungszeit im Hinterkopf habe. Und wird ein solches Spiel dann auch noch über EA veröffentlicht, denke ich gleich zwei Mal darüber nach, weil ich die Serverpolitik des Unternehmens kenne. Und die sieht leider so aus, dass Online-Verbindungen im Verhältnis sehr schnell abgeschaltet werden – sei es, weil es sich in den Augen des Publishers nicht mehr rentiert oder weil man den Spielern den Wechsel zum Nachfolger „nahelegen“ will. Werden die Server von Titanfall irgendwann vom Netz gehen, wird das Spiel de facto wertlos. Es sei denn, man beschränkt sich nur noch darauf, das gelungene Tutorial spielen, welches unterhaltsam die grundlegenden Mechaniken näher bringt. Eine LAN-Unterstützung gibt es nicht, mit der man das Spiel auch ohne Server und die verdammte Cloud am Leben erhalten könnte – eine Entwicklung, die ich schon in den letzten Jahren als sehr bedenklich empfinde.

Fazit

Titanfall rockt die Hütte! Seit den seligen Zeiten eines Unreal Tournament oder Quake hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß mit einem Mehrspieler-Shooter! Es ist flott, intensiv und der perfekte Adrenalin-Kick für zwischendurch – vom ersten Absprung bis zum dramatischen Epilog. Es ist ein unbeschreiblich cooles Gefühl, mit Jetpack und Wandläufen über die großartig designten Karten zu flitzen, auf den blechernen Schädel eines Titanen zu springen und ihm anschließend die Schaltkreise zu zerbrutzeln. Doch auch in der Pilotenkanzel der schwer bewaffneten Mechs versprüht der Titel einen wunderbar destruktiven Charme und sorgt gleichzeitig für eine tolle Dynamik auf dem Schlachtfeld. Dabei ist es besonders bemerkenswert, wie gut Respawn das Balancing zwischen beiden Spieltypen gelungen ist. Weniger schön dagegen, dass ausgerechnet durch das automatische Match-Making dieses Gleichgewicht zu oft aus den Fugen gerät. Dass ich keine privaten Lobbys anlegen und Regeln anpassen darf, stößt mir ebenfalls mindestens so sauer auf wie die grottige Cloud-KI. Diese Deppen-Armee bereichert weder die kleine aber feine Auswahl an klassischen Spielmodi noch die mäßig inszenierte und kurze Kampagne, die das Prädikat „überflüssig“ noch mehr verdient als in Battlefield 4. Da wäre mir die Anhebung der Spielergrenze deutlich lieber gewesen, denn die Beschränkung auf zwölf Teilnehmer scheint mir genauso altmodisch zu sein wie die Technik: Man sieht deutlich, dass die Source Engine ihre besten Tage hinter sich hat und auch im Audiobereich hinkt man der Konkurrenz hinterher. Aber mit solchen Kompromissen kann ich mich anfreunden, wenn dafür die Bildrate und Netzqualität stimmt – und hier hinterlässt Titanfall zumindest am PC einen hervorragenden Eindruck, während man auf der Xbox One mit leichten technischen Einbußen leben muss, die den Spielablauf aber nur selten stören.

Pro

flotte, intensive Mehrspieler-Gefechte
gelungenes Balancing zwischen Titanen und Piloten
agile Mechs mit durchschlagender Ausrüstung
spaßige Spielmodi...
Akrobatik und Jetpacks bereichern den Spielablauf
meist flüssige und lagfreie Darstellung
abwechslungsreiche Karten
packendes Finale (Epilog) am Ende jeder Runde
sehr gute, reaktionsfreudige Steuerung
Burn-Cards als einmaliger Joker
motivierendes Rangsystem und Herausforderungen
gutes Tutorial

Kontra

wirr inszenierte Kampagnen-Story
fragwürdiges Matchmaking
strunzdumme und überflüssige Bot-KI
...aber keine kreativen Überraschungen
kein Anlegen privater / eigener Lobbys möglich
nur maximal zwölf Spieler erlaubt
kurze Kampagnen
keine Offline-Modi (bis auf das Tutorial)
mitunter heftige Einbrüche der Bildrate (One)
kaum optische Anpassungen an Figuren / Titanen erlaubt
Umgebung kaum zerstörbar
grafisch und soundtechnisch altbacken
keine LAN-Unterstützung

Wertung

PC

Intensiv, dynamisch, akrobatisch: Titanfall sorgt trotz verpatzter Kampagne und überflüssiger Cloud-KI für eine angenehm frische Brise auf den Online-Schlachtfeldern.

XboxOne

Technisch leicht schwächer als auf dem PC. Trotzdem machen die Gefechte auch auf der Xbox One einen Heidenspaß!

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