Im Test:
Die bedrohlich nahe Zukunft
Als Human Revolution vor zwei Jahren auf PC, PS3und Xbox 360 erschien, belebte es eine Formel wieder, die in dieser Form lange unbeobachtet blieben: Für jedes Problem gibt es verschiedene Lösungswege, sowohl im Kampf als auch im Umgang mit anderen Figuren. Und so schlich Adam Jensen entweder auf leisen Sohlen an Kameras vorbei, stellte sich mit gezogener Waffe dem Kampf oder schaltete seine Gegner heimlich aus. Er knackte elektronische Schlösser oder stahl den Zugangscode. Als geschickter Redner entlockte er Informanten wichtige Daten oder musste auf ihre Hilfe verzichten.
Die nahe Zukunft wirkte nicht immer so lebendig wie die eines ausgewachsenen Rollenspiels, wurde aber vor einer famosen Kulisse inszeniert, in der wabenförmige Wolkenkratzer hinter dunklen Backsteinmauern in den Himmel ragten. Bedrückender Höhepunkt ist eine Stadt, die wie ein gigantischer Tisch über die Insel Hengsha gestellt wurde. Auch wenn Human Revolution das erzählerische Potential dieser Zukunft nicht ausreizt: Seine spielerische Freiheit sowie die audiovisuelle Klasse haben bis heute nichts von ihrer Sogkraft verloren. Unsere ausführliche Besprechung des Spiels, das der neu veröffentlichten Wii-U-Umsetzung in allen wichtigen Punkten gleicht, hat daher noch immer Bestand.
Willkommen zurück, Jensen!
Ich fühlte mich jedenfalls wie Zuhause, als ich auf Wii U nach Detroit zurückkehrte: Das fesselnde Szenario, der viele Lesestoff zu erzählerischen Hintergründen sowie das
Genossen habe ich die neuen Audiokommentare der mit "Director's Cut" untertitelten Version. Ähnlich wie in den Valve-Titeln entscheide ich mich dabei an markierten Stellen, ob ich den Kommentar hören möchte. Das System lässt sich natürlich abschalten, aber da ich das Abenteuer schon kannte, gaben mir die Erinnerungen der Entwickler (u.a. sprechen der Game Director, die Autorin, der federführende Grafiker sowie der Tontechniker) einen mal interessanten, mal aufschlussreichen Einblick in die Entstehung des Spiels.
Die zurückgewonnene Verbindung
Den Inhalt des für PC, PS3 und Xbox 360 als DLC veröffentlichten "The Missing Link"
Zunächst kündigte Eidos die erweiterte Version ausschließlich für Wii U an, entschied sich aber für eine Veröffentlichung auf allen Plattformen.
Während das Spiel auf Wii U zum Vollpreis erscheint, bezahlen PC-Besitzer nur etwa 20 Euro und PS3- sowie Xbox-360-Spieler knapp 30 Euro.
Wer die Steamversion bereits sein Eigen nennt, muss knapp acht Euro berappen und wer zusätzlich The Missing Link besitzt, zahlt etwa vier Euro. erlebe ich diesmal übrigens in chronologisch richtiger Reihenfolge; immerhin ist das Kapitel Teil der zentralen Handlung. Auch die Bonusmission um Tong ist diesmal in jedem Spiel vorhanden. Viel wichtiger als das Richtigstellen des Zeitstrahls sind allerdings die überarbeiteten Kämpfe gegen mächtige Zwischengegner, denn für die konnten sich nur wenige Spieler erwärmen. Der Grund: Die Bossgefechte wurden von einem unabhängigen Team entwickelt und machten es all Jenen schwer, die Adam Jensen nicht zum starken Kämpfer entwickelt haben.
Dass Eidos sich die Kritik zu Herzen nahm, merkt man dem Director's Cut an: Die Areale der Showdowns sind jetzt ungefähr doppelt so groß und in den neuen Bereichen finden Hacker, Schleicher und Scharfschützen endlich Möglichkeiten, mit denen sie die Bosse auf "ihre" Weise ausschalten können. Natürlich nehmen diese Kämpfe nur einen kleinen Teil des Spiels ein, trotzdem habe ich das Entdeckern der neuen Möglichkeiten sehr genossen.
Auf Tuchfühlung mit der Zukunft
Richtig gut gefällt mir auch die Verwendung des Touchscreens, denn so darf ich das Radar z.B. vom großen Bild auf das Gamepad verschieben. Ich kann mich außerdem auf dem Fernseher frei umschauen, während ich auf dem Controller ein Terminal hacke. Das ist erstaunlich cool, weil es die Illusion erzeugt, einen kleinen Computer in der Hand zu
Nicht zuletzt erstelle ich Schnappschüsse der Umgebung, wofür ich das Gamepad wie eine Kamera halte, füge eine grobe Zeichnung, Text oder eine Tonaufnahme hinzu und stelle das Ergebnis online. Wer solche Meldungen sehen will, erhält dann an der entsprechenden Stelle des Spiels eine Nachricht. Umfangreichere Tipps enthält ein kompletter Strategy Guide einschließlich Komplettlösung und zu guter Letzt könnte ich ich Human Revolution sogar komplett auf dem kleinen Bildschirm spielen – praktisch.
The Missing Smartglass
Ganz und gar unglücklich bin ich hingegen über die Einbindung einer Wii-U-ähnlichen Touch-Steuerung auf PC, PS3 und Xbox 360. Denn wo die Entwickler auf PS3 Remote Play für Vita, auf 360 eine Smartglass-Anbindung und auf PC Tablet- sowie Smartphone-Unterstützung ankündigten, haben sie zu viel versprochen. Dabei zieht sich der PC gerade
Eidos hat Human Revolution nicht nur inhaltlich, sondern auch grafisch erweitert. Die Änderungen sind vor allem auf PC, aber auch auf PS3 und Xbox 360 erkennbar.
Große Änderungen gibt es nicht. Am stärksten fällt die aufwändigere Beleuchtung einschließlich eines detaillierteren Schattenwurfs auf. PC-Spieler spüren die Neuerungen allerdings: In manchen Szenen und mit allen Details können selbst schnelle Rechner ins Stottern kommen.
Manche Spieler klagen zudem über eine niedrige Bildrate. Zwei kurze Handgriffe können zum Glück Abhilfe schaffen. noch aus der Affäre, weil die angekündigte Funktionalität einfach klammheimlich gestrichen wurde. Vielleicht wird sie durch einen späteren Patch hinzugefügt, momentan wird sie allerdings nicht einmal angepriesen. Zu den Gründen äußert sich Square Enix nicht.
Auf Xbox 360 ist das Zusammenspiel mit Smartglass vorhanden – auf der Verpackung jedenfalls und auch als Option im Spiel. Der Haken: Sie funktioniert nicht. Und zwar bei niemandem, wenn man den Einträgen im offiziellen Forum glaubt. Wir haben es mit einem iPad und verschiedenen Smartphones probiert – die Konsole registriert zwar das Smartglass-Gerät, das Spiel selbst stellt aber keinen Kontakt zu ihm her. Eidos will das Problem beheben, momentan erhalten 360-Spieler aber ein fehlerhaftes Spiel.
Erhalten sie damit auch ein schlechtes Spiel? Nein. Immerhin sind es vor allem die zusätzlichen Inhalte, die den Director's Cut gehörig aufwerten. Um einen Punktabzug kommt Eidos allerdings nicht herum. Zumal die Verbindung mit Smartglass ein besseres Erlebnis verspricht als die Möglichkeit, das PS3-Abenteuer auf Vita zu spielen. Immerhin könnte ich Adam auf 360 mit dem Gamepad steuern, während ich seine Ausrüstung, die Karte oder das Hacken mit dem Smartglass-Gerät bediene. So hätten sich Tablet oder Smartphone ähnlich dem Wii-U-Controller wie ein cooles technisches Spielzeug anfühlen können.
Remote Play statt Ergonomie
Mit der PS3-Version muss ich mich leider entscheiden: Vita oder Gamepad? Ein
Eine Unding sind die auf dem hinteren Touchpad ausgelösten Funktionen für den Sprint, das Zielen, das Werfen von z.B. Granaten und um in die Hocke zu gehen. Wie sagt man so schön: Das geht gar nicht! Ich habe wirklich versucht, die Vita zu halten, ohne die Touchfläche zu berühren, um im entscheidenden Moment die gewünschte Aktion auszulösen. Doch erstens entspricht diese Haltung dem Gegenteil von "ergonomisch" und zweitens ist es nahezu unmöglich, schnell und intuitiv die richtige Position der durchgehend gleichförmigen Touch-Oberfläche zu treffen. Nein, auch das zumindest funktionierende Remote Play ist keine Stärke des Director's Cut.
Fazit
Eile mit Weile: Eidos hat sich mit dieser Umsetzung viel Mühe gegeben und es hat sich gelohnt! Mir sind alleine die Audiokommentare ein weiteres Erleben wert. Die umfangreich erweiterten Bosskämpfe begradigen ärgerliche Fehler des Originals und die durchdachte Anpassung eines bestehenden Spiels an den Touchcontroller der Wii U gefällt mir besser als bei Batman: Arkham City. Eidos betreibt hier einen ähnlichen Aufwand mit einem bereits veröffentlichten Spiel wie CD Project mit der Witcher-Serie, zumal der Director's Cut auch für PC, PS3 und Xbox 360 erscheint. Damit folgen sie den richtigen Vorbildern. Bestehende Fehler wie Schwächen im Gegnerverhalten oder die nicht zur Lippenbewegung passende deutsche Sprachausgabe sind zwar nach wie vor vorhanden und bei der Einbindung von Vita, Tablet oder Smartphone haben die Entwickler gründlich geschludert. So ist der Director's Cut zwar auf allen Plattformen eine sehr gute Erweiterung, auf Wii U aber die sowohl inhaltlich als auch spielerisch stärkste Version des Spiels!
Pro
Kontra
Wertung
360
Die angepriesene Smartglass-Funktion ist fehlerhaft, auch Xbox-360-Spieler profitieren aber von erweiterten Bosskämpfen, zusätzlichen Inhalten und Audiokommentaren.
PlayStation3
Die Steuerung per Remote-Play-Vita ist zwar viel zu unhandlich, inhaltlich und spielerisch ist der Director's Cut auf PS3 aber so stark wie auf Wii U.
Wii_U
Verbesserte Bosskämpfe, Audiokommentare und ein durchdachter Einsatz des Wii-U-Controllers: Der Director's Cut ist die stärkste Version des Spiels.
PC
Eine Verbindung mit Tablets oder Smartphones wurde klammheimlich gestrichen, dafür sehen PC-Agenten die schärfsten Bilder mit der aufwändigsten Beleuchtung.
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