Im Test:
Auf der Flucht
Winter 1943. Nähe Frankfurt am Main. Es ist eiskalt und tiefe Nacht als ihr im rettenden Fallschirm zu Boden gleitend eure getroffene B24 noch abschmieren seht. Der leblos in einem Baumwipfel hängende Pilot hatte wohl weniger Glück.
Doch es bleibt keine Zeit für Sentimentalitäten, denn die Deutschen suchen bereits nach euch und bis zur Schweizer Grenze ist es ein verdammt langer und steiniger Weg. Denkste! Denn schon nach dem ersten Feindkontakt steht fest: Die Soldaten der Wehrmacht sind nichts weiter als ein Haufen blinder und tauber Hobbyschützen, die nur darauf warten, von euch abgemurkst zu werden.Kurze Lichtblicke: Die Zwischensequenzen im Comic-Stil können sich sehen lassen (PS2).
Zermürbend und unfair
Erschwert wird das tumbe Dauermeucheln bis ins Land der Ricola-Erfinder lediglich durch eine haarsträubende Kollisionsabfrage, die euch selbst aus nächster Nähe euer Ziel verfehlen und teils sogar in ewige Clipping-Abgründe stürzen lässt. Und wenn euch das noch nicht genug zermürbt, wird euch einfach kurz vor Levelende ein Rudel Eliteschützen auf den Hals gehetzt, das dafür sorgt, dass ihr den kompletten Einsatz nochmals von vorn oder zumindest die nächste Mission mit völlig erschöpfter Lebensenergie beginnen müsst. Fieser Weise wird euer Status am Missionsende nämlich stets unverändert in den nächsten Einsatz übernommen - inklusive Verletzungen und Munitionsmangel. Und wer meint, auf Rücksetzpunkte oder Zwischenspeicherungen zurückgreifen zu können, wird schnell feststellen, dass es so etwas in Pilot Down nicht gibt...
Such‘s Stöckchen
Auch alternative Schwierigkeitsgrade sowie eine Karten- oder Radarfunktion hielten die Entwickler wohl für unnötig. Allerdings sind die einzelnen Spielabschnitte so klein und linear, dass man sich ohnehin nur schwer verlaufen kann. Trotzdem ist es alles andere als löblich, wenn jeglicher Erkundungsdrang in einer Sackgasse endet. Zwar gibt es in jedem Spielabschnitt ein unbekanntes optionales Auftragsziel sowie drei versteckte Spezialgegenstände, aber die Suche danach gestaltet sich nur leidlich spannend. Allerdings lohnt die Zusatzmühe,
Lächerlich: Während ihr langsam erfriert, laufen Zivilisten unversehrt in Rock und Bluse rum (Xbox). |
Mir ist kalt
Diese Rollenspielelemente sind neben dem witterungsbezogenen Ausdauer-Feature einer der wenigen Lichtblicke im Spiel. Aber auch die Konditionseinbußen bei Eis und Kälte sind eigentlich mehr Last als Segen, da ihr ständig dazu gezwungen werdet, an irgendwelchen Lagerfeuern zu campieren oder nach Nahrungsmitteln Ausschau zu halten, weil ihr sonst verhungert oder erfriert, was angesichts der kurzen Levels doch etwas befremdlich wirkt. Komisch auch, dass ihr trotz Pilotenanzug Frostbeulen bekommt, während manche Zivilisten mit kurzen Röcken und offenen Blusen unversehrt im Schneegestöber herumspazieren...
Feuer frei!
Dadurch verliert das an sich interessante System jede Glaubwürdigkeit und setzt euch nur unnötig unter Zeitdruck, was auch negative Auswirkungen auf den Spielverlauf hat.
Denn statt den Feind möglichst unauffällig zu umgehen, ballert ihr euch in der Regel einfach den Weg frei, um Zeit und damit Ausdauer zu sparen. Zwar stehen euch auch diverse Ablenkungsmanöver wie Klopfgeräusche, Zigarettenköder oder Signalfackeln zur Verfügung, während ihr mit hinterhältigen Würgeangriffen sogar lautlos töten könnt, aber angesichts der unterirdischen Gegner-KI wendet ihr diese Mittel quasi nur an, wenn die Munition knapp wird - was aufgrund der miesen Kollisionsabfrage leider keine Seltenheit ist...Dumm wie Brot: Das Verstecken erwürgter Gegner könnt ihr euch angesichts deren KI sparen (Xbox).
Zeitverschwendung
Ärgerlich nur, dass euer Protagonist für jeden Stealth-Kill seine Waffen in den Rucksack packt und ihr sie anschließend erst wieder hervorkramen müsst, um eventuell aufmerksam gewordene Wachen auszuschalten. Allerdings kümmert es die feindlichen Soldaten in der Regel keinen Deut, wenn in unmittelbarer Nähe Kameraden gemeuchelt werden oder ihr direkt vor ihrer Nase vorbeispaziert. Da macht es nicht einmal Sinn, die leblosen Körper getöteter Gegner wegzuschleppen, was nur Zeit und Ausdauer kostet.
Kurios auch, dass ihr die Waffen eurer Opfer nicht einsacken oder die Leichen nach Munition oder ähnlichem durchsuchen könnt, was reichlich inkonsequent wirkt. Stattdessen liegen Pistolen, Gewehre und andere Objekte einfach so in der Gegend rum als hätte man sie dort extra für euch deponiert...Ebbe im Magazin: Zu lautlosen Stealth-Kills setzt ihr eigentlich nur bei Munitionsmangel an (PC).
Augen zu und durch
Überhaupt wirkt die Flucht viel zu konstruiert und linear, um auch nur ansatzweise Spannung oder Atmosphäre aufkommen zu lassen. Auch die antiquierte Grafik drückt gewaltig auf die Stimmung. Die Charaktermodelle sind teils extrem klobig, die Animationen mitunter einfach nur albern und die kargen Texturen trotz eines gewissen Zeichentrick-Flairs völlig indiskutabel. Lediglich die in Comic-Form präsentierten Zwischensequenzen machen hin und wieder was her. Auch die seltene englische Sprachausgabe eures Alter Egos geht in Ordnung, was man von den deutschen Stimmen der Soldaten und Zivilisten oder den deutschen Untertiteln und Menütexten nicht immer behaupten kann. Die Sound-FX sind auch nicht gerade spektakulär, erklingen auf der Xbox aber zumindest in Dolby Digital.
Buch mit zwei Seiten
BBQ statt Versteckspiel: An Lagerfeuern könnt ihr euch meist ungestört aufwärmen und grillen (PS2). |
Fazit
Aua! Wenn Dummheit weh tun würde, müssten eure Widersacher in Pilot Down auch ohne Waffeneinsatz ständig aufheulen. Dermaßen unterbelichtete Wehrmachtssoldaten habe ich jedenfalls seit "Ein Käfig voller Helden" nicht mehr gesehen. Doch was in der Fernsehserie zur gezielten Belustigung diente, wirkt hier nicht einmal unfreiwillig komisch, sondern einfach nur peinlich. Die Grenzdebilität eurer Gegner erstickt wirklich jeden Spielspaßfunken im Keim, während das von Vollblutsadisten ersonnene Speichersystem nie um eine tödliche Überraschung kurz vor Levelende verlegen ist. Statt geeignete Schleichrouten auszubaldowern oder Hinterhalte zu initiieren, besteht die Herausforderung vielmehr darin, den Gemeinheiten der Programmierer oder den Tücken der Technik zu entgehen sowie die vorsintflutliche Grafik zu verdauen. Dabei hätten die verbesserbaren Charaktereigenschaften und die Kräfte zehrenden Witterungsbedingungen durchaus für ein sehr spannendes und individuelles Flüchtlingsabenteuer sorgen können. So wünscht man sich jedoch nichts sehnlicher, als endlich in Gefangenschaft zu geraten und das programmierte Elend hinter sich zu lassen...
Pro
Kontra
Wertung
PC
PlayStation2
XBox
Müdes Flüchtlingsabenteuer mit Gegnern dumm wie Brot.
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