Bridge Constructor Mittelalter07.05.2014, Jörg Luibl
Bridge Constructor Mittelalter

Im Test: Mit Holz, Stein und Seilen

Früher hat man Brückenbau in den Pausen einer LAN gezockt – als kleinen Snack zwischen Unreal, CounterStrike & Co. Mittlerweile ist das Spielen mit der Statik fast ein eigenes Genre mit vielen Facetten. Auf dem iPad geht es mit Bridge Constructor Mittelalter (ab 2,69€ bei kaufen) in die Vergangenheit, mit einigen fiktiven und physikalischen Freiheiten.

Ritzeratze, voller Tücke, in die Brücke eine Lücke!

Da stampfen, rollen und traben sie von links heran, die Ritter, Wagen und Pferde. Werden sie es schaffen? Hält die Brücke der Belastung stand? Diese Frage stellt sich immer, wenn man seine Konstruktion aus leichtem und schwerem Holz, Stein und Seilen fertig gestellt hat. Zu Beginn platziert man seine Planken über den Abgrund, danach per Finger

Anhand der Farbe erkennt man die Stabilität der Teile: Grün ist sicher, rot ist unsicher - dazwischen gibt es noch Abstufungen.
die Stützen und Pfeiler, Sockel und Streben. Ein Gitternetz und ein Zoom erleichtern die Platzierung. Die Bedienung lässt dennoch einiges an Präzision vermissen - vor allem beim Nacharbeiten kann es fummelig werden, wenn man diesen einen Balken entfernen will und gleich die halbe Brücke verschwindet. Man kann das Spiel aber komfortabel stoppen, um seinen Plan noch während einstürzender Balken zu verbessern; nur ein Vorspulen vermisst man.

Einsteiger werden in der Kampagne langsam in die Möglichkeiten der Materialien und Konstruktionen eingeführt, bevor man endlich etwas freier, aber nie aus dem Vollen basteln kann: Man muss immer im Budget bleiben und es gibt pro Mission andere Vorgaben – mal darf man z.B. Seile nutzen, mal nicht. Veteranen freuen sich über zwei neue Herausforderungen: Schön ist zum einen, dass man seine Brücken in den 40 Levels auch mal gegen Katapult-Beschuss mit Dächern schützen muss. Zum anderen darf man den Spieß auch mal umdrehen und soll Feinde aufhalten, indem man extra schwache Konstruktionen baut, die aber nicht sofort einstürzen – sonst drehen die Invasoren nach dem ersten Schrei um. Zwei gute Ideen!

Trial & Error mit wackliger Logik

Ärgerlich: Es gibt einige physikalische und grafische Inkonsequenzen, die die Freude am Experimentieren mit der Statik dämpfen.
Aber  trotz grundsätzlich glaubwürdiger Konstruktionswirkungen, bei denen die Belastung einzelner Elemente von grün über orange bis rot jederzeit sichtbar ist, gibt es immer wieder Situationen, die mit Statik und Physik nichts zu tun haben. Warum clippen Pferdewagen komplett durch Brücken? Warum bricht das mittlere Dach ein, wenn das obere vom Steinschlag getroffen wird? Warum wird meine Brücke im linken Bereich in den Abgrund gerissen, wenn ich ganz rechts einen Aufbau errichte? In diesen Situationen wirkt das Spiel mit Gewichten und Stützen nicht mehr authentisch, sondern frustrierend willkürlich. Zumal man dann weniger mit Logik als vielmehr Trial&Error herausfinden muss, was da schief läuft.

Es ist zwar löblich, dass man dem Brückenbau in der Kampagne einen erzählerischen Rahmen geben will, aber eine „spannende Story“ gibt es nicht. Die Dialogfetzen mit den schwachen Zeichnungen und dem aufgesetzten Humor hätte man sich sparen können. Und mal ehrlich: „Urks“ als Bedrohung? Hier wirkt der Mix aus Mittelalter und Fantasy so inspiriert wie ein schales Krefelder.

Grobe Kulissen und Bezahlholzhammer

Hinweise kosten virtuelle Münzen, die man für echtes Geld kaufen kann - und darauf wird man plump in der Spielfläche hingewiesen.
Die Präsentation lebt auf den ersten Blick von ihrem putzigen Comicstil, ist aber keine Augenweide, zumal die Hintergründe nur grob aufgelöst und die Figuren beim Zoom wie unpersönliche Klötze aussehen. Die Kulisse besteht landschaftlich nur aus einem sehr begrenzten Arsenal an Schluchten. Die sehen solide, aber alles andere als berauschend aus. Die Animationen gehen zwar noch in Ordnung, locken aber nicht zur näheren Betrachtung.

Und warum müssen bloß diese zwei klobigen Icons so penetrant oben links im Spielbereich auftauchen? Weil man die Leute so deutlicher zur Kasse bitten kann: Klickt man auf die Schriftrolle, bekommt man "Lösungshinweise" gegen Münzen - 20 kosten 0,89 Cent; 60 kosten 1,79 Euro. Klickt man auf das Schloss, kann man pro Level oder für das ganze Spiel freies Bauen ohne Materiallimit aktivieren; Letzteres für 2,69 Euro. Mal abgesehen davon, dass diese Benutzeroberfläche einfach plump aussieht, hätte man besser einen freien Baumodus zum Experimentieren mit feineren Kulissen anbieten sollen.

Fazit

Hält das Ding? Habe ich meine Seile und Balken optimal platziert? Zwischendurch ist der Bridge Constructor Mittelalter ganz unterhaltsam für Tüftler, zumal mit dem Bau von Dächern gegen Katapultbeschuss sowie dem gezielten Vernichten von Feinden über Schwachstellen etwas Abwechslung und Schadenfreude aufkommt. Aber eine durchgestylte Augenweide ist das Spiel mit seinem sympathischen Comiclook nicht. Abgesehen von der grob aufgelösten Kulisse mit den klobigen Figuren vermisst man mehr Feinschliff. Die Story ist überflüssig, Artdesign und Animationen gerade noch solide, die Schauplätze alle zu ähnlich und die Bezahlinhalte wurden plump mit dem Holzhammer in die Benutzeroberfläche getrieben. Hinzu kommen trotz vieler glaubwürdiger Einstürze auch einige ärgerliche physikalische Inkonsequenzen und Clippingfehler. Trial&Error ist bei so einem Spiel natürlich Teil des Designs, aber diese Willkür nervt irgendwann.

Pro

fortlaufende Kampagne mit Herausforderungen
statisches Tüfteln mit Holz, Stein und Seilen
Herausforderungen mit wenig Material meistern
absichtlich schwache Brücken gegen Feinde bauen
Brücken gegen Katapult-Beschuss sichern
GameCenter-Unterstützung

Kontra

ärgerliche physikalische Unstimmigkeiten
manchmal fummelige Steuerung
plumpes Artdesign, klobige Icons
überflüssige Story, schaler Humor
Hier-sind-Bezahlinhalte-Holzhammer
kein separater freier Baumodus
keine Vorspulfunktion

Wertung

Android

Zwischendurch ist der Bridge Constructor ganz unterhaltsam, aber man vermisst mehr Feinschliff, mehr Abwechslung und hübschere Kulissen.

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