Magicka 204.06.2015, Mathias Oertel
Magicka 2

Im Test: Fortgesetztes Zauber-Chaos

Spätestens mit Magicka hat sich der schwedische Publisher Paradox einen Namen außerhalb anspruchsvoller Strategie gemacht. Das Action-Puzzler sorgte mit Humor und vielen Kombinationsmöglichkeiten für gute Unterhaltung. Nach vier Jahren steht die Fortsetzung bereit, um daran anzuschließen. Ob Magicka 2 (ab 4,49€ bei kaufen) dies gelingt, verrät der Test.

Nach dem Krieg ist vor dem Krieg

Die Magier-Kriege haben ihre hässlichen Narben in der kunterbunten Fantasy-Welt Midgårdhinterlassen, die auch schon im Vorgänger 2011 der Schauplatz war. Nur noch wenige Zauberer sind übrig - und zumeist entweder verrückt geworden oder sehr feindselig gegenüber allen anderen. Das trifft sich gut, denn die Bevölkerung hat die Zaubernden entweder vergessen oder hasst sie. Doch die Bedrohung durch Orks, Goblins und andere finstere Mächte ist nur allzu gegenwärtig. Wieder einmal müssen die übrigen Magier ausrücken. Und wieder einmal werden sie von Vlad begleitet, der es nicht leid wird zu betonen, dass er kein Vampir ist. Ausdrücklich. Kein. Vampir.

Die Zauber-Zwerge legen die Fantasy-Welt von Midgård wieder in Schutt und Asche.
Obwohl der Entwicklungsauftrag von Arrowhead (Helldivers, Magicka) komplett zu Pieces Interactive (Leviathan Warships), unterstützt von hauseigenen Paradox-Studios wanderte, hat sich am Konzept nicht viel geändert. Das muss nicht per se negativ sein, denn der Vorgänger konnte z.B. mit seinem Zaubersystem punkten, das hier nahezu identisch übernommen wurde: Es stehen acht Elemente zur Verfügung, die bis zu einer Fünferkombo frei kombiniert werden können. Beachten muss man lediglich, dass sich einige ausschließen. Feuer und Wasser verpuffen zu Dampf und die Elemente Leben und Tod kann man z.B. auch nicht zusammensetzen. Dafür jedoch kann man mit je nach  Kombination und Auslösetaste einen Fernangriff starten, sein Schwert als Nahkampfwaffe elementar aufladen, Zauber auf sich wirken, Minen legen, sich oder andere heilen, Schilde setzen und vieles mehr.

Die Wahl der Qual

Je mehr Zauberer mitmischen, umso chaotischer wird der Action-Spaß.
Die Möglichkeiten sind beinahe unendlich - und damit auch die Optionen, die Gegner zu malträtieren. So kann man z.B. Blitzminen legen und die verfolgenden Feinde mit einem Wasserzauber nass machen, so dass sie durch die Elektrizität Extraschaden nehmen. Oder man lockt die Feindgruppe in Flammen,  nachdem man sich selbst mit einem starken Schildzauber temporär immunisiert hat. Oder man legt diverse Element-Minen, die zu einer Kettenreaktion führen, während man die Gegner erst vereist und damit stark verlangsamt, bevor man aus der Distanz die jetzt noch übrigen Lebenspunkte raubt. Nur: Das kennt man alles schon aus dem Vorgänger. Und obwohl das Experimentieren immer noch einen Heidenspaß macht und auch durch die unterschiedlichen Resistenzen der Standard-Gegner oder Bosse gefördert wird, bleibt der Überraschungsfaktor aus.

Zudem wird die Anzahl an Umgebungs- bzw. Schalter-Rätseln im Vergleich zum Vorgänger reduziert. Der Puzzle-Faktor konzentriert sich mittlerweile größtenteils auf das bereits erwähnte Herausfinden, welche Elemente bei den jeweiligen Gegnern am ehesten Erfolg versprochen. Doch es gibt auch kleinere Fortschritte. So kann man mittlerweile auch in Bewegung zaubern und die Pad-Unterstützung wurde optimiert. So spielt sich Magicka 2 letztlich eher wie klassische Dual-Stick-Action, anstatt wie der Vorgänger mechanisch eher im Bereich der Action-Rollenspiele einsortiert werden zu können.

Freundliches Feuer

Der Überlebenskampf ist für Solisten allerdings nur eingeschränkt geeignet. Zwar wird man hier nicht von übereifrigen Kameraden geröstet, unter Strom gesetzt, nass gemacht oder zum Implodieren gebracht. Im Gegenzug muss man sich jedoch mit einem zu häufig aus dem Ruder laufenden Schwierigkeitsgrad auseinandersetzen. Man merkt vielen Stellen an, dass sie für mindestens zwei kooperierende Magier konzipiert wurden. Dementsprechend gibt es massive Spitzen hinsichtlich des ohnehin fordernden Schwierigkeitsgrades. Zwar kann man sich auf fair gesetzte Kontrollpunkte verlassen, an denen man ein ums andere Mal neu startet. Doch selbst mit Kenntnis der nicht nur in der nächsten, sondern auch übernächsten und folgenden Welle anrückenden Gegner hat man mitunter kaum Zeit, den größten Schadensmacher zu aktivieren – geschweige denn, ihn sinnvoll einzusetzen. Und das kann mitunter zu Frust führen, der nicht einmal von dem Humor aufgefangen wird, der mit einer Mischung aus einer beim genauen Zuhören fast immer Sinn ergebenden Fantasiesprache sowie vielen Anspielungen aufgebaut wird.

So geruhsam ist es nur selten.
Ganz anders das Koop-Spiel. Nicht nur, dass man gemeinsam über die mitunter albernen Witze lachen kann. Man kann sich hier auch ständig wiederbeleben. Und man kann seine Angriffe koordinieren, so dass ein Spieler z.B. um die Feinde herumschwadroniert und sie abwechselnd für die Angriffe des Partners schwächt und Minen in ihre Wege legt, während der andere sie gezielt einen nach dem anderen aus dem Spiel befördert. Ist man mit drei oder vier Magiern unterwegs, wird nicht nur der Spaß, sondern auch das unterhaltsame Chaos größer: Man vergisst gerne mal, wer mit welchem Element jetzt auf wen losgehen sollte. Und wenn der blaue Hexer in den Todesstrahl des gelben läuft (ein Hoch auf den Freundesbeschuss), kann der ja auch nix dafür, nicht wahr? Egal, auf ein Neues. Denn während der rote Zauberer dem blauen wiederbelebend zur Seite eilt, kann der grüne mit dem gelben die Strahlen vereinen und die Gegner in Sekundenschnelle ausradieren. Hier gilt definitiv nicht das Ghostbusters-Motto "Bloß nicht die Strahlen kreuzen.“

Nach Teil 1 ist vor Teil 3?

Wenn Magicka als Serie weiterbesteht, dürfte ein mutmaßlicher Teil 3 endlich eine zeitgemäße Kulisse besitzen. Zumindest wenn man den Maßstab des Fortschritts von Teil 1 zu Teil 2 nimmt. Sah Magicka nur wenig besser als WarCraft 3 aus, hat man jetzt beim Detailgrad der Umgebungen usw. immerhin schon Torchlight-Standard erreicht - beinahe Torchlight 2. Die knallbunte, ultrafreundliche Kulisse steht in teils krassem Gegensatz zur dargestellten (Comic-)Gewalt. Mit der richtigen Kombo zerspringen die Gegner in ihre roten Einzelteile, dass es eine wahre Freude ist. Immerhin: Beim Figurendesign oder Animationen gibt sich Magicka 2 keine Blöße.

Mit entsprechender Fingerakrobatik lassen sich brachiale Ergebnisse erzielen.
Schade ist allerdings, dass es immer noch nur eine feste Kameraperspektive gibt. Nicht nur, dass man mitunter manche Monster partout zu spät ins Visier nehmen kann. Sobald die Kämpfe beginnen, kann es passieren, dass die Arena von unsichtbaren Mauern begrenzt wird. Das wiederum kann bedeuten, dass man in einer Ecke festgenagelt wird und das Scrolling der Umgebung ausgesetzt wird – nicht schön!

Dass man nach Ende der Kampagne, was je nach Anzahl der Spieler und ihrer Fertigkeit zwischen sechs und acht Stunden dauern würde (Solisten können x halbe Stunden wegen frustrierender, teils unfairer Tode hinzurechnen), kehrt man auch nicht wegen der Kulisse in die Welt von Magicka 2 zurück. Auch nicht wegen der stimmungsvollen Musik, die teilweise Melodien des Vorgängers neu interpretiert, teils mit frischen Kompositionen die effektgeladenen Gefechte untermalt. Schon eher die Herausforderungen, die mit ihrem harschen Anforderungsprofil zwar auch eher die Kooperativ-Zauberer ansprechen, die aber wie auch die Kampagne mit zahlreichen freispielbaren Gimmicks in Form von Artefakten und Ausrüstung anlocken. Vor allem die Artefakte sind dabei von Interesse: Mit ihnen kann man Modifikatoren zuschalten, die vom Lebenspunkt-Boost über Laufgeschwindigkeit von Kameraden und Gegnern bis hin zum Instant Kill nahezu alle Bereiche abdecken und beinahe so viel Spielraum zum Experimentieren geben wie die Elemente, mit denen man in Magicka 2 hantiert.

Fazit

Hmm. Nach gefühlt 100 Add-Ons und Abenteuer-Packs für den Vorgänger hatte ich mir mehr von Magicka 2 erhofft. Sicher: Die Kulisse hat einen Schritt nach vorne gemacht, ist jedoch noch nicht zeitgemäß. Und mit sinnvollen mechanischen Verfeinerungen wie optimierter Pad-Unterstützung, die natürlich vor allem der PS4-Version zu verdanken ist, sowie dem jetzt möglichen Zaubern bei Bewegung, kann man sich erfolgreich vom ersten Teil abgrenzen. Doch der Kern ist nahezu unverändert. Das Kombinieren der Elemente ist immer noch reizvoll, unterhaltsam und motivierend. Doch das Überraschungsmoment ist nicht mehr da - bzw. wird nur auf der Konsole geboten, auf der das Konzept erstmalig in Erscheinung tritt. Zudem wurde der ohnehin nicht allzu große Rätsel-Aspekt zugunsten der Action zurückgeschraubt. Und die wiederum wird Solisten aufgrund unfairer Spitzen innerhalb des fordernden Schwierigkeitsgrads vor den Kopf stoßen. Koop-Zauberer hingegen freuen sich (wie bei Teil 1) über ebenso chaotische wie motivierende Arena-Gefechte, die man über freigeschaltete Artefakte nach Belieben modifizieren kann. Unter dem Strich bleibt spaßige Action, die sich nicht aus dem Schatten des Vorgängers lösen kann.

Pro

fordernde Zauber-Action
ansehnliche, farbenfrohe Kulisse
haufenweise Kombinationsmöglichkeiten für die Zauber
"Friendly Fire" sorgt für herrliches Chaos
gut gesetzte Kontrollpunkte
spaßiger Mehrspielermodus für bis zu vier Magier
Zauber-Experimente werden gefördert
angenehmer, mitunter subtiler Humor
Fantasie-Sprache ergibt beim Zuhören „beinahe“ Sinn
"Artefakt"-Modus lässt einen zahlreiche Modifikatoren zuschalten
nach Kampagne locken happige Herausforderungen

Kontra

für Solisten mit teilweise herben Schwierigkeitsgrad
unfaire Situationen und Soforttode
nur eine Kameraperspektive ohne Zoom oder Schwenk
lahme Story
Charme des "Neuen" ist verflogen
Puzzlerfaktor wurde zurückgeschraubt

Wertung

PlayStation4

Konsolen-Premiere der chaotischen Zauber-Action, deren Spaß analog zur Spielerzahl steigt.

PC

Solide Fortsetzung, die weniger auf Rätsel, sondern auf noch mehr chaotische Zauber-Action setzt, deren Spaß analog zur Spielerzahl steigt.

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