Final Fantasy 14 Online: Heavensward30.06.2015, Jens Bischoff

Im Test: Reise in die Länder des Nordens

Knapp zwei Jahre nach der Veröffentlichung von A Realm Reborn ist mit Heavensward die erste kostenpflichtige Erweiterung für Square Enix' Online-Rollenspiel Final Fantasy 14 erhältlich. Was diese zu bieten hat und für wen sich die Anschaffung lohnt, klärt der Test.

Eine Welt im Wandel

Seit dem holprigen Start von Final Fantasy 14 im Herbst 2010 hat sich das Fantasyreich Eorzea stark gewandelt. Selbst seit dem Relaunch vor knapp zwei Jahren hat sich das Online-Rollenspiel durch allerlei kleine und große Updates kontinuierlich weiterentwickelt. Mit Heavensward will man jetzt wieder einen größeren Schritt in dieser separaten Erweiterung machen, welche die mit dem Update "Before the Fall" beendete Story von A Realm Reborn an neuen Schauplätzen wie der päpstlichen Stadt Isgard fortführt.

Neben der heiligen Stadt im hohen Norden warten aber auch noch andere Gebiete wie das Dravanische Vor- und Hinterland, das Abalathische Wolkenmeer oder die Wallenden Nebel darauf, von Spielern, welche die bisherige Handlung abgeschlossen und Charakterstufe 50 erreicht haben, erkundet zu werden. Für alle, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, bleiben die Tore Ishgards auch weiterhin verschlossen. Einzelheiten darüber, was sich im Zug der Erweiterung alles ändert, können hier nachgelesen werden.

Die neuen Schauplätze sind überraschend groß und können dank der Einführung flugtauglicher Vehikel und Reittiere sogar aus der Luft erkundet werden, sobald man alle dort befindlichen Windätherquellen aufgespürt hat. Das Leveldesign der neuen Gebiete, in denen man neben neuen Sehenswürdigkeiten für die Eorzea Incognita auch auf alte Bekannte wie die giraffenartigen Dhalmele aus Final Fantasy 11 trifft, ist passend dazu deutlich vertikaler ausgerichtet.

Mit Heavensward öffnen sich erstmals die Tore der heiligen Stadt Ishgard im Norden Eorzeas.
Selbst dem eigenen Chocobo kann man das Fliegen beibringen, das auch eine schnellere Fortbewegungsgeschwindigkeit als am Boden erlaubt.

Trennung mit Folgen

In den alten Arealen von A Realm Reborn herrscht aber nach wie vor Flugverbot, so dass Heavensward-Besitzer keine unlauteren Vorteile im Wettstreit um besondere Ziele oder ähnliches haben. Dennoch dürfte die Trennung der Spielerschaft Furchen im alten Eorzea hinterlassen, da erstmals nicht mehr alle Inhalte allen Spielern offen stehen. So wird es fortan natürlich deutlich schwerer sein, Mitstreiter für bisherige Gruppeninhalte zu finden und damit verbundene Hürden im Spielverlauf zu überwinden. Auch der Einstieg für Demo-Spieler und Neuanfänger wird spürbar an Attraktivität verlieren. Viele vormals noch gut besuchte Areale wirken schon jetzt wie leergefegt, was durch den Stufe-30-Start der neuen Charakterklassen sogar noch forciert wird.

Immerhin hat man den Ansturm auf die neuen Gebiete durch vorübergehende Verteilung der Spieler auf unterschiedliche Server-Instanzen sowie das automatische Ausloggen längere Zeit inaktiver Spieler gut in den Griff bekommen. Auch die Login-Server waren zum offiziellen Start wesentlich besser gerüstet als noch zum Beginn des frühen Zugriffs wenige Tage zuvor. Schön ist auch, dass selbst Spieler ohne Heavensward durch Patch 3.0 in den Genuss diverser Neuerungen wie facettenreicherer Beuteregeln, Suchoptionen oder Crafting-Möglichkeiten kommen. Auch dem Spam von Goldverkäufern über massenhaft versendete Freundesanfragen wurde ein Riegel vorgeschoben. Weniger schön ist hingegen, das durch Addon-exklusive Karten etwas ins Ungleichgewicht geratene Triple-Triad-Kartenspiel.

Doch auch mit installierter Erweiterung, wird man hier und da zu schlucken haben. Im Prinzip kann man sämtliche mühevoll aufgerüstete Stufe-50-Ausrüstung und noch unvollendete Stufe-50-Bestrebungen ad acta legen, da man schon bald wesentlich bessere Ausrüstung erhält und bis dato keine neuen Upgrades für die alte Ausrüstung verfügbar sind. Gerade im Hinblick auf die in der Regel über zig Monate immer weiter verbesserten Reliktwaffen ein Abschied, der schwer fällt. Entsprechend sind auch viele alte Spielinhalte inkl. Sonderwährungen von heute auf morgen quasi bedeutungslos geworden. Spätestens ab der neuen Maximalstufe 60 zählen eigentlich nur noch die mit Heavensward neu eingeführten Allagischen Steine und Abzeichen.

Vielfältiger Zuwachs

Das Angebot an neuen Schauplätzen, Gegnern, Dungeons und Beute kann sich aber auf jeden Fall sehen lassen. Auch die frischen Fertigkeiten für Charaktere auf dem Weg zur neuen Maximalstufe sind eine angenehme Bereicherung. Als Mönch stehen einem jetzt z. B. auch in Phasen, in denen man nicht direkt angreifen kann, sinnvolle Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Allerdings kommt die Kampfsteuerung via Controller durch die zusätzlichen Fähigkeiten langsam an ihre Grenzen, da Platz für schnelles Wechseln zwischen zwei Skill-Paletten begrenzt ist und weitere Paletten in der Regel mit spürbaren Aktionsverzögerungen einhergehen.

Dank flugfähiger Reittiere lassen sich die neuen Regionen auch aus der Luft erkunden.
Doch selbst PS4-Spieler können jederzeit auf Maus und Tastatur umsteigen oder auf einen Mix aus allen drei Eingabegeräten setzen.

Die drei neuen Charakterklassen, Dunkelritter (Verteidiger), Maschinist (Angreifer) und Astrologe (Heiler) bringen ebenfalls gelungene Ergänzungen mit sich. Besonders Letzterer hatte mich mit seinen an Ace aus Final Fantasy Type-0 erinnernde Spielkarteneinsätzen positiv überrascht. Nur mit dem Maschinisten bin ich bisher noch nicht richtig warm geworden, was aber auch daran liegen dürfte, dass der Einstieg im Gegensatz zu den bisherigen Klassen deutlich ruppiger ist. Schließlich lernt man die Eigenheiten nicht von der Pike auf, sondern steigt gleich zu Beginn mit zwei prall gefüllten Skill-Paletten auf Stufe 30 ein. Auf der anderen Seite spart man sich so aber natürlich auch eine Menge eintöniger Levelarbeit.

Handwerker- und Sammlerklassen erhalten mit Heavensward ebenfalls neue Betätigungen, Fertigkeiten und Maximalstufen. Neben neuen Ernte- und Angelstellen und dazugehöriger Rohstoffe gibt es auch viele neue Rezepte. Zudem lassen sich neuerdings besonders lukrative Sammlerstücke finden oder herstellen. Auch beim Zerlegen von Ausrüstung und dem Einsatz von Gehilfen wurden die Stufenbegrenzungen angehoben. Es lassen sich sogar Gesellschafts-Werkstätten zur gemeinsamen Produktion von Gebäudeteilen und Luftschiffen einrichten, die sich nach ihrer Fertigstellung auf ferne Erkundungen schicken lassen.

Die neuen Schauplätze haben auch mildere Klimazonen zu bieten.
Wer lieber auf die Pirsch geht, freut sich hingegen über neue Jagdaufträge, denen man begrenzt, aber regelmäßig nachgehen kann, um die dadurch verdienten Abzeichen in Ausrüstungs-Upgrades und andere Dinge zu investieren.

Tausendjähriger Krieg

Im Verlauf der spannend inszenierten Handlung, die einen an der Seite alter und neuer Wegbegleiter mit den dunkelsten Geheimnissen eines seit tausend Jahren tobenden Kriegs zwischen Ishgard und dem Drachenvolk entführt, bekommt man es auch mit zwei neuen Primae zu tun, die es jeweils mit achtköpfigen Teams niederzuringen gilt. Später kann man sich ihnen wie gewohnt in noch stärkerer Ausführung (Zenit der Götter) erneut stellen. Die Story knüpft direkt ans Finale von A Realm Reborn an und hält neben dem Zusammenfügen loser Enden auch so manche Überraschung parat. Die deutsche Übersetzung ist einmal mehr vorbildlich und macht auch rege von sprachlichen Eigenheiten und Harmonien Gebrauch. Die leider einmal mehr nur sporadische Vertonung präsentiert sich hingen durchwachsen - sowohl, was Sprecher und Regie als auch die Technik betrifft. Schade auch, dass der eigene Spielcharakter wieder grundlos völlig stumm bleibt.

Grafisch gibt's hingegen nicht viel zu meckern. Die neuen Schauplätze und ihre Bewohner wurden, auch wenn man viel Vertrautes zu Gesicht bekommt, liebevoll und detailliert gestaltet, während die dynamischen Tages- und Wetterwechsel für beeindruckende Stimmungen sorgen. Unter DirectX 11 gibt's sogar zusätzliche Anzeigeeinstellungen und Bildschirmeffekte. Trotzdem kann die PS4-Fassung mit der PC-Version durchaus mithalten. Lediglich Kantenglättung und Bildrate lassen wie schon in A Realm Reborn mitunter zu wünschen übrig - allerdings kein Vergleich zum vehement Spielspaß mindernden Geflimmer auf der PS3. Nennenswerte Systemunterschiede sind ansonsten keine ins Auge gefallen.

Aufgefallen sind dafür jedoch viele eher unscheinbare Anpassungen und Verbesserungen, die man schon bald nicht mehr missen möchte, wie die überarbeitete Inhaltssuche, das vorab mögliche Vergleichen und Anprobieren von Quest-Belohnungen oder das endlich auch auf dem Rücken von Reittieren mögliche Teleportieren - selbst beim Fliegen, das man natürlich am liebsten in sämtlichen Arealen einsetzen würde. Ein Wunsch, der durchaus noch irgendwann in Erfüllung gehen könnte. Auch die Animation wirken abgesehen von wenigen Kleinigkeiten unglaublich rund, Sound- und Artdesign stimmig, die Spielbalance bisher sehr ausgewogen.

Held als Laufbursche

Weniger begeistert hat hingegen das Design der Quests in Heavensward, das leider deutlich in Richtung Quantität statt Qualität getrimmt wurde. Zwar werden dabei durchaus amüsante Figuren und Geschichten präsentiert, aber spielerisch bis auf wenige Ausnahmen einfach immer und immer wieder dieselben Such- und Bring-Strukturen bemüht, die man eigentlich schon in A Realm Reborn zur Genüge durchlaufen hat. Irgendwann sieht man nur noch die Belohungen und blendet das Drumherum völlig aus, was schade ist, da die mit den Aufträgen verbundenen Figuren und Orte eigentlich viel zu erzählen hätten.

Auch die neuen Dungeons, FATEs (Full Active Time Events) und Primae-Kämpfe setzten vorwiegend auf Altbekanntes, das lediglich leicht abgeändert oder anders zusammengesetzt wurde. Hier und da gibt es zwar auch mal eine Überraschung, aber im Endeffekt hat man auch die schnell durchschaut und abgehakt. Wem das Boss- und Leveldesign bisher gefallen wird, wird natürlich nicht enttäuscht und kann seine Leistungen in der Gruppe auch immer weiter verbessern,

Im Zentrum der Geschichte, die Heavensward erzählt, steht ein tausendjähriger Drachenkrieg.
frustrierende Hürden wie einst der Primae-Kampf gegen Titan, der unter den Spielern gnadenlos die Spreu vom Weizen trennte, stehen in Heavensward aber nicht an.

Herausforderungen gibt es natürlich trotzdem. Neben den Zenit-der-Götter-Kämpfen sind auch manche Solo-Einsätze während des Story-Verlaufs durchaus anspruchsvoll, wenn man sie auf eigene Faust angeht. Zumindest bis man die Abläufe durchschaut hat, denn unfair oder willkürlich sind sie nicht. Zudem kann man gerade im Hinblick auf die neuen Charakterklassen, Auswahl klassenfremder Zusatzfertigkeiten und verschiedener Gruppenzusammensetzungen viel experimentieren und optimieren.

Im Gegensatz zu den eher schwachen Quests, die man allesamt nur einmal bestreitet und dann nie wieder zu sehen bekommt, bleiben die Kampfinhalte auch weiterhin spannend - vor allem, da diese auch in Zukunft stets erweitert werden sollen. Aber allein schon mit der neuen Stufengrenze für alle Klassen dürfte es einem in Heavensward so schnell nicht langweilig werden und das war für Veteranen, für die diese Erweiterung ja gemacht wurde, zuvor sicher einer der Hauptkritikpunkte am für viele längst ausgereizten A Realm Reborn, dessen spielerisches Grundgerüst (zum Test) natürlich nach wie vor zum Einsatz kommt.

Fazit

Die erste große Erweiterung zu Final Fantasy 14 bleibt zwar hinsichtlich des Questdesigns konventionell, hat aber viel zu bieten: Von neuen Gegnern, Gebieten, Dungeons und Charakterklassen bis hin zur Fortsetzung der Handlung, Anhebung der Stufenbegrenzung sowie der Einführung fliegender Fortbewegungsmittel. Hinzu kommt eine spannend inszenierte Rahmenhandlung, die einen tief in die Geschichte eines tausendjährigen Krieges hineinzieht und Veteranen anspruchsvolle Kämpfe bietet. Da man Heavensward separat erwerben muss, droht allerdings eine Spaltung der Community: Wer nur das Hauptspiel besitzt, wird es wohl immer schwerer haben, Mitspieler zu finden. Da selbst die neuen Jobklassen bereits bei Stufe 30 beginnen, dürfte der Anschluss auch für interessierte Anfänger nicht leicht sein, die vielleicht gerade mit der kostenlosen Demo zu A Realm Reborn ins Spiel hineinschnuppern. Vor allem, da selbst kaufbereite Neueinsteiger die Welt von Heavensward erst mit Stufe 50 und abgeschlossener Hauptgeschichte betreten können. Nichtsdestotrotz ist Heavensward eine lohnenswerte Investition mit vielen neuen Inhalten. Wer mit dem Online-Rollenspiel bisher zufrieden war und die Zugangsvoraussetzungen erfüllt, wird gut und umfangreich unterhalten.

Pro

packende Story
stimmungsvolle Schauplätze
frische Charakterklassen
flugfähige Vehikel & Reittiere
neue Areale, Gegner & Dungeons
Erhöhung der Maximalstufe auf 60
zusätzliche Aufgaben & Fertigkeiten
viele kleine Ergänzungen & Verbesserungen

Kontra

Spaltung der Spielerschaft in Addon
und Nicht-Addon-Spieler
weitestgehend vertraute Dungeon
und Bosskampfmechaniken
unspektakuläres und wiederholungsanfälliges Questdesign
keine durchgehende Vertonung (Sprachausgabe)

Wertung

PlayStation4

Inhaltlich und erzählerisch gelungene, aber spielerisch recht konventionelle Erweiterung des Online-Rollenspiels.

PC

Inhaltlich und erzählerisch gelungene, aber spielerisch recht konventionelle Erweiterung des Online-Rollenspiels.

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