Hollow Knight02.10.2018, Jörg Luibl
Hollow Knight

Im Test: Voidheart Edition

Im Sommer 2017 sorgte Hollow Knight (ab 14,99€ bei kaufen) für sehr gute Unterhaltung am PC. Das über Kickstarter finanzierte Abenteuer eroberte unser Gold mit 88% im Test. Obwohl es in den letzten Jahren nur so vor Plattformern wimmelte, konnten die australischen Entwickler von Team Cherry beim Hüpfen, Kämpfen und Rätseln in handgezeichneten Kulissen stimmungsvolle Zeichen setzen. Das Artdesign wirkte so, als hätte Tim Burton die Biene Maja mit dunklen Farben interpretiert. Jetzt ist dieses Juwel in erweiterter Fassung auch für PS4 und One, sowie etwas länger bereits für Switch, erhältlich.

Erweitertes Abenteuer

Die erste gute Nachricht: Wenn ihr Hollow Knight auf Konsolen nachholen wollt, bekommt ihr ein stark erweitertes Abenteuer. In der "Voidheart Edition" sind alle vier bisherigen Erweiterungen enthalten, also "Hidden Dreams", "The Grimm Troupe", "Lifeblood" und "Godmaster". Und diese Zusätze, die die Australier übrigens kostenlos für den PC angeboten hatten, haben es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Wer noch warten will: 2019 erscheint es auch als Box-Version bei Skybound Games.

Denn es geht nicht nur um neue Gegenstände, Feinde sowie Bosse, sondern auch um Quests, Beschwörungen, Freunde und weitere Kompositionen im ohnehin hervorragenden Soundtrack. Dieses Spiel inszenierte schon 30 Stunden sehr gute Unterhaltung - und wird jetzt nochmal einen Tick länger und besser. Die zweite gute Nachricht: Es steuert sich auch klasse auf Konsolen, denn das Spiel ist wie für ein Gamepad gemacht.

Der gehörnte Held

Falls ihr also auf der Suche nach magischen Momenten seid und Plattformer wie Outland, Headlander oder Guacamelee! mögt, empfehle ich euch dringend Hollow Knight zu spielen. Dabei fühlt es sich zunächst gar nicht so besonders an, wenn man mit

Seit dem 12. Juni 2018 ist Hollow Knight auch auf Switch erhältlich.
dem gehörnten Helden durch die schwarzweißen Kavernen und Tropfsteinhöhlen wandert. Die Kulissen sind handgezeichnet und wirken liebevoll, aber man springt ganz vertraut über Abgründe oder Fallen und verkloppt recht simpel kleine Käfer - mit einem Nagel als Schwert, wie putzig!

Aber der gewöhnliche Schein der Spielmechanik trügt. Die interessant konzipierte Käferwelt weckt mit ihrer melancholischen Stimmung, skurrilen Charakteren sowie der apokalpytischen Ausgangslage die Neugier. Dabei hält sich die Story mit wenigen Dialogen stark zurück, so dass man lediglich erfährt, dass unter der nahezu verlassenen Stadt ein riesiges verlorenes Königreich schlummert. Immerhin weiß ein Ältester, was zu tun ist: Es braucht natürlich einen Helden, der es von all den Monstern befreit und wachküsst! Klingt bekannt märchenhaft und stereotyp, aber erinnert sehr angenehm an die apokalyptische Eröffnung der Soulsreihe. Und je weiter man mit dem kleinen Ritter wandert, desto mehr charmante Déjà-vus kann man entdecken. Aber wo sind die magischen Momente, die ich versprochen habe?.

Hirschkäfer im Galopp

Hier ist einer: Als ich zum ersten Mal mit dem kleinen Helden eine Stationsglocke läute, donnert es plötzlich. Und aus dem Hintergrund galoppiert ein riesiger Hirschkäfer heran, der schnaubend vor mir wartet. Das klingt banal, aber die Animationen sind so eindringlich, der Stil ist so markant, dass ich mich sofort an den epischen Charme der Zeichentrickfilme der 80er erinnert fühlte. Das Artdesign wirkt so, als hätte Tim Burton mit dunklen Farben die Biene Maja interpretiert. Oder anders: Das Düstere und das Putzige, das Skurrile und das Niedliche gehen hier eine stimmungsvolle Symbiose ein.

Dieses spektakuläre Reittier ist übrigens auch sehr nützlich, denn die Käferwelt unter Tage ist riesig und über ein Wegenetz

Die handgezeichneten Kulissen erzeugen zusammen mit der wunderschönen Musik eine melancholische Stimmung.
verbunden. Während man diese über etwa 30 Stunden mit all ihren Fahrstühlen, Schächten und Kavernen erkundet, schaltet man an der Oberfläche immer mehr Figuren und Händler frei, bei denen man einige Gegenstände, seltsame Artefakte (was macht man mit einem ranzigen Ei oder einer Maskenscherbe?) sowie den wichtigen Kartenkomfort erstehen kann. Man kann im wahrsten Sinne des Wortes nicht alles sofort durchschauen! Und diese Rätselhaftigkeit gehört zu den großen Stärken des Spieldesigns. Zunächst hat man nämlich weder einen Kompass noch eine Feder oder Marker für besondere Orte wie Quellen, so dass man sich in den spärlich beleuchteten Untiefen verirren kann. Zwar kann man eine Karte aufrufen, aber die gibt in ihrer Standardversion lediglich rudimentäre Hinweise.

Nagel auf den Kopf

Auf lange Sicht kann so ein Schwarzweiß-Stil recht monoton wirken. Vor allem, weil man auf der Jagd nach den "Geo" genannten Münzen viele bekannte Areale durchstreifen muss. Aber sehr geschickt sorgt das Artdesign an den richtigen Stellen für Farbtupfer und visuelle Reize, so dass ganz unterschiedliche Stimmungen entstehen - darunter nicht nur unheimliche, sondern auch groteske und lustige Situationen, wenn ein Käfer mit seiner Spitzhacke ein Lied summt oder sich ein Wurm über zurückgebrachte Larven freut. Schön ist auch, dass man an vielen Stellen gar nicht weiß, wie man weiter kommt, weil vielleicht Ausrüstung, eine Fähigkeit oder ein Schlüssel fehlt. Das Ganze ist zwar nicht so gut verzahnt und hinsichtlich der Herausforderungen nicht so vielfältig wie Outland, aber ähnlich wie im Klassiker Metroid über die schrittweise Öffnung von Wegen und Pforten konzipiert, so dass man sich immer wieder auf neue Areale freuen kann.

Mit der Zeit kann man Gegenstände kaufen und weitere Fähigkeiten gewinnen.

Neben diesen Erkundungsreizen sowie akrobatischen Hüpfeinlagen über zig Abgründe, Plattformen und Fallen steht der Kampf im Vordergrund. Über 130 Gegnertypen sowie 30 Bosse gilt es zu besiegen. Zwar ist das Kampfsystem im Vergleich zu Salt and Sanctuary oder DarkMaus extrem simpel, denn ohne Block oder Riposte haut man zunächst einfach drauf und kann lediglich ausweichend springen, so dass man stets auf dieselbe Art agiert. Die Steuerung ist präzise, die Kollisionsabfrage ist allerdings nicht immer über alle Zweifel erhaben.

Entspannen auf der Bank

Aber mit der Zeit kann man seinen Nagel aufrüsten und lernt neue Fähigkeiten, kann von Wänden aus weiter springen, sich von Insekten unterstützen lassen oder verschießt den Seelenpfeil, so dass man auch bis dato unerreichbare Simse erreichen und aus der Distanz feuern kann. Auch das nervige Aufsammeln der meist überall verstreuten Münzen  lässt sich so automatisieren. Und man kann über eine Laterne etwas mehr Licht in nahezu schwarze Höhlen bringen.

Man hat nur eine begrenzte Zahl an Plätzen für seine Fähigkeiten & Co zur Verfügung, so dass man diese je nach Situation wechseln sollte. Das kann man lediglich an den Bänken, an denen man ähnlich wie an den Lagerfeuern der Soulsreihe rasten und regenerieren kann.

Heilen mal anders

Interessant ist das Heilprinzip: Für jeden Treffer an Monstern füllt sich Seelenenergie, die man entweder für seine Zauber einsetzen kann oder um damit direkt ein oder mehrere Leben aufzufüllen. Zwar wirkt das Spiel dadurch sehr verzeihlich, aber

In den Bosskämpfen wird der Bildschirm schonmal von mehr Farbe geflutet.
auch hier trügt der Schein, denn von seinen fünf anfänglichen Leben kann man in einer Szene mit Fallen und Feinden ganz schnell mehrere verlieren - ganz zu schweigen von den Bosskämpfen, die euch in mehreren Phasen einiges abverlangen. Außerdem kann man nicht auf Knopfdruck ein Leben regenerieren, sondern muss es über ein paar Sekunden aufladen, so dass man verwundbar ist; ein gutes System. Und wenn man stirbt? Verliert man all sein Geo! Aber da lässt die Soulsreihe wieder grüßen: An der Stelle des Todes lauert ein schwarzer Schatten - wenn man diesen besiegt, bekommt man seine Beute zurück.

Kürzlich wurden für PC die ersten kostenlosen Zusatzinhalte angeboten. Im "Free Content Pack 01: Hidden Dreams" warten u.a. zwei neue Bosse, zwei neue Musikstücke sowie eine Teleportfähigkeit und eine weitere Station. All das wird auch in der kommenden Switch-Version enthalten sein, die laut Team Cherry bereits fertig entwickelt ist und demnächst in Nintendos eShop veröffentlicht wird.

Fazit

Auch auf der PS4, One und Switch bleibt festzuhalten: Hollow Knight ist ein kleines Juwel, das ich euch wärmstens empfehlen kann. Zwar erreicht es nicht ganz die Klasse eines Outland, aber es ist ein sehr stimmungsvolles Abenteuer. Man hüpft, kämpft und rätselt in einer dem Untergang geweihten Käferwelt, die ebenso melancholische wie gnadenlose, aber auch niedliche und skurrile Momente bietet. So manche verschrobenen Charaktere und vor allem das Artdesign wirkt so, als hätte Tim Burton die Biene Maja mit dunklen Farben interpretiert. Hinzu kommt nicht nur eine wunderbare Musikuntermalung, sondern auch eine geduldige Regie, die für ein angenehm ruhiges Erkunden mit überraschenden Höhepunkten sorgt. Die Anleihen aus der Soulsreihe sind bis hin zum Einsammeln der Beute nach dem Tod spürbar, aber wesentlich dezenter als etwa in direkten Nachahmern wie DarkMaus oder Salt and Sanctuary, zumal der Schwierigkeitsgrad dank des Heilsystems deutlich verzeihlicher ist. Schade ist, dass das Kampfsystem recht simpel bleibt, einige Stellen mit Mehrfachtoden frustrieren können und der gehörnte Held nicht markant genug entwickelt werden kann. Außerdem kann das Einsammeln der Münzen zu Beginn ebenso mühsam sein wie das Absuchen bekannter Areale. Aber mit der Zeit gewinnt man nützliche Fähigkeiten, die vieles abfedern und erschließt damit neue Bereiche wie in Metroid & Co. Und die Zusätze dieser Voidheart Edition haben es in sich: Denn es geht nicht nur um neue Gegenstände, Feinde sowie Bosse, sondern auch um Quests, Beschwörungen, Freunde und weitere Kompositionen im ohnehin hervorragenden Soundtrack. Dieses Spiel inszenierte schon 30 Stunden sehr gute Unterhaltung - und wird jetzt nochmal einen Tick länger und besser. Wer Plattformer mag, kommt um Hollow Knight nicht herum!

Pro

anspruchsvoller 2D-Plattformer
dezente Anleihen aus der Soulsreihe
melancholische bis düstere Stimmung
mysteriöse Käferwelt mit großen Geheimnis
markantes Artdesign im Zeichentrickstil
Erkundung einer riesigen Spielwelt
charmante Reisefunktion über Hirschkäfer
130 Gegnertypen und über 30 Bosskämpfe
akrobatisches Hüpfen und kleinere Rätsel
sehr angenehme Musikuntermalung
kostenlose Zusatzinhalte verfügbar
für das Gamepad optimiert
deutsche Texte
alle Erweiterungen enthalten

Kontra

nur simples Kampfsystem
etwas zu wenig Entwicklung des Helden
viele bekannte Wege abgrasen
manchmal seltsame Kollisionsabfrage
zu Beginn nerviges Münzen einsammeln

Wertung

Switch

Als hätte Tim Burton die Biene Maja mit dunklen Farben interpretiert: Hollow Knight ist ein sehr stimmungsvoller, angenehm ruhig designter Plattformer.

PlayStation4

Als hätte Tim Burton die Biene Maja mit dunklen Farben interpretiert: Hollow Knight ist ein sehr stimmungsvoller, angenehm ruhig designter Plattformer.

XboxOne

Als hätte Tim Burton die Biene Maja mit dunklen Farben interpretiert: Hollow Knight ist ein sehr stimmungsvoller, angenehm ruhig designter Plattformer.

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Kommentare

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Ernesto Heidenreich

Boah, was für ein Erlebnis! Ich habe damals Hollow Knight kurz nach Release zum ersten mal gespielt, bin dann aber zwischenzeitlich krank geworden und musste eine Zwangspause einlegen. Leider war ich danach komplett raus und hatte keine Orientierung mehr im Spiel. Jetzt, da ich stolzer Switch Besitzer bin, habe ich das Ding noch einmal von vorne begonnen. Ich bin echt geplättet wie episch und umfangreich dieses Spiel ist. Da ich mir vorgenommen habe bis zu den Credits keinen Guide zu verwenden, konnte ich auch zu keinem Zeitpunkt einschätzen was da noch alles kommt. Das war einfach unglaublich wie sich die Welt langsam entfaltet! Das kann man schon als die ultimative Metroidvania Erfahrung bezeichnen und setzt vor allem in Sachen Erkundung neue Maßstäbe. Mich hat das wirklich exzessive Backtracking nie gestört, weil es immer Neues zu entdecken gab. In Kombination mit der präzisen Steuerung, dem markanten Artstyle und der fantastischen Musik ist das einfach ein geniales Spiel. Nur der ein oder andere Bossfight hat genervt. Da war manche Begegnung einfach knüppelhart und frustrierend. Da es auch kaum Spielerführung gibt muss man schon einen langen Atem haben um sich bis zum Finale durchzukämpfen. Auf jeden Fall habe ich gesehen, dass es noch extrem viel zu tun gibt und ich wie zu erwarten einige Events verpasst bzw. nicht entdeckt habe. Ich glaube das wird wie Dark Souls zu einem meiner Dauerbrenner ... geiles Spiel!

Das Spiel liegt bei mir auch relativ weit oben auf dem "das willst du noch nachholen" Stapel. Ist jetzt noch ein bisschen hochgerutscht, danke. ;)

vor 2 Jahren