Im Angesicht des Eimers
In meinen ersten Minuten als VR-Geheimagent war ich noch richtig euphorisch: Nach dem Briefing am übertrieben patriotisch dekorierten Schreibtisch konnte ich es kaum erwarten, die sonnige Insel endlich im Stil von Pilotwings aus der Luft zu erforschen und allerlei Zeitprüfungen mit und ohne Waffen zu bestehen. Vor dem Einsatz in der gefährlichen realen Welt schickt die Organisation Rekruten wie mich auf diese Trainingsinsel, um den Umgang mit ihrem wichtigsten Hilfsmittel – dem Jetpack – zu lernen. Die ersten Flugminuten fühlten sich tatsächlich erhebend an. Man sieht den klobig-eckigen Gebäuden und Bergen zwar ihre Herkunft vom Handy an (das Original erschien für Samsungs Headset Gear VR). Trotzdem hat mich die idyllische Sonneninsel mit ihren versteckten kleinen Grotten sofort zur Erkundung angespornt, zumal ich mich mit dem sauberen Tracking der HTC Vive schön realgetreu umschauen konnte. Doch die Freude währte nicht lange. Schon in den ersten Flugtests meldete sich immer wieder der Magen zu Wort: Ooops, das fühlte sich jetzt nicht so gut an, als ich mich mit Karacho in den versteckten Kern des Hochhauses fallen ließ. Auch bei einer blitzschnellen Wende zwischen einigen Ringen geraten die Augen und mein Gleichgewichtsorgan in einen gewaltigen Konflikt. Vor allem das seitliche Drehen mit dem Stick kann mein Magen überhaupt nicht leiden. Sicher – in den Steuerungs-Optionen gibt es einige alternativen Konzepte, bei denen ich mich z.B. auf Knopfdruck in Blickrichtung drehe, doch die meisten davon sorgen sogar für noch ein flaueres Gefühl.
In Omega-Agent haben die Vive-Controller Pause. Das Jetpack wird ganz klassisch im Sitzen mit dem Gamepad gesteuert, das Fadenkreuz präzise mit Kopfbewegungen.
Die Magen schonendste Variante ist bei mir das ruckartige Drehen der Blickrichtung in 45-Grad-Schritten – so ähnlich wie in manch uraltem Dungeon-Crawler. Doch auch sie hat ihren Nachteil: So schnell wie mit der Standard-Steuerung bin ich damit nie, weil ich mich nach jedem Dreh erst einmal kurz neu orientieren muss und nicht so elegant in die Kurven gleite. Geschwindigkeit ist in den Prüfungen aber der wichtigste Faktor, denn wer gemütlich am Himmel entlang tuckert, sammelt nicht genügend Sterne, um spätere Levels freizuschalten – ein Teufelskreis.
Man kotzt nur zweimal?
Ich konnte das Spiel also immer nur in kurzen Sessions spielen. Dabei erfüllte Omega Agent seine Aufgabe als Pilotwing-Konkurrenz aber nur passabel. Kurzzeitig war es durchaus unterhaltsam, unter Zeitdruck durch Ringe und Münzen zu schweben. Auch wenn die kleinen Ufo-Drohnen frech durch die Wolkenkratzer oder verwinkelte Tunnelsysteme huschten, wurde sofort mein Jagdtrieb geweckt. Sie lassen sich mit einer MG, Raketen und einer Nahkampf-Flinte vom Himmel holen, zum Abschluss gibt es neben kleinen Walkern und Raketengeschützen oft noch einen fetten Boss mit fies wackelndem Laserstrahl - durchaus unterhaltsam.
Die Grafik wurde gegenüber dem Android-Original nur leicht aufpoliert.
Nach ein, zwei Stunden begann sich der Ablauf der Missionen aber bereits stark zu ähneln, was deutlich auf die Motivation drückte. Die Pilotwings-Reihe bot mit ihren unterschiedlichen Flugvehikeln ein deutlich variantenreicheres Missionsdesign. Hier zischt man dagegen lange mit ein und demselben Jetpack und seiner simplen Steuerung durch die Luft. Aufbessern lässt sich die Ausrüstung nur durch eine zu langwierige Suche versteckter Blaupausen im freien Flug. Auch „Diplomatenkoffer“ finden sich immer wieder in kleinen Nischen – sie schalten z.B. andere Tageszeiten frei.