Mr. Shifty13.04.2017, Mathias Oertel
Mr. Shifty

Im Test: Nightcrawler & Hotline Miami

Nightcrawler von den X-Men beherrscht sie, Dr. Manhattan (Watchmen) ebenso. Die Rede ist von Teleportation. Mr. Shifty (ab 13,31€ bei GP_logo_black_rgb kaufen), ein geheimnisvoller Dieb, besitzt ebenfalls die Fähigkeit, sich ohne körperliche Anstrengung über kurze Strecken fortzubewegen. Zudem lässt er auf Switch und PC gegen seine zahlreichen Feinde die Fäuste sprechen. Ob diese merkwürdig anmutende Mischung aufgeht, verraten wir im Test.

Hotline Miami mit Teleportation?

Der Kollege, der mich auf Mr. Shifty aufmerksam machte, wusste genau, wie er mein Interesse wecken konnte: "Das ist quasi wie Hotline Miami mit Teleportieren", sagte er. Klar springe ich auf so etwas an. Doch auch wenn dieses Abenteuer wie die explosive Action von Dennaton aus der Vogelperspektive präsentiert wird, gibt es doch zahlreiche Unterscheidungsmerkmale. Genau genommen gibt es außer der Kameraführung nur noch eine weitere Gemeinsamkeit: Dass das Trial&Error-Prinzip kaum einen Fehler verzeiht. Mit der bizarren Geschichte, die Hotline Miami erzählt, kann der magere Hintergrund von Mr. Shifty z.B. nicht mithalten.

Der Vergleich mit Hotline Miami, der sich angesichts der schwer bewaffneten Gegner anzubieten scheint, ist sehr schmeichelhaft.
Man erfährt nahezu nichts über den geheimnisvollen Helden, der quasi wie Nightcrawler (X-Men) die Fähigkeit zur Teleportation hat - allerdings nur über eine Entfernung von etwa zwei bis drei Meter, dafür aber auch durch Mauern hindurch. Zudem hat man nur fünf Teleportationen zur Verfügung, um sie in kurzer Folge einzusetzen. Jedes Feld benötigt ein paar Sekunden, um wieder aufzuladen, so dass man nicht wie wild an allen vorbei zappen kann - eine dringend benötigte Regulierung des Schwierigkeitsgrades.  Zusätzlich kann er sich im unbewaffneten Nahkampf gegen die Gegner zur Wehr setzen, die ihrerseits jedoch mit teils unangenehmen Bleispritzen oder Flammenwerfern ausgerüstet sind und die Jagd auf ihn aufnehmen. Glücklicherweise kann er in der Gegend herumliegende Gegenstände wie Besen oder Paddel aufnehmen und sie einsetzen. Da die Umgebung nicht nur an der Stelle zu Bruch geht, an der Mr. Shifty nach einem Teleport materialisiert, sondern von ihm vermöbelte Feinde auch zurückgeworfen werden und ggf. das Mobiliar zerstören, hat man hier zusätzliche Optionen, spontan nach Hilfsmitteln Ausschau zu halten - Köpfe von demolierten Statuen z.B. lassen sich wunderbar gen Feind katapultieren.

Kurzweilige Unterhaltung

Über die 16 Abschnitte, die man in einem Hochhaus unterwegs ist, um einem skrupellosen Gangsterboss das Handwerk zu legen (der Grund bleibt im Wesentlichen ungeklärt), wird man dank eines cleveren Leveldesigns sowie dem Einbau von Laserfallen und ähnlichen Spielereien permanent dazu aufgefordert, sein Geschick im Umgang mit Fäusten und Teleport unter Beweis zu stellen. Tödlichem Maschinengewehrfeuer muss man ausweichen, indem man Umwege von Raum zu Raum findet. Man muss bewaffnete Gegnerwellen ausschalten, wobei sie sich auch selbst aus dem Gefecht ziehen, wenn man sich im letzten Moment aus der Schusslinie entfernt. Es gilt, einen cleveren Weg an den Lasern vorbei zu finden. Man kann explodierende Fässer dazu nutzen, Gegner oder Wände verschwinden zu

Man kann mit gutem Timing auch dafür sorgen, dass sich die Gegner gegenseitig mit ihren Projektilen ausschalten oder sie in Explosionen locken.
lassen. Und spätestens wenn man ab Abschnitt 7 damit konfrontiert wird, dass Störsender die Teleportfähigkeit behindern und man diese erst ausschalten muss bzw. sich nur auf seine Fäuste und gutes Timing verlassen kann, wenn man sich Feinden oder Fallen gegenüber sieht, zieht der auf Trial&Error setzende Schwierigkeitsgrad deutlich an.

Allerdings fehlt Mr. Shifty auf Dauer der Esprit sowie der ungehobelte Charme, der z.B. Hotline Miami auszeichnete. Und damit meine ich nicht die explizite Gewaltdarstellung, die ich hier in keiner Form vermisse. Beide sind im weitesten Sinne Action-Puzzler, die keine Fehler verzeihen. Doch der Kampf ist hier nur fordernd, wenn man gleichzeitig auf Fallen achten muss oder man es mit zig Gegnern zu tun hat, während Hotline Miami durch die stets spürbare Gefahr eine höhere Grundspannung aufbaute. Die Umgebungsrätsel sind ebenfalls nur in Ausnahmefällen anspruchsvoll. Gerade in diesem Bereich hätte die spezielle Fähigkeit von Mr. Shifty durchaus für mehr intelligente Puzzle genutzt werden können. Zudem wird die Möglichkeit, einen Abschnitt unbemerkt durchqueren zu können, viel zu selten geboten. Solange Gegner vorhanden sind, ist der Ausgang rot. Erst, wenn der letzte erledigt ist, wird auf grün umgeschaltet. Viel zu spät kommen kurze Sequenzen hinzu, in denen man nicht entdeckt werden darf. Vermutlich wollte man damit verhindern, dass die Spielzeit zu gering ausfällt. Mit einem Aufwand zwischen fünf und 15 Minuten pro Level erhält man aber einen durchaus validen Gegenwert für die etwa 15 Euro Investionskosten auf Steam oder Nintendos eShop.

Technisch größtenteils solide

Man muss immer wieder Fallen wie diesen Laserstrahlen oder Minen ausweichen.
Inhaltlich und visuell schenken sich beide Systeme nichts. Auch auf PC wird die Steuerung per Pad empfohlen, die sich bei mir im Vergleich zur etwas übersensiblen und nicht einstellbaren Maus-/Tastaturkombo durchsetzen kann. Mit Pad fühlt sich Mr. Shifty präziser an. Und leider werden beide Versionen von Bildrateneinbrüchen geplagt. Die Switch hat dabei vor allem im TV-Betrieb mehr Probleme, während es mobil vorrangig dann zum Stottern kommt, wenn man nach längeren Spielpausen im Standby-Betrieb die Action wieder aufnimmt. Doch auch am PC kann man immer wieder hier und da ein Zuckeln, Ruckeln oder Stottern entdecken.

Fazit

Mr. Shifty ist vor allem konzeptionell eine interessante Variante einschlägiger Vogelperspektiven Action und verbindet eine spannende Teleport-Fähigkeit mit brachialem Nahkampf. Die auch von Publisherseite viel beschworene Ähnlichkeit zu dem modernen Pixel-Klassiker Hotline Miami beschränkt sich aber im Wesentlichen auf die Perspektive und das erbarmungslose Trial&Error-Prinzip. Im Vergleich zur exzentrischen Gewaltorgie in der Florida-Metropole fehlt hier nicht nur der erzählerische Unterbau. Wo Hotline Miami die Mechanik bis zum Letzten ausnutzte und dadurch eine enorme Spannung erzeugen konnte, bleibt es hier relativ bieder und verliert sich gelegentlich in Belanglosigkeit – auch beim Artdesign. Die Optionen, per Teleportation die Umgebungsrätsel zu knacken, zeigen Potenzial, doch wird dies nicht ausgereizt. Dazu kommt der Zwang, zumeist alle Gegner in den Gebieten ausschalten zu müssen, bevor sich die Tür in den Bereich öffnet und man nur selten die Option hat, sich auch mal ungesehen „vorbei zu mogeln“. Zusätzlich hat Mr. Shifty sowohl auf Switch als auch gelegentlich auf PC Schwierigkeiten, eine stabile Bildrate zu bewahren, während der Soundtrack zwar gut, aber nicht variantenreich genug ist. Solide Unterhaltung – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Pro

interessantes Konzept mit Verbindung von Nahkampf und Teleport à la Nightcrawler
akkurate Steuerung mit solider Kollisionsabfrage (v.a. bei Pad-Nutzung)
cleveres Leveldesign
ordentliche Gegner- und Fallenpalette

Kontra

zumeist simple Umgebungsrätsel
Kampf auf Dauer eintönig
belangloses Artdesign
Bildraten-Probleme

Wertung

Switch

Konzeptionell interessante Mischung aus Teleportmechanik und Nahkampf, die allerdings in beiden Bereichen nicht das Potenzial ausschöpft.

PC

Konzeptionell interessante Mischung aus Teleportmechanik und Nahkampf, die allerdings in beiden Bereichen nicht das Potenzial ausschöpft.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.