BioShock: The Collection16.09.2016, Benjamin Schmädig

Im Test: Es beginnt mit einem Leuchtturm

Nicht nur rückblickend, sondern auch gegenwärtig gehören die BioShock-Spiele zum erzählerisch Besten, das Videospiele je geleistet haben. Der brillante Twist im ersten Teil, die bewegenden kleinen Geschichten der Fortsetzung sowie der fesselnde Mystery-Thriller BioShock Infinite sind alle auf ihre Art Meilensteine der interaktiven Unterhaltung. Dass die Serie in modernisierter Form neu aufgelegt wird, ist da nur logisch. Umso bemerkenswerter allerdings, dass die Remaster im Test gerade inhaltlich enttäuschen.

Klassiker – damals wie heute

Um Missverständnisse zu vermeiden: Sowohl BioShock als auch dessen Fortsetzung und Infinite sind mit BioShock: The Collection (ab 24,99€ bei kaufen) einwandfrei spielbar. Es handelt sich um saubere Umsetzungen, wobei vor allem das fast zehn Jahre alte Original von grafischen Verbesserungen wie schärferen Texturen, einer aufwändigeren Beleuchtung und einem wahlweise größeren Bildausschnitt profitiert. Im Gegensatz zur damaligen Veröffentlichung enthält die deutsche Version zudem keine Änderungen der Gewaltdarstellung gegenüber international erhältlichen Ausgaben.

Ken Levine blickt in aufschlussreichen „Regie-Kommentaren“ sogar auf die Entstehung des ersten BioShock zurück, während man in einem begehbaren Museum an Konzeptstudien entlang läuft, die wie Exponate ausgestellt und beschrieben sind. Ein zusätzlicher Schwierigkeitsgrad stellt zudem selbst erfahrene Unterwasser-Abenteurer auf die

Zum ersten Mal auf Xbox One und PS4: Die Einfahrt in der Unterwasserstadt Rapture.
Probe - eine sinnvolle Zugabe!

Spricht er oder spricht er nicht?

Doch die Neuerungen versprühen auch den Charme notwendiger, von den Machern irgendwie ungeliebter Pflichtaufgaben. Entwicklungsstudio Blind Squirrel, das schon an BioShock Infinite beteiligt war, ändert jedenfalls nichts daran, dass man am PC nur per Menü zwischen Gamepad und einer Steuerung mit Maus und Tastatur umschalten kann. Grafische Detaileinstellungen gibt es abseits der vertikalen Synchronisation, dem An- und Abschalten einer Kantenglättung, der Wahl des anisotropischen Filters sowie natürlich der Auflösung außerdem weder im ersten noch im zweiten BioShock. Immerhin: In Anbetracht der ausgesprochen gut erhaltenen, technisch aber betagten Kulissen sind die fehlenden Optionen verschmerzbar – die quasi einzige und damit höchste Detailstufe wird den meisten Spielern perfekte Dienste leisten. Und immerhin erhalten Besitzer der PC-Originale die Remaster-Fassungen kostenlos.

Ärgerlich ist jedoch sowohl auf PC als auch den Konsolen das Fehlen der Audiokommentare direkt im Spiel. Dass sich Levine gemeinsam mit Animation Director Shawn Robertson zu dem Kraftakt hinreißen ließ, Geoff Keighleys Fragen zur Entwicklung des Klassikers in einem Videointerview zu beantworten, ist natürlich reizend und das Erzählte tatsächlich interessant. Mit den umfangreichen, während des Spiels aufrufbaren Kommentaren zahlreicher Entwickler in z.B. Half-Life 2: Episode 1, Portal 2 oder The Last of Us sowie im Director's Cut von Deus Ex: Human Revolution ist das aber in keiner Weise vergleichbar. Dabei hätte gerade eine Edelserie wie BioShock diese Art

Wer Filmdosen findet, schaltet ein Interview mit BioShock-Vater Ken Levine frei.
der Aufarbeitung verdient. Stattdessen findet man zehn Filmrollen in der Unterwasserstadt Rapture und schaltet so das in zehn Episoden geteilte Interview im Hauptmenü frei – im ersten Teil jedenfalls, denn in BioShock 2 und Infinite verzichten die Entwickler leider komplett auf Rückblicke.

Weniger Spieler, aber mehr Inhalt

Dass der zweite Ausflug nach Rapture ohne seine Mehrspieler-Gefechte auskommt, ist hingegen verschmerzbar. Die waren schon zu ihrem Erscheinen kaum mehr als ein überflüssiger Zeitvertreib; die starke Geschichte in BioShock 2 braucht damals wie heute keinen Multiplayer. Unangenehm ist dafür eine technische Störung der Neuauflage am PC: Das Gamepad vibriert mitunter eine Zeitlang ohne Grund, was den Spielfluss stört und hoffentlich bald mit einem Update behoben wird.

Im Gegenzug enthält BioShock: The Collection sämtliche Downloadinhalte aller Spiele, darunter das großartige Minerva's Den, für das u.a. die Macher von Gone Home verantwortlich zeichnen, sowie beide Infinite-Episoden Burial at Sea. Diese lose mit der Haupthandlung verbundenen Geschichten waren sehr gelungene erzählerische Erweiterungen und sind es noch heute.

Fazit

Schade, dass die große Shooterserie entweder Publisher 2K, Entwickler Blind Squirrel oder ihrem Erschaffer Ken Levine nicht den Aufwand einer umfangreichen Neuauflage wert war! Die Sammlung hätte einen ausführlichen Audiokommentar verdient gehabt; das durchaus interessante Interview mit Levine zur Entstehung des ersten BioShock ist nur ein magerer Ersatz. Am PC hätten zudem Optionen zum Einstellen der Grafikqualität hinzukommen können sowie das automatische Erkennen der verwendeten Steuerung. Dafür haben sowohl Rapture auf dem Meeresgrund als auch die Wolkenstadt Columbia die Jahre seit ihrer Einführung ganz hervorragend überstanden. Das liegt neben den einzigartigen Kulissen vor allem an der technischen Überarbeitung des ersten Teils. Die sieht auf PC, PlayStation 4 und Xbox One nicht nur schärfer aus als das Original, sondern profitiert auch von einer verbesserten Beleuchtung. Und besonders erzählerisch glänzt jedes BioShock noch heute! Vom Spiegel, den der erste Teil seinen Spielern vorhält, über die Geschichte des Mark Meltzer im zweiten bis hin zur komplex konstruierten Infinite-Mystery: BioShock steht für großartige Geschichten. Es steht außerdem für einen zum Teil ausgezeichneten Shooter, der im zweiten Teil mit interessanten taktischen Finessen und im dritten mit einer famosen Akrobatik glänzt. Was der Sammlung an Bonusmaterial also fehlt, das machen die heute noch hervorragenden Spiele mit Leichtigkeit wett!

Einschätzung: ausgezeichnet

Pro

erzählerisch herausragende Geschichten
spielerisch teilweise hervorragende Shooter
grandiose Kulissen sowie ausgezeichnete Stimmen und Musik
sehr gute, bereits enthaltene Downloadinhalte für BioShock 2 und Infinite erweitern erzählerischen Rahmen
sorgfältige grafische Überarbeitung vor allem des ersten Spiels
Kommentare von Ken Levine und neuer Schwierigkeitsgrad für BioShock
Konzeptgaliere zu BioShock 1 als begehbares Museum

Kontra

keine Kommentare für BioShock 2 und Infinite
"Regie-Kommentar" besteht aus Teilen eines separaten Interviews
nahezu keine Optionen zum Einstellen der Grafik in BioShock 1 und 2 (PC)
BioShock 1 und 2 schalten nicht automatisch zwischen Gamepad und Maus/Tastaur um (PC)
Gamepad vibriert in BioShock 2 mitunter lange ohne Grund (PC)

Wertung

PlayStation4

Erzählerisch und spielerisch hervoragende Shooter mit kleinen grafischen Verbesserungen und allen Download-Erweiterungen, aber mageren zusätzlichen Inhalten.

XboxOne

Erzählerisch und spielerisch hervoragende Shooter mit kleinen grafischen Verbesserungen und allen Download-Erweiterungen, aber mageren zusätzlichen Inhalten.

PC

Erzählerisch und spielerisch hervoragende Shooter mit kleinen grafischen Verbesserungen und allen Download-Erweiterungen, aber mageren zusätzlichen Inhalten.

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