Im Test: Ein ungleiches Duo
Schlag auf Schlag
Zu Beginn hat man kaum Zeit, sich mit seiner Situation im Knast, den dortigen Strippenziehern oder gar seinem Charakter zu beschäftigen - denn man wird fast umgebracht. Es kommt zu heftigen Schlägereien mit recht einfachen Reaktionstests für Hiebe, Tritte, Ausweichen oder Wurfgegenstände. Und nur weil Vincent diesem Leo hilft, wird er nicht Opfer einer scheinbar geplanten Messerattacke. Bevor man recht schnell bemerkt, dass A Way Out kein Prison Break mit Machtkämpfen zwischen Gangs hinter Gittern inszeniert, fragt man sich: Okay, hier sitzen Schwerverbrecher, aber warum sollte jemand sofort zum Killer werden? Es sei denn, er wurde angeheuert...
Auch wenn der Einstieg vielleicht etwas unlogisch oder hektisch anmutet, wird alles bald nachvollziehbar. Und kaum hat man
Popcorn-Action mit Ruhephasen
Früher hätten es viele Spiele bei diesem Rachemotiv belassen und den Vorhang für die Action geöffnet. Zwar wird später auch spektakulär mit Autos oder Bikes gerast und reichlich aus der Deckung geschossen, aber man erlebt immer wieder angenehm
Warum sollten Vince und Leo das auf der Flucht tun? Ihr könnt die Minispiele natürlich ignorieren. Aber auch Ausbrecher brauchen mal eine Pause, außerdem stärken diese Wettbewerbe, wie auch Armdrücken oder Hufeisenwerfen, vielleicht die Zusammengehörigkeit. Zunächst nähern sich die beiden nur an der Oberfläche, denn sie ticken nicht nur anders, sondern kommen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und müssen erstmal einen Draht zueinander finden. Natürlich ziehen sie sich gegenseitig auf, was zu einigen köstlichen Situationen führt. Weil die Dialoge sehr gut geschrieben und gesprochen, allerdings nur Deutsch untertitelt sind, wirkt die Beziehung der beiden glaubwürdig - und bis hierher wie in einem guten Film.
Kooperativ, synchron und asynchron
Aber im Zentrum des Abenteuers stehen natürlich die kooperativen Aktionen. Und da hat sich das Hazelight Studio einiges einfallen lassen: Man kann nicht nur bekannte Manöver wie etwa eine Räuberleiter, das gemeinsame Ziehen an Hindernissen oder das Einbrechen einer Tür über einfache Knopfdrücke einleiten, sondern auch einige kreative asynchrone Taktiken erleben. Schon im Gefängnis steht der eine Schmiere, beobachtet den Gang und muss rechtzeitig warnen, während der andere die Schrauben aufbohrt, um einen Fluchtweg frei zu machen.
Zwar kann man damit nicht experimentieren, weil alles vorgegeben ist, außerdem ist meist alles auf simples Gedrückthalten,
Es kommen Schleich-Abschnitte hinzu, in denen man von Busch zu Busch huschen und Wachen ausknocken kann; allerdings ebenfalls ohne die letzte Konsequenz, denn man muss sich nicht um ihre Körper kümmern und kann keinerlei Ablenkung über Pfiffe etc. inszenieren; auch Munition oder Heilung spielen keine Rolle. Egal was man tut, fühlt sich alles spielmechanisch "light" an, zumal es selbst in den offeneren Arealen lediglich um kleine Abweichungen einer Route geht - aber das ist gar nicht so schlimm.
Elegante Bildregie
Diese subtilen Manöver sorgen auch so für kleine stimmungsvolle Highlights, zumal man dabei natürlich wunderbar quatschen kann. Dafür sorgen theoretisch auch einige Situationen, in denen man sich für A oder B, Leos oder Vince' Weg, entscheiden
Es ist übrigens nicht so, dass man ständig vor einem gleich geteilten Bildschirm sitzt. Der Regie gelingen sehr elegante Wechsel vom Teil- zum Vollbild; mal ist das Bild vertikal, mal horizontal geteilt - es gibt sogar à la Fahrenheit mal drei Abschnitte oder gar an Beat'em Ups erinnernde Links-Rechts- oder Topdown-Perspektiven. Ohne spürbare Hektik sorgen diese sanften Überleitungen ebenso für Abwechslung wie die vielen unterschiedlichen Interaktionen. Allerdings zeigen sich vor allem in der Popcorn-Action mit Verfolgungsjagden und Schusswechseln auch die Defizite hinsichtlich Inszenierung, KI sowie Trefferfeedback, denn das sieht teilweise sehr statisch und fade aus. Hinzu kommen kleinere Bugs wie etwa beim Basketball oder auch mal hüftsteife Animationen. Aber selbst wenn man hier keine Triple-A-Kulissen auffährt gibt es doch einige stimmungsvolle Ausblicke in der Landschaft.
Unfassbar schlechtes Finale
Trotzdem wünsche ich diesem puren kooperativen Konzept und dem Hazelight Studio eine Zukunft, denn da schlummern noch viele Potenziale: Wenn man z.B. überlegt, dass man das Rollenspiel weiter öffnen und fördern würde, dass man mehr spürbare Konsequenzen einbauen (je brutaler die Vorgehensweise desto größer wird der Fahndungsdruck oder auch das Streitpotenzial innerhalb des Duos) oder sogar, ähnlich wie in Hidden Agenda oder Risiko, für jeden Spieler geheime Aufträge anbietet. All das könnte die Spannung bis zum Ende nochmal steigern.
Fazit
Schade, dass man das Drehbuch auf den letzten Seiten so versaut hat - ich habe selten so ein unlogisches Ende erlebt! Micha und ich konnten nur den Kopf schütteln. Die Enttäuschung über dieses hanbüchene sowie abstrus konstruierte Finale ist umso größer, weil dieses kurzweilige Gangster-Abenteuer davor erzählerisch so überzeugen und in einem Tusch zunächst noch mit einer klasse Wendung überraschen kann, dass eine gute Wertung in Reichweite war. Dem Hazelight Studio gelingt es bis dahin über natürliche Dialoge sowie biographische Ruhephasen, eine glaubwürdige Beziehung zwischen den so unterschiedlichen Charakteren aufzubauen. Während man diverse Reaktionstests meistert, sich gegenseitig in kooperativen Schleichsituationen hilft und angenehm abwechslungsreiche Popcorn-Action von der Verfolgungsjagd bis zum Deckungsshooter light erlebt, entfaltet sich eine Geschichte, in der es um Rache und Freundschaft geht. Und weil das Ganze recht simpel zu meistern sowie mit sehr fairen Speicherpunkten versehen ist, kann man A Way Out auch mit Freunden spielen, die vielleicht nicht so oft ein Gamepad in der Hand haben. Zwar zeigt die Kulisse einige fade Stellen und die Gegnerwellen nerven im letzten Drittel. Zudem kann man lediglich einige Herangehensweisen, aber leider nichts Relevantes oder gar das Ende mit seinen Entscheidungen beeinflussen - auch da war dramaturgisch sowie spielerisch mehr drin! Aber unterm Strich wird man hier über sechs Stunden ordentlich unterhalten.
Zweites Fazit von Michael Krosta:
Ich hatte richtig viel Spaß, zusammen mit Jörg A Way Out zu erleben! Das Koop-Prinzip wurde trotz gelegentlicher Redundanz klasse und abwechslungsreich umgesetzt. Man bekommt häufig das angenehme Gefühl, sich als chaotisches und mitunter gegensätzliches Gangster-Team effektiv zusammenzuraufen, wobei die Situationen auch gezielt die Kommunikation untereinander fördert. Dass man dabei trotz Aufgabenteilung meist linearen Pfaden folgt und sowohl bei Rätsel- als auch Schleich-, Fahr- und Shootermechaniken nur leichte Kost serviert wird, stört mich hier weniger. Denn durch die hohe Zugänglichkeit dürfte es sicher leichter fallen, auch solche Leute als Koop-Partner einzuspannen, die vielleicht nur sporadisch zum Controller greifen. Positiv überrascht haben mich außerdem die großartige Regie, die gut geschriebenen Dialoge und die angenehmen Tempowechsel im Spielverlauf. Doch genau wie Jörg bin auch ich maßlos enttäuscht davon, wie Josef Fares und sein Team beim Hazelight Studio das Ende gestaltet haben. Während ich die Intentionen hinter der Entscheidung zumindest hinsichtlich des Spieldesigns nachvollziehen kann, fehlt mir in Bezug auf die unglaubwürdige und sinnbefreite Handlung jedes Verständnis dafür, warum man die an sich gelungene Geschichte mit diesem unbefriedigenden Abschluss so massiv entwertet. So bleiben trotz der vielen tollen gemeinsamen Momente am Ende enttäuschte Gesichter zurück.
Pro
Kontra
Wertung
PC
A Way Out inszeniert für sechs Stunden kooperative Popcorn-Action mit guter Regie und viel Abwechslung, aber wenig Anspruch und einem überraschenden, aber schwach inszenierten sowie komplett unlogischen Finale.
PlayStation4
A Way Out inszeniert für sechs Stunden kooperative Popcorn-Action mit guter Regie und viel Abwechslung, aber wenig Anspruch und einem überraschenden, aber schwach inszenierten sowie komplett unlogischen Finale.
XboxOne
A Way Out inszeniert für sechs Stunden kooperative Popcorn-Action mit guter Regie und viel Abwechslung, aber wenig Anspruch und einem überraschenden, aber schwach inszenierten sowie komplett unlogischen Finale.
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.