Van Helsing05.07.2004, Jens Bischoff
Van Helsing

Im Test:

Gerade noch im Kino und schon auf Xbox und PS2 unterwegs: Filmumsetzungen konnten aufgrund des hohen Zeitdrucks die in sie gesetzten Erwartungen bisher nur selten erfüllen. Auch Van Helsing (ab 29,99€ bei kaufen) war bereits kurz nach dem Kinostart in spielbarer Form erhältlich. Ob der dreiste Devil May Cry-Klon sich dadurch ebenfalls ins unrühmliche Aufgebot der Lizenzgurken einreiht oder am Ende sogar eine löbliche Ausnahme darstellt, erfahrt ihr im Test.

Berüchtigter Monsterjäger

Ende des 19. Jahrhunderts sorgte ein Mann unter den Monstern der Unterwelt für Angst und Schrecken. Die Rede ist von van Helsing, der im Auftrag des Vatikans Vampire, Werwölfe und andere Kreaturen der Nacht erbarmungslos jagte und auch vor dem Fürsten der Dunkelheit, Dracula höchstpersönlich, nicht Halt machte. So wird Bram Stokers Monsterjäger jedenfalls im gleichnamigen Kinofilm und Videospiel dargestellt und ihr schlüpft natürlich in dessen Rolle.

Verkehrte Welt: Frankensteins Monster entpuppt sich als ängstliches Sensibelchen (Xbox).

Tragischer Held

Dabei hütet Dr. Abraham alias Gabriel van Helsing selbst ein düsteres Geheimnis, das ihr im Spiel allerdings nur schemenhaft lüftet. In erster Linie geht es nämlich darum, so viele Monster wie möglich zu killen und dabei so berühmte Alptraumgestalten wie Mr. Hyde, den Wolfsmenschen, Frankensteins Monster und letztendlich auch Vampirfürst Dracula zur Strecke zu bringen. Die Fronten sind allerdings bei weitem nicht so klar, wie sie zunächst erscheinen mögen. So werden aus Furcht erregenden Ungeheuern unerwartet Verbündete und am Ende spielt gar van Helsing selbst eine äußerst tragische Rolle - mehr soll allerdings nicht verraten werden...

Luftige Power-Up-Hatz: Mit seinem Greifarm schwingt sich van Helsing von Dach zu Dach (PS2).

Kurzes Vergnügen

Bis zum finalen Showdown mit Dracula in dessen transylvanischen Schloss sollten aber selbst unerfahrene Spieler nicht allzu lange beschäftigt sein. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad dürfte bereits nach drei bis sechs Stunden Monstermetzelns der Abspann über den Bildschirm flimmern, was wohl das mit Abstand größte Manko des Spiels darstellt und gerade bei einem Vollpreistitel kräftig auf die Wertung drückt.

Freispielbare Cheats, Extrawaffen, Schwierigkeitsgrade, Bonusmissionen und Highscore-Listen via Xbox Live laden zwar zu mehrmaligem Durchspielen ein, aber die Enttäuschung über den viel zu knappen Umfang wird dadurch nur geringfügig gelindert.

Fulminanter Auftakt: Dr. Jekylls Alter Ego Mr. Hide ist euer erster Gegner im Spiel (PS2).

Solide Actionkost

In der Zeit, die das Spiel andauert, wird man aber dafür erstklassig unterhalten. Zwar ist der Spielverlauf äußerst linear und das Gameplay während der insgesamt 13 Missionen nicht sonderlich abwechslungsreich, aber die handliche Steuerung, der makellose Spielfluss und das unkomplizierte Kampfsystem lassen Fans schnörkelloser Action-Orgien à la Devil May Cry mit der Zunge schnalzen. Je nach Waffe und Move-Repertoire kann van Helsing auch verheerende Spezialangriffe oder begrenzt verfügbare Finishing-Moves vom Stapel lassen. Lediglich die in der Richtung nicht nachträglich beeinflussbaren Comboabgriffe fallen im hektischen Massengeschnetzel etwas negativ auf.

Lahme Giganten: Diese Steinwächter sind zwar zäh, haben bei van Helsings Klingenwirbel aber keine Chance auf Gegenwehr (Xbox).

Monster am Haken

Dafür kann van Helsing entfernte Gegner mit seinem Greifhaken zu sich heran ziehen oder sich an vorgegebenen Stellen blitzschnell in Sicherheit katapultieren. Selbst bei einigen Objekträtseln und Power-Up-Suchen kommt der multifunktionale Greifarm zum Einsatz. Auf originelle Rätseleinlagen oder umfangreiche Levelerkundungen muss man zwar verzichten, aber die dynamischen Fights gegen Skelette, Fledermäuse, Werwölfe, Gargoyles und andere Horrorikonen gehen dank komfortabler Zielerfassung und eingeblendeter Lebensenergiebalken der Gegner locker von der Hand und sorgen zusammen mit den gelungenen Animationen trotz sich wiederholender Spielabschnitte und Bosskämpfe schnell für gepflegte HacknShoot-Stimmung.

 

Individuelle Charakterentwicklung

Zudem habt ihr die Möglichkeit euer Inventar und Move-Repertoire sowie euren Energie- und Munitionsvorrat nach jeder erfolgreich abgeschlossenen Mission mit den Glyphen getöteter Gegner oder zerstörter Levelobjekte individuell aufzustocken. Mit alternativer Munition wie Silberkugeln, Brandgeschossen oder Feuerklingen richtet ihr natürlich noch mehr Schaden in den gegnerischen Reihen an. Darüber hinaus ist es aber auch wichtig, dass ihr für jedes Monster die passenden Tötungswerkzeuge ausrüstet, um die Kämpfe nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Während ihr jeweils zwei Waffen gleichzeitig bereithalten könnt und über unendlich viel Standardmunition verfügt, ist aber auch ein Waffen- bzw. Munitionswechsel schnell und unkompliziert auf Knopfdruck möglich.

Anhänglicher Werwolf: Nicht verzagen, wenn euch Velkan an der Gurgel packt - eine Salve Schrot aus nächster Nähe und die Bestie lässt euch fallen wie eine heiße Kartoffel (Xbox).

Imposantes Waffenarsenal

Euer Waffenarsenal und Munitionsvorrat wächst jedenfalls stetig an und umfasst so coole Gerätschaften wie fiese Kreissägen-Jojos, eine Gasdruckarmbrust, eine tragbare Gatling-Gun, eine Blitze schleudernde Impulswumme oder den verheerenden Elefantentöter. Während die auf Wunsch halb- oder vollautomatische Zielerfassung keinerlei Zicken macht, fällt die insgesamt ebenfalls sehr löbliche Kameraführung hin und wieder aber auch negativ auf und kehrt in ungünstigen Momenten die Steuerung um oder verdeckt das Geschehen oder euren Hut hinter undurchsichtigen Levelobjekten und wer letzteren am Ende des Levels nicht auf hat, wird mit einer unvorteilhaften Statistik bestraft.

Gern gesehenes Kanonenfutter: Die Skelette sind relativ einfache Gegner und versorgen euch bereitwillig mit Geld und Heilungen (PS2).

Wer sucht, der findet

Wer sein Haupt hingegen stets bedeckt hält, erhält am Ende einen nützlichen Rüstungs-Cheat. Wer die Gegenden besonders genau unter die Lupe nimmt, findet neben herkömmlichen Munitions-, Geschwindigkeits- und Energie-Power-Ups sogar versteckte Ostereier, mit denen man Bonuslevels freischalten kann, sowie geheime Türen, die nur mit der richtigen Waffe und Munition Einlass gewähren.

Insgesamt halten sich die auffindbaren Extras aber in Grenzen und bietet eher belanglose Zusatzoptionen wie einen Big-Head-Modus, transparente Spielfiguren, veränderte Gegner oder abschaltbare Texturen.

Blutdurstige Schönheiten: Van Hesling kommt keine Sekunde zu spät, um Anna aus den Klauen von Draculas Gespielinnen zu befreien (Xbox).

Kleine Unterschiede

Die Grafik ist übrigens recht stimmungsvoll und solide, wenn auch nicht übermäßig spektakulär. Zudem leidet die PS2-Fassung unter fehlender Kantenglättung, deutlich dunklerer Farbgebung und leicht verwascheneren Texturen. Auch das Scrolling ist auf Sonys Konsole trotz exklusivem 60Hz-Modus nicht ganz so flüssig wie auf der mit nur 50Hz getakteten Xbox-Engine. Slowdowns oder PAL-Balken sind uns aber auf keiner der beiden Konsolen aufgefallen und auch die erfreulich kurzen Ladezeiten unterscheiden sich nur minimal voneinander. Auf der PS2 kann man sogar jederzeit ins Hauptmenü wechseln und anschließend wieder an Ort und Stelle weiterspielen, während man auf der Xbox zum letzten Checkpoint zurückgesetzt wird.

Wo ist mein Hut? - Für eine makellose Levelstatistik solltet ihr den letzten Gegner nie ohne Kopfbedeckung ins Jenseits befördern (PS2).

Stimmungsvoll inszeniert

Ansonsten gibt es aber keine nennenswerten Systemunterschiede. Die in Spielgrafik berechneten Zwischensequenzen sind filmreif inszeniert, während die brachiale Soundkulisse das Geschehen stimmungsvoll untermalt. Selbst die deutsche Lokalisierung kann bis auf wenige Ausnahmen als gelungen bezeichnet werden, auch wenn sie teils alles andere als lippensynchron ausgegeben wird. Wer will kann über die Spracheinstellung seiner Konsole aber auch zum englischen Original wechseln. Schade nur, dass man die Sprachlautstärke nicht separat einstellen kann, denn die Dialoge gehen im Sound-FX-Gewitter oft gnadenlos unter. Blut fließt im Spiel übrigens bei keiner Spracheinstellung bzw. nur in sehr geringen Dosen, was in machen Zwischensequenzen äußerst befremdlich wirkt.

Skelette plätten unter Zeitdruck: Wer fleißig Ostereier sammelt, kann eine Reihe fordernder Bonusmissionen freispielen (Xbox).
 

Fazit

Van Helsing gehört eindeutig zu den besseren Lizenzversoftungen. Da man sich spielerisch sehr nah an Capcoms Devil May Cry orientiert hat, muss man sich zwar gewisse Plagiatsvorwürfe gefallen lassen, aber besser gut geklaut als schlecht selbst ausgedacht. Besonders originell und abwechslungsreich ist das Gameplay zwar nicht, aber die Steuerung ist ungemein handlich, der Spielfluss schnörkellos und die Kameraführung meist vorbildlich. Zudem überzeugen die taktische Waffen- und Munitionswahl sowie die individuellen Upgrade-Möglichkeiten. Gelegenheitsspieler werden sich auch über das faire Speicher- und Rücksetzsystem sowie die komfortable Zielerfassung und den variablen Schwierigkeitsgrad freuen. Weniger erfreulich sind hingegen die altbackenen Rätseleinlagen, die sich wiederholenden Spielabschnitte und Bosskämpfe sowie der viel zu geringe Spielumfang, denn nach weniger als fünf Stunden waren Dracula & Co auf dem normalen Schwierigkeitsgrad bereits Geschichte, während Hardcore-Zocker laut Xbox-Live-Tabellen sogar bereits Spielzeiten von unter einer halben Stunde erreicht haben...

Pro

60Hz-Modus (PS2)
handliche Steuerung
cooles Waffenarsenal
komfortable Zielerfassung
variabler Schwierigkeitsgrad
stimmungsvolle Soundkulisse
taktische Waffen- & Munitionswahl
faires Speicher- & Rücksetzsystem
individuelle Upgrade-Möglichkeiten

Kontra

extrem kurz & linear
seltene Kameraprobleme
belanglose Rätseleinlagen
recht eintöniges Gameplay
keine Kantenglättung (PS2)
sich wiederholende Levels & Bossgegner

Wertung

XBox

Ganz passable Filmadaption im Devil May Cry-Stil mit leider viel zu kurzer Spielzeit.

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.