Tetris Effect16.11.2018, Jan Wöbbeking

Im Test: Ja ist denn schon Weihnachten?

Wer sich schon vorm ersten Advent mit Lichterketten umgeben will, sollte einen Blick auf Tetris Effect (ab 17,92€ bei kaufen) werfen: Die Neuauflage des Puzzle-Klassikers versetzt den Spieler in ein hübsch animiertes Partikelmeer, vor dem man ganz klassisch Klötzchen stapelt. Der etwas andere Geheimtipp für PSVR und PS4?

Tetris meets Rez

Das wurde aber auch Zeit! In Rez Infinite kam Tetsuya Mizuguchis Partikel-Engine nur in einem einzigen Level zum Einsatz - neuerdings kann man sich aber auch in Tetris von bunt glühenden Kulissen einhüllen und einlullen lassen. Mal ziehen Kamel-Karawanen durch die leuchtenden Körnchen eines Sandsturms, anderswo geht es in die glimmende Tiefsee oder ins All. All das kommt unterm VR-Headset besonders schön zur Geltung, da man mitten in die Szenerie versetzt wird (zumal sich die Steuerung auf dem reaktionsschnellen VR-Display herrlich direkt anfühlt). Aber auch auf HDR-fähigen Fernsehern sind die kontrastreichen Kulissen ein entspannender Anblick. In der Mitte des Geschehens steht nach wie vor der Knobelbecher, in den unablässig drehbare Steine fallen, bis sich komplette Reihen auflösen.

Die Intensität der Effekte lässt sich im Menü auf Wunsch herunterregeln.
Das trotz seiner Schlichtheit nach wie vor fesselnde Prinzip dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Da es sich um eine moderne Interpretation handelt, sieht man am unteren Bereich bereits eine Vorschau des fallenden Teilchens. Mit etwas Geschick lässt man die Steine also blitzschnell nacheinander auf den Boden knallen. Wer es etwas langsamer mag, bekommt kurz vorm „Ablegen“ noch viel zusätzliche Zeit zum zurecht drehen. Des Weiteren haben Resonair und Enhance eine überschaubare Zahl an Sondertechniken eingebaut. Es bleibt einsteigerfreundlich, doch Kenner können einige Auflockerungen für mehr Herausforderung nutzen, darunter Kombos oder Extrapunkte für ein geschickt eingedrehtes T-Stück. Ein nettes Extra ist auch die Zone-Mechanik: Dabei handelt es sich um eine Zeitlupe mit Bonuspunkten, in der sich geklärte Reihen erst aufstapeln und dann kollektiv nach unten plumpsen.

Musikalisch etwas fade

Schade, dass der seichte Soundtrack nicht mit der visuellen Pracht mithalten kann. Manche ruhigen Trance-Stücke haben mich zwar in einen entspannten fokussierten Zustand versetzt, die Loops der Gesangs-Parts klingen aber ziemlich lustlos und uninspiriert. Auch die Weltmusik-Einflüsse wie Stammes-Rhythmen gingen mir eher auf die Nerven – ähnlich stark wie im Hardcore- und Hardtek-Bereich, der momentan unter ähnlichen „Tribe“-Einflüssen leidet. Aber auch Micha mit seiner Vorliebe für ruhigere Synthie-Klänge war von der faden Sound-Untermalung enttäuscht, die aber immerhin dynamisch aufs Spielgeschehen reagiert. Ein weiterer Knackpunkt machte sich unterm VR-Headset bemerkbar: Die abrupten Kamerabewegungen im Abenteuermodus sorgten schon früh für ein mulmiges Gefühl in meinem Magen. Ist so etwas in einem einfachen Knobelspiel wirklich nötig?

Stilsicher: Auch das Design der Klötzchen und die dynamischen Soundeffekte passen sich ans jeweilige Grafikthema an. Hier z.B. brabbeln im Hintergrund Astronauten im Takt der Steine.
Nach dem Hauptmodus konnte ich aber wieder vom TV aufs Headset umsteigen, denn der Großteil der freigeschalteten Spielvarianten verzichtet glücklicherweise auf Kamerafahrten. Schade auch, dass es keine Online- oder Multiplayer-Modi gibt, für Einzelspieler wird aber ein relativ abwechslungsreiches Programm geboten. Im Puzzle-Modus etwa muss man riesige oder seltsam geformte Steine unterbringen, anderswo gilt es, kreuzförmige Bomben zu erwischen. Oder man versucht sich an klassischeren Herausforderungen wie einem 150-Linien-Marathon oder diversen Highscore-Modi unter Zeitdruck - inklusive weltweiter Bestenlisten. Zur Entspannung kann man danach im „Theater“ mit den Effekten der Hintergrund-Animationen herumspielen, freigeschaltete Avatare auswählen oder die von anderen Spielern betrachten, während man um den Erdball fliegt.

Fazit

Wie oft ist Tetris mittlerweile neu aufgelegt worden? Für meinen Stiefvater war das Konzept schon 1990 kalter Kaffee - als ich am Heiligabend den ersten Satz GameBoy-Batterien damit leer gespielt habe. Dass sich das Prinzip aus dem Jahr 1986 aber auch heute noch gut hält, beweist es erneut mit Tetris Effect. Nach ein paar Runden schlägt die Sucht wieder eiskalt zu, zumal mich diesmal nicht nur das Spielprinzip in die „Zone“ versetzt hat. Die Implementierung der Partikel-Engine aus Rez Infinite war eine gute Idee. Meist bleibt zwar keine Zeit, das hübsche Gewusel am Rand zu beobachten - trotzdem handelt es sich um eine schöne Ergänzung, von der man in VR sogar komplett eingehüllt wird. Bestenlisten, einige Bonus-Modi und Regel-Extras machen das Knobeln auch langfristig interessant. Es gibt aber auch ein paar ärgerliche Macken wie den lethargischen Soundtrack oder die unangenehm abrupten Kamerafahrten im VR-Modus. Auf Dauer bleibe ich daher lieber bei Puyo Puyo Tetris, das neben seinem abgedrehten Humor noch deutlich mehr Modi-Abwechslung und vor allem Mehrspieler-Unterstützung zu bieten hat!

Pro

zeitlos fesselndes Prinzip
stimmungsvolle Visualisierungen im Hintergrund
hübscher Partikelregen, der den Spieler in VR sogar umgibt
starke Farben und Kontraste kommen in HDR besonders gut zur Geltung
einige unterhaltsame Spezialtechniken wie Zone
eine Reihe alternativer Modi und Bestenlisten sorgen für Abwechslung
Sound reagiert dynamisch aufs Geschehen
alle Lieder lassen sich im Soundtrack-Menü anhören
entspannte Bonus-Modi zum Herumspielen mit Effekten

Kontra

keine Online
oder Mehrspieler-Modi
im Vergleich zu Puyo Puyo Tetris oder anderen Knobelspielen wirkt der Modi-Mix etwas altbacken
abrupte Kameraschwenks im VR-Modus sorgen bei empfindlichen Spielern für mulmiges Gefühl
Soundtrack oft zu fade und lethargisch

Wertung

PlayStationVR

Unterm Headset wirken die Grafik-Effekte noch intensiver; abrupte Kamerabewegungen sorgen bei empfindlichen Spielern aber für ein mulmiges Bauchgefühl.

PlayStation4

Sehr hübsch präsentierte Interpretation des Knobel-Klassikers im bunt glühenden Partikel-Design.

VirtualReality

Unterm Headset wirken die Grafik-Effekte noch intensiver; abrupte Kamerabewegungen sorgen bei empfindlichen Spielern aber für ein mulmiges Bauchgefühl.

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