Call of Duty: Finest Hour11.12.2004, Paul Kautz
Call of Duty: Finest Hour

Im Test: Vom PC auf die Konsolen - wie spielt sich der Pflichtruf auf Xbox und Co?

Nachdem die Medal of Honor-Serie schon seit einiger Zeit auf den Konsolen dieser Welt herumgeistert, blieb der direkte WW2-Konkurrent Call of Duty bislang dem PC treu. Mit »Finest Hour« betritt die Serie nun Gamepad-Neuland, bleibt dabei aber dem bewährten Szenario treu. Pflichtprogramm für Shooterfans oder nur ein weiterer Shooter?

Menja sawut Aleksandr

 

Wer Call of Duty auf dem PC gespielt hat, kann diesen Absatz gleich überspringen, für alle Serien-Neulinge folgt hier eine kurze Einführung: Im Gegensatz zu herkömmlichen WW2-Shootern steuert ihr hier nicht eine Person, sondern gleich mehrere. Allerdings nicht neben-, sondern hintereinander, denn auch die Schauplätze wechseln. So beginnt ihr mit dem 20-jährigen russischen Grünschnabel Aleksandr Solkolov 

Im zerstörten Stalingrad nimmt die CoD-Kriegshölle ihren Anfang.
in Stalingrad, wechselt kurz darauf in eine britische Uniform während des Nordafrika-Feldzuges und landet schlussendlich in amerikanischen Stiefeln beim Kampf um Aachen. Dazwischen gibt es noch ein kurzes Intermezzo mit einer russischen Scharfschützin und einem Panzerführer des berühmten 761ten Bataillons »Black Panther«, aber im Wesentlichen beschränkt sich das Spiel auf die ersten drei Figuren.

Jede wird in einem kurzen Filmchen vorgestellt, danach geht es schon in die Schlacht. Kennt ihr die PC-Fassung, wird euch der Einstieg in Stalingrad bekannt vorkommen: Ihr werdet im Boot an das Ufer geschippert, während am Bug ein Kommandant Durchhalteparolen brüllt und deutsche Jäger über euren Köpfen ihre Magazine leeren. Nachdem einige Kameraden draufgegangen sind, desertieren andere, nur um beim Sprung ins kühle Wasser als Verräter vom Kommandanten erschossen zu werden. Mit Müh und Not landet ihr am Steg und bekommt eure erste… nein, nicht Waffe, sondern Munition! Die Versorgung der russischen Soldaten war damals derart schlecht, dass die Waffen oftmals unfreiwillig übergeben werden mussten – vom Opfer an das zukünftige Kanonenfutter.

Allein unter vielen

Der Ruf der Pflicht führt euch nicht nur über die üblich verdächtigen Schlachtfelder Europas, sondern auch nach Nordafrika – was frischen Wind ins Spiel bringt, denn alleine schon die optisch ansprechende Umsetzung des für Shooter-Verhältnisse unverbrauchten Szenarios ist eine willkommen Abwechslung im sonst vorherrschenden zerbombte Häuser-Einerlei. Ansonsten gibt es lineare Levels mit Design von der Stange: Ihr rennt stur eurem Kompass folgend von Missionsziel zu Missionsziel, meist ohne etwas dazwischen machen zu können. Sehr 

Die Panzerausflüge machen nicht nur wegen der dicken Bewaffnung viel Spaß.
oft werdet ihr dabei von KI-Kameraden begleitet, die aber weder eine spielentscheidende Rolle spielen, noch durch übermäßige Intelligenz glänzen – da das auch für eure Gegner gilt, stehen sich Freund und Feind oft genug Auge in Auge gegenüber und schlagen wie die drei Stooges aufeinander ein, bis ihr zum Gnadenschuss ansetzt. Zum Standard-Häuser- und Grabenkampf gesellen sich vertraute WW2-Shooter-Features wie Scharfschützenmissionen, Abschnitte als ballernder Beifahrer oder spaßige Ausflüge mit einem knirschenden Panzer.

Einem ungeschriebenen Konsolengesetz Folge leistend dürft ihr auch in Finest Hour nicht frei speichern. Stattdessen seid ihr dem Willen der Entwickler und ihren sporadisch platzierten Checkpunkten ausgeliefert – die allerdings nicht nur für die aktuelle Spielsitzung gelten, sondern auch in sehr unregelmäßigen Abständen folgen. Besonders angesichts des ab der Briten-Kampagne rapide ansteigenden Schwierigkeitsgrades wünscht man sich mehr als eine Zwischenspeichermöglichkeit. Immerhin wird zwischen den Levels automatisch der Spielstand gesichert.

Habt ihr nach knapp zehn Stunden die Welt zu einem friedlicheren Platz gemacht, könnt ihr auf Xbox und PS2 zum Mehrspielermodus greifen – GameCube-Besitzer gucken leider in die Röhre. Entweder online oder via Systemlink (Xbox) dürfen bis zu 16 Soldaten in vier Spielmodi mit- oder gegeneinander antreten, eine Kooperativ-Variante oder Splitscreen-Unterstützung gibt es leider nicht. Stattdessen warten (Team-) Deathmatch, CTF und eine Assault-Variante auf euch, die dank mehrerer zu beschützender Ziele für Hektik und Bewegung im Spiel sorgt. Alles in allem kein Kracher, aber eine nette Ergänzung.

Kawumm und Ratzbatz!

Optisch orientiert sich das Spiel natürlich am PC-Vorbild, allerdings mit deutlichen Unterschieden: Während Waffen und Fahrzeuge durch die Bank gelungen modelliert und texturiert sind, sehen speziell die Figuren leblos und langweilig aus. Auch auf der Xbox beherrschen niedrig aufgelöste Texturen und einige sehr billige Effekte (wie die Explosionswolken) das Bild; teilweise alberne, fast schon comicartige Animationen passen nicht so recht in das ernste Szenario - wenn Soldaten z.B. die Hügel von Stalingrad

Am stationären Geschütze machen wir mit einer gegnerischen Überzahl kurzen Prozess.
hinaufrennen, sieht das so aus als würde Fred Feuerstein in seinem Auto Gas geben. Immerhin bleibt die Action überwiegend flüssig, außerdem erzeugen etliche gut gescriptete Szenen den Eindruck von Leben und Interaktivität. Zwischen den Aufträgen warten auch digitalisierte Schwarzweiß-Filme, welche euch mit historischen Fakten versorgen.

Einige nette Effekte erzeugen Aufmerksamkeit: Werdet ihr z.B. heftig getroffen, verschwimmt und verschmiert das Geschehen sowohl optisch als auch akustisch, während ihr euch für einen kurzen Augenblick in Zeitlupe bewegt und weiterballert. Die Waffen, wie die MP40, das Kar98 Gewehr oder die Panzerschreck Bazooka, entsprechen optisch ihren Echtwelt-Pendants, haben aber teilweise merkwürdige Feuereigenschaften. Speziell die Granaten geben Rätsel auf: Es gibt genau einen Weg sie zu werfen, ihr habt keinen Einfluss auf Stärke oder Zündverzögerung. Darüber hinaus folgt das Spiel gängigen Standard: Ihr dürft nur zwei Wummen mit euch tragen (aber jederzeit gegen bessere tauschen), könnt im Nahkampf Kolbenschläge verteilen und über Kimme und Korn zielen. Gelegentlich warten auch stationäre Geschütze auf ihre Bedienung.

Die Akustik, am PC eines der herausragenden Features, enttäuscht auch hier nicht: Der dramatische Soundtrack steigert sich in heißen Momenten zu einem fulminanten Feuerwerk und treibt in ruhigen Momenten angenehm zurückhaltend vor sich her. Die Sprachausgabe ist über weite Teile gelungen und gut verständlich, lediglich der eine oder andere Akzent wirkt arg aufgesetzt. Dazu gibt es noch wummernde, krachende und zischende Surround-Soundeffekte, die lediglich im Falle der Gewehre ungewohnt dünn klingen.        

Fazit

Das Konsolen-Call of Duty setzt genau auf dieselben spielerischen Elemente wie das große PC-Vorbild: Intensive Schlachtszenen mit massig gescripteten Ereignissen, viel Drumherum-Action, Einzelschicksale von Soldaten in einem größeren Zusammenhang – und eine superkurze Spielzeit! Und so sehr mich doch die Idee mit den drei verschiedenen Blickpunkten reizt, ist sie doch Gift für einen brauchbaren Storyverlauf: Kaum hat man sich einigermaßen in eine Figur hineinversetzt, ist auch schon Schluss – zack, der nächste bitte! Ein schönes Spiel, keine Frage, und Medal of Honor: Rising Sun absolut ebenbürtig. Nur mit mehr Feinschliff hätte viel mehr daraus werden können. Die Designer haben sich zu sehr auf bewährte WW2-Standards verlassen, Spielelemente, die man schon tausend Mal woanders gesehen und gespielt hat. Atmosphärisch dicht, gut spielbar, durchaus knackig schwer und mit einem netten Mehrspielermodus versehen – aber nix Neues.

Pro

dichte Atmosphäre
historisch interessant
tolle Soundkulisse
größtenteils gute Sprachausgabe
einfache Steuerung
spaßige Panzermissionen

Kontra

altbackenes Gamedesign
sehr kurze Kampagne
gelegentlich alberne Animationen
dumpfbackige KI
keine zusammenhängende Story
kein Mehrspielermodus (GameCube)
frustrierendes Speichersystem
überraschend ansteigender Schwierigkeitsgrad
ziemlich lange Ladezeiten
fummelige Granatenbedienung

Wertung

XBox

PlayStation2

GameCube

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