Wings of War04.09.2004, Jens Bischoff
Wings of War

Im Test: Wings of War versetzt euch zurück in die Zeit des Ersten Weltkriegs: rustikale Doppeldecker-Action à la Crimson Skies zum Spartarif!

Während bei den Ego-Shootern nach wie vor der Zweite Weltkrieg sowie der Vietnamkrieg hoch im Kurs stehen, wird an den luftigen Fronten vorwiegend in naher oder fiktiver Zukunft gekämpft. Nicht so bei Wings of War (ab 9,99€ bei kaufen), das euch zurück in die Zeit des Ersten Weltkriegs versetzt und rustikale Doppeldecker-Action à la Crimson Skies zum Spartarif anbietet.

Wie aus dem Nichts

Die tschechischen Entwickler von Silver Wish Games müssen ganz still und heimlich an den PC- und Xbox-Versionen von Wings of War gearbeitet haben, denn bis vor kurzem wusste die Spielwelt noch nicht einmal von der Existenz der nostalgischen Flug- und Baller-Action, die Take 2 mittlerweile auch hierzulande zum Sparpreis feil bietet. Das Spiel selbst kommt ebenfalls ohne jegliches Vorgeplänkel aus und lässt euch gleich zwischen Einzelspielerkampagne und Mehrspieler-Dogfights wählen - zumindest auf dem PC, denn Xbox-Piloten müssen sich in beiden Spielmodi auf KI-Mit- bzw. -Gegenstreiter beschränken.

Dran bleiben: Nur noch wenige Treffer, dann schmiert der feindliche Doppeldecker ab (Xbox).
Minimalistische Präsentation

Eine Handlung gibt es nicht: In der Kampagne lauscht ihr vor jeder der insgesamt 13 Missionen lediglich einem selbst laufenden Briefing und schon geht‘s automatisch ausgerüstet in vorgegebener Flugkiste in die Schlacht. Atmosphärisch muss diese lieblose Spielstruktur natürlich gewaltig Federn lassen, was auf der Xbox wenigstens durch gesprochenen Funkverkehr im Lauf der Einsätze wieder etwas ausgeglichen wird. Auf dem PC muss man hingegen jeden Spruch und jede Anweisung als Textnachricht mitlesen, um auf dem Laufenden zu bleiben, was nicht nur Spielfluss und -komfort hemmt, sondern im Eifer des Gefechts oftmals überhaupt nicht möglich ist.

Unspektakuläre Optik

Ansonsten ist die Soundkulisse auf beiden Plattformen identisch und trotz dolby-digitalem Raumklang eher unauffällig. Immerhin wirken die Sound-FX halbwegs authentisch und die Musikkulisse homogen, wenn auch oft unpassend. Grafisch hat aufgrund höherer Auflösung, flüssigerer Darstellung und schärferer Texturen hingegen wieder der Rechenknecht die Nase vorn.

Feuer frei: Mit Fernglas und Bordkanone macht ihr Jagd auf Ausreißer (PC).
Obwohl der technische Rahmen auf beiden Systemen zu wünschen übrig lässt. So gibt es neben weitestgehend unspektakulären Landschaften, Polygonmodellen und Texturen auch deutliche Objekt-Pop-Ups, störende Slowdowns und Spezialeffekte von der Stange.

PCler fliegen besser

Deutliche Systemunterschiede offenbaren sich auch bei der Steuerung. So bleiben Xbox-Piloten einige Steuerfinessen wie die separate Kontrolle des Seitenruders (Gieren) oder das Abschalten des Motors schlicht vorenthalten, während die fix vorgegebene Stick-Empfindlichkeit feinfühlige Flugmanöver oder akkurates Zielen fast zu einem Ding der Unmöglichkeit werden lässt. Auf dem PC hat man ohne geeigneten Joystick allerdings auch nicht viel zu lachen: Vor allem, dass man für spezielle Flugmanöver wie Loopings oder Barrel-Rolls spezielle Tasten(-kombinationen) drücken muss, damit diese automatisch ausgeführt werden, sagt schon viel über die Qualität der Steuerung aus... 

Ländliche Idylle: Um die Landschaften näher zu betrachten, habt ihr nur selten Zeit (PC).
Einseitige Kampagne

Natürlich sind auch Flug- und Kollisionsverhalten alles andere als realistisch, aber angesichts des vorwiegend arcade-lastigen Gameplays sollte man über mysteriöse Bruchlandungen oder jeglicher Physik trotzender Kehrtwenden einfach hinwegsehen. Wirklich schade hingegen, dass man die lineare Solo-Kampagne nur auf Seite der Alliierten bestreiten kann und deutsche Fluggeräte nur in separaten Dogfights sowie in manchen Bonusmissionen besteigen kann. Dafür warten neben zahlreichen Ein-, Doppel- und Dreideckern aber auch diverse Flak- und Bordgeschützstellungen darauf, von euch bemannt und eingesetzt zu werden.

Mit Propeller und Raketen

Auch eine Bombenluke kann jederzeit geöffnet werden, um Bodenziele ins Visier zu nehmen oder Aufklärungsfotos zu schießen. Neben Bord-MG und Bomben könnt ihr euer Waffenarsenal sogar mit Raketen aufstocken, was die Authentizität zwar mit Füßen tritt, aber wartet erst mal, bis ihr im Tiefflug durch offen stehende Kuhställe donnert, um bunte Würfel einzusammeln, mit denen ihr euren Motor frisieren oder ein Schutzschild aktivieren könnt... Allerdings verwundert es bei solch kindlicher Spielgestaltung dann doch, warum man unbedingt ein Weltkriegsszenario gewählt hat, wenn man sich doch vorkommt wie Super Mario bei einer Flugstunde über Harvest Moon.

Lila Walfisch: Bei Deathmatchs könnt ihr euer Fluggefährt mit verschiedenen Lackierungen überziehen (Xbox).
Clown oder Kriegsheld

Ähnliches gilt auch für das Missionsdesign, das zwar mit über 70 Aufgaben inklusive optionaler Bonus-Quests sowie dynamischer Zeit- und Wetterwechsel aufwarten kann, aber man auf der einen Seite Züge mit tödlichen Giftgaslieferungen aufhalten muss, während man auf der anderen Seite farbige Kreuze anfliegen muss, um wie ein Zirkusclown von einem Flugzeug in ein anderes zu springen. Aber egal, die Spielabschnitte sind jedenfalls sehr weitläufig angelegt und mit vielen versteckten oder schwer zugänglichen Power-Ups gespickt, die gerade bei Mehrspielerpartien eine entscheidende Rolle spielen.

Konsoleros bleiben allein

Allerdings sind diese nur auf dem PC langfristig motivierend, da es nur hier LAN- bzw. Online-Unterstützung für bis zu 30 menschliche oder CPU-gesteuerte Piloten gibt. Auf der Xbox sind hingegen nur maximal 20 Flugkapitäne zugelassen, von denen nur einer aus Fleisch und Blut sein darf. Zudem bleiben Spielmodi wie Capture the Flag oder Windsack (der Spieler mit dem Windsack im Schlepptau bekommt so lange Punkte, bis er von einem der Verfolger abgeschossen wird und den Sack damit an diesen verliert) ebenfalls PC-Spielern vorbehalten, während sich Xbox-Besitzer mit Deathmatchs und Team-Deathmatchs gegen Bots zufrieden geben müssen.

Fazit

Wings of War hat sicher nicht annähernd die Klasse eines Crimson Skies, aber nostalgische PC-Piloten mit schmalem Geldbeutel und gelegentlichen Multiplayer-Ambitionen werden dennoch ausreichend bedient - einen passenden Joystick vorausgesetzt. Eine spannend inszenierte Kampagne, kompromisslosen Realismus oder audiovisuelle Höhenflüge solltet ihr allerdings nicht erwarten, und gleichzeitig gewagte Stilkreuzungen wie ein Weltkriegsszenario mit farbenfroher Power-Up-Hatz mögen. Auf der Xbox gibt es sogar überhaupt keinen Grund im Take2-Cockpit Platz zu nehmen, da der mittlerweile ebenfalls zum Sparpreis erhältliche Überflieger Crimson Skies 2 dem technisch biederen und spielerisch unausgereiften Billigflieger aus Tschechien in fast allen Belangen haushoch überlegen ist. Vor allem die eingeschränkte und wenig feinfühlige Steuerung sowie die fehlende Mehrspieler-Unterstützung nagen auf der Xbox an der Spielspaßwertung - auch wenn man den PC-Piloten dank aufwändigerer Vertonung akustisch klar davonfliegt.

Pro

günstiger Preis
60Hz-Modus (Xbox)
variabler Schwierigkeitsgrad
relativ faires Speichersystem
dynamischer Zeit- & Wetterwechsel
optionale Bonusmissionen & Power-Ups

Kontra

biedere Technik
monotones Gameplay
durchwachsene Soundkulisse
beschnittene Steuerung (Xbox)
teils umständliche Handhabung
keinerlei Mehrspielermodi (Xbox)
Solo-Kampagne ohne Rahmenhandlung
teils seltsames Flug
& Kollisionsverhalten

Wertung

XBox

Für nostalgisch veranlagte Hobbypiloten, die nicht viel Wert auf Realismus legen.

PC

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