Final Fight: Streetwise03.04.2006, Paul Kautz
Final Fight: Streetwise

Im Test:

Das Beat-em-Up, einst Stolz und Freude klassischer 16Bit-Konsolen, hat sich in den letzten Jahren vom nahezu ausgestorbenen zum mäßig bis grottenschlecht reanimierten Oldschool-Zombie gewandelt. Prunkstücke wie The Warriors waren die Ausnahme, schlaffe Hüllen wie Spike Out oder Beat Down zogen das einst glanzvolle 2D-Genre ziemlich in den Dreck. Ob der ver3Dhte Oldie Final Fight etwas an dieser Misere ändern kann?

Not streetwise enough

Cody – das war doch dieser Bluejeans tragende, blonde Föhnfrisur habende, sich in der Luft merkwürdig verbiegende Sunnyboy aus Final Fight, der am Ende die gerettete Bürgermeistertochter sowie das halbe Königreich bekam, oder? Und war das nicht auch derselbe, der in der Street Fighter Alpha-Serie als Knacki wiederauferstand, gebrochen vom Leben, aber immer noch schlagkräftig? Genau. Derselbe hat jetzt neben der Gicht in den Knien auch einen Bruder – Kyle. Der ist nicht nur halbprofessioneller Straßenschläger, sondern auch

Brothers in Arms: Cody ist nicht nur Kyles Bruder, sondern auch kurz nach Spielbeginn vermisst.
die Hauptfigur in Streetwise, während Big Brother Cody den grimmigen Trainer und Beschützer mimt. Und gleich nach der ersten Mission vom bulligen Anzugträger »Spießer« entführt wird. Bruderherz braucht Hilfe! Ob das Ganze etwas mit der neuen Modedroge »Glow« zu tun hat?

Grundsätzlich spielt sich Streetwise genau so, wie es mittlerweile jeder Brawler tut: Ihr trabt in Schulterperspektive durch eine versiffte Großstadt namens Metro City, haut diverse Feinde zu Klump und verfolgt die ausgesprochen simple Story, die in Echtzeit-Zwischensequenzen weitergeführt wird. Besonderheit A: Das Spiel ist einigermaßen nicht-linear. Neben den Hauptaufträgen könnt ihr auch hier und da Personen ansprechen, die eine Nebenmission für euch haben. Mal muss der Bruder einer Prostituierten aus üblen Gang-Fängen befreit werden, mal müsst ihr zu dröger Musik und mit fürchterlicher Kollisionsabfrage Küchenschaben zertreten, mal gilt es Handtaschendieben den Scheitel zu bügeln. Und dann wird natürlich immer geprügelt, geprügelt, geprügelt: Entweder mit allen verfügbaren Extremitäten oder mit Waffen, die allerdings schnell auseinanderfallen – und natürlich dürft ihr auch, Tradition ist Tradition, mit Mülltonnen oder Barhockern nach euren Feinden schwingen. Neben den Standardgegnern, teilweise kämpft ihr gegen zehn Dumpfbacken gleichzeitig, warten immer wieder mal etwas toughere Bosse auf ihre Abreibung. Falls euch eure Schlagkraft nicht genug ist, könnt ihr im örtlichen Fitnessstudio eure Kraft verbessern

Ihr habt es meist mit mehreren Gegnern gleichzeitig zu tun.
oder gleich neue Kombos lernen. Aber wozu? Das gute alte Buttonmasher-Prinzip, mit dem ihr auf die beiden Angriffsknöpfe hämmert, funktioniert hier einwandfrei. Prinzipiell könnt ihr gegnerische Angriffe brauchbar kontern, aber aufgrund der sehr ungenauen Kontrolle erledigt stumpfes Draufhauen den Job weitaus besser.

Blinde Wut

Spielerisch und optisch sind PS2- und Xbox-Version absolut identisch. Das bedeutet aber leider, dass ihr auf beiden Plattformen mit der Kettensäge designte Figuren, grausames Kantenflimmern und schwache Animationen zu sehen bekommt – gerade die Laufbewegungen sehen aus, als hätten die gestandenen Recken die Hosen voll. Die Stadt besteht, Klischee sei Dank, im Grunde nur aus Grau- und Brauntönen, durchweht von viel Müll und Bretterkonstrukten. Aber all das ist noch eine Freude im Vergleich zur Kameraführung, die mit »störrisch und unbrauchbar« noch ziemlich harmlos umschrieben ist. Es geht damit los, dass sie sich nicht die Mühe macht, sich sinnvoll auszurichten – das darf der Spieler mal schön selbst (und schön langsam) machen – netterweise verharrt sie dann auch in diesem Winkel, so dass die Gegnersuche meist zum Ratespiel wird. Auf den Straßen Metro Citys ist das zwar enorm nervend, aber gerade noch

Neben euren harten Fäusten stehen euch auch diverse Waffen zur Verfügung.
hinzunehmen – aber spätestens in Gebäuen, wenn man alles mögliche, nur nicht die auf einen einkloppenden Feinde sieht, hört der Spaß auf! Der Haudruff-Thematik und der deutlichen Herzkasper-Warnung zu Spielbeginn zum Trotz ist Streetwise verhältnismäßig blutarm – zwar wird hier gedroschen und geschlitzt, wirklich rot färbt sich der Screen aber nie. Falls ihr keine Lust mehr habt, solltet ihr nicht einfach die Konsole ausmachen, sondern müsst das Spiel ordnungsgemäß beenden; nur so wird gespeichert.

Neben dem normalen Spielmodus wartet noch die Arcade-Variante: prinzipiell exakt dasselbe, aber ohne die lästige Story und außerdem zu zweit spielbar! Auch hier gibt es sich ständig wiederholende Kampfsprüche, sehr viel slang- und fluchdurchsetzte englische Sprachausgabe sowie stampfende Musikuntermalung von RZA über Fear Factory bis Slipknot – allerdings seid ihr anfangs auf wenige Songs beschränkt, die sich ständig wiederholen. Fans des Originals können außerdem Final Fight als zuckelig emuliertes Bonusgame freispielen.  

Fazit

Ist das Beat-em-Up wirklich tot? Sollte das tatsächlich eines der Genres sein, das von wenigen Ausnahmen abgesehen nur in 2D funktioniert? Final Fight Streetwise wirkt wie ein Sargnagel auf das von Games wie SpikeOut oder Beat Down schon zu Tode gekloppte Spielprinzip: Es sieht schlecht aus, es steuert sich noch schlechter und kann nicht mal wie Urban Reign wenigstens in kurzen Dosen für Spaß sorgen - lediglich das an sich ganz brauchbare Kampfsystem sticht wirklich aus der unterdurchschnittlichen Suppe hervor. Remakes klassischer Games scheinen einfach teuflisch schwierig zu sein, wie man sehr gut an den in die Hose gegangenen Shinobi - oder Altered Beast -Wiederbelebungen sehen kann. Hoffentlich kommt Sega nicht auf die Idee, ein 3D-Revival der Streets of Rage-Reihe auf die Beine zu stellen - angesichts der bisherigen Leistungen im Brawler-Bereich kann das nur in die Hose gehen. Für ein echtes Final Fight-Revival solltet ihr euer Geld besser in die Capcom Classics Collection investieren. Dort findet sich nicht nur der perfekt emulierte Klassiker, sondern auch viele andere Games, von denen jedes mehr Spaß macht als Steetwise.

Pro

original Final Fight freispielbar
nicht-lineares Spielprinzip
brauchbares Kampfsystem
rockige Musik

Kontra

Hackebeil-Figuren
generell potthässliche Präsentation
furchtbare Kamerasteuerung
ungenaue Kontrolle
öde Story
schwache Kollisionsabfrage
schrecklich abwechslungsarm
kaum vorhandene KI
massig Rechtschreib
und Übersetzungsfehler

Wertung

PlayStation2

XBox

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