Im Test:
Orale Indoktrinierung
Video: Action im Duett - Kann Resident Evil 5 (ab 3,89€ bei kaufen) am 13. März auf PS3 und Xbox 360 ähnlich begeistern wie der Vorgänger?Früher haben Regime das Volk mit politischen Parolen, religiösen Heilsversprechungen und repressiver Überwachung für ihre Zwecke missbraucht. Aber diese alte Schule der Macht brauchte viel Zeit, viel Personal und noch mehr Propaganda in allen Medien. Wie viel komfortabler wäre es da, wenn man den Leuten einfach das Maul stopfen und sie danach wie Marionetten steuern könnte? Und wie grandios wäre es, wenn man diese effiziente Methode oraler Indoktrinierung auch noch gewinnbringend an den bösen Mann von Welt bringen könnte? Da eröffnen sich ganz neue Märkte für skrupellose Unternehmen.
Allerdings ist das - wie so oft in Zeiten der Krise - kein all zu sauberes Geschäft für biologisch orientierte Terroristen: Man muss die Leute erstmal gefügig machen. Also schlägt man sie, bis sie auf Knien kauern und um ihr Leben betteln. Und dann muss man ihnen einen faustgroßen Parasiten zu schlucken geben. Nach dieser oralen Verabreichung zerfleischt dieser zappelnde Klumpen erst die Speiseröhre und bewegt sich dann Richtung Rückenmark. Ziel der Indoktrinierung ist allerdings wie immer das Gehirn, das über das zentrale Nervensystem gesteuert werden kann. Was sich danach aufrichtet, ist eine Bestie in Menschengestalt...
Filmreife Präsentation
Warum werden die Einwohner so aggressiv? Ihr seid als Mitglied der internationalen Anti-Terror-Einheit BSAA zusammen mit Kollegin Sheva in Afrika unterwegs, um das herauszufinden.Das hervorragende Intro legt bereits einige erzählerische Köder wie die Maskengestalt aus und vermittelt in wenigen Minuten ein drastisches Bild der schrecklichen Lage - die filmische Regie ist und bleibt über knapp dreizehn Stunden mit zig Zwischensequenzen meisterhaft. Die Japaner inszenieren kinoreife Kamerafahrten und sorgen immer wieder über den schnellen Wechsel von der Tumultszene ins Spiel für packende Situationen. Leider läuft das nicht ganz ohne Lade-Unterbrechung und leider verharren die im Film noch spurtenden Bestien ab und zu, wenn man selbst zum Gamepad greift, so dass mancher Szene der konsequente Fluss fehlt. Aber irgendwann rast ein Mob aus schwer bewaffneten Fratzen wie eine nicht enden wollende Welle auf einen zu - ja, die Zombies haben sich nicht nur im Kino weiter entwickelt und nahezu leichtathletische Fähigkeiten, was Sprint und Weitsprung angeht.
Was einem im Häuser- und Straßenkampf den Schweiß aufs Gesicht treibt, der zweibeinige Parasitenprimat im aggressiven Kollektiv, sorgt nach ein paar Stunden nur noch für ein müdes Lächeln und ein paar gezielte Ladungen Schrot. Der Bio-Terrorismus der Marke Capcom gebiert jedoch weit mehr als einfach nur schnelle zweibeinige Irre, die wie Hooligans über Zäune klettern. Er gebiert Bildschirm füllende Ungeheuer der Marke tausend schlingende Tentakel. Er gebiert schwer
bewaffnete Söldner-Kreaturen, geifernde Hunde- und Hyänen-Mutationen sowie schrecklich realistisch, weil haarig und staksend daher kommende Fliegen-Bestien, die einem mit einem triumphierenden Zischeln ihre Krallen in den Leib rammen - ist eklig, aber das Kreaturendesign ist erstklassig. Es gibt ein ganzes bizarres Bestiarium an Schwarzblubberfledermausriesenmutantententakelmonsterspinnen, das erst nur die Hälfte, dann den ganzen und schließlich mehrere Bildschirme füllt. Erinnert ihr euch an den finalen Bosskampf von Gears of War 2, der etwas zu schnell vorbei war? Vergesst den. Und trainiert schon mal die Hand-Auge-Koordination für den Laser, den die Japaner euch in die zittrige Hand drücken. Hut ab vor dieser Bosskampfgigantomanie! Hab ich was vergessen? Ach ja - nicht alles ist groß und deformiert: Man begegnet auch einfachen Hühnern, Schlangen und Spinnen. Man kann sogar kleine Eier finden und essen - weiße, braune und vergammelte. Und es gibt natürlich viel Verstecktes wie funkelnde Schätze und Embleme, die man abfeuern und später im Menü gegen 3D-Figuren eintauschen kann. Aber vor der scheinbar in allen Spielen zu befriedigenden Sammelwut kommt die Begegnung mit der virtuellen Wut. Man kämpft fast immer im Duett - es gibt nur wenige Passagen, in denen man getrennt wird.
Die schreckliche Dystopie
Die Einheimischen stürzen sich blutrünstig auf euch - Sheva feuert selbstständig, teilt mit einem Drehtritt aus und heilt euch im Ernstfall. |
Das liegt daran, dass sein Verhältnis zu Jill Valentine eine große Rolle in der Story spielt - freut euch, ihr Veteranen, Capcom knüpft einen roten Faden und der Schatten Umbrellas reicht auch nach Afrika. Chris macht sich jedenfalls Vorwürfe, dass seine Partnerin bei einem Einsatz mit ihm gestorben ist, als man noch gegen Umbrella kämpfte. Jill rettete ihm damals das Leben, als sie mit dem ewigen Antagonisten Wesker aus dem Fenster stürzte. Seine Erinnerungen an diese alte Zeit sorgen nicht nur für wichtige erzählerische Rückbindungen an das bisher Geschehene in Resident Evil, sie verleihen dem Hünen auch menschliche Züge von Trauer und Schuldgefühl - zumal er jetzt wieder mit einer weiblichen Partnerin unterwegs ist, was natürlich alte Wunden öffnet. Sheva Alomar heißt seine einheimische Begleiterin. Kann er sie schützen?
Kampf im Duett
Euer erster Auftrag lautet, einen Waffenhändler namens Irving ausfindig zu machen. In wessen Auftrag ist er in Afrika? |
Schon in den ersten Minuten des Spiels wird klar, was das Duo erwartet: Im fiktiven Küstenkaff Kijuju herrscht nur ganz kurz eine trügerische Stille. Sehr schnell reißt die Fessel der Zivilisation und lässt die aggressive Meute los - Männer und Frauen stürzen sich mit irrem Blick, mit Brechstangen, Sicheln und Nagelkeulen auf den muskelbepackten Agenten und seine bildhübsche Kollegin. Action? Oh ja. Sehr viel sogar. Diese ersten Szenen sorgen für Panik angesichts der schieren Überzahl und wölfischen Brutalität der Gegner. Hier hat alles noch etwas Wildes und Unberechenbares, was allerdings im letzten Drittel aufgrund all zu militärischer Konfrontationen verloren geht. Und so manche Situation lässt an der Restintelligenz der Kreaturen zweifeln: Es geschieht hier und da, dass die Infizierten auch bei Sichtkontakt mal nicht reagieren oder selbst bei Beschuss verharren - alles noch Folgen des Parasiten? Allerdings täuscht der Eindruck, denn es gibt sehr viele Sorten von überaus aggressiven Feinden, denen man später fast eine Lethargie wünscht.
Panik im Angesicht der Überzahl
Wer es von Beginn an riskanter und realistischer mag, darf auch Friendly Fire aktivieren, aber davon würde ich angesichts der Hektik abraten. Man kann Sheva auch vor den Kapiteln nach eigenem Ermessen bewaffnen; ärgerlich ist nur, dass man sie nicht auf eine spezielle Waffe festlegen kann - hat sie mehrere zur Auswahl, nimmt sie manchmal nicht die effizienteste: Wieso schlägt sie mit dem Stromknüppel um sich, wo sie doch die aufgerüstete Schrotflinte im Gepäck hat? Später wünscht man sich allerdings Phasen, in denen man auch mal länger als nur für kurze Hebel- und Aktivierungs-Passagen alleine unterwegs ist, aber die gibt es leider nicht. Der Vorteil ist zwar, dass man das Spiel so auch kooperativ über das Internet erleben kann. Aber der dramaturgische Nachteil liegt darin, dass man im Duett einfach weniger Angst hat, zumal die Partnerin richtig gut austeilt und selber keine Panik zeigt - Sheva ist immer topfit und einsatzbereit, kann manches auch zu gut im Alleingang lösen.
Man ist leider nie allein
Und das alles in einem hohen Tempo, so dass man kaum Chancen hat, die fantastisch illuminierte Umgebung zu betrachten - wenn man aus der afrikanischen Sonne in einen dunklen Raum geht oder umgekehrt, wird sogar die Anpassung der Pupille simuliert; sprich: Das Auge muss sich erst ans Dunkel oder das Gleißen gewöhnen. Allerdings hätte Capcom diesen Effekt öfter auch dramaturgisch nutzen müssen, z.B. in ruhigen Erkundungsphasen, wo man plötzlich ein paar funkelnde Augenpaare in der Düsternis entdeckt - das hätte auch für Angstmomente gesorgt, die man im Vergleich zur Panik zu wenig erlebt. Die Atmosphäre will nicht wirklich knistern, weil alles so schnell und explosiv stattfindet, dass es verdammt stark nach Shooter riecht. Immerhin wird Letztere durch die Art und Weise der Gegner aufgebaut: Da sind nicht nur einfache Bauern oder Fischer unterwegs, die mal eben biologisch durchgeknallt sind, sondern vermummte Kreaturen mit bizarren Nagelpearcings, die übergroße Äxte schwingen oder die Kettensägen rattern lassen. Gerade die ersten Bosskämpfe nehmen schon schweißtreibende Ausmaße an. Was geht hier in Afrika ab? Und warum vertragen die Typen so viel Blei?
Gnadenloser Survival-Terror
Wie schon in Resident Evil 4 könnt ihr den Feinden selbst Schusswaffen und Macheten aus der Hand schießen. |
Wie auf Kommando wird aus ein paar Sekunden der Ruhe ein Sturm der Gewalt - man hat keine schlurfende Angst im Nacken, sondern immer die schnelle Brutalität vor Augen. Und auch die hat es in sich. Denn das Herz klopft, die Pistole kracht und jeder Kopfschuss sorgt für einen Moment martialischer Glückseligkeit in einem wild tosenden Meer aus Feinden. Resident Evil 5 fängt jedenfalls mit atemloser Spannung in einer fulminanten Kulisse an, die die wilde Fratze der fanatischen Meute technisch hervorragend einfängt. Egal ob Licht, Mimik, Animationen, Trefferwirkung - alles vom Feinsten. Die Japaner präsentieren eine Technik, die locker mit Gears of War 2 und Killzone 2 mithalten kann. Die vielen filmreifen Zwischensequenzen sorgen für beste Popcorn-Unterhaltung und die Kulisse kann vor allem hinsichtlich der Qualität der Texturen und Bewegungen begeistern. Okay, die Wasserdarstellung ist schwach und so manches Tuch bewegt sich nicht bei Kontakt, aber dafür lässt sich alles in seine Einzelteile zerlegen - selbst das Obst, Fernseher oder Flaschen. Und es gibt einige Situationen in unterirdischen Grabkammern und vor allem Bosskämpfe gegen Riesenkreaturen, die schlichtweg atemberaubend sind.
Allerdings vermisst man bei all der Action Marke XXL die subtilen Momente, nicht nur in Form von Horror, sondern auch Rätseln. Es gibt zwar einige Level, in denen man Karten oder Embleme finden und einsetzen oder Hebel in der richtigen Reihenfolge bedienen muss und sogar einen Abschnitt mit einem etwas anspruchsvolleren Lichträtsel, aber unterm Strich ist das zu wenig. Auch böse Überraschungen in ruhigen Momenten sind meist Fehlanzeige: Sobald man einen Abschnitt gesäubert und alle Feinde besiegt hat, signalisiert einem die verstummende Musik, dass es keine Gefahr mehr gibt. Also kann man alles nach vergessenen Gegenständen absuchen. Aber auch in diesen Situationen hätte Capcom etwas mehr anbieten müssen - Rätsel oder Überraschungen. Entweder geht es rasant und packend zur Sache oder es herrscht relative Passivität, da man ja auch nicht aktiv mit seiner Partnerin sprechen kann. Dafür sind die automatisiert ablaufenden Gespräche wiederum sehr gut gelöst worden, denn sie überbrücken oftmals diese leeren Phasen.
Steuerung wie gehabt
Auch aus der luft droht Gefahr: Schon sehr früh treffen Chris und Sheva auch auf geflügelte Monster, die an eine Mischung aus Riesenwespe und Fledermaus erinnern. |
Nicht, dass dieses Spiel zu einfach wäre - oh nein, man kommt schon richtig ins Schwitzen und muss des Öfteren fliehen, obwohl das alles später nachlässt. Irgendwann ist auch die Panik angesichts der Überzahl etwas verflogen und es geht nur noch um den Tanz der Projektile. Und man muss man sich fragen: Hätte das, was in Dead Space oder Silent Hill: Homecoming gut und flüssig funktioniert, nämlich Horror und relative Shooter-Freiheit, hier nicht auch klappen können? Vielleicht, aber innerhalb dieses auf Wellen von Gegnern ausgerichteten Spieldesigns wäre das fatal gewesen. Man hat viel zu früh zu viele Waffen und zu viel Munition - selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad; ab der Mitte des Spiels hat man dann so viel Geld und Wummen, dass man sich vorkommt wie in Call of Duty.
Daher ist es gut, dass wenigstens die Steuerung einen Riegel vor all zu schnelles Ballern schiebt, denn mit den langsam anmutenden Schwenks und der Statik beim Zielen entsteht angesichts der Übermacht mehr Panik. Allerdings hat sich dieses Resident Evil gegenüber dem Vorgänger noch deutlicher Richtung Shooter entwickelt. Capcom hat sogar ein Deckungssystem à la Gears of War eingebaut, das Chris auf Knopfdruck hinter einer Mauer Schutz suchen und daraus zielen lässt.
Jetzt mit Deckungssystem
Dieses System ist jedoch mittlerweile veraltet, denn in diesem Zustand kann man sich nicht mehr bewegen und klebt quasi an der Wand. Auch der Nahkampf wirkt zunächst viel zu statisch: Chris kann lediglich horizontale Hiebe mit der Machete austeilen, die keinerlei Kombinationen oder Variationen zulassen. Und gerade wenn man mehrere Feinde um sich herum hat, vermisst man ab und zu einen Button für Rundumtritte oder schnelle Hiebe. Ich hätte mir ein seitliches Bewegen oder Ausweichen sowie etwas mehr Abwechslung beim Vollkontakt gewünscht; auch so manche hüfthohe Hindernisse kann man nicht überwinden. Man erkennt schon: Irgendwie will das Spiel schnelle Action anbieten, aber beschneidet einen in letzter Konsequenz künstlich. Zahlreiche Zwischensequenzen sorgen für Filmflair: Capcom begeistert mit spektakulären Kamerafahrten und klasse Regie.
Das gleicht Capcom wiederum mit der möglichen Ausnutzung der Trefferwirkung aus: Je nachdem, ob man Arm, Kopf oder Bein getroffen hat, kann man auf den Gegner zu rennen und ihn danach mit Haken, Gerade oder Aufwärtshaken treffen - wer es besonders geschickt macht und von hinten attackiert, kann auch das Genick brechen lassen oder Kombinationen ausführen. Und besonders genial ist bei alle den Kämpfen die Kollisionsabfrage: Man kann nicht nur Waffen aus der Hand schießen, bevor sie der Feind überhaupt nutzt, man kann sie auch selbst aktiv abwehren. Wenn jemand ein Beil wirft, kann man es mit der Pistole treffen und ablenken; man kann sogar Geschosse aus der Armbrust mit einem gut getimeten Messerhieb abwehren - das sind geniale Details, die so kein anderes Spiel bietet. Und genau deshalb suhlt man sich regelrecht in den martialischen Möglichkeiten: Man kann erst Blendgranaten werfen und dann mit dem mächtigen Elektroschocker in den Nahkampf gehen, um erst gegnerische Schilde zu zertrümmern und dann zuzuschlagen. Man kann aus der Distanz mit Scharfschützengewehren den Feind dezimieren und dann auf mittlerer Distanz mit der krachenden Magnum losziehen.
Aber musste man auch noch Boomer-ähnliche Typen mit schweren MGs und Fahrsequenzen mit Geschützgeballer einbauen, die die Grenze zu Gears of War 2 und Killzone 2 und wie sie alle heißen endgültig verwischen? Hier verliert Resident Evil seine Konturen. Und zwar viel deutlicher als der Vorgänger, da man ja fast schon squadähnlich im taktischen Duett unterwegs ist, da man aktiv Deckung nutzt, da man auf gegnerische Spezialeinheiten trifft. Das Ganze wirkt so frappierend ähnlich, dass man in den Abschnitten ein Schild mit der Aufschrift sucht: "Hallo Epic, hallo Guerilla - wir können auch einen Waffenporno mit doppelt Explosivkäse entwickeln!" Dieser Kniefall vor dem Military-Shooter wird zwar aus technischer Sicht hervorragend inszeniert, aber hier verlässt Capcom einfach die charakteristische Tradition der Reihe. Natürlich passen die schnelleren, gut bewaffneten und sogar organsiert vorgehenden Zombies in die Story, denn der mutierte Mensch wurde einfach weiter entwickelt und soll ja als Befehlsempfänger als Terroristen verkauft werden; also muss er militärisch nutzbar sein!
Die wechselhafte Fratze des Horrors?
Andererseits sorgt all das auch dafür, dass das Spiel seine klare Linie und an Charakter verliert. Zu viele Köche verderben den Brei? So ähnlich. Jedes einzelne Gericht schmeckt für sich überaus lecker, aber die Menüfolge ist teilweise irritierend und wenig homogen. Irgendwann hat man fast das Gefühl, dass Capcom einfach nur zeigen wollte, was die potente Engine noch so alles darstellen kann. Und ja, sie verspeist Uncharted und Tomb Raider zum Frühstück und kann Epics Power locker Paroli bieten, denn das Leveldesign ist hinsichtlich seiner verschachtelten Korridore und vielen Überraschungen grandios. Und ja, auch die Abwechslung nimmt man dankbar an. Man spielt und genießt die technische Brillanz, aber man wird nicht mehr so gepackt wie anno dazumal auf dem GameCube. Natürlich hatte Resident Evil 4 den zweifachen Vorteil der grafischen und spielerischen Überraschung, den dieser Nachfolger in der deutlichen Form nicht bieten kann.
Warum hat man nicht versucht, die alten Tugenden der Reihe in moderner Form zu beleben und weiter zu entwickeln? Es gibt unterm Strich zu wenig klassische Rätsel und zu wenig erschreckenden Nervenkitzel, weil man einfach zu viele explosive Argumente hat. Und wenn man ketzerisch wäre, könnte man sagen, dass Gears of War 2 in einigen Momenten mehr Survival-Horror erzeugt als dieses Spiel: Man muss die Laborszenen beider Spiele direkt vergleichen - in Epics Shooter hatte ich eher ein Gefühl der Angst, als die vernebelten Glasbehälter langsam brachen als hier. Nach dem ersten Durchspielen wird der Söldner-Modus freigeschaltet, in dem ihr auf Zeit und für Punkte antreten könnt - inklusive Online-Ranglisten und Splitscreen.
Das geht so weit, dass man später nicht mehr wegrennt, sondern aktiv auf die mutierten Typen zugeht und sie im Nahkampf mit der Stromkeule nieder streckt; die Panik vor der Masse ist im ersten Drittel noch da, aber im zweiten Drittel fast verschwunden: Kommt her, ich mach euch mit Brandgranten platt - davon hab ich zwölf im Gepäck! Ist das ein Beinbruch für den Spielspaß? Nein, denn selbst diese Action macht einen Heidenspaß und spätestens in den - bis auf zwei Ausnahmen- famosen Bosskämpfen kommt man wieder so richtig ins Schwitzen, zumal Capcom hier einige intelligente Kniffe einbaut.
Alternative Steuerung & Inventar
Es gibt insgesamt vier leicht unterschiedliche Steuerungsvarianten: Einmal die aus Resident Evil 4 bekannte, dazu eine Alternative, die die Schulterknöpfe für den Angriff einsetzt, sowie eine, die eine Seitwärtsbewegung (ohne Waffe im Anschlag) über den linken Stick ermöglicht; schließlich verbindet eine Variante die letzten beiden. Schön ist, dass man auch
die Zielgeschwindigkeit in den Optionen anpassen kann - ist die Erfassung über den roten Laser zu langsam, kann man auf "schnell" oder gar "sehr schnell" umschalten. Und besonders komfortabel ist, dass man das Steuerkreuz mit verschiedenen Waffen, Granaten und Heilmitteln belegen kann - sprich: Im Ernstfall muss man nicht das Inventar öffnen, denn es wird nicht pausiert, sondern kann mit einem Klick zur Schrotflinte oder dem rettenden Kraut greifen. Das heilt dann übrigens auch euren Partner. Im Angesicht des Horrors? Optisch ja, inhaltlich über weite Strecken nein - die Action steht ganz klar an Nummer eins.
Sowohl Chris als auch Sheva haben neun Plätze frei, die sehr schnell belegt sind - vor allem wenn man sich schusssichere Westen, Granaten und ein, zwei Waffen mit verschiedenen Munitionstypen einpackt. Und davon gibt es viele, denn je nachdem, ob es mit Pistole, Gewehr, Uzi, Schotflinte oder Granatwerfer zur Sache geht, muss auch anderes Projektilfutter her. All das kann man allerdings in einem endlosen gemeinsamen Inventar verstauen, auf das man vor den Kapiteln oder nach einem Speicherpunkt zugreifen kann. Man kann also immer in aller Ruhe verstauen, austauschen und lagern. Damit gibt es unterm Strich keine Platzprobleme mehr wie in alten Zeiten und auch der Händler des Vorgängers ist passé, da man jederzeit neue Waffen kaufen kann - auch diese Freiheit ist unterm Strich etwas zu groß, zumal mit der tiefkehligen Stimme des Händlers sowie dem Rauskürzen der Schreibmaschine als Speichersymbol auch etwas von der Nostalgie verschwindet.
Schade ist, dass es keinerlei Schmuck-Kombinationen mehr gibt. Man findet zwar zig Arten von funkelndem Klunker und afrikanischen Schätzen, die man sogar als 3D-Modelle betrachten und für viel Geld verkaufen kann, aber diesmal hat man sich die lukrative Kombination gespart, mit der geduldige Naturen drei, vier Edelsteine in ein größeres Objekt platzieren konnten, um es auf diese Art und Weise noch wertvoller zu machen. Es gibt innerhalb des Inventars lediglich die Möglichkeit, Munition und Waffen sowie Heilkräuter zu kombinieren. Außerdem kann man fast alle Wummen in mehreren Bereichen wie Feuerkraft, Ladezeit & Co aufrüsten.
Fazit
Nach 13 Stunden und 13 Minuten läuft der Abspann zu einem Spiel, das mich sehr gut unterhalten, aber nicht begeistert hat. Hätte mich letztes Jahr jemand gefragt, welcher Titel unsere Wertungsgrenze sprengen könnte, dann hätte ich auf Resident Evil 5 getippt. Ich habe den Vorgänger geliebt, weil er auf dem GameCube eine neue Form des Survival-Terrors inszenieren konnte, die grafisch und spielerisch überraschte. Aber an diese Wucht und Düsternis kommt der Nachfolger nicht heran. Und das ist seltsam, denn Capcom inszeniert nicht weniger als ein grafisches Feuerwerk, das die Konkurrenz überstrahlt, und hervorragende Bosskämpfe, die ihresgleichen suchen. Hinzu kommt, dass der frische afrikanische Schauplatz gerade zu Beginn für Panik sorgt, weil man ständig von einer übermächtigen Meute gehetzt wird - diese Momente sind großartig, weil die Masse unheimlich lebendig wirkt. Aber je weiter man spielt, desto weniger meistern die Japaner den Spagat zwischen bedrohlichem Horror und explosiver Action. Letztere überwiegt am Ende so eindeutig, dass man trotz des richtigen (!) Festhaltens an der alten Steuerung von einem Kniefall vor dem Shooter sprechen muss, den der Vorgänger nur andeutete: Man ist immer im sicheren Duett unterwegs, man nutzt Deckung wie in jedem Wald- und Wiesenshooter, man kämpft gegen Spezialeinheiten und dick gepanzerte Typen, die genau so in Killzone 2 oder Gears of War 2 vorkommen könnten. Warum will man so sein wie alle anderen? Warum hat man die grandiosen Lichteffekte nicht für Schreckmomente und Horror im Dunkeln genutzt? Ich gehe gerne mit Capcom auf die Knie, denn dieses Abenteuer macht auch so explosiven Spaß. Unterm Strich sorgen grandiose Kulisse, kinoreife Filme, effizientes Teamplay sowie die erzählerisch gute Einbindung in das Umbrella-Universum für spannende Unterhaltung. Aber das ist einfach nicht die "nächste Generation von Angst", die Capcom versprochen hat. Das ist schlicht und einfach die aktuelle Generation von sehr guter Action - nicht mehr, nicht weniger. Resident Evil 5 ist deshalb nicht das erhoffte Überspiel für mich geworden, weil es seine charakteristischen Konturen selbst verwischt und die Anbindung an seine Wurzeln verliert - manchmal hat man das Gefühl, ein Lost Gears of Devil May Evil zu spielen. Hey, selbst dieser wilde Mix macht richtig Laune! Aber Capcom muss aufpassen, dass man bei all den Explosionen und dem Engine-Gepose nicht irgendwann die Titel im eigenen Hause verwechselt. Jun Takeuchi meinte kürzlich, dass sich japanische Spieldesigner mehr am Westen orientieren sollten. Technisch mag das wichtig und richtig sein, um konkurrenzfähig zu bleiben. Aber inhaltlich sollten die Japaner sich ihrer wertvollen Tradition bewusst bleiben, um den Horror mit Resident Evil 6 in seiner erschreckenden Form fortzuführen. Vielleicht täte der Reihe auch ein Finale à la Metal Gear Solid 4 gut, eine epische Hommage, die die besten Momente der schlurfenden Vergangenheit und die unheimlich lebendige Panik der Moderne in einem Schlusspunkt vereint.
Pro
Kontra
Wertung
360
Klasse Kulisse vor Augen, Panik im Nacken und explosive Argumente in der Hand - sehr gute Action-Unterhaltung!
PlayStation3
Klasse Kulisse vor Augen, Panik im Nacken und explosive Argumente in der Hand - sehr gute Action-Unterhaltung!
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