Nicht zuletzt seht ihr zudem Zwischensequenzen, auf welche die Next-Gen-Entwickler verzichten. Ihr erlebt zwar keinen Sprung aus dem Flugzeug, während ihr den Fallschirm öffnet und steuert ebenso wenig einen Hubschrauber - dafür seht ihr Filmschnipsel, welche die Gratwanderung zwischen Gesetz und Verbrechen in intensive Bilder packen. Besonders klasse: Ein Banküberfall, für den Sam eine U-Bahn mit Vollgas ins Untergeschoss des Gebäudes donnert. Eine krachige Hommage an das Finale in Speed und ein Held, der mit den Worten "Lambert, wir haben ein Blutbad" auf den Boden sinkt. SO wird aus der Geschichte eines Schnüfflers ein Drama! Dazu tragen auch die hervorragenden Dialoge
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Auch auf aktuellen Konsolen schleicht ihr in Ochotsk - diesmal allerdings im Dunkeln. |
bei, in denen Michael Ironside seinen bislang besten Fisher gibt. Die deutschen Mimen erreichen zwar nicht die Klasse der Originalsprecher, agieren aber auf hohem Niveau.
Alleskönner?Im Gegensatz zum 360-Team lösen die Entwickler das Versprechen eines spannenden Thrillers tatsächlich ein. Allerdings versucht Double Agent auf Microsofts großer Konsole, spielerisch auch Einsteiger ansprechen: Indem es Sam ein jederzeit abrufbares Radar spendiert, die Medizinkästen abschafft und dem Agenten Selbstheilung beschert oder statt einer dynamischen Anzeige nur noch angibt, ob ihr gerade sichtbar seid oder nicht. Aber was erwartet euch als Besitzer einer aktuellen Spielekiste?Kurz gesagt: Wenig Neues. Sam schleicht behände wie eh und je, klettert an Rohren entlang, räumt Leichen aus dem Weg, wechselt per Tastendruck in die Ego-Perspektive, aus der er schießen, sich aber kaum bewegen kann und nutzt eine Vielzahl technischer Spielereien wie Nachtsichtgerät, Infrarotbrille, Dietrich, Rauchgranaten, ferngesteuerte Kameras usw. Bereichert wird die Ausrüstung um Bewegungs-Minen, die ihr an Wänden befestigt. Abgesehen von den Mitstreitern, die euch streckenweise begleiten, sowie abwechslungsreichen Ereignissen - in einer späteren Mission überwältigt z.B. ein Gegner den Spion und lässt ihn gefesselt zurück - fühlt sich Double Agent genau so an wie sein Vorgänger. Die Statistik am Ende der Aufträge wurde sogar verkürzt, Wachen geben bei Verhören weniger Informationen als im Vorjahr preis, es gibt bis aufs Knacken von Schlössern und Hacken von Computern keine Minispiele und ihr dürft nicht festlegen, welche Ausrüstung ihr bei euch tragt. Auch das Belohnungssystem, dank dem ihr neue Gadgets nach dem Erfüllen bestimmter Vorgaben erhaltet, fand keinen Weg auf Xbox, PS2 sowie GameCube.
Viel Licht trotz SchattenIst das schlecht? Es ist zumindest enttäuschend, weil Sam bis zuletzt sein Repertoire an Bewegungen um entscheidende Zusätze verfeinern
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Ich musste mich zusammenreißen, um die Bösewichter am Ende der ersten Mission nicht aus Wut und Trauer über den Haufen zu schießen. |
konnte. Das gelingt ihm diesmal nicht. Es zeigt mir aber, weshalb ich Splinter Cell so liebe. Denn wo euch der Next-Gen-Ausflug ans Licht führt, aber keine dem neuen Szenario angepassten Möglichkeiten einführt, funktioniert das Schleichen im Schatten auf dem hohen Niveau des letzten Jahres. Ihr könnt Wachen ablenken, auf unterschiedlichen Wegen vorrücken, die Gegner aus der sicheren Dunkelheit heraus erledigen oder sie umgehen - Sam ist ständig in Bewegung und rückt nicht nur von einer Deckung zur nächsten vor. Zugegeben: Es erscheint nach wie vor unsinnig, dass euch ein Widersacher erst dann erkennt, wenn ihr ihn berührt. Die Freiheiten, welche ihr dadurch habt, öffnen dafür immer noch unzählige Möglichkeiten. Davon profitieren übrigens auch Neulinge, denn Sams Fähigkeiten werden an entsprechenden Stellen in wahlweise abrufbaren, interaktiven Videos erklärt. Ein separates Tutorial ist damit hinfällig. Trotzdem werdet ihr gefordert, denn die Wachen haben spitze Ohren. Ohne umsichtiges Vorgehen entdecken sie euch und im bleihaltigen Duell zieht ihr bekanntlich den Kürzeren. Und da Sam sich nicht wie sein Pendant der nächsten Generation wenige Sekunden nach einem Treffer selbst heilt, sondern auf Medizinkästen angewiesen ist, geht ihr umsichtiger vor als auf der 360.Am Verhalten der Wachen haben die Entwickler ebenfalls nicht geschraubt. Deshalb spaziert ein Gegner im Schatten an Sam vorbei, solange er ihn nicht berührt. Das klappt selbst dann, wenn ihr gerade seinen Kumpel im Schwitzkasten verhört oder an der Wand direkt unter ihm hängt. In Double Agent stecken ganz klar die (kaum voneinander zu unterscheidenden) Wachen aus dem Vorjahr, mitsamt ihren Stärken und Schwächen. Was ihnen meist zum Vorteil gereicht, denn sie gehen bei Feuergefechten in Deckung, umgehen eure Position, leuchten mit Taschenlampen in dunkle Ecken und das Beste: Sie wecken ihre bewusstlosen Kameraden.