Geheimakte 2: Puritas Cordis27.08.2008, Bodo Naser
Geheimakte 2: Puritas Cordis

Im Test:

Nicht aufzuhaltende Erderwärmung, verheerende Naturkatastrophen und tödliche Seuchen - die Welt scheint aus dem Tritt gekommen. Geht es nach der mysteriösen Sekte in Geheimakte 2: Puritas Cordis (ab 9,99€ bei kaufen) sind das alles Anzeichen für die nahende Katastrophe. Und damit sich die prophezeite Apokalypse auch erfüllt, gehen die Dunkelmänner sogar über Leichen. Könnt ihr den Wahnsinn noch stoppen?

Archäologin in Not

Knifflig, knifflig: Irgendwie muss ich doch in den Tempel reinkommen! Es muss einen Weg geben, denn nur so kann ich vielleicht meine Kollegin befreien. Eigentlich ist sie gar nicht meine Kollegin, denn ich spiele Max, der schon in Geheimakte:

Ganz schön knifflig aber doch machbar. Um Sam aus dem Käfig zu befreien, müsst ihr alle Hebel in Bewegung setzen.
 Tunguska vorkam und eine Fotostory über Sam macht. Sie ist Archäologin und hat in Indonesien einen geheimnisvollen Tempel entdeckt. Damit begann eine Kette von Ereignissen, die reichlich seltsam anmutet. Schließlich verschwanden Arbeiter, wodurch die weitere Erforschung unmöglich wurde.

Na ja, als Wissenschaftlerin ist die blonde Sam ohnehin nicht sonderlich glaubwürdig, da sie zu sehr auf Klamotten achtet und sogar aufgebrezelt durchs Grün wandelt, was die Kolleginnen von Indiana Jones für gewöhnlich weniger interessiert. Sam macht eher den Eindruck einer vorlauten Schulfreundin denn einer gedankenversunkenen Spatenakademikerin. Aber ihr Outfit ist erstmal egal: Sam wurde nämlich von dubiosen Typen gefangen genommen, die einer Sekte angehören. Ihr müsst sie nun befreien - also zurück zum Tempelrätsel.

Der einzige Weg, ohne die tumbe Wache aufzuschrecken, scheint durch den unbeleuchteten Tempel selbst zu führen. An der Rückseite befindet sich eine Tür, die von einem Mechanismus geschützt wird. Dieser wird ausgelöst, indem ihr Löcher mit Gegenständen besetzt. In welche Nische gehört was? Dazu passt vielleicht ein Gedicht, das Sam übersetzt hat: Darin geht es um die höchsten Götter, Könige und ihre Untertanen: einen Tauben und einen Obdachlosen. Was hat es damit auf sich? Könnte es die Nacktschnecke sein, die ihr im Garten mittels einer List eingesammelt habt? Fragen über Fragen, die neugierig machen und die Rätsellust wecken.

Choreografie der Rätsel

Die Rätsel sind natürlich das A und O bei Geheimakte 2 und begleiten euch auf Schritt und Tritt durch das idyllisch inszenierte Abenteuer. Bereits beim erfolgreichen Vorgänger haben wir die Knobelkultur gelobt und auch hier ist sie so

Nächtliches Bad gefällig? Auf der Suche nach ihrem Koffer scheut Nina keine Mühen, denn sie will ihr Zeugs wieder. 
spannend und kreativ, dass man kaum davon loskommt. Man überlegt sogar noch außerhalb des Spiels, wie dieses oder jenes funktionieren könnte - und das ist in diesem überlaufenen Genre wirklich selten. Was ist das Geheimnis der Rätsel? Das fängt schon damit an, dass das Spiel eine kontinuierliche Steigerung des Schwierigkeitsgrades meistert, die vielen anderen Adventures abgeht, bei denen alles zu schnell zu schwer wird (Runaway 2) oder zu leicht bleibt (Sam & Max). Alles beginnt ganz simpel damit, dass ihr mit Nina auf dem Kreuzfahrtschiff euren Koffer sucht. Ihr bekommt erste Hinweise, befragt Personal und Gäste und ermittelt schließlich die Ursache, was einen ersten Höhepunkt darstellt.

Der Schwierigkeitsgrad ist immer genau so gestaltet, dass sie mit ein bisschen Knobelei und Kombinationsgabe noch zu schaffen sind. Gut, dem einen oder anderen wird das eine Rätsel vielleicht zu leicht oder auch zu schwer sein, aber das allermeiste ist allein mit gesundem Menschenverstand lösbar. Auf fiese Kombinationen, unfaire Logikaufgaben oder gehirnverbiegende Automaten, bei denen ihr euch die Lösung quasi aus den Fingern saugen müsst, wurde weitgehend verzichtet. Alles ist machbar, es gibt genug Hinweise und vieles ist sogar aus der Szene selbst zu lösen, so dass ihr im Inventar nicht zu viele Sachen rumschleppt - Inventarrätsel bilden sogar den Großteil der Puzzles. Auf Wunsch werden euch übrigens alle Aktionsmöglichkeiten und Ausgänge angezeigt.

Ihr könnt den Charakter wechseln, was ebenfalls Teil der Lösung sein kann. 

Im Tagebuch bekommt ihr auf Wunsch Tipps für die Lösung, die ihr aber kaum braucht. Die Rätsel sind meist lösbar. 
Nötig ist das z.B. bei der Befreiung von Sam. Wem das wiederum zu schwer ist, der kann auf die abgestufte Spielhilfe zurückgreifen, die kleine Tipps gibt. Das geht sogar bis zur kompletten Lösung, wenn ihr im Tagebuch weiterblättert. Allerdings kann man nicht in jeder Spielsituation solche Tipps abrufen.

Die Rätsel sind logisch und durchdacht, was bedeutet, dass es so gut wie keine Dinge gibt, die an den Haaren herbeigezogen erscheinen. Also keine Helden, die plötzlich zu Kunsthandwerkern, Gehirnchirurgen oder Atomphysikern mutieren, obwohl sie dazu nicht das Zeug haben. Hier kann jeder nur das, was allgemein bekannt ist. Sogar ein kleiner Lapsus wie der Einbau eines Motorradmotors in ein Boot durch Nina wird augenzwinkernd damit begründet, dass die Heldin schließlich Motorradmechanikerin sei. Manch ein guter Gegenstand kommt sogar mehrfach zum Einsatz, wie z.B. eine Fahne, die als Netz, als Vorhang oder zur Verhüllung dient. Allerdings gibt es leider keine verschiedenen Lösungsmöglichkeiten für ein Rätsel wie etwa bei Sunrise.

                      

Storyschwächen

Wieso kümmert sich Max eigentlich um Sam? War er nicht mal mit Nina zusammen? Das ist lange her, denn seit dem ersten Teil sind er und die rothaarige Russin nicht nur räumlich getrennt. Ihre Beziehung ging zwischenzeitlich in Hose. "Warum"

Das Treiben der ominösen Dunkelmänner ist nicht sonderlich überzeugend, zumal sie mal wieder die üblichen Ziele verfolgen. Auch die maue Liebesstory reißt es nicht raus.
erfahren wir immer wieder in spärlichen Kommentaren. Um sich abzulenken macht Nina eine Kreuzfahrt, auf der einiges schief läuft. Ruhe findet sie nicht, aber sie lüftet so manches Geheimnis. Sie erfährt Näheres über die ebenso fiese wie humorlose Weltuntergangssekte Puritas Cordis. Im Laufe des Abenteuers bekommen Max und Nina beide neue Begleiter, mit denen was laufen könnte. Finden sie trotzdem wieder zusammen? Die persönliche Geschichte ist in die Verschwörungsstory eingebettet, um die es eigentlich geht, spielt aber kaum eine Rolle. Der Trennungsschmerz wird nur angedeutet, da Max zwar die ganze Zeit ein Foto von seiner Verflossenen mit sich herumschleppt, aber ihr kaum eine Träne nachweint. Auch Nina scheint von ihm die Nase voll zu haben.

Aber auch die Hintergrundgeschichte schleppt sich dahin, da sie trotz realer Anleihen wie Klimakatastrophe & Co nicht sonderlich mitreißt. Leider ist es einmal mehr eine verwirrende Story vom bevorstehenden Weltuntergang, der von den Helden angeblich noch aufzuhalten ist. Sonderlich einfallsreich ist das nicht, da es schon 1000 andere Abenteuer gab, die so eher schlecht als recht in Gang gebracht wurden. Es beginnt zwar alles mit einem Paukenschlag, als im spannenden Intro die ersten Unschuldigen sterben müssen. Da fragt man sich noch, wer hier so skrupellos ist. Aber danach geht es trotz optisch gelungener Zwischensequenzen nicht furios weiter. Eine Geheimorganisation ist spätestens seit Dan Brown bei jedem drittklassigen Thriller obligatorisch. Zudem wird vielleicht zu früh die Katze aus dem Sack gelassen, so dass man schon weiß, wer hinter der Verschwörung steckt.

Lustige Selbstreflexion

Im ersten Teil war Nina ja für ihren eher trockenen Humor berüchtigt, der vielfach nicht so lustig rüberkam. Oft galt das Motto: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Schön, dass darüber nun sogar gewitzelt wird, denn das zeigt, dass die Macher

Trotz der Knobelei kommt der Humor bei Geheimakte 2 nicht zu knapp. Allein der graue David sorgt für wenig Erheiterung. 
sich selbst nicht so bierernst nehmen. Richtig witzig ist es immer dann, wenn sich die eher bodenständige Nina an der spinnerten Ideologie der Sekte stört, die für sie als Tochter eines Forschers Mumpitz ist. Auch akustisch sind das die Highlights der unterm Strich gelungenen deutschen Sprachausgabe. Die Sektenheinis machen sich selbst lächerlich, wenn sie ständig von der bevorstehenden Apokalypse schwadronieren. Für sie ist die Welt natürlich durch und durch schlecht und zum Untergang verurteilt.

Leider bleiben andere Figuren weitgehend farblos, wozu auch Ninas beinahe ständiger Begleiter David gehört. Bereits der Steward auf dem Schiff mit dem amerikanischen Akzent, der nach TV-Shop klang, besaß mehr Feuer als der graumelierte Typ, den ihr zudem mehrmals aus prekären Situationen befreien müsst. Allerdings gibt es in den Nebenrollen immer wieder köstlich verschrobene Typen zu bestaunen, wie etwa den knipssüchtigen Chinesen, der ständig nach vermeintlichen Promis Ausschau hält. Er will unbedingt ein Foto von ihnen. Mit ihnen führt Nina manch spöttisches Gespräch, bei dem ihr leider nur das Thema bestimmen könnte. Fragen aussuchen, wie es sich für Multiple-Choice eigentlich gehört, dürft ihr hier jedoch leider nicht.

Urlaubsszenerie

Auch rein äußerlich entpuppt sich Geheimakte 2 als Fortsetzung, denn die Kulisse ist weitgehend identisch. Es gibt ein paar Verbesserungen, einige Details mehr und auch die bewegten Elemente haben zugenommen, aber die Hintergründe sehen ab

Kein Urlaubsidyll aber immerhin am Meer. Ansonsten ist das Spiel wie eine Reise an exotische Orte, an denen man sonst Ferien macht.  
und an immer noch so unbeweglich aus, als wären sie nur eine Fototapete. Besonders fällt das auf, wenn ihr draußen verweilt, die schön gezeichnete Landschaft bewundert und die Umgebung starr bleibt. Obwohl es keine gescheiten Gesichtsanimationen gibt, sind die 3D-Charaktere lebensecht modelliert - allen voran die grünäugige Nina, der als wohlproportionierte Russin die Männerherzen zufliegen. Obwohl sie kein klassisches Sexsymbol ist, wirkt sie anziehend, zumindest so lange sie keine faulen Witze reißt. Hinzu kommt, dass sie als Charakter auch nicht mehr so oberflächlich wirkt wie noch in Teil 1.

Wie bereits in der Vorschau angesprochen: Beinahe alle Schauplätze, an denen Geheimakte 2 spielt, sind potenzielle Urlaubsziele. Sei es nun die Stadt der Liebe, Paris, der indonesische Dschungel oder die französische Atlantikküste, die ihr dank dichter Anordnung der Räume ohne große Lauferei erkundet. Und es gibt noch ein paar mehr exotische Reiseziele wie ein Luxusschiff, die auf euch warten. Dumm nur, dass die Protagonisten gar keine Zeit für Erholung haben, da sie ständig mit Intrigen und Puzzles beschäftigt sind. So liegen sie nicht am Strand, sondern stranden irgendwo, was sofort wieder in Richtung Survivaltraining abgleitet. Ähnlich wie ein Pauschaltourist erfährt man eigentlich auch gar nix über das Gastland, das man vielleicht ein wenig in die Story hätte einbringen können. Die Idylle dient als bloßer Hintergrund für die spannenden Rätseleien.

          

Fazit

Vergesst die eher schwache Story, denn Geheimakte 2: Puritas Cordis lebt ganz und gar von seinen genialen Rätseln. Es ist ein guter Beweis dafür, dass es wenig mehr braucht als intelligente Aufgaben, um einen Knobelfreund bei Laune zu halten. Das Geheimnis dahinter ist eigentlich keines, denn was Geheimakte 2 macht, könnte auch jedes andere Point&Click leisten, wenn die Entwickler ähnlich kreativ zu Werke gehen würden. Die Rätsel fordern nichts Unmögliches, steigern sich allmählich und kontinuierlich und bieten immer wieder Abwechslung. Alles, was sonst nervt, kommt hier zum Glück nur in homöopathischen Dosen vor: nicht nachvollziehbare Kombinationen, unlogische Einfälle oder öde Lauferei. An die Puzzles dürfen sich auch Neulinge heran trauen, da sie dank durchdachter Bedienung und Spielhilfe nicht verzweifeln müssen - zur Lösung führt meist der gesunde Menschenverstand. Den haben allerdings die Macher vermissen lassen, als sie sich die Story ausdachten. Von einem ambitionierten Nachfolger kann man schon ein wenig mehr als eine abgedroschene Geheimorganisation plus Mystery à la Dan Brown erwarten. Einmal mehr geht es um wilde Verschwörungen, fiese Sekten und verbotenes Wissen, wobei dieses Mal der Klimawandel den Einstieg darstellt. Einfallsreich ist das aber kaum, so dass es auch es auch kein Wunder ist, dass mancher der 3D-Charaktere in seiner Rolle unglaubwürdig wirkt. Auch der angedeuteten Liebesstory gelingt es nicht, da Schwung reinzubringen, da sie kaum eine Rolle spielt. Pepp bringt hingegen der Humor, der zum Glück auch Nina nie verloren geht. So nimmt sich das Adventure selbst auf die Schippe, was wiederum sehr sympathisch ist. Für einen Gold-Award hätte allerdings erzählerisch und technisch etwas mehr drin sein müssen als ein kreativer Rätselcocktail vor teilweise idyllischer, aber auch zu statischer Urlaubskulisse.

Update zur Wii-Fassung, 14. Mai 2009:

In der Wii-Umsetzung hat sich kaum etwas verändert. Die Bedienung hält sich nah am Original: Die Charaktere lassen sich bequem mit der Fernbedienung durch die Kulissen navigieren oder direkt mit dem Analogstick des Nunchuk bewegen. Das Remote-Symbol wirkt als Mauszeiger ein wenig überproportioniert, doch nach kurzer Gewöhnung lassen sich Inventar und Gegenstände genau so gut bedienen wie mit der Maus. Falls jemand anderes miträtseln möchte, kann er übrigens eine zweite Remote aktivieren und auf Objekte deuten. Da die Kulissen recht übersichtlich gestaltet sind, tun Grafik-Abstriche wie die geringe Auflösung dem Spielspaß keinen Abbruch. Dank gelungener Rätsel sorgt Geheimakte 2 also auch auf der Couch für gemütlichen Knobelspaß.

Pro

Liebespaar aus Tunguska
verschiedene Charaktere spielen
durchdachte Rätsel
lösbare Aufgaben
witzige Seitenhiebe
furioser Beginn

Kontra

wenig überraschende Story
Liebesgeschichte bleibt blass
mancher Charakter unglaubwürdig

Wertung

Wii

Auch auf Wii sorgen die durchdachten Rätsel von Geheimakte 2 für unterhaltsames Knobeln.

PC

Ein Adventure im eigentlichen Sinne, da es von seinen gelungenen Rätsel lebt.

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