Im Test:
Hüftsteaks von frei laufenden Aliens
Willkommen auf dem Schlachthof Alienglück. Schön, dass ihr so schnell einspringen konntet, nachdem sich euer Vorgänger zu Tode gelangweilt - äh - spontan ausgewandert ist. Ihr wisst ja gar nicht, wie schwer es ist, heutzutage einen ausgebildeten Hack'n'Slayer zu finden, der das monotone aber traditionsreiche Handwerk des Alien-Schnetzelns noch zu würdigen weiß. Unsere schleimigen Lieblinge aus dem Argentinius-Nebel leben ausschließlich in Bodenhaltung, in ihrem natürlichen Habitat: einer verlassenen Raumstation mit jeder Menge Platz. Dort können sich nach Herzenslust austoben, Säurelöcher in den Boden ätzen und in den Luftschächten Verstecken spielen.
Bevor ihr euch jetzt fragt, ob ihr versehentlich den Test zu Harvest Moon - Friends of Alien Town angeklickt habt: Nein, Alien Syndrome ist keine skurrile Lebenssimulation eines Weltraum-Farmers, sondern ein Hack'n'Slay-Spiel, wie es klassischer nicht sein könnte. Ihr lauft in der Draufsicht durch ewig gleich aussehenden Flure einer Raumstation und ballert und metzelt nicht enden wollende Horden von Gegnern ins Nirvana. Eure Widersacher sehen nicht nur aus, wie frisch aus der Klonmaschine geschlüpft, sondern verhalten sich auch alle gleichermaßen beschränkt. Den Gang durch eine Tür oder um die Ecke haben diese Lebensformen noch nicht erfunden. Statt dessen laufen und schießen sie grundsätzlich in eure Richtung, auch wenn sich eine Wand dazwischen befindet. Leider gibt es auch für eure grauen Zellen kaum etwas zu tun, denn die Flure der Raumstation sind allesamt recht linear aufgebaut. Schlüsselkartenrätsel wie in der Alien-Breed-Serie sind Mangelware, und verlaufen könnt ihr euch kaum, denn dank der Übersichtskarte im HUD findet ihr den idealen Weg in Sekundenschnelle. Achtung, Spoiler: Der Master Chief ist in Wirklichkeit eine Frau. (PSP)
Beschäftigungstherapie
Doch auch derlei simpel gestrickte Action kann für einen Traditionalisten wie mich durchaus reizvoll sein. Allerdings nur, wenn der Schwierigkeitsgrad stimmt und dank einer guten Lernkurve echtes Arcade-Feeling aufkommt. Doch genau das ist bei Alien Syndrome nicht der Fall. Wenn ihr ein wenig auf eure Energieleiste achtet, das temporäre Schutzschild im richtigen Moment einsetzt und ab und zu im Inventar eure Rüstung verstärkt, werdet ihr kaum ins Schwitzen kommen. Es gibt zwar noch zwei härtere Schwierigkeitsgrade, doch bevor ihr die auswählen dürft, müsst ihr euch erst einmal viele Stunden lang durch die kinderleichte Beschäftigungstherapie arbeiten.
Schade, dass solch ein dicker Schnitzer es bis in die Verkaufsversion geschafft hat, denn das Spiel hat auch ein paar Vorzüge. Dank der flüssigen Wii-Steuerung macht es eine Menge Spaß, die Gegner zu umrunden und sie mit dem Flammenwerfer zu grillen. Der Analogstick auf dem Nunchuk lässt eure Heldin in die entsprechende Richtung laufen. Mit der Fernbedienung bewegt ihr ein Zielkreuz, das die Schussrichtung festlegt. Im Laufe des Spiels findet ihr allerlei aufrüstbare Ballermänner in den Levels, die ihr allerdings erst dann benutzen dürft, wenn ihr auch eure entsprechenden Charaktereigenschaften aufgelevelt habt. Zur Wahl stehen euch z.B. Gewehre mit Explosivmunition, ein Granatwerfer, ein Lasergewehr und diverse farbig leuchtende Mistgabeln für den Nahkampf. Für einen schnellen Schlag reicht ein Druck auf die B-Taste. Wollt ihr kräftiger zuhauen, müsst ihr mit der Fernbedienung eine der vorgegebenen Gesten ausführen. Das funktioniert zwar nicht sonderlich präzise, aber immerhin einigermaßen ordentlich. Ein Stoß nach vorne lässt euren weiblichen Master-Chief-Verschnitt z.B. vorschnellen und zustechen. Wedelt ihr nach links oder rechts, gibt es eine Watschen von der Seite, usw. Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wer möchte, darf sich kooperativ mit bis zu drei Freunden durch die Einöde ballern. (Wii)
Ein nette Idee ist die fliegende Drohne, die ihr in hitzigen Feuergefechten als Schild missbrauchen könnt. Außerdem schleppt euch der kleine Helfer euer komplettes Inventar hinterher. Habt ihr all zu viel Zeug gesammelt, dass ihr nicht benötigt, kann euer schwebender Freund den unnötigen Ballast recyceln und in nützlichere Gegenstände wie Munition umwandeln.
Die kleine Schwarze kommt ins schwitzen
In der PSP-Version müsst ihr auf ein paar grafische Details und Animationen verzichten. Außerdem fehlen die belanglosen Minispiele, mit denen ihr in der Wii-Fassung euren Charakter auflevelt. Auf Sonys Handheld steigt ihr einfach automatisch durch fleißiges Metzeln auf und verteilt die gewonnenen Punkte auf die Charaktereigenschaften. Die PSP-Version läuft übrigens deutlich träger ab, wodurch das Spiel noch einfacher wird (ja, das geht wirklich!). Zusätzlich wird die Umsetzung von massiven Slowdowns geplagt. Befinden sich mehr als vier Gegner auf dem Bildschirm, schaltet das Spiel praktisch in Zeitlupe.
Fazit
Erde an Entwickler Totally Games: Wo habt ihr die letzten zwei Jahrzehnte nur gesteckt? Auf diesem Planeten hat sich die künstliche Intelligenz seit Gauntlet jedenfalls weiterentwickelt. Gegner dürfen heutzutage auch andere Dinge tun als nur auf die Spielfigur zuzulaufen, in seine Richtung zu ballern und an Ecken hängen zu bleiben. Als Fan von Actionspielen alter Schule würde ich mich sogar darauf einlassen, wenn das Gemetzel mich wenigstens ein wenig fordern würde. Aber warum zum Kuckuck darf ich zu Beginn nur den lächerlich leichten ersten Schwierigkeitsgrad auswählen? Wozu soll ich mich zuerst stundenlang durch diese monotone Beschäftigungstherapie quälen, die nicht mal sonderlich gut aussieht? Da können auch der Vier-Spieler-Kooperativmodus, die intuitive Wii-Steuerung und all die schönen Rüstungs- und Waffen-Upgrades nichts mehr rausreißen. Also: Finger weg von dieser Schlaftablette!
Pro
Kontra
Wertung
PSP
Langsamere Spielgeschwindigkeit und zusätzliche Slowdowns töten auch den letzten Funken Spaß am Schlachten.
Wii
Viel zu leichtes Fließbandgekloppe mit abertausend grenzdebilen Aliens aus der Klonmaschine.
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