Rock Band14.10.2008, Mathias Oertel
Rock Band

Im Test:

Vor ein paar Monaten gingen wütende Protestrufe durch die Welt der Rhythmus-Spiele. Electronic Arts veröffentlicht Rock Band (ab 2,52€ bei kaufen) exklusiv für die 360, deutlich später als in den USA und im Gegensatz zu Übersee werden Spiel und Instrumentenpack separat verkauft. Doch ungeachtet der Marketing-Entscheidungen und Querelen macht die Musik-Sause einen Heidenspaß. Ein Spaß, an dem jetzt auch Wii- und PS3-Rocker teilhaben können.

Der Sturm der Entrüstung, Teil 2?

Wir erinnern uns: Bereits die Entscheidung seitens Electronic Arts, die europäischen 360-User bevorzugt zu behandeln, traf nicht auf breite Akzeptanz. Dass zusätzlich noch die Entscheidung gefällt wurde, das USA-Bundle bestehend aus Spiel und Hardware aufzuteilen und das Spiel hierzulande nur separat anzubieten, sorgte ebenfalls für starken Gegenwind.

Mit den jüngst veröffentlichten und eigentlich längst fälligen Varianten für andere Systeme gibt es wieder Diskussions-Stoff. Denn während sich 360-User schon den Sparstrumpf für Rock Band 2 (erscheint vorerst wieder exklusiv, ist in den USA aber bereits erhältlich) oder vielleicht sogar Guitar Hero World Tour füllen, stehen Sony- und Nintendo-Fans vor der Rock Band-Wahl. Wenn es eine Hilfe bei der Entscheidungsfindung sein sollte: EA hat offensichtlich aus der Protestwelle der 360-Version gelernt und bietet das Instrumentenpack für PS3/PS2 sowie Wii zu einem "normalen" UVP von rund 140 Euro an. Für das Spiel schlagen nochmals 70 Euro (PS3) bzw. 50 (Wii) Euro zu Buche.

Die PS3 zeigt sich in jeder Hinsicht als identisch zur 360-Variante. Nur die Guitar Hero-Klampfen lassen sich leider nicht verwenden...
Die Endpreise haben jedoch seinerzeit bei der 360-Variante keinen Einfluss auf die Wertungsfindung gehabt und werden auch hier keine Rolle spielen. Hier wie da wird das Gesamtpaket auf Spaß und Umfang überprüft.

PS3: Alles wie gehabt

Auf der PS3 macht es EA mir einfach. Hinsichtlich Inhalt, Umfang und Hardware-Verarbeitung entspricht Rock Band bis auf zwei Ausnahmen der Microsoft-Variante. Diese Ausnahme ist die Gitarre, die auf der 360 noch verkabelt war und hier in kabelloser Ausgabe ihre Aufwartung macht. Darüber hinaus lassen sich mittlerweile dank Patch auch die Guitar Hero-Klampfen an der PS3 verwenden, so dass für das komplette Banderlebnis nicht noch einmal in den Geldbeutel gegriffen werden muss.

Und auch der Rest wurde absolut identisch von der Microsoft- auf die Sony-Konsole gebracht: Der eher spartanische Einzelspieler-Modus z.B., der nur Standardkost abliefert. Im Gegenzug bekommen virtuelle Musiker, die häufiger mit Freunden spielen einen umfangreichen und enorm motivierenden Karrieremodus, dazu die Möglichkeit, seine Figuren zu individualisieren, haufenweise Download-Content in Form von neuen Songs und und und...

Für alle Details, weiter führende Infos etc. möchte ich an dieser Stelle allerdings auf den 360-Test aus dem Mai verweisen.

Wii: Alles bleibt anders

Für Wii-Musiker bleibt das grundsätzliche Spielprinzip vorhanden: Wahlweise als Gitarrist, Sänger, Bassist oder Schlagzeuger könnt ihr euch solo oder mit Freunden als Hobby-Musiker unterhalten und zu über 60 Songs in verschiedenen Schwierigkeitsgraden zeigen, dass ihr der Rhythmus-Virtuose seid.

So weit, so gut. Doch abseits der offensichtlichen Gemeinsamkeiten bekommen Wii-User ein deutlich abgespecktes Gesamtpaket. Solo-Spieler sind davon weniger betroffen, da diese im Wesentlichen eine 1:1-Umsetzung der bekannten, zwar unterhaltsamen, aber unspektakulären Karriere bekommen. Am Instrument eurer Wahl tourt ihr durch verschiedene Clubs, spielt dort ein Set vorgegebener Songs, bewältigt diese und fahrt weiter in die nächste Stadt zum nächsten Club.

Was man allerdings schmerzlich vermisst, ist die Möglichkeit, eine Figur zu kreieren und diese im Karriere-Verlauf mit neuen Klamotten, Instrumenten usw. auszustatten. Dadurch fehlt die Identifikationsmöglichkeit mit dem musikalischen Alter Ego und die gesamte Karriere wirkt -auch im Vergleich zu Guitar Hero 3- sehr gewöhnlich.

Band-Spieler trifft es sogar noch härter. Denn abgesehen davon, dass auch hier keinerlei Identifikation mit Figuren stattfinden kann, verläuft der World-Tour-Modus ebenso linear und spartanisch wie die Solo-Karriere: Ein Club nach dem anderen, in dem ein vorgegebenes Set gespielt werden muss.

Es gibt keine Möglichkeit wie bei den HD-Rock Bands, aus dem nichtlinearen Pool an Auftrittsmöglichkeiten auszuwählen. Und selbstverständlich kann man außer dem Bandnamen keinerlei Personalisierungen durchführen.

Und darüber hinaus wurde auch die Online-Funktionalität wegrationalisiert. Das mag man im Zweifel sogar noch auf die

Das leicht überarbeitete Wii-Dumkit erstrahlt in edlem Weiß!
Hardware und die Infrastruktur abschieben können. Doch angesichts des Activison-Versprechens, das bald erscheinende Guitar Hero World Tour auch auf Wii mit voller Online-Funktionalität auszustatten, wirkt dies armselig.

Dementsprechend gibt es keine Möglichkeit, sich online neue Songs herunterzuladen. Ersatz soll das separat erhältliche Trackpack mit 20 Songs bieten, was angesichts des in die Hunderte gehenden Angebotes im PSN und auf dem Xbox Marktplatz sehr dürftig ist.

Nicht alles mager

Das bedeutet nicht, dass man mit Rock Band auf Wii keinen Spaß haben kann. Vor allem mit mehreren Spielern kommt sehr schnell die gleiche Band-Dynamik auf, die uns schon auf 360 und PS3 begeisterte. Nur in der letzten Konsequenz leider nicht so intensiv wie in HD.

Und gerade hier hätten eigens erstellte Figuren Wunder gewirkt. Denn es macht gleich mehr Spaß, wenn man seine eigens ausgerüsteten, geschminkten, tätowierten und mit Klamotten versehenen Charakter auf dem Bildschirm erblickt an Stelle der vorgerenderten Videos, die im Hintergrund ablaufen und die schnell langweilig werden.

Doch auch so kommt dank der stabilen und gut funktionierenden Hardware Freude auf - allen voran die schneeweißen Drums, die einen stabileren Eindruck hinterlassen als die der allerersten Generation.

Akustisch zeigt man sich natürlich auch von seiner fast besten Seite. Wieso nur "fast"? Ganz einfach: Obwohl man im Vergleich zum (anfänglichen) Mono-Betrieb bei Guitar Hero 3 sofort in Stereo durch die Clubs tingeln kann, wird nicht ganz das Sounderlebnis der HD-Versionen erreicht.

Die einzelnen Song-Spuren sind zwar sauber abgemischt und auch die "Verspieler" werden umgehend und passend eingebunden, doch wie in der gesamten Wii-Variante fehlt es etwas am Drumherum. Denn obwohl das Publikum die Wii-Rocker lauthals und wild rhythmisch klatschend unterstützt, fehlen die Gänsehautmomente, die sich auf 360 und auch auf PS3 immer dann einstellen, wenn das Publikum anfängt, mitzusingen. Dieses Erlebnis fehlt hier leider.

Auch die Gitarreneffekte im "Overdrive" oder bei den Soli klingen nicht ganz so akkurat wie bei den anderen Versionen. Und obendrauf wurde der Wahwah-Effekt gegen das so genannte "Slap Back" ausgetauscht, das aber wie Chorus oder Echo unsauber klingt.  

Fazit

Auf PS3 fällt die Bewertung leicht: Ungeachtet der enormen zeitlichen Verzögerung und dem vergleichsweise kurzen Release vor Activisions Guitar Hero World Tour bekommen kontaktfreudige Sony-Rocker das gleiche umfangreiche Spaßgarantie-Paket wie auf 360 – inklusive aller Mankos. Insofern können die Rhythmus-Fans sofort zugreifen. Auf Wii hingegen ist Rock Band ein zweischneidiges Schwert. Das Grundkonzept mit Band-Dynamik geht nach wie vor auf und ist mit über 60 Songs ein Party-Unterhaltungs-Garant, doch der eingeschränkte Umfang drückt den Spielspaß merklich. Vor allem die auf das vergleichsweise trockene Niveau der Einzelspieler-Karriere zurückgestufte World Tour zieht die Motivation nach unten. Und das Rock Band auf Wii schließlich und endlich sogar an Gold scheitert, liegt an weiteren wichtigen Kleinigkeiten. Dazu gehören z.B. die wegrationalisierte Online-Funktionalität sowie die fehlende Möglichkeit, eigene Charaktere zu erstellen und zu personalisieren. Und obendrauf fehlt auch noch das letzte Quentchen Stimmung in Form einer einwandfreien Akustik. Die mitsingenden Zuschauer auf PS3 und 360 bieten Gänsehautmomente, auf die Wii-Musiker verzichten müssen. Und dass die Gitarreneffekte der Wii-Klampfe nicht nur verändert wurden, sondern darüber hinaus auch noch unsauber klingen, gibt mir den Rest. So ist Rock Band auf der Nintendo-Konsole "nur" noch ein richtig gutes Spiel mit guter bis sehr guter Hardware.

Pro

solide Verarbeitung der Instrumente
gelungener Partyspaß
über 60 größtenteils lizenzierte Songs
umfangreiche Mehrspieler-Karriere (PS3)
umfangreiche Personalisierungsmöglichkeiten (PS3)
Publikum geht aktiv mit (Mitsingen nur auf PS3)
Songliste neu zusammengestellt (Wii)

Kontra

sehr trockener Einzelspieler-Modus
keine Multitalent-Figuren möglich
Benutzer-unfreundliches Charakter-Export-System (PS3)
eingeschränkter Umfang (Wii)
unsaubere Gitarreneffekte (Wii)
eingeschränkter World Tour-Modus (Wii)
keinerlei Online-Funktionen (Wii)

Wertung

PlayStation3

Das Party-Highlight endlich auch auf der PS3. Inhaltlich und technisch eine gelungene Umsetzung, auch wenn die Guitar Hero-Gitarren leider nicht kompatibel sind.

Wii

Dass technisch mit Abstrichen gerechnet werden musste, war klar. Doch auch inhaltlich wurde vom Online-Modus bis hin zur World Tour die Schere angesetzt. Die Band-Dynamik bleibt aber erhalten.

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