Rise of the Argonauts17.12.2008, Mathias Oertel
Rise of the Argonauts

Im Test:

2008 war nicht das Jahr der Action-Rollenspiele. Nicht nur, dass im Vergleich zu den Vorjahren vergleichsweise wenige erschienen. Und diese blieben zumeist hinter den Erwartungen zurück - zuletzt Sacred 2 am PC oder Too Human auf der 360. Doch vollkommen überraschend wirft Codemasters kurz vor Toreschluss einen weiteren Kandidaten in den Kampf. Rise of the Argonauts (ab 8,63€ bei kaufen) möchte beweisen, dass es möglich ist, ein Hack&Slay mit der epischen Wucht à la Bioware zu verbinden.

Unverhofft kommt oft...

Seit der E3, als ich das letzte Mal einen Blick auf Rise of the Argonauts (RotA) geworfen hatte, war es um das Action-Rollenspiel von Liquid Entertainment still geworden. Und dann, urplötzlich, kam von Publisher Codemasters die Meldung, 

Auf der Suche nach dem Goldenen Vlies: König Jason und seine Argonauten - im Hintergrund warten Herkules und Atalanta.
dass das mythologisch angehauchte Hack&Slay mit Rollenspielflair doch noch dieses Jahr veröffentlicht wird. Tja. Gesagt, getan: Das Spiel landete auf meinem Schreibtisch und überschattet von großer Skepsis angesichts der überhastet scheinenden Veröffentlichung landeten die Argonauten in den Laufwerken von 360, PS3 und dem PC -  Vorhang auf für ein wahres Wechselbad der Gefühle.

Enttäuschung auf den ersten Blick

Es begann mit einem neugierigen Blick auf der Redaktions-360. Und unter uns: Nach etwa 30 Minuten war ich alleine im "Room of Doom", nachdem die ebenfalls neugierig mitgekommenen Kollegen abwinkend und kopfschüttelnd bereits vorzeitig den Raum wieder verlassen hatten. Weitere fünf Minuten später habe ich auch die Segel gestrichen. "Das kann doch nicht sein?", schoss es mir durch den Kopf. Wieder und wieder. Die Gründe dafür lassen sich relativ schnell auf zwei Nenner bringen: Deutsche Synchronisation und offensichtliche Probleme der Entwickler mit der zum Einsatz kommenden Unreal Engine. Denn im Gegensatz zu Spielen wie Lost Odyssey, Mass Effect oder Too Human, die ebenfalls alle auf Unreal-Technologie setzen, zickt die Kulisse immer wieder rum - vollkommen gleichgültig, auf welchem System ihr nun spielt.

Abgesehen von den für HD-Systeme erstaunlich niedrig aufgelösten Filmen in den Zwischensequenzen findet ihr die volle Bandbreite an Grafikmacken, die es einem schwer machen kann, ein Spiel zu schätzen und eine innige Beziehung zu ihm aufzubauen: Ruckler (teilweise schwer), Matsch-Texturen, Clippings, das für die Unreal-Engine typische Problem der spät aufploppenden Texturen usw. - dazu auf PS3 auch noch leicht mattere Farben und längst vergessen geglaubte Aliasing-Probeme. Einzig die Figuren setzen sich in dieser Hinsicht ab, ohne allerdings Herausragendes leisten zu können.

Wohlgemerkt: Alles noch innerhalb der ersten 35 Minuten. Doch wie eine bekannte Volksweisheit sagt, soll man ein Buch nicht alleine nach seinem Umschlag beurteilen. Mit anderen Worten: Es sind die inneren Werte, die zählen. Doch selbst an denen zweifelte ich spätestens in dem Moment, als der gewaltige Herkules zu sprechen begann - und mich unwillkürlich an Michael Herbig (aka Bully) erinnerte. Nichts gegen Herrn Herbig, aber seine Stimme ist nicht unbedingt das Sinnbild für ein gestandenes Mannsbild oder gar den Sohn von Zeus. Dabei ist die teils bemerkenswert falsch ausgewählte Sprecherriege nur die Spitze des Eisberges. Die gesamte deutsche Lokalisierung schwankt durchgehend von passabel bis inakzeptabel - sowohl qualitativ als auch inhaltlich. An diesem Punkt war ich bei einer Wertung irgendwo im Niemandsland zwischen 30 und 50 Prozent.

Der zweite Blick weckt Interesse

Da ich hinsichtlich Kloppmist extrem geduldig und leidensfähig bin - und zu diesem Zeitpunkt war ich noch der Meinung, dass RotA zweifellos in diese Kategorie gehört - folgte die Installation auf dem PC, die ich aus reiner Neugier aber auf die englische Sprachversion trimmte. Nach einem wiederum verkorksten Start, da von der nicht konfigurierbaren Maus-/Tastatur-Steuerung absolut abzuraten ist, landete das 360-Pad im USB-Port des Rechenknechtes und es ging zum dritten Mal in die mythische Welt von Jason und seinen Argonauten. 

Zu einem "Sandalen"-Spiel gehört natürlich auch der eine oder andere Gladiatoren-Kampf!
Und tatsächlich begann sich jetzt die erste Neugier einzustellen. Die Kulisse war und ist hier zwar bis auf minimale Ausnahmen keinen Deut besser als auf den Konsolen, doch im englischen Original, das auch auf PS3 und 360 zur Verfügung steht, fühle ich mich nicht permanent genötigt, die Dialoge abzubrechen und wegzuklicken. Ganz im Gegenteil: Die überzeugenden Sprecher wecken mein Interesse, ich finde eine emotionale Anbindung an die Figuren und die spannende Geschichte tut ihr Übriges - übrigens wunderbar unterstützt von den Musik-Kompositionen eines Tyler Bates, der unter anderem in Hollywood für den Soundtrack von 300, Resident Evil Extinction oder auch jüngst Watchmen sowie Der Tag an dem die Erde stillstand verantwortlich zeichnet.

Die emotionale Anbindung an die Story (wohlgemerkt in Englisch) funktioniert sogar, obwohl Liquid sehr freizügig mit den mythischen Elementen umgeht und abgesehen von bestimmten Eckpfeilern nahezu keinen Stein auf dem anderen lässt. Zwar sucht Jason immer noch nach dem Goldenen Vlies, doch der Grund ist nicht mehr der Auftrag seines Onkels Pelias, sondern die Ermordung seiner geliebten Alkmene im Moment ihrer Hochzeit. Er möchte nun das Vlies nutzen, um sie aus dem Totenreich zu retten. Auch die anderen Figuren der Erzählung (mit Ausnahme der auftauchenden Götter) werden größtenteils ihrem mythologischen Kontext entzogen und angepasst. Seien es nun Pan, Achilles, Perseus und Medusa, die Liquid hier kurzerhand zu Kindern der Göttin Athena macht, Medea und selbst das Orakel, das eher an die drei in einer Person vereinten Hexen aus Shakespeares Macbeth erinnert - nichts ist so, wie man es in der Schule gelernt hat.

Auf der einen Seite ist dies natürlich extrem sträflich: Mythologische Stoffe bieten per se schon genügend Spannungspunkte und Fantasie-Anreger. Und ich muss zugeben: Anfänglich habe ich mich an den künstlerischen Freiheiten, die sich Liquid gegönnt hat, etwas gestört.

           

Doch je mehr mir die Gelegenheit gegeben wurde, in die Geschichte einzutauchen, um so interessanter wurde die alternative Sagen-Erzählung, die sicherlich nicht akkurat, aber dennoch erzählerisch stimmig ist. Zumal ich mich eben nicht darauf verlassen kann, was mir der Geschichtslehrer erzählt hat. Auch der Spannungsbogen macht neugierig, obwohl ausgerechnet hier bedauerlicherweise und vollkommen unverständlich Atmosphäre-Punkte auf der Strecke bleiben. In geringem Maße nach den Bosskämpfen, die nach dem finalen Streich plötzlich und unerwartet in eine Filmsequenz übergehen. Und dass, nachdem man die Oberbösen in durchaus ansprechenden und abwechslungsreichen, aber insgesamt 

Zu den euch im Kampf unterstützenden Argonauten gehört auch der Satyr Pan. Leider kann man die Mitläufer niemals selber kontrollieren.
nicht an Titel wie die Devil May Cry-Serie oder God of War heranreichenden Auseinandersetzunegn geplättet hat. Noch stärker allerdings bei einigen der erzählerischen Zwischensequenzen, in denen man die dramaturgischen Möglichkeiten nicht vollkommen ausschöpft. Am deutlichsten ist dies, wenn Schiffkapitän Argos Jason mitteilt, dass sie es beinahe nicht durch die Nebelbank nach Delphi geschafft hätten. Wieso? Was ist auf dem Weg passiert? Wenn Liquid sich die Zeit genommen hätte, diese Fragen zu beantworten, hätte die Spannungskurve einen weiteren Schritt nach vorne machen können.

Zuneigung auf den dritten Blick

Und dennoch kamen sie: Die Momente, in denen ich die Zeit vergaß. In denen ich mich immer wieder dabei ertappte, auf die Uhr zu schauen und "Wie, schon so spät?" zu denken. So etwa, wenn ich mich in der Gladiatorenarena mit dem farbigen Schmied und Erfinder Daedalus unterhalte und etwas über seine Vergangenheit und das Flügelpaar an der Wand erfahre. Oder auch, wenn ich auf der Argo mit der geläuterten Attentäterin Medea ein ums andere Mal in ein Gespräch abtauche.

Das soll nicht bedeuten, dass sich frei nach Hans Christian Andersen aus dem hässlichen Entlein nach einer kleinen Phase des Erwachsenwerdens ein strahlend schöner Schwan entwickelt und RotA auf einmal einen Award-Kurs einschlägt. Dazu finden sich in allen Bereichen zu viele Punkte, die immer wieder auffallen und klar machen, dass selbst eine Wertung im Gut-Bereich nicht möglich ist.

Allen voran die bereits erwähnten Akustik-Probleme der deutschen Version sowie die Kulisse - beides Bereiche, die bis zum Ende der gut zwölf bis 15 Stunden (klickt man die Dialoge weg reduziert sich dies auf ca. acht bis zehn Stunden) nur selten Besserung erfahren.

Doch das Potenzial, das sich in der eingängigen Steuerung, den eingeschränkten, aber berfriedigenden Möglichkeiten im Kampf, dem Verzicht auf ein klassisches Inventar sowie der interessanten Charakter-Entwicklung zeigt, schafft es, mich zusammen mit der Erzählung am Pad zu halten. Ich wollte unbedingt wissen, wie sich die Geschichte weiter entwickelt - zumal ich sie an bestimmten Punkten in Bioware'scher Manier über Dialogentscheidungen beeinflussen kann. Natürlich erreicht man hier niemals die epische Tragweite der Vorbilder, doch für ein Action-Rollenspiel, das eher in Bereichen einzuordnen ist wie Baldur's Gate Dark Alliance, Dungeons & Dragons Heroes oder Untold Legends zeigt sich RotA in dieser Hinsicht durchaus ambitioniert. Auch wenn ich zugeben muss, dass angesichts der Thematik und des mythologischen Hintergrundes durchaus mehr möglich gewesen wäre.

Was allerdings auch beim dritten, vierten oder x-ten Blick nur unwesentlich besser wird, ist und bleibt die Kulisse. Zwar fängt sich der Gesamteindruck irgendwann und pendelt sich auf einem "Ja, passt schon, man gewöhnt sich irgendwann an alles"-Niveau ein, das in Ausnahmefällen sogar mit dem einen oder anderen wuchtigen Panorama andeutet, was möglich gewesen wäre.

Auch wenn ihr hier stilecht gegen die Meduse kämpft: Rise of the Argonauts geht sehr frei mit den griechischen Mythen und Sagen um.
Doch auch die schicken Lichteffekte, das gute Gegnerdesign sowie das in den Kämpfen wild in alle Richtungen spritzende Blut können nicht darüber hinweg täuschen, dass Liquid massive Probleme mit der Unreal-Technologie hat. Klon-NPCs, Kameraprobleme und veraltet wirkende Texturen werden nur noch von den herben Rucklern in den Schatten gestellt, die immer wieder den Spielverlauf stören.

Solides Umfeld

Auch bei vielen anderen inhaltlichen Design-Entscheidungen gibt es Diskussionsbedarf. Dazu gehört z.B. der Wegfall des klassischen Inventar-Systems. Statt auf eine Sammelorgie à la Diablo zu setzen, gibt es nur eine Hand voll Rüstungen sowie in etwa ebenso viele Waffen in jeder der drei Kategorien (Speer, Schwert, Keule), die an bestimmten Stellen in der Geschichte freigeschaltet werden und denen zumeist eine Sondereigenschaft innewohnt.

Ja: Ich hätte mir durchaus mehr Auswahlmöglichkeiten gewünscht, da so auch die Kämpfe aufgewertet würden, die zwar hier und da mit gewissen Finessen wie dem Echtzeit-Waffenwechsel samt Sonderkombo aufwarten, aber meist sehr gleichförmig verlaufen. Was mich aber innerhalb der Genre-Grenzen nicht stört, zumal man hier letztlich mehr Möglichkeiten hat, als man es vom handelsüblichen "Klick&Blöd"-Kloppmist auf dem PC kennt. Allerdings muss sich das größtenteils konventionelle, aber mit aktivem Block ausgestattete Kampfsystem Too Human beugen, dem ärgsten Konkurrenten auf Konsolen, der übrigens auch mit einem abgewandelten mythologischen Hintergrund seine Aufwartung macht.

     

Angesichts des soliden Kampfsystems hätte ich mir allerdings gewünscht, dass man die Möglichkeit hat (oder gar gezwungen ist), mit einem der anderen Argonauten zu kämpfen. Ich kann zwar bei einigen der Missionen entscheiden, wer mit mir unterwegs ist. Doch da dies nur selten Auswirkungen innerhalb der Spielwelt zeigt (so z.B. durch Reaktionen der NPCs), waren hier Tür und Tor geöffnet, die Kämpfe interessanter zu gestalten, an denen die Kameraden ohnehin teilnehmen und gelegentlich das Zünglein an der Waage darstellen. Zumal der mittlere Standard-Schwierigkeitsgrad ohnehin nur selten fordert. Dies ist sowohl der allgemein wie bei allen Titeln dieser Art nur auf Konfrontation programmierten KI zuzuschreiben 

Das Figurendesign ist gut, die Umgebungen sind mit viel gutem Willen akzeptabel - aber herbe technische Mankos wie Ruckler etc. ziehen den Gesamteindruck nach unten.
als auch der Effektivität der Mitläufer. Und wenn alle Stricke reißen, kann ich mich nicht nur auf die zwei Schlagtasten (starker Angriff, schwacher Angriff), sondern auch auf den aktiven Block, den Schildstoß oder den Echtzeit-Waffenwechsel verlassen, der am Ende eines Schlaghagels stehen kann und einen Sonderangriff darstellt, den man gezielt gegen bestimmte Feinde einsetzen kann. Da alle drei Waffentypen (auch in Abhängigkeit von den Götterfähigkeiten) unterschiedlich schnell und unterschiedlich mächtig  reagieren, weht ein Hauch von Taktik über das von Blut getränkte antike Schlachtfeld. Zu guter Letzt kann Jason auch noch die Hilfe der Götter beschwören und so kurzzeitig seine Waffe z.B. mit Sondereffekten versehen oder kleinere Verbesserungen seiner Fähigkeiten aktivieren.

Aus erzählerischer Sicht kann ich absolut verstehen, dass sich die Entwickler auf Jason als Identifikationsfigur konzentriert haben. Doch da man letztlich nur mit einer "Klasse" unterwegs ist und man nicht wie bei Too Human zumindest rudimentäre spielmechanische Unterschiede austesten kann, sinkt der Wiederspielwert - was durch andere spielbare Figuren stark abgemildert hätte werden können. Das ist umso unverständlicher, da durch die umfangreichen Gespräche mit den Argonauten auch die zahlreichen Nebenfiguren klar charakterisiert werden.

Und wieso ich nicht per einfachem Tastendruck auf die Karte zugreifen kann, die mich durch die teils offene Welt suggerierenden, teils engeren lineraen Levelschläuche lotst, bleibt ein Geheimnis. So aber muss ich unnötige Menü-Wege gehen, nur um mal zu schauen, wo das nächste primäre oder sekundäre Missionsziel auf mich wartet.

Die Götter sind gnädig

Dafür allerdings hat sich Liquid hinsichtlich der Charakterentwicklung etwas einfallen lassen, um sich von der genretypischen Erfahrungspunkte-Tretmühle zu lösen: Statt klassischer XP werden euch bei Bewältigung bestimmter Aktionen Heldentaten gutgeschrieben. Diese können einem der vier zur Verfügung stehenden Götter gewidmet werden, wodurch ihr nach und nach innerhalb des jeweiligen Entwicklungsbaumes neue Fähigkeiten (sowohl passiv als auch aktiv) freischalten könnt.

Hier seid ihr aber nicht an eure erste Entscheidung gebunden, sondern könnt die eine Tat z.B. Ares widmen, während ihr die nächste Hermes anbietet. Dabei scheint das Balancing sowohl für Spieler geeignet zu sein, die sich eher polytheistisch sehen und sich in jeder Hinsicht gleichwertig entwickeln  wollen, als auch für die, die hauptsächlich auf eine Gottheit setzen. Wobei man nur die Bäume von zwei Göttern maximal füllen kann, wenn man sich auf diese konzentriert.

Und so finde ich mich schnell in einem kleinen Sog aus guter Erzählung und kampflastiger Action wieder, die von interessanten, aber nur selten fordernden Bossauseinandersetzungen abgerundet wird. Unter dem Strich sogar überraschend viel und gelegentlich unnötiger Erzählung, da die Variationen im Spieltempo von Zeit zu Zeit nicht ganz austariert wirken. Gerade angesichts des "Anspruches" eines Action-Rollenspiels vertendelt Liquid manchmal die in den Kämpfen oder in wesentlichen Plot-Elementen aufgebaute Spannung in unnötigem NPC-Gefasel, bevor es entweder mit der Geschichte oder aber mit der Keule wieder richtig zur Sache geht. 

Auf eurer Reise begegnet ihr auch Titaten wie hier Prometheus...
Schaue ich mir die einzelnen Elemente an, aus denen Liquid RotA zusammen bastelt, schlummert Potenzial an jeder Ecke: Mythologischer Hintergrund, Unreal-Engine, Gore in den Kämpfen (nicht zu knapp), ein eingängiges aber zufrieden stellendes Kampfsystem, Entscheidungen und Konsequenzen in den Dialogen. Alles Zutaten, die mir als Action-Rollenspieler das Wasser im Munde zusammen laufen lassen.

Das Menü, das die Köche bei Liquid aus diesen Zutaten letztlich zusammen gestellt haben, ist zwar geschmacklich in der Lage zu überzeugen. Da aber das Auge immer mit isst, und ein Dinner in einem gediegenen Restaurant auch deutlich schöner ist, wenn man Beethoven hört und nicht Scooter, bleiben hier vollkommen unnötig Punkte liegen.

Oder um ein anderes Bild zu bemühen: In jedem Klassenverband, in jedem Schuljahrgang gibt es mindestens einen Schüler oder eine Schülerin, mit der man nix zu tun haben möchte. Zu unattraktiv, zu komisch, zu streberhaft sind meist die Argumente, die einem entgegen geworfen werden, wenn man den Fehler macht und fragt, wieso er oder sie denn als einzige(r) nicht zur Party eingeladen wurde.

Und dann kommt man auf dem Schulhof doch mit ihr oder ihm ins Gespräch - und stellt fest, dass man eigentlich auf einer Wellenlänge liegt und man mit ihm (ihr) eine Menge Spaß haben kann. Allerdings weiß man auch genau, dass man nach der Schulzeit den Kontakt verlieren wird.

Rise of the Argonauts ist genau dieser Schüler: Ein bisschen anders. Ein bisschen schräg. Ein kleines bisschen Risiko, wenn man zugibt, sich dafür zu interessieren. Doch im Kern herzensgut und in kleinen Dosierungen immer wieder eine interessante Alternative zu den Freunden, mit denen man sonst unterwegs ist. Aber eben auch nichts für eine dauerhafte Bindung...     

Fazit

Rise of the Argonauts ist so etwas wie das hässliche Entlein - das allerdings auch als Schwan mit Makeln behaftet bleibt. Oder auch der Mitschüler, der immer ein kleines Stückchen außerhalb des Klassenverbandes steht - ihr werdet euch sicherlich erinnern. Man kann zwar Pferde mit ihm stehlen, wenn man ihn näher kennengelernt hat, muss sich dann aber die höhnischen Kommentare der übrigen Mitschüler anhören. Und auch wenn es kaum einer zugeben wird: Man kann ähnlich wie in Too Human Spaß mit dem Mythen-Mix haben. Erzählerisch sogar mehr als mit dem nordisch-futuristischen Abenteuer von Silicon Knights, was größtenteils der spannenden, wenngleich recht freizügig mit dem Original spielenden Story (Heinrich Schliemann dreht unaufhörlich seine Runden im Grab) sowie den im Ansatz Bioware'schen Dialogen samt Entscheidungen zuzuschreiben ist. Bedauerlich ist allerdings, dass es das Team von Liquid Entertainment nicht geschafft hat, die Unreal Engine in den Griff zu bekommen, womit man im Gegenzug deutlich hinter Too Human zurück bleibt. Gebeutelt von Rucklern, allerdings mit teils coolen Lichteffekten ausgestattet, steht sich die Engine immer im Weg: Der Gesamteindruck zeigt von "naja" bis "passt schon"  alle Facetten, die für sich alleine allenfalls eine ausreichende Wertung nach sich ziehen würden. Und obendrauf tendiert die deutsche Synchro Richtung "unterirdisch": Teils vollkommen falsch besetzt (siehe Herkules), teils unpassend übersetzt und dazu auch noch unsauber abgemischt, wird hier die Atmosphäre vollkommen unnötig nach unten gezogen. Wer die Konsole auf Englisch stellt bzw. am PC die englische Installationsroutine wählt, hat zwar keine bessere Technik, aber die wesentlich bessere Gesamtstimmung, die für mich sogar die technischen Defizite übertünchen konnte. Dass man leider außer Jason keine anderen Argonauten aktiv in den Kampf führen kann, ist erzählerisch nachvollziehbar, aber spielerisch eine weitere verschenkte Chance. Denn so hätte das solide, aber auch nicht alle Register ziehende Kampfsystem deutlich aufgewertet werden können. Unter dem Strich zeigen sich viele interessante Ansätze, die es leider versäumen, das Potenzial auszuschöpfen.

Pro

eingängiges Kampfsystem
spannende Geschichte…
gelungene, übersichtliche Charakter-Entwicklung
stimmungsvolle Musik
das gute Dialogsystem verströmt Bioware-Flair
Entscheidungen haben teilweise Konsequenzen
passable Bosskämpfe
interessante Charakterzeichnung von Jason und den Argonauten

Kontra

schwache deutsche Synchro
… die sich aber nicht an den Sagenmythos hält
Ladezeiten (vor allem 360 und PS3)
grafisch deutliche Schwächen
keine anderen Argonauten spielbar
Steuerungsdefizite ohne Pad (PC)
Karte nicht schnell zu erreichen, keine Minimap

Wertung

360

Die Argonauten sind eine ambitionierte Bereicherung für das weitestgehend brach liegende Action-Rollenspiel. Erzählerisch richtig gut, aber technisch mit einigen Macken.

PC

Erzählerische Kunst mit einem Hauch Bioware und handfeste Action stehen technischen Mankos gegenüber. Am Ende siegt die Dramaturgie über Umsetzung.

PlayStation3

Hier kämpft Jason nicht nur gegen Minotauren, sondern die spröde Technik gegen eine spannende Erzählung. Ein ambitioniertes Action-Rollenspiel, dem der große Wurf verwehrt bleibt.

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