PDC World Championship Darts 200802.05.2008, Jens Bischoff
PDC World Championship Darts 2008

Im Test:

Steht ihr auf vermeintlich sportliche Wettkämpfe zwischen dicken Männern vor Publikum? Nein, ich meine nicht Wrestling, sondern Darts! Wenn ja, dürfte es euch vielleicht interessieren, dass Oxygen Games den populären Kneipensport mit aktueller PDC-Lizenz einmal mehr fürs Wohnzimmer anbietet. Nicht als Scheibe oder Automat, sondern als Videospiel. Doch braucht man so etwas überhaupt?

Fragwürdige Daseinsberechtigung

Eine Dart-Simulation für PC und Konsolen ist ja schon an sich eine mehr als fragwürdige Sache. Wie will man mit Maus oder Gamepad auch nur annähernd realistisches Wurfverhalten simulieren? Wer nicht gerade mit einer körperlichen Behinderung oder hoffnungsloser Grobmotorik behaftet ist, wird mit einer echten Dart-Scheibe definitiv weit mehr Spaß haben.

Virtuelles Pfeile werfen gegen unförmige Engländer: Noch witzloser als es klingt...
Die Anschaffung wäre auch kaum teurer. Für 30 (PC & PS2) bzw. 50 Euro (Wii), die PDC 2008 kostet, bekommt man nämlich schon ganz ordentliche Komplettpakete oder Automaten, die einem dann sogar auch noch das Punktezählen abnehmen...

Gut, die hoffnungslos überteuerte Wii-Fassung bietet zumindest eine interessante, im Ansatz sogar halbwegs realistische Bewegungssteuerung. Aber ein Ersatz für echtes Darts ist auch sie nicht. Zudem ist es anfangs ziemlich gewöhnungsbedürftig rein mit grafischem Feedback passende Wurfbewegungen auszuführen und dabei nicht aus Versehen die Remote gegen die Glotze zu schleudern. Mit etwas Übung klappt das Ganze zwar recht passabel, ein gewisser Glücksfaktor bleibt aufgrund der teils zweifelhaften Bewegungserkennung aber bestehen. Noch übler ist das Werfen via PC-Maus - präzise Würfe sind hier fast reine Glückssache. Alternativ kann man aber auch mit dem Analogstick eines Gamepads oder dem des Nunchuk werfen, was überraschend gut und präzise funktioniert, aber mit echtem Darts kaum noch etwas zu tun hat.

Fragwürdiger Inhalt

Wen das alles nicht weiter stört, der darf sich zumindest auf 16 Lizenzprofis, 7 authentische Turnierschauplätze sowie englische Originalkommentare von TV-Moderator Sid Waddell und Schiri Bruce Spendley freuen. Wer nicht so auf dicke Engländer, Holländer und Kanadier oder offizielle PDC-Turniere steht, kann sich via Editor auch selbst einen Dart-Profi basteln und eigene Turniere und Ligen für bis zu acht menschliche Teilnehmer zusammenstellen. Schade nur, dass ihr dabei lediglich unspektakuläre Standardspielarten wie 301, 501 und 701 wählen dürft. Wer es etwas ausgefallener mag, kann sich im separaten Partymodus für maximal vier Spieler aber auch an Shanghai, Around the Clock, Cricket und anderen wesentlich unterhaltsameren Spielvarianten austoben - allerdings nur, wenn ihr gerade ein paar Freunde zur Hand habt, denn die KI-Gegner verweigern hier aus welchen Gründen auch immer jegliche Teilnahme.

Solisten dürfen sich hingegen im Karrieremodus versuchen, wo neben den offiziellen Turnieren auch Schaukämpfe und Trainings-Sessions auf dem Programm stehen.

"Eine Runde Shanghai oder Cricket?" - "Nicht mit mir", sprach es und zog dämlich grinsend Leine...
Die Präsentation ist aber wie in allen Spielmodi äußerst mickrig, die Grafik mit ihren plumpen Charaktermodellen, dürftigen Animationen und zuckelnden Zuschauertapeten alles andere als zeitgemäß und die Soundkulisse Minimalismus pur. Auch die spärlichen englischen Kommentare wiederholen sich schon nach kürzester Zeit, während das Publikum gerade mal drei Audiosamples spendiert bekam. Der PC-Version konnten wir mit unserem Testrechner trotz Ausschöpfen sämtlicher Konfigurationsmöglichkeiten sogar überhaupt keinen Ton entlocken...

Wen die billige Aufmachung nicht juckt, dürfte aber zumindest eine Anpassung der KI vermissen. Es gibt zwar drei Schwierigkeitsgrade, diese beziehen sich allerdings nur auf die Schwierigkeit der eigenen Wurfausführung. Neulinge dürften daher selbst im Amateurmodus schnell verzweifeln, wenn die CPU-Gegner sie ohne mit der Wimper zu zucken an die Wand spielen. Mit einer ruhigen Hand und etwas Übung, macht man zwar schnell Fortschritte, variable KI-Stufen wären aber dennoch wünschenswert gewesen. Genauso wie ein gedrucktes Handbuch, das es leider nur für PS2- und Wii-Spieler gibt. PC-User bekommen stattdessen nur eine mickrige PDF-Datei auf CD, die sie bei Bedarf selbst ausdrucken müssen - und das ohne jeglichen Preisvorteil...       

Fazit

PDC 2008 hat eigentlich nur einen Konkurrenten, der dem Titel allerdings in allen Belangen haushoch überlegen ist: Echtes Darts! Warum sollte sich jemand für 30 (PC & PS2) oder gar 50 Euro (Wii) eine mehr als zweifelhafte digitale Umsetzung seines Lieblingssports nach Hause holen, wenn er für das gleiche Geld auch eine richtige Scheibe mit Pfeilen oder gar einen Automaten haben kann? Lediglich Spieler mit körperlicher Behinderung oder ohne potentielle Mitspieler hätten einen Grund das virtuelle Pendant vorzuziehen. Doch auch diese dürften enttäuscht sein, wenn sie herausfinden, dass sie ohne menschliche Mitspieler nur einen Bruchteil der verfügbaren Spielvarianten nutzen können, da die CPU-Profis nur 301, 501 und 701 sowie eine KI-Stufe beherrschen. Auch sonst wird in jeder Hinsicht nur spartanische Standardkost serviert. Das Interessanteste an PDC 2008 ist ohne Frage die Bewegungssteuerung der Wii-Version, der man wenigstens ansatzweise so etwas wie Realismus attestieren kann. Allerdings muss man auch hier Abstriche machen. Holt euch lieber eine echte Scheibe oder geht mit ein paar Kumpels in die nächste Kneipe mit Dart-Automat als Zeit und Geld mit PDC 2008 zu verschwenden. Es sei denn, ihr steht auf bierbäuchige Engländer, die aussehen als wären sie Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett entsprungen...

Pro

Originalprofis, -turniere & -kommentatoren

Kontra

billige Präsentation & Technik
keine KI-Anpassungen möglich
teurer & öder als eine echte Dartscheibe
viele Spielarten nur im Multiplayer verfügbar

Wertung

PC

Ohne Analog-Pad Finger weg - aber auch sonst reichlich witzlos.

PlayStation2

Einfache Handhabung, aber völlig spaßfrei.

Wii

Interessante Steuerung, aber viel zu teuer und öde.

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