Risen02.10.2009, Jörg Luibl
Risen

Im Test:

Im Herbst 2006 hat eine börsennotierte Bugwelle ein Spiel namens Gothic 3 (4P-Wertung: 68%) mit voller Wucht erwischt und einen Mythos hinweg geschwemmt. Im Winter 2008 tauchten dann noch einige Trümmer auf, die JoWooD als Götterdämmerung (4P-Wertung: 20%) verkaufen wollte. Aber aus Fehlern kann man ja lernen. Vor allem, wenn man den Publisher wechselt, die Qualitätssicherung ernster nimmt und sich auf seine Stärken besinnt. Ist Piranha Bytes auferstanden aus Ruinen? Kann Risen (ab 3,20€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) als Rollenspiel überzeugen?

Trümmer am Strand

Der namenlose Held wacht ohne Erinnerungen an einem Strand auf. Was ist passiert? Innerhalb der vier Kapitel müsst ihr Antworten finden.
Spielepolitisch ist das ein passender Einstieg: Da landet ein namenloser Held als Schiffbrüchiger an einem Strand, um ihn herum nur Trümmer und Tote. Und all das, weil angeblich die Götter die Menschen verlassen haben, bevor eine dunkle Flutwelle alles bisher da Gewesene hinfort gerissen hat. Das apokalyptische Ergebnis zeigt sich in Form von mysteriösen Ruinen, die nach der Katastrophe wie marmorne Pilze aus dem Boden schießen und aggressive Kreaturen ausspucken. Man berichtet auch davon, dass Menschen langsam krank werden. Was ist nur geschehen?

Das ansehnliche Intro deutet auf einen bedrohlichen Konflikt: In seinen nebulösen Erinnerungen kämpfte ein Glatzkopf mit rot glühendem Auge gegen einen riesigen Dämon, der wie ein Berg aus dem Meer aufragte und auf sein Schiff zustampfte. Danach wurde alles hinweg gespült. Und es bleiben viele Fragen. Wer ist man eigentlich? Was hatte man auf dem Schiff zu suchen? Wer war der Mann mit den magischen Kräften? Wo ist der Dämon jetzt? Und wieso bebt die Erde?

Auch wenn der Gedächtnisverlust als Einstieg in ein Rollenspiel so erfrischend ist wie der Zweite Weltkrieg als Shooterschauplatz: Die ersten erzählerischen Köder sind ausgelegt und man beginnt ein langes, teilweise unheimlich lebendiges, teilweise unheimlich langatmiges Abenteuer, das in vier qualitativ stark schwankende Kapitel unterteilt ist - das Reiten wie etwa in Two Worlds ist übrigens nicht möglich, aber für Ungeduldige gibt es zwischendurch Teleporter.

Exotisches Inselflair

Die erste Erkundung weckt die Vorfreude: Die Landschaft überzeugt auf dem PC mit lebendiger Flora und schönem Licht.
Zunächst ist man angetan vom karibischen Flair: Die Sonne lacht über riesigen Palmen, während die Brandung im Rücken des Helden rauscht. Diese exotisch anmutende Landschaft weckt die Vorfreude und das gute grafische Niveau wird auch später im Inselinneren gehalten: Freut euch auf eine lebendige Flora, auf eine weiß gekalkte Hafenstadt mit schäumender Gischt, ein Lager in vernebelten Sümpfen, eine stattliche Bergfestung samt Vulkan und vor allem sehr schönes Licht, das im Morgengrauen angenehm diesig durch den üppigen Urwald bricht.

Ein Tag in der virtuellen Spielwelt entspricht etwa zwei Stunden echter Zeit und wer nachts unterwegs ist, wird in den Wäldern auf schlafende Tiere und streunende Monster treffen. Die sind lange nicht so weitläufig wie in The Elder Scrolls IV: Oblivion , es gibt weniger Rätselhaftes abseits der Storypfade zu entdecken und die Entwickler haben so viele mächtige Monster am Wegesrand platziert, dass man zunächst wie auf Schienen durch Wildnisschläuche stromert. Natürlich erreicht man im Detail nicht die bis zum Kieselstein polygonisierte Dschungelpracht eines Crysis , aber Büsche und Sträucher wiegen sich sanft im Wind, es gibt zig Kräuter und Pilze, Felsen wirken plastisch und moosig.

Ein Glatzkopf für alle

Risen besticht mit seinem mediterranen Flair.
Wenn man mit dem Mausrad näher an einen Baum heran zoomt, erkennt man immer noch die tiefen Furchen der Rinde und am Horizont locken die schroffen, in der Distanz jedoch weich gezeichneten Berge. Nur das teilweise klobige Figurendesign samt der steifen Animationen, die zunächst einladenden, aber auf lange Sicht eintönigen Katakomben sowie die karge, sich wiederholende Gestaltung der Innenräume mit den immer gleichen Bildern, Klamotten etc. können diese Qualität nicht halten. Und die wankelmütige Kulisse ist nur ein Bereich, in dem Risen mal imponiert und mal frustriert.

Das Spiel beginnt in der Schulterperpektive, man kann dabei angenehm zwischen einer nahen und etwas ferneren Perspektive scrollen. Schade ist, dass es keine Möglichkeit gibt, den Charakter hinsichtlich seiner Grundwerte oder des Aussehens anzupassen - eine individualisierte Geburt findet nicht statt. Jeder startet mit einem schlanken, grimmig drein blickenden Mann im kahl rasierten Zeitgeist, der als austauschbarer Typ auch locker in Splinter Cell oder Call of Duty auftauchen könnte. Wer ein etwas anderes, und zwar das in einem früheren Entwicklungsstadium für unpassend befundene Gesicht, haben will, muss freiwillig zur Xbox 360-Version greifen; dort werden aktuelles Gesicht und gute Grafik hoffentlich per Patch nachgeliefert. Ja, richtig gelesen, das war eine Warnung an alle Konsoleros.

                

Schlechte Portierung für die Xbox 360

Auf der Xbox 360 kann Risen nicht überzeugen - die Texturen sind deutlich schwächer als auf dem PC, es gibt Pop-ups in der Landschaft und eine geringere Sichtweite. Hier das Video der ersten zehn Minuten auf der Xbox 360.
Das Spiel wird zwar etwa doppelt so schnell auf der Festplatte installiert und läuft bis auf das Stocken beim automatischen Speichern flüssig, aber es ist in diesem Zustand nur für genügsame Couch-Helden geeignet. Es sieht zwar nicht so übel aus wie anno dazumal Two Worlds , aber hinsichtlich der Texturen ist es eine Klasse schlechter als am PC; es hat auch eine geringere Sichtweite, leidet unter plötzlich auftauchenden Lanfschaftsdetails, seltsamen Schatteneinblendungen an Mauern sowie fehlender HD-Optimierung - wer die verzerrten Beschreibungstexte in den Menüs entziffern will, braucht eine Lupe. Außerdem ist es ein Unding, dass man die Empfindlichkeit des Analogsticks nicht einstellen kann: Im Kampf gegen mehrere Gegner kann einem bei rasant rotierender Kamera schon mal schwindelig werden.

Gothic 3 , ick hör dir trapsen? Nein, nicht ganz. Man kann sich natürlich an die technischen Defizite gewöhnen und diesmal geht es nicht um eine Bugwelle, aber so richtig abtauchen will man nicht. Warum wartet man bei einem so wichtigen Titel nicht, bis er wirklich für eine Plattform poliert ist? Hat man beim neuen Publisher Koch Media nicht aus dem alten JoWooD-Debakel gelernt? Warum nutzt man nicht die volle Power der Konsole, indem man fähige Leute mit der Portierung betraut? Man darf nicht vergessen, dass man auf der Xbox 360 grafisch beeindruckende Spiele wie Mass Effect und Fable II gewöhnt ist! Dagegen wirkt dieses Risen wie die letzte Generation. Kein Wunder, dass man sich an den Realease in Amerika erst 2010 wagt, denn so hinterlässt made in Germany eine denkbar schlechte Figur.

Aber zurück zur wesentlich besseren PC-Version, die im Gegensatz zu Gothic 3 weder Probleme mit marodierenden Wildschweinhorden noch mit größeren Bugs hat; das ist diesmal ein grundsolides Spiel. Die Tiere in der Wildnis sind zwar stark, werden aber von Wachen nieder gemacht, wenn man sie zu Siedlungen lockt - man kann diesmal nicht so einfach Landstriche säubern. Es gibt lediglich einige sporadische Grafikfehler wie z.B. zwei vollkommen ineinander verschmolzene Figuren, die wie siamesische Zwillinge auf einem Fleck stehen, oder Kämpfer, die irgendwo hängen bleiben, bei einem Gefecht mal einen Meter eine Wand hoch geschoben oder per einfachem Pfeilbeschuss viel zu weit weggeschoben werden. Unterm Strich sind das aber alles Peanuts, die man angesichts der gelungenen Atmosphäre verschmerzen kann.

Die dumme Sara

Das erste Gespräch des Abenteuers führt ihr mit einer Frau namens Sara. Sie dient quasi als Tutorialcharakter.
Der Held ist trotz Gedächntnisverlust und armseliger Ausrüstung noch reich an Tatendrag: Kaum erwacht, findet er eine bewusstlose Frau namens Sara. Ist die Dame nach der Flutwelle mutiert? Oder wie kommt es zu diesen seltsamen Proportionen im Vorbau? Müsste man nicht eine Kette am Top befestigen, damit es hält? Nichts gegen große Brüste, aber dann designt sie doch bitte so, dass sie wenigstens authentisch aussehen! Wie viele Frauen arbeiten denn bei Piranha als Grafiker? Hier beginnt jedenfalls das schwache Tutorial, denn die Lady gehört auch aufgrund ihrer blödsinnigen Kommentare zu den nervigsten Figuren der Spielegeschichte: "Schlag mich nicht!" schreit sie eine nahende Stachelratte an und "Das war super!" freut sie sich, wenn man einen Seegeier trifft. Wenn da zu Beginn ein rätselhafter Zauber war, dann ist er spätestens jetzt verflogen.

Hinzu kommt, dass man in diesen ersten Gesprächen gnadenlos auf die veraltete Mimik und Gestik stößt: Nicht nur sie bewegt ihre Arme wie eine Gelenkpuppe und spricht die Texte selten lippensynchron - so ist es bei allen Nebenfiguren. Ärgerlich ist auch, dass man bei so wenigen Frauen im Spiel auch noch welche klonen muss; Saras Zwillingschwester Anika wartet gleich in der Hafenstadt. Aber auch die männlichen Gesichter begegnen einem häufiger als einem lieb ist; hier hätte man sich einfach mehr Mühe geben und mehr individuelle Charaktere gestalten müssen. Schön ist, dass man je nach Handlung erzählersiche Konsequenzen bemerkt: Wer Sara nicht beschützt oder keine Hilfe organisiert, darf später über ihren Tod trauern - sehr schön, ich habe einen extra Krautstängel auf sie geraucht.

Fanatiker gegen Anarchisten

In der Vulkanfestung werden die künftigen Stabkämpfer des Inquisitors ausgebildet.
Das Spiel selbst hat durchaus Charakter und kommt nach dem kurzen Tutorial richtig gut in Fahrt, obwohl die heikle politische Situation quasi im zweiten Gespräch an einem verlassenen Haus komplett enthüllt wird: Der Inquisitor hat mit seinen "Weißen", an asiatische Kampfmönche erinnernde Anhänger, die absolute Macht über die Insel, nutzt das rigoros aus und hat gerade ein Ausgehverbot ausgesprochen. Die Magier folgen ihm, weil er angeblich das drohende Unheil abwenden kann. Lediglich die anarchistischen Banditen pfeifen auf den Fanatiker und wollen frei bleiben.

Der Gestrandete kann weder mit Schwert, Axt oder Bogen richtig umgehen, hat weder von Magie oder Alchemie eine Ahnung. Man startet also erneut als unbeschriebenes Blatt. Und das kann sich wie in den alten Gothic-Abenteuern nur füllen, wenn man über Kämpfe oder Quests Erfahrung und damit Lernpunkte sammelt sowie einen entsprechenden Trainer findet. Neben sechs körperlichen Werten wie Lebenspunkte, Stärke oder Geschick gibt es fünf Kampfkünste von Stab, Schwert und Axt bis hin zu Armbrust und Bogen sowie die vier Bereiche Kristallmagie, Runenmagie, Alchemie und Schmiedekunst . 

           

Der namenlose Held

Edel und übersichtlich: Man hat alles Werte und Fähigkeiten im Blick.
Dieses System hat zwar seine Vorteile, denn es ist offen und man kann alles mischen, aber es erlaubt keine markanten Karrieren, zumal es sehr beschränkt aufgebaut ist: Magier können mit magischem Geschoss, Feuerball und Frost gerade mal drei Sprüche entwickeln. Das wird allerdings durch Licht- und Schutz-Spruchrollen wieder etwas ausgeglichen - es ist später sogar möglich, einen kämpfenden Begleiter zu beschwören oder sich mit der Nautilusverwandlung so klein zu machen, dass man durch enge Löcher kriechen kann.

Genug Lernpunkte vorausgesetzt, bringen Trainer einem gegen Gold bei, wie man seine Stärke um 1 oder 5 erhöht, die Armbrust benutzt, schleicht oder Schlösser knackt - sehr schön ist, dass ihr Standort auf den Karten angezeigt wird. Es gibt auch Alternativen, um sich zu entwickeln: Wer Bücher liest, kann Weisheit gewinnen, wer Kräuter wie Wichtelkappen oder Druidenschierling isst, gewinnt Geschicklichkeit oder einen Lebenspunkt. Verflixt, der mächtige Bogen des Jägers ist erst ab 25 Geschick nutzbar? Und ich habe 11? Dann muss ich da investieren...

Obwohl es also auch theoretisch die arkane Faktion gibt, hat man praktisch nur zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt sich rekrutieren, um den eleganten Kampfstab plus Magie für den Inqusitor zu erlernen oder man schlägt sich bei den Banditen durch, um mit Axt und Schwert eher rustikal zuzuschlagen. Je nachdem, für wen man sich entscheidet, bieten sich andere Trainer und damit Entwicklungen an, aber die Unterschiede halten sich in Grenzen; Taschendiebe und Einbrecher sollten natürlich eher bei den Banditen in die Ausbildung gehen. Aber im Gegensatz zu The Elder Scrolls IV: Oblivion ist das Angebot an Schauplätzen für Langfinger & Co überschaubar: Eine Stadt, ein Lager, eine Festung - das war's.

Die Lage ist klar

Schwimmen kann der Held genau so wenig wie reiten - und wer sich zu weit ins Wasser wagt, wird von diesem Wurm geschnappt.
Man weiß jedenfalls sehr früh, was auf der Insel wo Sache ist. Und das ist ein dramaturgischer Fehler, denn es wäre besser gewesen, den Spieler erst mal etwas auf eigene Faust recherchieren und Neues entdecken zu lassen - so wird man schnell zum Laufburschen der Fraktionen. Es gibt nach einer Stunde nur noch ein großes Geheimnis: Die seltsame dunkle Welle, die das Land erschütterte und all die Ruinen hervor brachte. Es kommt gelegentlich zu kleinen Beben, die allerdings nicht immer überzeugend inszeniert werden. Während es in den Höhlen noch angenehm von der Decke rieselt, fühlt sich das Ganze in der freien Natur an wie ein Kamerafehler, zumal der Held keinerlei körperliches oder akustisches Feedback wie ein Schwanken oder einen verwunderten Kommentar von sich gibt.

Überhaupt begegnet man vor den Stadttoren einigen Inkonsequenzen: Warum ernten Bauern nachts ihr Weizenfeld? Warum beschweren sich Leute über die Abgaben, wenn überall Goldmünzen, offene Kisten, Rum, Wein und sogar kleine Diamanten rumliegen? Man hat fast das Gefühl, als hätte jemand beliebig ein paar Kostbarkeiten ausgestreut. Dabei zeigen die Entwickler, dass sie es besser können, wenn sie die Schätze in verwinkelten Höhlen oder in der Nähe verrotteter Skelette verstecken, wenn sie Gold- und Erzadern einbauen, die man mit den entsprechenden Talenten samt Spitzhacke abbauen kann. Allerdings nutzt sich der Belohnungseffekt ab, wenn man alle Nase lang auf funkelnden Klunker oder offene Kisten stößt - auch wenn es nur ein Detail ist, raubt es der Spielwelt ein wenig Glaubwürdigkeit. Aufgebaut wird sie wiederum von kleinen stimmungsvollen Szenen wie jener, als einen die Bauern vor der Ankunft des Zinseintreibers der Inquisition warnen und ein Versteck anbieten.

Diebstahl

Ist man erstmal von den "Weißen" geschnappt worden, gibt es kein Zurück mehr - auch nicht durch patzige Antworten.
Stimmung gibt es mehr als genug in den ausgezeichneten Gesprächen - freut euch auf kantige Charaktere, die sich schroff und manchmal unberechenbar verhalten. Hier fühlt man sich umgehend wohl, wenn man Gothic gemocht hat: Sie maulen einen an, wenn man einfach so ihre Häuser betritt, sie fordern einen erbost auf, die gezückte Waffe wieder wegzustecken und sie gehen einem misstrauisch hinterher, mit einem "Pass auf, was du anfasst!" auf den Lippen und holen sogar Verstärkung, wenn man einfach eine Treppe hoch stiefelt. Wachen schmeißen einen raus und werden handgreiflich, wenn man nicht spurt - sehr gut!

Es ist zwar toll, dass die Leute in Risen anno 2009 so lebendig reagieren wie in Gothic anno 2001, aber wo ist wenigstens ein kleiner Fortschritt in den Momenten, die schon vor acht Jahren unrealistisch wirkten? Es gibt Situationen, in denen die lebendige Reaktion fehlt, in denen man das Figurenverhalten nicht nachvollziehen kann. Wieso kann ich einfach so in die Hütte des brutalsten Banditen latschen und seine Kiste plündern, während er am hellichten Tage draußen auf der Bank sitzt? Selbst wenn das aktivierte Schleichen dafür verantwortlich sein sollte, müsste er doch wenigstens reagieren, wenn er die offene Kiste sieht und an mir vorbei (!) in seine Hütte geht. Wieso

Fegen oder nicht fegen? Wer sich in den Dialogen clever verhält, wird nicht herum geschubst.
kann ich nach einem Einbruch vom Dach eines schwer bewachten Gebäudes direkt neben eine Wache (!) springen, ohne dass sie reagiert? Das auch noch mitten in der Nacht! Und nein, es gab keine verschwörerischen Rauchwolken eines Joints...ähm..Krautstängels.

Der Diebstahl verliert auch dadurch an Reiz, dass man die komplette Beute behalten darf - wer auf frischer Tat ertappt wird, wird lediglich bewusstlos geschlagen; und in der Stadt wird einem die Hälfte des Goldes abgenommen. Aber man kann quasi vor den Augen des Besitzers all seine Kostbarkeiten wie Schriftrollen oder Pokale mitgehen lassen, wenn man sich nur oft genug zusammen schlagen lässt. Man kommt weder ins Gefängnis noch verliert man an Ansehen oder eben die Beute. Es kann zwar passieren, dass die bestohlenen Leute dann nicht mehr mit einem reden und so manche Quests verschlossen bleiben, was gut ist, aber dann wendet man eben den Witzezauber an, um ihr Gedächtnis zu löschen. Das wirkt alles künstlich und inkonsequent, auch wenn man so Sackgassen im Spieldesign vermeiden kann. Und vor allem: Man kann es ausnutzen.

         

Auf in die Hafenstadt

In der Hafenstadt läuft das Spiel zur Hochform auf: Tolle Architektur, tolle Queststruktur.
Immerhin kann man in der ersten und einzigen Stadt am Meer noch viele kleine Geheimnisse lüften: Wer bestiehlt heimlich die Banditen? Wie kann man am effektivsten Schutzgeld eintreiben? Was ist das für ein Gefangener, der hinten am Kai bewacht wird? Gibt es tatsächlich einen versteckten Schatz in der Stadt? Wer besitzt die drei goldenen Schalen, hinter denen die Weißen her sind? Lebt der legendäre Pirat Gregorius Stahlbart? Existiert tatsächlich ein geheimer Weg aus der Stadt heraus? Schnell füllt sich das Tagebuch mit neuen Aufgaben, die teilweise kreativ ineinander verzahnt sind: Manches kann man erst lösen, wenn man zuvor etwas anderes erledigt hat. Und kaum hat man sich versehen, hat man auch schon wieder alle kostbaren Lernpunkte investiert und das Gold für neue Ausrüstung ausgegeben.

Piranha Bytes webt hier am Hafen sehr geschickt ein Netz aus Quests, in dem es um politische Intrigen, Erpressung, Raub und Bereicherung geht. Natürlich gibt es auch einige öde Hol-, Bring- und Sammeldienste. Man stromert dann von Lagerhallen zu Händlern, vom Leuchtturm zum Bordell, vom Armen- ins Reichenviertel und beobachtet, wie die Leute ihrem Tagewerk nachgehen - sie schleppen Kisten, sägen Holz, kochen Suppe oder schmieden Schwerter. Und sie gehen zu Bett, sobald es dunkel wird; dieser Alltag wird hier sehr gut abgebildet und es kommt Rollenspielstimmung mit Überraschungen auf - vor allem in den Gesprächen.

Die derben und angenehm natürlichen Dialoge können auf ganzer Linie überzeugen. Man begegnet schon bald echten Kerlen, die kein Blatt vor den Mund nehmen und man freut sich über den rauen Wind alter Gothic-Zeiten, wenn zwielichtige Gestalten Kommentare à la "Ich würde einiges darum geben, die dumme Fresse des Inquisitors zu sehen, wenn er das wüsste." oder "Aber ich bin ja kein Arschloch. Wenn du nicht genug hast, lass uns handeln." abgeben. Piranha Bytes hat in dieser Hinsicht nichts verlernt und kann sich damit positiv von pathetisch-epischer Fantasy abheben.

Allerdings gibt es auch im Alltag einige klobige Problemzonen: Man brutzelt leere Pfannen über dem Lagerfeuer; es sieht plump aus, wenn die Dirne aus der Wanne steigt und dabei durch sie hindurch geht; es sieht dämlich aus, wenn sich der Held mit seinen Klamotten reinsetzt; es ist nicht erotisch, wenn eine knapp bekleidete Gelenkpuppe vor einem Freier tanzt. Und wenn ich schon Gold für eine Nacht hinlege, warum gibt es dann nicht wenigstens die Andeutung einer feuchtfröhlichen Situation?

Die rätselhaften Freuden der Stadt

Handeln und kaufen läuft wie gehabt über den direkten Tausch.
Weg vom unwichtigen Alltag hin zur motivierenden Arbeit: Kaum hilft man jemandem, lernt man auch schon die andere Seite der Medaille kennen. Obwohl das Dialogsystem sehr einfach gehalten ist und kaum verschachtelte Gespräche ermöglicht, sollte man seine Antworten wohl überlegen, denn es kann ab und zu direkte Konsequenzen wie ein abgebrochenes Gespräch oder ein Handgemenge geben - und wer zuhört, kann sich auch wertvolle Freunde machen, die einem später helfen. Oder umgekehrt: Wer den dealenden Schwertkämpfer verpfeift, wird später nicht mehr von ihm trainiert - sehr schön!

Das ist zwar alles nicht auf BioWare-Niveau, denn die eigenen Handlungen wirken sich kaum emotional auf Beteiligte aus, aber die Illusion einer lebendigen Stadt wird durchaus erzeugt. Man kann als Gehilfe zum Spielball der Machenschaften werden, aber man kann die Parteien auch so geschickt gegeneinander ausspielen, dass man sich quasi wie ein Doppelagent bei allen einen Vorteil plus Bezahlung verschafft. Allerdings fehlen mir hier manchmal die Konsequenzen, denn viel zu oft kommt man ungeschoren davon, obwohl man jemandem ans Bein gepinkelt hat - hier hätte man bestimmte Entscheidungen noch öfter mit spürbaren Nachteilen versehen müssen.

Taschendiebe & Schlossknacker

In den Wäldern lauern viele Gefahren - zu Beginn kann man sich kaum hinein wagen.
Wer sich der Diebeskunst widmet, Taschendiebstahl und Schlösser knacken lernt, kann sich auch auf seine Weise Informationen beschaffen. Allerdings wird beides denkbar simpel inszeniert: Wer jemanden beklauen will, bekommt während des Gesprächs die Möglichkeit angezeigt, sein Gegenüber mit einem Witz abzulenken, klickt dann bei ablaufender Zeitleiste auf den gewünschten Gegenstand und fertig - ich wurde nicht einmal erwischt, denn man hat viel zu viel Zeit und wenn die Situation zu brenzlig ist, wird das auch noch als Warnung angezeigt.

Regelrecht billig läuft das Schlösser knacken ab. Es gab schon einige Spiele, in denen man auf kreative Art und Weise versucht hat, den geschickten Einsatz des Dietrichs zu simulieren. Aber hier gibt es noch nicht mal ein mechanisches Minispiel, sondern einfach eine Leiste, die je nach Schwierigkeit aus einer mehr oder weniger großen Anzahl an Slots besteht: Ziel ist es, in der richtigen Reihenfolge entweder links oder rechts zu drücken, bis die passende Kombination eingegeben wurde. Patzt man, muss man von vorne beginnen. Das ist überaus langweilig, weil man quasi unendlich Zeit hat und während des Schlösser knackens nie gestört wird.

Man kann sich auch akrobatisch austoben und das wertet das Spiel für Diebe etwas auf, denn so kann man über die Dächer und offene Fenster an sein Ziel kommen - das ist eine wohltuende Bereicherung. Allerdings wird es erstens peinlich animiert, wenn der Held springt; man hat fast das Gefühl, er würde schwerelos sein. Und zweitens kann er nicht durch Luken kriechen, die eindeutig weit genug offen sind oder leicht zu öffnen wären.

     

Heiß und kalt im Banditenlager

Die Wälder sind zwar deutlich kleiner als in Obölivion, aber sehr stimmungsvoll gestaltet.
So lebendig die Stadt noch wirkt und so sehr sie mit all ihren kleinen Aufgaben motiviert, schleicht sich bei den Banditen zum ersten Mal eine Ernüchterung ein. Und das, obwohl man zunächst fasziniert wird: Gerade diese vernebelten Gebiete rund um ihr Lager gehören zu den stimmungsvollsten Regionen des Abenteuers. Man läuft über einen moosigen Bohlensteg durch die urige Wildnis, in der es verräterisch blubbert. Die überwucherte Tempelanlage mit ihren Bretterbuden und Lagerfeuern sorgt dann für erste Neugier. Aber erst wenn der stramme Wind durch den Sumpf pfeift und das hüfthohe Gras hin und her peitscht, während irgendwo im grauen Dunst einsame Fackeln aufleuchten, trifft man genau dieses unheimliche Gefühl - Hut ab, hier haben die Grafiker ausgezeichnete Arbeit geleistet! Und auch dem Soundtrack gebührt ein Lob, denn er donnert nicht wie üblich mit Fantasyposaunen, sondern zupft subtil, aber eindringlich im Hintergrund. Dabei entsteht eine ganz eigenwillige, melanchlisch-verträumte Melodie.

Erzählerisch wird man an diesem Punkt jedoch maßlos enttäuscht, obwohl es im Lager einige coole Dialoge und schräge Typen gibt. Doch hier streckt man das Spiel schon bei der Ankunft künstlich und vor allem unlogisch: Wenn es das Ziel der Banditen ist, die Hafenstadt wieder zu übernehmen, und wenn tatsächlich der Anführer der im Untergrund operierenden Banditen eine wichtige Botschaft nach draußen schmuggelt, um den ganz großen Boss der Banditen über den richtigen Zeitpunkt der Revolte zu informieren, dann wird der Bote, also der Spieler, nicht zu ihm vorgelassen? Dann muss der Bote erstmal das Vertrauen der Frau des Oberbanditen gewinnen, indem er hundert Aufträge im Lager erfüllt?

Der Lakei der Chefin

Sorry, aber das ist lächerlich! Hier fühlt man sich zum ersten Mal etwas auf den Arm genommen und nur im Sinne der Spielzeitstreckung, nicht im Sinne der Story abgewiesen. Immerhin entschädigen kleine Nebenquests im Lager etwas, man kann urige Höhlen erforschen und es mit den Moormonstern aufnehmen, aber die Hauptquest nervt weiterhin: Obwohl man ausreichend Gespräche belauscht und Beweise gesammelt hat, um die Frau endlich zu überzeugen, dass jemand im Lager gegen den Chef arbeitet, reicht das noch nicht. Nein, man muss erst noch gegen alle kleinen Banditen in der Arena kämpfen, um dann schließlich noch den Verdächtigen heraus zu fordern.

Das wäre vielleicht spannend, wenn die Arenakämpfe nicht so armselig ablaufen würden: Das ganze Lager hat laut Story Angst vor den Banditenkriegern und es scheint enorm wichtig zu sein, in der Rangfolge aufzusteigen, aber wer schaut zu, wenn man sich in der Arena bekämpft? Niemand! Warum macht man aus den Duellen nicht ein Schauspiel mit Wein, Weib und in extremo Gesang? Und wenn das schon nicht geht, warum gibt es dann nicht wenigstens ein paar Zuschauer, die den Kampf bezeugen könnten? Selbst wenn man am Ende gegen den mutmaßlichen Verräter antritt, vor dem sich das ganze Lager ja so fürchtet, steht man tatsächlich alleine im Ring - spätestens hier hätte sich auch die Frau des Bosses zeigen könne, denn man hatte sie ja informiert. Wo bleibt da die Dramaturgie? Hier verliert das über Story und Quests aufgebaute Machtgefüge im Banditenlager umgehend seine Glaubwürdigkeit. Und man fühlt sich wie ein dämlicher Handlanger.

Das Kampfsystem

Das Kampfsystem wurde gegenüber Gothic 3 klarer strukturiert: Angriffe, Kombos, Paraden und Riposten sind möglich.
Zumal das Kampfsystem alleine für die Motivation nicht ausreicht, denn statt Herzklopfen und Spannung à la Demon's Souls , wo man bei jedem Schlag mitfiebert, ist hier Routine angesagt. Man zückt seine Waffe mit dem mittleren Mausrad und klickt danach für einen Schlag auf die linke Maustaste, um einen Feind so lange zu treffen, bis seine Lebensenergieleiste den Nullpunkt erreicht; pariert wird mit der rechten Maustaste, während man sich um den Gegner bewegen kann. Manchmal kann man permanent ohne Schaden verteidigen, manchmal durchbrechen Feinde den Dauerblock - man muss sich also bewegen. Und es gibt die Möglichkeit eines Konters, wenn man entsprechend ausgebildet ist und rechtzeitig die rechte Maustaste drückt. Will man Pfeile, Bolzen oder Magie abschießen, wechselt die Perspektive und man kann ein Fadenkreuz zum Anvisieren nutzen.

Das ist in der Praxis zwar auf den ersten Blick taktischer als das Gefuchtel in Gothic 3. Und auf den zweiten Blick weiß man zu schätzen, dass man im Laufe der Karriere seine Kampfhaltung ändern, mit dem Schild zustoßen und dass man nicht mehr so einfach jeden Krieger mit Dauergeklicke weghauen kann. Aber trotzdem kann der Kampf mit Maus/Tastatur oder Gamepad nicht wirklich überzeugen, denn es fehlt immer noch an Dynamik und Abwechslung - manchmal haut man sich ohne Treffer minutenlang auf die Rübe, weil beide hinter der Deckung stecken oder clever blocken. Der Rechtsklick für den Konter wird auch viel zu oft nicht rechtzeitig erkannt und wenn man es schafft, ist die Wirkung nicht effizient genug: Der Gegner taumelt und man kann draufschlagen.

Bei Treffern bemerkt man im Kampf kaum ein Zucken oder je nach Trefferart eine andere Verletzungsbewegung. Was hätte den Kampf packender machen können? Schläge, die dem Gegener die Balance nehmen, effektivere Kombinationen, fiese Tritte zwischen den Hieben oder fatale Riposten, mit denen man einen Feind sofort töten kann - so hat man immer nur die Lebensenergie, aber nie den Tod vor Augen. Zumal man sich auch noch Heiltränke einschmeißen und damit einen Vorteil verschaffen kann, was die Feinde nicht tun. Deshalb kommt man in der Arena der Banditen auch sehr schnell voran bis zum finalen Kampf.

       

Das zähe Endspiel

Man ist auch in Höhlen und Katakomben unterwegs - 40% der Spielwelt liegen quasi unter Tage.
Im ersten und zweiten Akt läuft die Karriere noch flott, aber leider gerät sie in der Mitte des Spiels ins Stocken, man bekommt nicht genug Erfahrungspunkte, um wichtige Fortschritte zu machen. Das wäre nicht schlimm, wenn auch so Aufregendes passieren würde, aber gerade die unterirdischen Abschnitte, in denen man den Artefakten hinterher jagt, sind auf Dauer eher monoton als spannend - alleine die Tatsache, dass man hier noch mächtigeren Gegnern begegnet, hält die Motivation aufrecht. Und manchmal braucht man einfach mehr Kraft, um einen Feind zu besiegen. Also heißt es: Raus und Erfahrung malochen, bis es passt. Das kann sich gerade in den letzten Akten dahin ziehen und in Arbeit ausarten.

Insgesamt ist die Spielwelt kleiner als noch in Gothic 3; sie erreicht quasi die Größe von Gothic 2, wobei 60% über und 40% unter Tage in diversen Katakomben verteilt sind. Und genau da unten ist Risen wie gesagt am schwächsten. Auf Physikeinsatz in Höhlen & Co verzichtet man, obwohl da einiges an fiesen Überraschungen im Fallenbereich möglich wäre. Immerhin bricht ab und zu der Boden unter den Füßen weg und es gibt einige Hebelmechanismen, die man per Beschuss oder Telekinesezauber auslösen kann - so kommt etwas Abwechslung in die triste Erforschung unter Tage, die vor allem vom Kampf gegen immer gleiche Krabbelviecher und andere Feinde lebt.

Urviecher wie dieses sorgen für Überraschungen in der Wildnis.
Das Monsterdesign ist durchwachsen: Wölfe, Stachelratten, Seegeier und Keiler sehen zwar auf den ersten Blick zottelig aus, aber sie bewegen sich alle zu steif - vor allem die eckigen Drehungen im Kampf wirken veraltet. Dann gibt es einige harmlose Pleiten, die sich schrecklicher anhören, als sie letztlich sind: Die konturlosen Moorleichen etwa und ihre schleimigen Sumpfnachbarn. Richtig gut gelungen sind sowohl die schwarzen Ghule, die schon mit ihrem Gang bedrohlich wirken sowie die kleinen Gnome, die wie Ewoks herum tollen und dem Helden sogar Beute stehlen. Auch die mächtigen Oger und die Skelette können sich sehen lassen. Und schließlich gehören die an eine Riesenschildkröte erinnernde Donnerechse sowie die mächtige Aschebestie zu den monströsen Highlights im Bestiarium. Zwar lässt so manches Monsterfauchen akustisch zu wünschen übrig, aber dafür passen die sanften Gitarrenklänge mit ihren markanten Zupfern wunderbar zum mediterranen Flair.

Aufgeräumt, aber ohne Komfort

Das Menüdesign wirkt im Vergleich zu Gothic 3 angenehm aufgeräumt: Man hat die Charakterwerte zusammen mit den Fähigkeiten und dem Inventar sehr gut im Blick. Außerdem kann man bequem zwischen Waffen, Zaubern, Karten & Co umschalten. Aber spätestens, wenn sich der Rucksack in jedem der Bereiche bis zum Anschlag füllt, da es ja keine Traglastbeschränkung gibt, vermisst man eine Sortierung nach Qualität. Sprich: Man kann die Waffen nicht nach Schlagkraft und die Kräuter nicht nach Heilwirkung anordnen, um schnell das Nützliche bzw. Wertvolle zu finden. Schade ist jedoch, dass es so wenig Bekleidung und Rüstung gibt - man kann kaum variieren oder kombinieren. Auch das Arsenal an Schlag-, Hieb- und Stichwaffen hält sich in Grenzen.

         

Fazit

Auch wenn man in diesem Abenteuer mehr nostalgischem Déjà-vu als kreativem Esprit, mehr Stillstand als Entwicklung begegnet: Wer Gothic zu seinen besten Zeiten geliebt hat, der könnte auch dieses Risen mögen - der Zauber ist zwar verflogen, aber eine alte Freundin lädt man auch noch mal zum Kaffee ein, um in Erinnerungen zu schwelgen. Das ist ein handwerklich solides, sprachlich derbes und grafisch stimmungsvolles Abenteuer der alten Schule, ein kleineres Gothic 3 ohne größere Bugs. Man merkt dem Spieldesign an, dass die Essener auf Nummer sicher gehen und nichts riskieren wollen. Das ist spielepolitisch verständlich, aber manche Dinge wirken nicht nur angenehm vertraut, sondern auch unangenehm verstaubt - das Rollenspielrad hat sich nicht nur hinsichtlich der Animationen und Emotionen, der Physik und Dramaturgie weiter gedreht. Man fühlt sich in den etwa 30 bis 40 Stunden wie auf hoher See, erlebt ein Auf und Ab, ein Heiß und Kalt, denn nach jedem Lob, das einem entfleucht, landet auch wieder ein Tadel direkt daneben. Erst verfliegt die Zeit wie im Fluge, man kann wie in alten Zeiten versinken, während das Fleisch in der Pfanne brutzelt oder die Wasserpfeife blubbert, aber irgendwann geht es nur noch quälend langsam voran und man schleppt sich regelrecht ins Finale. Man ärgert sich über so manche Inkonsequenzen beim Diebstahl, das monotone Kampfsystem, die fehlende Dramaturgie bei besonderen Ereignissen und vor allem die ebenso künstlichen wie erzählerisch unlogischen Storystreckungen. Und weil man viel zu früh die Geheimnisse der Insel lüftet, fühlt man sich weniger wie ein Abenteurer, sondern eher wie ein hart arbeitender Hol- und Bring-Lakai mit klarem Karriereziel. Bei aller Kritik muss man auch einen Glückwunsch aussprechen: Piranha Bytes serviert solide und technisch stabile Unterhaltung in einer stimmungsvollen Spielwelt - darauf kann man aufbauen. Aber die Zeit der namenlosen Helden mit Gedächtnisverlust ist eindeutig vorbei.

Um die Xbox 360-Version solltet ihr einen Bogen machen - sie ist nicht nur im grafischen Detail deutlich schlechter, sie hat chronischen Pop-Up-Schluckauf, kaum lesbare Texte und eine übersensible Steuerung.

Pro

stimmungsvolle offene Spielwelt
sehr gute Anfangsspielphase in der Stadt
einige gute Quests mit Konsequenzen
derbe und natürliche Dialoge
lebendige NPC-Reaktionen
Kampf, Magie & Diebstahl
markante Stadtarchitektur
herrlich designtes Sumpfgebiet
sanfte Tag- & Nachtwechsel
gut verzahnte Queststruktur

Kontra

Einstieg lüftet zu viele Geheimnisse
künstliche & unlogische Story-Streckungen
monotone Endspielphase- wenig spannendes Kampfsystem
langweiliges Ruinendesign
inkonsequente Diebstahlbestrafung- veraltete Gestik, kaum Mimik
viele Hol
und Bring-Quests
nur drei große Orte, nur eine Stadt
billiges Schlossknack-System
schlecht designte Frauenfiguren
schwacher Tutorial-Einstieg
zu viele gleiche NPC-Gesichter
hölzerne Sprung
& Alltagsanimationen
übersensibler Analogstick (Xbox 360)
geringere Sichtweite (Xbox 360)
Pop-ups & Schattenfehler (Xbox 360)
deutlich schwächere Grafikdetails (Xbox 360)
verzerrte Texte nur schwer lesbar (Xbox 360)

Wertung

360

Finger weg von der Konsolenversion: Die Grafik ist deutlich schlechter.

PC

Wie würde Gothic 3 ohne Bugs auf einer Insel aussehen? Genau so. Technisch solide, stimmungsvoll, aber inhaltlich veraltet.

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