Duke Nukem Forever25.02.2011, Michael Krosta
Duke Nukem Forever

Vorschau:

Wo lässt sich ein Duke Nukem Forever (ab 13,91€ bei kaufen) am besten ausgewählten Medienvertretern präsentieren? An einem Ort, der selbst dem Duke mehr als würdig erscheint: Also wurde kurzerhand ein Strip-Club im sonnigen Las Vegas in "Titty City" umbenannt und mit vielen kleinen Details wie Duke-Portraits sowie entsprechenden Bierdeckeln stilgerecht ausgestattet. Wir sind dem Aufruf des coolen Machos nach Sin City gefolgt und durften ebenfalls Hand anlegen...

Was für ein Leben

Ein Duke müsste man(n) sein. Als Held der Menschheit gefeiert und besonders von der Damenwelt verehrt, genießt der coole Macho mit der "Kick-Ass"-Mentalität sein Leben und den Star-Rummel in vollen Zügen: Da sitzt er, in seinem Penthouse im futuristischen Las Vegas, zockt sein eigenes Videospiel und lässt sich dabei auch noch (oral) von zwei knackigen, vollbusigen Blondinen verwöhnen - eine typische Männerfantasie, die für die meisten vermutlich genau das bleiben wird. Doch die dekadente Idylle wird von einem alten Feind bedroht, der unter Friedensbekundungen auf die Erde zurückkehrt. Ja, die Aliens sind wieder da und gehen in bester Independence Day-Manier mit ihren gigantischen Raumschiffen in Stellung. Während Duke von Anfang an skeptisch ist, schenkt die US-Regierung den potenziellen Aggressoren zunächst noch ihr Vertrauen und hält den muskelbepackten Helden an der kurzen Leine. "Du bist ein Relikt aus einer anderen Ära", so der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, der tatsächlich an ein neues Zeitalter glaubt, in der die Menschheit friedlich mit den außerirdischen Rüpeln zusammenleben kann. "Ich hab da ein ungutes Gefühl", kontert der Duke in bester Star Wars-Tradition und soll damit Recht behalten, denn es kommt so wie es kommen muss: Das Alien-Pack ist wieder auf Ärger aus und hat sich mehr als nur ein paar Arschtritte verdient. Doch anstatt in bester Invasoren-Tradition alles nur in Schutt und Asche zu legen, verfolgen sie einen noch diabolischeren Plan: Sie entführen unsere Frauen! Unsere Mädels! Unsere Babes! Und spätestens hier ist für den "Lady's Man" Schluss mit lustig...

Auf der Flucht

Den unterhaltsamen Einstieg als "Spiel im Spiel" haben wir bereits in unserer ersten Vorschau vorgestellt. Auch hier durften wir

Interview mit Randy Pitchford:

deutsche Übersetzungerneut den Urinstrahl mit dem Controller lenken, uns mit dem ersten Endgegner anlegen und mit dessen ausgerissenem Sehorgan ein sehenswürdiges Field Goal erzielen. Darüber hinaus gab es in Vegas aber endlich mehr zu sehen: Knapp 90 Minuten lang durften wir Zeit mit dem Duke verbringen und uns mit den Aliens anlegen. Und wie nicht anders zu erwarten, wird nicht nur jede Menge Action geboten, sondern auch das Zwerchfell durch den mitunter derben Humor attackiert. Während ich mich mit dem Duke durch die Büros, Zimmer und Luftschächte des Gebäudes schlage und den markanten (aber eigentlich dämlichen) Onelinern lausche, fühle ich mich unweigerlich an die Actionfilme der Achtziger erinnert: Da taucht plötzlich ein John McClane in seinem blutverschmierten Unterhemd vor meinem geistigen Auge auf. Oder ein John Rambo, der es im Alleingang mit einer ganzen Armee aufnimmt. Genau wie auch bei "Stirb langsam" oder "Lethal Weapon"

In Las Vegas wurde Duke Nukem Forever stilgerecht in einem Strip-Club präsentiert.
ist auch bei Duke Nukem Forever von Anfang an klar, dass dieses Ding von Männern für Männer gemacht wurde. Echte Männer. Und selbstverständlich die Fans. Kommt bloß nie auf die Idee, dieses Machwerk einer emanzipierten Frau zu zeigen - sie würde es nicht verstehen.

Gute, alte Zeit?

Doch die Assoziationen mit der Vergangenheit haben einen weiteren Grund: Vom technischen Standpunkt betrachtet, merkt man Duke Nukem Forever die schier endlose Entwicklungszeit an. Das wird kein auf Hochglanz polierter Shooter im Stil von Call of Duty oder eine Effektorgie, an der man sich ergötzen kann. Dafür wirken die groben Texturen zu altbacken und die meist sterilen Kulissen zu unspektakulär. Aber braucht der Duke überhaupt eine Highend-Technik à la Killzone? Nein, nicht unbedingt, denn so ginge viel von diesem gewissen Retro-Charme verloren, den das Spiel umgibt...und von dem es auch lebt. Das gilt nicht nur für die Technik, sondern auch den Inhalt, bei dem man sich ebenfalls ein paar Jahre in der Zeit zurückversetzt fühlt: Duke Nukem Forever fühlt sich ähnlich an wie sein berühmter 3D-Vorgänger. Es ist wieder diese Art von Oldschool-Action, wie sie früher einmal war - einfach, unkompliziert und...spaßig! Nach heutigen Maßstäben wirkt das alles etwas angestaubt, quasi wie ein "Relikt aus einer anderen Ära". Doch gleichzeitig ist es genau das, womit sich der Duke von all den Call of Duties, Killzones und Crysises dieser Welt absetzen kann. Dazu kommen der abgedrehte Humor sowie die vielen Anspielungen, die man heutzutage bei den vielen politisch korrekten Spielen vermisst: So stolpert der Held z.B. in bester Doom-Manier über eine rote Keycard, kommentiert den Fund mit einem abfälligen "I don't need a fucking keycard" und bricht die Tür einfach mit Gewalt auf. Auch Anspielungen und Kommentare zur überdurchschnittlich langen Entwicklungszeit finden sich an allen Ecken und Enden: Auf die Frage, ob sein eigenes Videospiel denn gut sei, entgegnet der Duke mit einem ironischen "It better should be, after twelve fucking years" und begibt sich anschließend als Gast zur Aufzeichnung der "Damn it's late Show".     

Bier & Steroide

Doch genau hier machen ihm die Aliens einen Strich durch die Rechnung: Obwohl man als Duke einem Fan hinter der Bühne noch schnell mit dem Controller ein individuelles Autogramm schenken kann, greifen sie den Planeten natürlich zwei Minuten später

Der perfekte Schlachtplan?
an und stellen sich damit selbst in Rampenlicht. Es sind also wieder Taten gefragt und Duke nimmt die Herausforderung an, die Erde ein weiteres Mal zu retten... Neben den üblichen Wummen wie Gewehren, Shotguns und Pistolen hat der Muskelmann mit der coolen Sonnenbrille aber auch noch das eine oder andere Gadget im Gepäck: Mit der Nacht- und Infrarotsicht hat er z.B. auch bei schlechten Lichtverhältnissen den vollen Durchblick, was besonders dann lustig ist, wenn die Gegner nicht auf solches Equipment zurückgreifen können und blind wie Maulwürfe durch die Gänge wackeln. Eine Überraschung hält der Bierkonsum parat, den man jederzeit über das Digipad einleiten kann, denn Duke ist offensichtlich schon nach einer Dose hackedicht. Wie ist es sonst zu erklären, dass die Reaktionsfähigkeit nach einem kräftigen Schluck so derart nachlässt, dass man beim Umsehen durch den wackeligen Nachzieheffekt die Orientierung verliert und kaum noch ordentlich zielen kann? Hier muss man abwägen, ob man die Übersicht zugunsten einer vorübergehenden Stärke opfert. Viel einfacher ist es dagegen, sich Steroide einzuwerfen - wenn man sie denn findet. Hier agiert der Duke wie auf Speed und metzelt die Alien-Brut in einem wahnwitzigen Tempo nieder. Wie uns ein Blick ins Optionsmenü verrät, steht später auch die Funktion "Holoduke" auf dem Digikreuz zur Auswahl, doch hatten wir beim Anspielen (noch) keine Gelegenheit, sie auszuprobieren.

Egomane

Wäre Duke Nukem Forever noch vor oder kurz nach der Jahrtausendwende auf den Markt gekommen, hätte man mit der Ego-Energieanzeige noch für Aufsehen sorgen können - immerhin waren regenerative Heilsysteme damals noch eine absolute Seltenheit. Heutzutage gehört der Wegfall von Heilpaketen dagegen zum Standard, doch hat Dukes Ego-Energieleiste dennoch ein paar Besonderheiten zu bieten. Zum einen lässt sie sich erweitern. Wie? Mit Aktionen, die Dukes Selbstbewusstsein stärken. Viele Gelegenheiten dazu finden sich z.B. in seinem Trainingsraum: Versenkt man dort z.B. den Basketball im Korb, stemmt via Button-Mashing schwere Gewichte oder erzielt beim Flipper trotz der grausigen Kugelphysik eine neue Highscore, baut das Dukes Ego und damit seine Energieleiste auf. Gibt man den Aliens später mit einem Finishing Move den Rest, darf man sich außerdem auf einen Ego-Boost bzw. eine schlagartige Komplett-Regeneration freuen.

Davon abgesehen wirkt die Spielmechanik vertraut, aber stellenweise auch leicht antiquiert, wenn man z.B. zum Benutzen einer Leiter vorher extra eine Taste drücken muss anstatt automatisch nach oben oder unten zu gehen. Dafür kann man aber auch mit zig anderen Objekten interagieren und z.B. Lichtschalter betätigen, Billard spielen oder in jede Toilette strullern, die man im Laufe seiner Mission findet. Der Krieg wird übrigens nicht nur auf der Erde ausgetragen, sondern

Warum müssen die Aliens bloß immer wieder Ärger machen...
führt Duke auch auf feindliches Terrain. Dabei soll die Kampagne etwa vier bis fünf Mal so groß ausfallen wie bei einem Call of Duty, womit wir bei einer Spielzeit von etwa 15-20 Stunden landen würden. Wir sind gespannt, ob Duke bzw. Steve Gibson, Vice President von Gearbox, das Versprechen einhalten können&

Die besonderen Momente

Über weite Strecken spielt sich auch Duke Nukem Forever wie ein 08/15-Shooter, denn es wird geballert und geschlagen, was das Zeug hält - sei es mit Wummen, Fäusten oder Geschützen. Doch dazwischen blitzen neben der ganzen Duke-Hysterie immer wieder Momente auf, die das Spiel zu etwas Besonderem machen. Ein Beispiel: Irgendwann muss man drei Energiezellen besorgen, um einen Computer (natürlich mit einer sexy weiblichen Stimme) wieder flott zu machen. Während die ersten beiden nach kurzen Scharmützeln schnell gefunden ist, steckt die letzte in einem Spielzimmer, das offensichtlich von Panzerglas umgeben ist, aber zumindest eine kleine Öffnung an einer Seite offenbart. Hätte ich oder einer der Gegner jetzt eine Schrumpfkanone, wäre die Sache klar und ich würde als Mini-Duke einfach hindurch schlüpfen. Doch unter diesen Umständen muss ein alternativer Plan her: Ich schnappe mir dir Fernsteuerung und dirigiere mit ihr ein RC-Fahrzeug über diverse Rampen, bis ich mit dessen Hilfe die Zelle durch die Öffnung hindurch schieben und einsacken kann. "Du weißt, wie man ein Mädel anmacht", bedankt sich die CPU mit einer lasziven Stimme, nach der man urteilen könnte, dass selbst Maschinen spitz auf den Duke sind. Und das ist nur eine von unzähligen sexuellen Anspielungen, die sich teilweise im Minutentakt durch das Spiel ziehen und Alice Schwarzer einen Würgereiz nach dem anderen bescheren würden.  

Großer kleiner Mann

Doch selbst ein großer Mann wie der Duke wird zu einer kleinen Nummer, wenn er mit einem Schrumpfstrahl bearbeitet wird. Dass ihn das zusammen mit der schlumpfigen Mickey Mouse-Stimme nicht weniger gefährlich macht, beweist er aber am Lenkrad eines ferngesteuerten Flitzers, mit dem er bei seinen Feinden zumindest kurzfristig für Fußschmerzen sorgen kann. Daneben gilt es aber auch, über Rampen und andere Hindernisse hinweg zu springen sowie per pedes die Kulissen in diesen neuen sowie ungewöhnlichen Größenverhältnissen zu erkunden. Da kann es schon zu einem Problem werden, wenn man nur einen Schalter aktivieren muss, denn der will als Mini-Duke erstmal erreicht werden. Also nutzt man Gegenstände wie Pappkartons, Billard-Tische und Cues, um voran zu kommen oder auch mal ein Stuhlpolster als Trampolin. Schön, dass kleine

Als Spieler darf man Duke-Bücher mit Titeln wie "Why I'm so great" selbst signieren und Fans glücklich machen.
Umgebungsrätsel wie diese oder Fahr- sowie Railsequenzen zwischendurch für Abwechslung vom spaßigen, aber nicht überwältigenden Baller-Alltag sorgen, auch wenn man damit das vorhandene Backtracking kaschiert. Will heißen: Schauplätze, die man zuvor als Mini-Duke erkundet hat, besucht man anschließend in der Regel noch mal als Normalo-Duke.

Aliens sind doof!

Mit der angestaubten Technik kann man sich aufgrund des "Duke-Bonus" vielleicht noch arrangieren, aber in einem Bereich muss Gearbox noch kräftig nachlegen: der KI. Zwar leistet das Alien-Pack schon auf der normalen Stufe ordentlich Gegenwehr und zeigt sich treffsicher, doch kommt es auch immer wieder zu Totalaussetzern, bei denen sie entweder gar nicht oder viel zu spät auf mich reagiert. Leider hatten wir nicht mehr die Zeit, höhere Schwierigkeitsgrade auszuprobieren, doch bleibt zu hoffen, dass unter den etwa 3500 Bugs (laut Gearbox-Präsident Randy Pitchford), die es bis zur Veröffentlichung noch auszumerzen gilt, auch die Gegnerintelligenz berücksichtigt wird.

Mit Details zum Mehrspielermodus hält man sich leider immer noch zurück. Fest steht nur, dass es einen geben wird - ganz im Gegensatz zu kooperativen Gefechten, denen ganz klar eine Absage erteilt wird. Begründung von Steve Gibson: "Es kann nur einen Duke geben!"    

Ausblick

Ich kann mir schon bildlich vorstellen, wie die Smartphone-Generation reagieren wird, wenn man ihr Duke Nukem Forever vor die Nase hält: "Igitt, ist das hässlich! Wann kam das raus? War ich da schon geboren?" Ja, Duke Nukem Forever wird kein schönes Spiel. In Zeiten, in denen Shooter vor allem auch am technischen Fortschritt gemessen werden, ist die Rückkehr des Macho-Helden aus den Neunzigern ein kleiner Schock. Auch über der Spielmechanik findet sich trotz einiger schöner Ideen eine Staubschicht. Aber verdammt: Es ist der Duke! Und es fühlt sich einfach geil an, in bewährter Oldschool-Manier die Aliens platt zu machen, dabei dämlich-coolen Onelinern zu lauschen und Dukes Ego mit vergleichsweise harmlosen Finishing-Moves oder witzigen Aktionen aufzuwerten. Duke Nukem Forever sorgt abseits des bierernsten Militär- und Science Fiction-Geballers endlich wieder für ein beherztes Lachen beim Spielen - sei es durch die dummen Sprüche, krasse Aktionen oder sexistische Anspielungen. Es ist vergleichbar mit der Erfahrung, wenn man sich heute einen Actionfilm aus den Achtzigern anschaut: Sieht irgendwie scheiße aus, aber macht trotzdem Spaß! Und genau wie Sylvester Stallone, Dolph Lundgren, Jean-Claude van Damme & Co ist auch der Duke eine Ikone. Wird er den damit verbundenen Ansprüchen gerecht? Technisch nicht unbedingt. Aber inhaltlich bekommen die Fans mit Duke Nukem Forever wahrscheinlich genau das, was sie von einem Duke-Spiel erwarten!

Ersteindruck: gut

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