FIFA 1116.08.2010, Jörg Luibl
FIFA 11

Vorschau:

Wenn am Freitag der Ball zwischen dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg rollt, wird in Deutschland wieder das Ligafieber ausbrechen. Angesichts der Fülle prominenter Namen wie Diego, Raul, van Nistelrooy, Ribéry oder Ballack ist die Vorfreude auf die Fußballsaison so groß wie selten zuvor. Und das, obwohl es nur um die eine Frage geht: Gibt es eine Mannschaft, die dem Rekordmeister den Titel streitig machen kann? Auch auf dem virtuellen Rasen muss sich der Spitzenreiter beweisen.

Der schnurlose Pass

Der größte Unterschied zu FIFA 10: Es gibt ein neues Pass-System mit Energieleiste. (360)
Der Unterschied zwischen dem FC Bayern und FIFA ist allerdings, dass die Kicker von Electronic Arts erst seit zwei Saisons, genauer gesagt seit Oktober 2008 an der Spitze der Fußballspiele stehen. Damals konnte FIFA 09 erstmals Gold erobern, aber der Rekordmeister hieß bis dahin Pro Evolution Soccer. Falls die Kanadier auch diesmal die Nase vorn haben, darf man von einer Serie sprechen. Und falls sie ihre Simulation noch weiter verbessern, könnte sie erstmals Platin gewinnen. Wie spielt sich FIFA 11 (ab 3,99€ bei kaufen) ?

Die letzten Testergebnisse im Fußballduell:

PES 2009: 81%, FIFA 09: 85%

PES 2010: 82%, FIFA 10: 87%Es wird individueller gejubelt und gegrätscht, es kommt häufiger zu unverhofften Abprallern und die Torhüter fliegen nicht nur eleganter durch den Strafraum, sondern wirken auch bei Kontern sowie Lupfern aufmerksamer. Wenn man all die neuen Animationen in den Zweikämpfen mal weglässt, rollt der Ball auf den ersten Blick allerdings nicht viel anders über den Rasen als im Vorjahr. Man kann auf die bekannten Steuerungsvarianten zurückgreifen und fühlt sich gleich wie Zuhause, wenn die Kamera in die prall gefüllte Arena schwenkt - schon nach wenigen Minuten ist man im vertrauten Spielrhythmus zwischen Pressing in der Abwehr und Schlenzer vor dem Tor, zwischen Doppel- und Steilpass.

Der clevere Spielaufbau

Gleicher Kick für alle - endlich: Dieses Jahr soll FIFA 11 auf dem PC mit den Konsolen gleichziehen. (PC)
Aber auf dem Weg dorthin zeigen sich die ersten qualitativen Unterschiede. Da wäre zum einen das Passspiel, das fehleranfälliger und damit authentischer ist: Im Gegensatz zu FIFA 10 wirken die Bälle beim kurzen Zuspiel (jetzt auch per Außenrist möglich) nicht mehr wie an der Schnur gezogen, sondern versacken schon mal auf dem Weg zum Mitspieler, wenn man aus schlechter Position einfach nur kurz X drückt. Wer seinen Gegner à la Spanien mit 526 Kurzpässen am Stück einschläfern will, muss also ein sehr gutes Auge und Timing haben. Sobald man das Leder weiter geben will, füllt sich neuerdings auch eine Energieleiste über dem Spieler, die nicht nur die Stärke, sondern auch den idealen Abspielpunkt per weißer Markierung darstellt.

Das hilft zu Beginn bei der richtigen Dosierung. Allerdings habe ich schon nach wenigen Spielen darauf verzichtet, da das System nicht allzu drucksensibel ist und man sehr gut nach Gefühl abspielen kann - so gelingen auch Flankenwechsel & Co ohne große Probleme. Außerdem ist die sture Orientierung an der Markierung denkbar unsinnig, da man oftmals kurzfristig entscheidet, ob man kurz oder lang passen will. Unterm Strich ist das neue Passen eine Bereicherung, die den bisher recht geradlinigen Spielaufbau aufbricht und damit mehr Konzentration verlangt: Man muss sich die Chancen noch besser erarbeiten. Inwiefern sich die weitere Individualisierung der Kicker darauf auswirkt, die EA unter dem Schlagwort "Personality+" verkauft, werden wir erst im Test klären - wird man einen Spieler an seinem Stil erkennen können?  

Mehr Arbeit im Mittelfeld

Die Animationen wurden in allen Bereichen verfeinert: Egal ob Zweikämpfe oder Kopfbälle.
Allerdings kann das Spiel im Mittelfeld auch in ein mühsames Hin und Her ausarten, da die Verteidiger jetzt noch aufmerksamer sind und fast schon zu stark das Tempo der Stürmer drosseln: Der Sprint eines Angreifers ist nur auf den ersten Metern effektiv und er kann sogar mit Vorsprung überholt werden. Und selbst wenn der Verteidiger nur in seinem Rücken klebt, senkt er damit spürbar dessen Geschwindigkeit - oder ist das noch eine Balanceschwäche unserer Version, dass die Defensive so stark wirkt? Die nahezu identischen 360-Grad-Dribblings sind zwar ansehnlich, aber für meinen Geschmack immer noch nicht effizient genug, wie etwa in PES 2011, wo es zum tatsächlichen Raumgewinn in bedrängter Situation kommt.

Jedenfalls sorgt auch die Macht der Verteidiger dafür, dass der Spielaufbau unterm Strich langsamer, authentischer, aber auch zäher wirkt als in FIFA 10. Das ist für Fußball mit Simulationsanspruch auch vollkommen in Ordnung, nur müsste man genug Möglichkeiten für die plötzliche Öffnung des Spiels über Dribblings oder Pässe in die Tiefe bieten. Hier wird erst die Testversion zeigen müssen, ob man die Viererkette auch oft genug über druckvolles Anspiel in die Schnittstellen aushebeln und die Flanken über weite Pässe für Tempogegenstöße bedienen kann. Da kommt es natürlich auch auf die Laufwege der Offensiv-KI an, die wir erst im Test intensiver beobachten. Kann man das Spiel lesen und frei zaubern?

Die neue Schwerkraft

Neben dem Passen wurde auch der Abschluss verbessert: Die Bälle wirken schwerer, kommen auch mal halbhoch auf den Kasten und senken sich dann.
Aber es gibt auch jetzt schon klare Fortschritte: Zum anderen hat man nämlich die Schussphysik und damit einen Hauptkritikpunkt spürbar überarbeitet - die Bälle wirken in nahezu allen Situationen schwerer. Wenn man aus guter Position aus der Distanz abzieht, senkt sich das Leder nach der Hälfte der Strecke sichtbar ab. Und zum ersten Mal kann man in FIFA auch satte halbhohe Schüsse beobachten. Auch das Kopfballspiel wirkt wuchtiger: Wenn man den Ball nach scharfer Flanke mit einem Keilstürmer à la Klose trifft, dann kracht er regelrecht ins Netz. Aber keine Bange, es gibt noch reichlich Abpraller und Flutlichtkiller, wenn man unüberlegt draufhält.

Einen Ausblick auf die Änderungen hinsichtlich der Spielmodi sowie die runderneuerte PC-Fassung, die endlich auf den Stand der Konsolen gebracht werden soll, werden wir euch nach der gamescom liefern. Auch dieses Jahr schöpft FIFA aus dem Vollen, was die exklusiven Lizenzen der 1. und 2. Bundesliga angeht: Alle deutschen Clubs sowie zig ausländische Ligen sind dabei. Außerdem sind wir auf die neuen deutschen Kommentare von Manni Breuckmann & Co, das Audiotool für die Erstellung eigener Fangesänge sowie den Online-Modus gespannt.

Ausblick

Kann FIFA 11 im Oktober zum ersten Mal unser Platin erobern? Dazu müsste es die Schwächen des Vorgängers konsequent ausmerzen und das sehr gute Fußballerlebnis noch spannender, noch unberechenbarer gestalten. Erste Anzeichen dafür sind zu sehen: Es gibt ein authentischeres, weil etwas fehleranfälligeres Passspiel sowie eine bessere Schussphysik, die den Ball schwerer Richtung Kasten fliegen lässt. Hinzu kommen geschmeidigere Animationen und aufmerksamere Torhüter. Aber noch wirkt der verlangsamte Spielaufbau etwas zäh. Das ist für ein Spiel mit Simulationsanspruch auch vollkommen in Ordnung, nur müsste man auch genug Möglichkeiten für die Öffnung über effiziente Dribblings und Tempogegenstöße nach schnellen Zuspielen bieten. Unterm Strich fühlt sich das neue Passsystem nicht so frei und radikal verändert an wie in PES 2011, so dass das grundsätzliche Spielgefühl bleibt - aber das war angesichts der vorhandenen Qualität nicht anders zu erwarten. Momentan sieht es also nach gelungenem Feintuning auf sehr gutem Niveau aus, aber für Platineuphorie ist es noch zu früh. Wir sind gespannt, wie sich die finale Version präsentiert!

Ersteindruck: sehr gut

Wie präsentiert sich Pro Evolution Soccer 2011? Zur Vorschau!

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