Vorschau:
Die gnadenlose Tradition
Der Drache reißt sich von der Mauer, kreischt seine Wut in das verschneite Hochgebirge und fliegt majestätisch davon – was für eine schrecklich schöne Kreatur. Ich interessiere ihn gerade weniger, denn ich bin nur ein in Leder gehüllter Wurm, der wie ein Häufchen Menschenelend hinter einer Kiste hockt. Und das ist gesund so. Ich bin froh, wenn ich heil über den nächsten Wehrgang komme. Mit angelegtem Schild und gezücktem Banditenmesser bewege ich mich langsam vorwärts. Wenn ich doch bloß eine bessere Klinge finden würde: Ein Königreich für ein Kurzschwert! Die Gefahr lauert überall. Es könnte sein, dass mannshohe Felsen eine der Seitentreppen hinunter poltern. Es könnte sein, dass eine Brandbombe von einem der Dächer fliegt. Und ganz sicher faucht mich gleich der nächste Tote mit blanker Klinge an.
Man darf niemanden unterschätzen. Es gibt scheinbar harmlos dahin schlurfende Bettelgestalten, die plötzlich wie irre auf mich einhacken. Als Dieb bin ich zwar flink, aber nur ein Fehler im Kampf und mein Hauch von Leder wird zerfetzt. Dann starte ich mit voller Kraft am letzten aktivierten Lagerfeuer, bin jedoch nur eine untote Hülle und dann sind auch alle Feinde wieder da, die wie Odins gefallene Krieger ewig kämpfen. Das Speichern ist jetzt etwas komfortabler, weil man häufiger dazu kommt, wenn man einen Rastplatz findet. Schön ist, dass man diese aufwerten kann, falls man lebt: Gleich zu Beginn braucht man auch noch Menschlichkeit, um ein normales Wachfeuer weiter zu entfachen, damit es einem die doppelte Zahl an vollen Heilflakons gewährt. Wie erlangt man die bloß? Von Dämonen und Phantomen? Dark Souls (ab 16,43€ bei kaufen) lüftet seine Geheimnisse nicht so schnell. Und das ist gut so.
Klassische Charaktererstellung
Jeder Schritt will gut überlegt sein. |
Auch die anfängliche Stufe, Ausrüstung und Fähigkeit ist je nach Charakter unterschiedlich: Der Pyromant beginnt auf der ersten Stufe mit Handaxt und Feuerzauber, während der Dieb auf der fünften Stufe zwar mit kritischen Treffern und einem Generalschlüssel loszieht, der ihm so manche Tür öffnet, aber lediglich einen abgebrochenen Schwertgriff als Waffe nutzen kann. Der Vagabund führt hingegen sofort einen Krummsäbel, der Jäger einen Bogen – zwei sehr gute Waffen für den Einstieg. Außerdem darf man sich noch eine von acht Gaben aussuchen: Vom scheinbar schnöden Fernglas über den göttlichen Heilzauber bis hin zum seltsamen Winzwesenring ist einiges dabei.
Gefährliche Pilgerreise
Die Gefahr lauert überall - viele bizarre Kreaturen sind hinzu gekommen. |
Die untoten Hüllenkrieger sind teilweise überraschend agil, weichen aus oder rennen auf einmal los. Sie nutzen nicht nur Schild, Bögen und Brandbomben, sondern heilen sich sogar, wenn man sie zu lange nur passiv beobachtet. Obwohl ich bereits einen großen Dämon zu Beginn besiegen musste, um aus einem Gefängnis zu entkommen, bleiben diese Gefechte gegen mehrere normale Gegner hochgradig spannend. Man kann einfach zu schnell umzingelt und vernichtet werden. Und als ich irgendwann mit wenig Leben falsch abbiege und zwei finstere Hünen aus der Dunkelheit mit Keulen auf mich zu rennen sehe, dreh ich tatsächlich um und fliehe…da ist er wieder, der Respekt vor dem unbekannten Feind.
Taktisches Töten
Vor allem in Unterzahl muss man clever blocken und ausweichen. |
Aber man darf sich nichts vormachen: Die richtige Ausrüstung ist mindestens so wichtig wie gute Reflexe. Eine Brandbombe hier, ein paar Wurfdolche da oder etwas brutzelnde Magie auf die Klinge geschmiert und schon kann man etwas aufatmen, weil man früher oder einfach mehr Schaden anrichtet. Ob ich mir Lloyds Talisman kaufen soll, um das Regenerieren der Feinde zu verhindern? Aber ein Bogen wäre auch nicht schlecht. Oder diesen einen Ring, der das mysteriöse Archiv öffnet? Oder doch besser voll in die Heilung investieren? Fragen über Fragen, die die interessante Charakterentwicklung begleiten, der man jeden erhöhten Punkt anmerkt. Man wird langsam, aber spürbar besser.
Im Land der finsteren Fürsten
Ruhe am Lagerfeuer: Man kann diese aufwerten, um mehr Heiltränke zu bekommen. |
Der Nexus und seine blinde Lady sind passé, man erkundet nach der Flucht aus dem Gefängnis ein grünes Tal voller verwitterter Statuen. Das ist quasi die Basis mit mehreren Routen und drei Charakteren: Ein sarkastischer Krieger, der etwas von zwei Glocken der Erweckung und einem Turm der Toten faselt, ein feister Kleriker und eine stumme Frau. Ob man sie zum Sprechen bringen kann? Oder soll man dem „Weißen Pfad“ dieses Petrus von Thorolund folgen und ihm einen Eid schwören? Selbst Göttern kann man sich anschließen, wenn man denn einem Totenfürsten trauen will.
Das bringt Vorteile wie etwa Waffen, Ausbildung oder Quests, aber bei Regelbruch auch Nachteile. Man kann bei vielen Fragen annehmen oder ablehnen. Wenn man einen Eid bricht oder friedliche Charaktere wie Händler oder Ratgeber angreift, sammelt man Schuld an. Diese leuchtet wiederum so deutlich in der Online-Welt, dass das eigene Abenteuer von Kopfgeldjägern heimgesucht werden kann. Wer diese Gefahr bannen will, muss seine Sünden tilgen. Aber wo? Vielleicht erst gar nicht damit anfangen.
Schon bald hört man etwas von einem vermissten Magier und trifft einen verrückten Händler. Man kann einen abgelegenen Friedhof erkunden, in die Tiefe fahren und dort die finsteren Ruinen von Neu-Londo besuchen oder sich in die Stadt der Untoten wagen, die sich wie ein riesiges Nest der Diebe himmelhoch in den Fels schmiegt. Vieles erinnert in der Struktur an den Vorgänger, denn genau so wie dort wird auch hier nur angedeutet, nie mit dem Finger oder gar dem Kompass auf ein Ziel gezeigt. Was glitzert eigentlich da hinten so verführerisch beim Skelett? Man hat immer die Wahl, in welche Richtung man loszieht. Die Welt ist nicht komplett offen, sondern wie gehabt, allerdings etwas großzügiger, in Abschnitte unterteilt, die man teilweise über Nebeltore betritt.
Prickelnde Ungewissheit
Die Charaktererschaffung bietet viele Optionen. |
Diese Ungewissheit ist ein Teil des Erfolgsrezeptes, weil sie mich zum aufmerksamen Ergründen und Erforschen motiviert. Man sollte nicht nur mit allen Personen einmal sprechen, auch mehrmals, um Hinweise zu erhalten. Auch der Boden offenbart wie gehabt so manche nützliche Botschaft: Runen glimmen und lassen sich lesen. Später kann man selbst welche in den Boden schnitzen, um Mitspieler auf etwas aufmerksam zu machen oder zu warnen. Begegnet man sich direkt im Spiel, kann man auf ein Repertoire an Gesten zurückgreifen – man kann sich verbeugen, mit der Schulter zucken, auf bestimmte Stellen deuten oder zeigen.
Man kann erneut online kämpfen, um sich z.B. kooperativ einem größeren Dämon zu stellen. Natürlich immer inklusive der Gefahr, dass schwarze Phantome das eigene Spiel entern, oder dem nicht zu unterschätzenden Reiz, dass man selbst in laufende Abenteuer eindringen kann – allerdings geht all das nur in menschlicher Gestalt. In Dark Souls gehört der Tod zum Alltag. Einmal sterben ist auch gar nicht schlimm. Man muss dann einfach nur zurück an den Ort seines Todes. Aber wer auf dem Weg dorthin ein zweites Mal stirbt, verliert im schlimmsten Fall alle Seelen und Menschlichkeit. Letztere hat allerdings keine Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeit oder die universelle Tendenz der Welt.
Ausblick
Kribbeln im Nacken, Schild im Anschlag: Freut euch auf dieses Abenteuer! Es hat nicht lange gedauert und ich war schon wieder komplett verloren in dieser gnadenlosen Welt: Diese schwermütige Tragik, diese klangvollen Namen, diese Aussicht auf Rätselhaftigkeit. Es gibt kleine Ärgernisse wie die fehlende Kollisionsabfrage hier oder die schwachen Bodentexturen da – ja, technisch war mehr drin. Aber das große Ganze wirkt dennoch majestätisch und monumental. Es geht um Instinkte, Gefahr und Erkundungsreize. Und genau dieses Gefühl vermittelte kein anderes Spiel so unmittelbar wie Demon’s Souls. Ich hatte angesichts des erhöhten Speicherkomforts befürchtet, dass man das Design vielleicht verwässert. Aber dieser Nachfolger macht am 7. Oktober genau das Richtige: Er führt die Tradition fort!
Ersteindruck: sehr gut
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