Vorschau:
Einstieg ohne Einstieg
Eine der großen Stärken: Die offene Landschaft mit ihrer wilden Natur und den markanten Gebäuden. |
Angeblich wollen die Amerikaner den Beginn der Story nicht verraten. Diese Spoiler-Hysterie kennt man sonst nur aus Japan – und liebe Freunde von Bethesda: Das ist doch spätestens mit den ersten Tests obsolet! Ich kann ja verstehen, dass man die Auflösung einer Geschichte nicht vorher im Netz lesen will, aber soll jetzt schon der Prolog ein Firmengeheimnis sein? Bevor man also mittendrin loslegen durfte, gab es noch eine Mahnung von Bethesdas Vize-Präsident Pete Hines, dass in der Vorschau nicht über den Bürgerkrieg geschrieben werden darf. Mal abgesehen davon, dass die Untoten in den Höhlen davon ohnehin nichts wussten: Ob er weiß, dass der Bürgerkrieg bereits auf der offiziellen Webseite thematisiert wird? Aber jetzt weg von der manchmal abstrusen PR-Politik, rein ins Spiel, denn das ist wichtiger - und vor allem besser.
Epische Winterfantasy
The Elder Scrolls: |
2006 - Elder Scrolls IV: Oblivion; 88% 2002 - Elder Scrolls III: Morrowind; 87%
1996 - Elder Scrolls II: Daggerfall
1994 – Elder Scrolls I: Arena Das Überraschende ist: Auch ohne Intro, eigentlichen Einstieg und erzählerisches Fundament fühlt sich Skyrim bereits sehr stimmungsvoll an. Das kann daran liegen, dass die melancholische Musik umgehend vertraute Erinnerungen an alte Abenteuer weckt – schon die ersten vorsichtigen Schritte aus einer Höhle heraus in die verschneite Wildnis haben so manche Bilder aus Morrowind und Oblivion beschworen. Wie viel Zeit ich in diesen beiden Abenteuern verbracht habe! Übrigens bin ich, vermutlich aufgrund meines immer noch chronischen Dark Souls-Pensums, mit Schild und Axt im Anschlag heraus getigert, als würde mich gleich ein Dämon überfallen. Dabei huschten zunächst nur Hase und Fuchs verschreckt durch den Wald. Erst später wird es mit schwarzen Wölfen und Banditen interessanter, mit Trollen und Drachen lebensgefährlicher.
Wie lebendig sind die Orte? Noch konnten wir keine großen Städte, sondern lediglich ein kleines Dorf erkunden. |
Ob die Gerüchte wahr sind? Auch wenn der Mann seine plappernde Mutter als Spinnerin abtut, verrät Bethesda ja schon lange, dass es im Kern um diese mythischen Kreaturen gehen wird, denen man trotzen muss. Es geht erzählerisch um zwei Dinge: Zum einen darum, dass sich einige poltische Fraktionen um einen verwaisten Thron streiten; zum anderen um eine alte Prophezeiung, die von einem Helden mit besonderer Kraft berichtet, der die Drachen besiegen oder gar zähmen kann. Über den Gehalt der Story kann man nach drei Stunden natürlich noch nichts sagen – zumal der Bürgerkrieg ja tabu ist.
Zwischen Schneewehen und Windhelm
Egal ob Dunkelelfen oder Orks, Zwerge oder Khajiit - Bethesda bleibt seinen Völkern treu. |
Unterm Strich darf man sich auf eine sehr ansehnliche Kulisse freuen, die vor allem mit ihrer wilden Winterlandschaft in höheren Lagen, architektonisch markanten Bauten, tollen Ruinen und feinen Charakterdarstellungen punktet. Es macht einfach Spaß, in Ego- oder Schultersicht durch die raue Wildnis zu streifen - ein Pferd konnte ich noch nicht besteigen, aber es wird Reittiere geben. Wie groß das Ganze ist? Gute Frage, die Weltkarte deutet mit all den umnebelten Stätden wie Winterhold, Dawnstar, Windhelm, Morthal, Falkreath & Co an, dass es mal wieder viel zu entdecken gibt. Übrigens kann man einmal besuchte Orte über einen Klick auf ihren leuchtenden Namen schnell wieder erreichen – selbst recht nah beieinander liegende in einer Region. Dass man Orte grau darstellt, die man nur vom Hörensagen kennt, ist schön. Schade ist, dass man selbst unentdeckte Orte in der Nähe, wie etwa eine Höhle in einem Kilometer Entfernung, schon in der Kompassleiste anzeigt; dort tauchen auch Gegner als rote Punkte auf, noch bevor man sie gesehen hat. Warum bietet Bethesda nicht wenigstens die Option, diese Hilfen abzuschalten? Mir ist das etwas zu viel der Information – ich will diese Landmarken selbst entdecken!
Klassische Charakterentwicklung
Mystische Kreaturen und ein Hauch von nordischer Saga - die Atmosphäre stimmt. |
Ich wähle einen Khajiit, denn sie sind sehr flink, besitzen die Nachtsicht und eignen sich hervorragend für eine Karriere als Diebe, die übrigens wie Ritter, Magier, Meuchler & Co erneut eine eigene Questreihe abseits der Hauptstory erleben können – gerade diese klassenbezogenen Abenteuer waren in der Vergangenheit erzählerisch interessanter als das große Ganze. Nach der Rasse geht es an den Körper, den Kopf und das Gesicht. Man kann seinen Helden oder seine Heldin hier sehr individuell mit Narben, Tattoos & Co gestalten. Und schon hier zeigt die neue Engine, dass sie sehr viele Details verarbeiten kann: Egal ob Statur oder Mimik - die Figuren sehen klasse aus, jede Änderung ans Ausrüstung & Co wird später dargestellt. Wichtiger sind natürlich die inneren Werte: Man entwickelt seinen Helden ohne Klassenkorsett nach jedem Aufstieg frei.
Aufstieg und Karriere
In der rauen Natur trifft man flüchtende oder aggressive Wesen. |
Waffen und Rüstung haben je drei Statistiken: Schaden bzw. Schutz, Gewicht und Wert. Wer zu viel mit sich herum trägt, wird irgendwann langsamer oder gar bewegungsunfähig; aber keine Bange, man kann alles bequem bei Händlern verkaufen. Sehr schön ist, dass ich alles im Inventar näher anschauen kann. Egal ob Schwert, Ring oder Trank – jedes Objekt lässt sich im Vollbild drehen und zoomen; das kann bei wichtigen Artefakten sogar zu Hinweisen führen. Oder was bedeuten die Gravuren von Bäre, Eule und Schmetterling, die man erst erkennt, wenn man die mysteriöse Drachenklaue dreht? Die sollte ich übrigens für einen Händler namens Lucan besorgen – ein Haufen Banditen hatte sie ihm angeblich gestohlen. Ob ich sie ihm zurückbringe oder lieber weiter ziehe, um sie irgendwo einzusetzen? Angeblich soll sie in den Höhlen ein uraltes Geheimnis offenbaren, wenn dieser seltsame Kauz recht hatte.
Quests und Gespräche
Vor allem die Kämpfe in den verfluchten Katakomben verlangen gute Vorbereitung. |
Man kann natürlich einfach so durch die Landschaft ziehen und Geheimnisse entdecken wie etwa ansehnliche Höhlen voller Fallen und Monster oder das unscheinbare Häuschen einer kräuterkundigen Dame. Sehr schön ist, dass auch diese gewöhnlichen Begegnungen ihre Geheimnisse bergen und plötzlich in einen Konflikt umschlagen können – wer den Keller des Hauses betritt, wird danach gnadenlos attackiert. Schade ist, dass Bethesda diese Situationen manchmal recht spröde inszeniert: Warum kann ich z.B. keinen Dialog mit der Frau führen, in deren Garten ich gerade mal so reinstapfe? Warum hält sie mich dort nicht auf und wird misstrauisch? Ich darf erstmal unbehelligt in ihr Haus hinein und kann mich dort ohne Kommentar umsehen.
Mal sehen, ob das in der finalen Version auch so inszeniert wird. Aber auch andere Szenen deuten an, dass sich Bethesda zwar deutlich gesteigert hat, was die Darstellung der Gesprächssituationen angeht, aber seiner im Vergleich zu BioWare-Rollenspielen eher spröden Erzählweise treu bleibt – es gibt zwar auch mal Multiple Choice, aber wo die Kanadier den Weg innerhalb der Dialoge natürlich über Begrüßung, Smalltalk und Nachfragen vorbereiten, wird man hier manchmal recht plump zum Kern geworfen. Da treffe ich den eifersüchtigen Sven, aber obwohl ich noch nie etwas von seinem Problem gehört habe, kann ich ihn sofort fragen: „You and Faendal like the same girl?“ Dafür sind Landschaft und vor allem die Katakomben hier zwei Klassen interessanter als bei den Kanadiern: Erstere erzählt ihre kleinen Geschichten schon über die mysteriöse Architektur, die mit ihren Ruinen zum Stöbern einlädt; Letztere überzeugen bisher mit Fallen, kleinen Rätseln und toller Atmosphäre.
Mitten im Kampf
Noch konnten wir erst ein, zwei Quests spielen - wie schlägt sich das Abenteuer auf lange Sicht? Neu sind übrigens Tötungsmanöver. |
Sobald es in ein Gefecht geht, hat man die Qual der Wahl: Will man schon bei Sichtkontakt zum Bogen oder Zauber greifen, um auf Distanz zu attackieren? Oftmals ist das die beste Vorbereitung, denn die Nahkämpfe sind schnell und teilweise etwas hektisch, da man Feinde nicht fixieren kann, was gerade bei vielen kleineren Gegnern zu wilden Hieben und Kameraschwenks führt. Oder kommt das noch? Neu sind die Tötungsmanöver, die man bei stark verwundeten Feinden oder aus der Deckung heraus ab und zu einleiten kann, bevor es eine brachiale Szene gibt, in der sich eine Klinge durch die Rüstung des Gegners frisst. Das wirkte allerdings nicht immer so fließend und wuchtig wie man sich das wünschen würde.
Theoretisch kann man in der linken Hand einen Flammenzauber und in der rechten sein Schwert führen, um beidhändig loszulegen. Welche Waffe macht mehr Schaden? Das wird einem sehr komfortabel über die neue Menüstruktur angezeigt. Man kann im Inventar seine Favoriten markieren, egal ob Klinge, Trank oder Zauber, die dann auf Knopfdruck über das Digikreuz erreichbar sind. Man kann auch Schwert und Schild führen, um gezielt zu blocken oder den Schildstoß einzusetzen, um den Gegner für einen Moment ins Taumeln zu bringen. Was seltsamerweise nicht geht: Über den erhobenen Schild schlagen oder neben ihm zustoßen; entweder man blockt und stößt zu oder schwingt bei offener Deckung die Waffe. Auch schwere statt einfache Hiebe oder direkte Konter mit gutem Timing sind scheinbar nicht möglich. Dafür kann man zweihändig sowohl mehr Klingen- als auch Zauberschaden anrichten.
Fließende Schwierigkeit
Auch Skyrim wird viel über seine Ruinen und mysteriösen Orte erzählen. Was haben die Zeichen zu bedeuten? |
Um es abzukürzen: Skyrim wird zwar mehr Taktik bieten als ein Hack`n Slay, aber deutlich weniger als Dark Souls. Hier wirken die Gefechte wesentlich leichter, zumal der mächtige Flammenzauber alles wegbrutzelt, man jederzeit pausieren und mitten im Kampf sowohl Heiltränke als auch aufputschende Mittel nutzen kann. Trotzdem kommt in den sehr gut designten Dungeons durchaus situative Spannung auf, denn Trittplatten lösen böse Fallen aus und gerade in Unterzahl muss man sehr clever agieren, um nicht aufgerieben zu werden - zumal sich die Feinde automatisch der eigenen Stufe anpassen. Es sei denn, man erforscht einen Teil einer Höhle und kommt später weiter entwickelt wieder; dann sind die Feinde so stark wie zu Beginn. Eine gute Vorbereitung lohnt sich immer: Wer sich schleichend annähert macht deutlich mehr Schaden, wer aus der Deckung heraus schießt, kann viele Probleme vorher lösen.
Nicht nur Magier freuen sich über ein riesiges Arsenal an Zaubern, darunter auch die Beschwörung von mit kämpfenden Untoten oder der Blick durch Mauern. Auch konventionelle Helden dürfen später als Drachensöhne eine besondere Macht wirken: Die mysteriösen Rufe. Wer die Silben findet, kann in drei Stufen eindrucksvolle Druckwellen auslösen, die Zeit verlangsamen oder sich sogar teleportieren. Wie sich diese Dracheneigenschaften auf die Balance auswirken, kann erst der Test zeigen.
Es gibt fünf Schwierigkeitsgrade, die man jederzeit anpassen kann – selbst während eines Kampfes. Auch auf der Speicherseite bietet man Komfort: Man kann sogar die Minutengrenze für das automatische Sichern manuell anpassen. Veteranen werden sich zudem über die vielen Texte freuen, die man in Form von Büchern und Notizen findet und die nicht nur viel von der Stimmung ausmachen, wenn man sich auf die Lektüre einlässt. Sie geben auch Hinweise auf Schätze und Quests. Ich habe bisher nur auf Englisch spielen können und hoffe, dass die Lokalisierung diesmal besser wird als bei Oblivion – das war damals eine grausame Eindeutschung, die viel Atmosphäre kostete. Auf Anfrage betonte Bethesda, dass man sich diesmal sehr viel Mühe für die deutsche Version gegeben hat. Ich bin gespannt, denn gerade Rollenspiele brauchen eine gewissenhafte Lokalisierung.
Ausblick
Auch wenn ich nach knapp drei Stunden nur eine Facette dieses Rollenspiels einschätzen kann: Das hat Spaß und vor allem Lust auf mehr gemacht! Okay, ich habe ganze Monate in Morrowind und Oblivion verbracht, so dass ich mich gerade aufgrund der melancholischen Musik und der vielen Déjà-vus hinsichtlich der angenehm freien Charakterentwicklung schnell heimisch fühlte. Mir gefällt nicht nur die nordisch angehauchte Fantasy, sondern vor allem die wilde Landschaft mit ihren markanten Dörfern und Festungen, die gefährliche Atmosphäre in den Dungeons und das zum Stöbern animierende System aus dreh- und zoombaren Items sowie Notizen und Büchern. Was mir weniger gefällt ist die Kompassleiste mit all ihren Hinweisen (macht es doch optional!) und so manches plump wirkende Gespräch mit Nebencharakteren. Zwar scheint Skyrim trotz lobenswerter Ansätze in der Inszenierung, die einen mal in einen laufenden Streit platzen oder böse für Vertrauen bezahlen lässt, weiter etwas spröde in den Dialogen zu bleiben. Auch im Kampf scheint man bis auf neue Tötungsmanöver keine taktische Qualität zu gewinnen, wobei der Anspruch dennoch über dem eines Hack'n Slay liegt - ohne gute Vorbereitung wird man aufgerieben. Die weite, dabei trotzdem dicht designte Welt übt jedenfalls schon nach kurzer Zeit eine große Anziehungskraft aus. Nicht weil sich die Schneewehen so fantastisch über Felsen brechen, sondern weil Skyrim ähnlich wie seine Vorgänger viel über seine Landschaft, seine Ruinen und Artefakte erzählen kann. Jetzt bin ich gespannt auf die Qualität der Quests, die Lebendigkeit der Städte, die Wirkung der Drachenrufe und die deutsche Lokalisierung.
Ersteindruck: sehr gut
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