Prototype 201.03.2012, Paul Kautz
Prototype 2

Vorschau:

Prototype war kein gutes Spiel. Es hatte gute Ansätze, es hatte Ambitionen, es hatte einen kernigen Antihelden - aber im Endeffekt lieferte es nur plumpe, belanglose Hirn-aus-Buttonmashing-an-Action in hässlicher offener Welt. Die besten Voraussetzungen für einen in jeder Hinsicht verbesserten Nachfolger?

Ein Mutant wie du und ich

Neuer Held, alter Virus - das Grundgerüst von Prototype 2 bleibt unangetastet.
Neuer Held, alter Virus - das Grundgerüst von Prototype 2 (ab 23,99€ bei kaufen) bleibt unangetastet.
James Heller ist eine arme Sau. Er hat alles verloren, wirklich alles - der Mercer-Virus hat nicht nur seine Frau, sondern auch seine kleine Tochter dahingerafft, während er als Soldat in fremden Ländern kämpfte. Ihm bleibt nichts außer weiß glühender Rache, die sich auf den Mann fokussiert, der dem Virus den Namen verlieh: Alex Mercer, Held des ersten Spiels. Direkt zu Beginn des Spiels bekommt Heller die Chance, seine Rache auszukosten, steht Mercer doch direkt vor ihm. Einige brachiale Hiebe mit dem mächtigen Messer in den Körper würden selbst von Chuck Norris nur noch bärtige Fleischbrocken zurücklassen - doch Mercer lässt das völlig kalt. Als Antwort lässt er seine Mutantenkräfte spielen und infiziert Heller mit dem Virus, der bei ihm jedoch nicht tödlich wirkt. Stattdessen verfügt er nun über einen Teil von Mercers Superkräften, die er nicht ohne Grund erhalten hat. Denn wir ihm Alex mitteilt, ist er mitnichten der Ursprung der Seuche - stattdessen weist sein anklagender Finger in Richtung mächtiger Großkonzerne und Militärs. Wem glaubt man nun? Dem Typen, der einem gerade die Kräfte eines Halbgottes gegeben hat, oder den Kerlen, die einen betäuben und in eine Versuchsanstalt schmeißen?

Die Suche nach der Wahrheit führt Heller durch das in drei riesige Bezirke unterteile New York Zero: Gelb ist der Quarantänebereich, in dem sich die Infizierten aufhalten. Grün ist die sichere Gegend der gesunden

Schon nach kurzer Zeit lernt Heller den Gleitflug - und kann damit schnell durch New York Zero zischen.
Schon nach kurzer Zeit lernt Heller den Gleitflug - und kann damit schnell durch New York Zero zischen.
Bewohner der Stadt. Hier haben Polizei und Militär einen lückenlosen Überwachungsstaat errichtet, Kameras und schwer bewaffnete Einheiten sind überall. Rot ist das Partyviertel: Hier sind die Straßen und Häuser von gigantischen Mutantentakeln durchzogen, grausige Kreaturen ziehen durch die düsteren Schluchten, hier warten die härtesten Widersacher - und schmerzhafte Antworten.

Die Jagd ist eröffnet

Anfangs ist man auf die gelbe Zone beschränkt, die anderen werden nach im Verlauf der Handlung freigeschaltet. Innerhalb dieser Areale darf und soll man sich komplett frei bewegen, denn Prototype 2 (P2) ist wieder ein sehr offenes Spiel, in dem man zwar einem roten Handlungsfaden folgt, sich nebenbei aber vielen Sekundäraufgaben widmen kann. Die anfangs vielleicht sogar erdrückende Bewegungsfreiheit wird innerhalb der Missionen immer wieder dahingehend eingeschränkt, dass man zu gesperrten Bereichen keinen Zutritt hat, jedenfalls nicht in der Heller-Form. Dieses Problem umgeht man, indem man einfach eine Person, die entsprechenden Zugang hat, »konsumiert«:

Ist Alex Mercer wirklich für die Seuche und all ihre Konsequenzen verantwortlich?
Ist Alex Mercer wirklich für die Seuche und all ihre schrecklichen  Konsequenzen verantwortlich?
Das ist ein Euphemismus für »ein Schrei, eine Blutfontäne, ein übernommener Körper« - ähnlich wie im Shiny-Klassiker Messiah, nur ohne Engel. Man kann aber nicht einfach herumrennen und alles konsumieren, was nicht bei Drei auf den Wolkenkratzern ist, denn sowohl Zivilisten als auch Militärpersonal sind sehr aufmerksam - wer in voller Sicht einfach das Körper-wechsle-dich-Spielchen spielt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er danach von Panzern begrüßt wird. Oft genug wird aus diesem Dilemma ein Puzzle gestrickt: Wie konsumiere ich eine von fünf Wachen umgebene Person, ohne dass diese es mitbekommen? Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass man in jeder Situation die Wahl zwischen brutalem und unauffälligem Vorgehen hat - das eine ist schwerer, das andere zeitintensiver.

Mit gut geschliffenen Klauen schlitzt es sich doch gleich viel besser: Nach und nach werden Spezialkräfte freigeschaltet.
Mit gut geschliffenen Klauen schlitzt es sich doch gleich viel besser: Nach und nach werden Spezialkräfte freigeschaltet.
Die Suche nach den »richtigen« Personen nennt sich schlicht »Jagd«. Statt auf einen Zweiläufer verlässt sich Heller aber lieber auf sein Mutanten-Sonar: Er sendet einen Impuls aus, der von der Zielperson reflektiert wird und sich auf diese zentriert - dieses Zentrum muss man finden, was gelegentlich etwas umständlich ist, da der Ping scheinbar keine Höhenunterschiede berücksichtigt. Hat man sein Opfer gejagt und zur Strecke gebracht, ist ein nachfolgender Kampf meist unausweichlich. Man kann P2 nun genauso wie den ersten Teil spielen, nämlich wild auf die Angriffstasten kloppend. Das funktioniert, aber die wirklich coolen Kombos bekommt man dadurch nicht zu sehen, außerdem erfordern gerade die dickeren Feinde mehr als nur ein Faust-Stakkato. Im Laufe des Spiels werden frische Angriffe freigeschaltet, die Heller u.a. mächtige Klauen verleihen, oder die Fähigkeit, fette Stacheln aus dem Boden schießen zu lassen. Die Kämpfe erinnern leicht an Batman: Arkham Asylum - man wechselt fließend von einem Feind zum nächsten, weicht elegant Angriffen aus und zischt zwischendurch mühelos in die Luft, um einen nassforschen Helikoper zu pflücken. Die gegnerische KI soll besser als beim Vorgänger sein (was nicht schwer ist, war sie doch damals kaum vorhanden), aber beeindruckende Intelligenzbestien sind mir nicht aufgefallen - hier geht’s mehr um das Zermatschen von Massen statt den Kampf gegen ausgefuchste Feinde. Allerdings gibt es wieder mächtige Bosse, die nach aufmerksamer Einzelbehandlung verlangen.

Raketendart

Einer der Gründe, warum Prototype nie offiziell in Deutschland erschien, war die Gewaltdarstellung - die ich allerdings nie als sonderlich brutal empfand. Ähnliches ging mir auch beim Spielen des zweiten Teils durch den Kopf:

Und dazu reichen wir einen leichten Riesling: Das Konsumieren von Personen gibt nicht nur Energie, sondern auch neue Hüllen für Heller.
Und dazu reichen wir einen leichten Riesling: Das Konsumieren von Personen gibt nicht nur Energie, sondern auch neue Hüllen für Heller.
Ja, das Konsumieren von Figuren wird matschig dargestellt, ja, man kämpft gegen Menschen - aber wirklich krass war das Gezeigte nicht. Die Gegner stürmen aus allen Richtungen auf Heller ein, wobei man Warnungen bekommt, wenn ein Feind kurz davor ist, von hinten eine mächtige Attacke zu landen. Durchschlagende Geschütze haben Laservisiere, anhand derer man erkennen kann, ob man sich gerade im Fadenkreuz befindet. Fühlt man sich überrannt, kann man entweder die Mutantenbeine in die Hand nehmen (schon früh in seiner Spielkarriere erhält Heller Flugfähigkeiten, die später noch ausgebaut werden) oder sich an herumkutschenden Vehikeln gütlich tun. Entweder übernimmt man einen Panzer oder Helikopter und sorgt damit für Schrecken in den Straßen, oder man bedient sich nur an ihren Geschützen, um flexibler zu bleiben: Dem Panzer wird das schwere MG entrissen, dem Heli die Raketen, die nach einem gut gezielten Wurf ganze Gegnergruppen in rote Brösel verwandeln.

Einer der größten Nachteile von Prototype war seine eklatante Hässlichkeit. Der zweite Teil ist nicht ganz so abstoßend, aber auch weit von der Stilsicherheit eines Grand Theft Auto IV oder Saints Row: The Third entfernt. Immerhin wird die Handlung ansprechend inszeniert: Es gibt Echtzeit-Cutscenes, echte Videos sowie interessante Flashbacks, die man von vereinzelten »Konsumopfern« erhält.

Ausblick

Eines kann man Prototype 2 schon jetzt locker zugestehen: Es sieht besser aus als der Vorgänger. Nicht wirklich hübsch, aber immerhin besser. Die Entwickler versprechen schlauere KI, abwechslungsreichere Kämpfe, fesselndere Handlung sowie interessantere Anwendung der Mutantenkräfte. Das mag alles zutreffen, dennoch war das, was ich bislang spielen konnte, lediglich eine launige Ansammlung von Massenkeile und rasantem Erkunden des zugegebenermaßen gut inszenierten New York Zero. Die Jagd nach Zielpersonen, der ständige Wechsel des Wirtskörpers, die Wahl zwischen unauffälligem und brutalem Vorgehen - das ist per se interessant, muss sich aber noch im ausführlichen Test beweisen. Bislang wurde mein Hunger nach einem fesselnden Open-World-Titel von Prototype 2 nicht gesättigt.

Ersteindruck: befriedigend

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