Final Fantasy 13-207.12.2011, Benjamin Schmädig
Final Fantasy 13-2

Vorschau:

Schnell, zugänglich und modern soll ein Rollenspiel sein, sich aber nicht zu weit von seinen Wurzeln entfernen - eine schwierige Gratwanderung für ein Mammut wie Final Fantasy. Und so beschwerten sich viele Fans, als sie von Episode XIII durch eine enge Abenteuergasse geführt wurden. Sie vermissten die spielerische Freiheit vergangener Final Fantasy-Geschichten. Und die Serienväter schenkten ihnen Gehör. Denn die Fortsetzung öffnet ihnen alle Wege: in den Raum und in die Zeit!

Alles dreht sich um Kreiss

Eine kurze Zusammenfassung bringt Neueinsteiger und jene, die Final Fantasy XIII vor vielen Monaten beendet haben, auf den neuesten Stand: Lightning steckt - so scheint es jedenfalls - in einer anderen Zeit in Valhalla fest, kann diesmal also nicht die Hauptrolle übernehmen. Weil sie das mythische Reich gegen einen mächtigen Angreifer verteidigen muss, bittet sie den Zeitreisenden Noel Kreiss, ihre Schwester Serah aufzusuchen. Das gelingt ihm noch im Vorspann und so sind er und Serah schon bald gemeinsam auf der Suche nach der großen Schwester.

Noel kann aber den Weg nicht zurückgehen - auch er muss erst wieder durch Zeit und Raum zu Lightning finden. Und so nutzt das Duo die Historia Crux, eine Zeitmaschine, um durch die vierte Dimension zu reisen. Das Besondere daran ist eine große Neuerung für Final Fantasy: Noel und Serah beeinflussen mit ihren Taten die Geschichte. Sie manipulieren Ereignisse, reisen nach Belieben vor oder zurück und erreichen so ein Finale, das das Ende ihrer ganz persönlichen Reise markiert.

Weiße Pixel

Ich bin übrigens einer dieser Fans. Einer, dem die spielerische Einbahnstraße Final Fantasy XIII sauer aufstieß. So rasant die Kämpfe inszeniert waren, so sehr störte es mich, dass die umfangreiche Rundentaktik durch ein überschaubares Echtzeittiming ersetzt wurde. Aus Bewegungsfreiheit wurden enge Beschleunigungsstreifen, um ja einer vermeintlichen Kurzweil-Generation gerecht zu werden. Zu allem Überfluss wurden aus gut geschrieben Dialogen und einem ruhigen Szenenaufbau oberflächliche Einzeiler, mit denen die Figuren schon mal binnen eines Wimpernschlags von Trauer zu Freudentanz wechselten. Nichts gegen quirlige Animes, aber XIII übertrieb es mit der Husch-Husch-Erzählweise. Was habe ich mich deshalb gefreut, als Square Enix auf die Fans hören wollte: Die Fortsetzung soll größer und offener werden!

An Erzählweise und Charakterzeichnung des Vorgängers hält Final Fantasy XIII-2

... während sich ihre Schwester gemeinsam mit dem Zeitreisenden Noel auf die Suche nach ihr macht.
... während sich ihre Schwester gemeinsam mit dem Zeitreisenden Noel auf die Suche nach ihr macht.
allerdings fest: Die Figuren offenbaren ihre Konflikte durch die Wiederholung kitschiger Einzeiler, während zwischen den Zeilen nur weiße Pixel stehen. So wiederholt Serah immer wieder, wie sehr sie Lightning und ihren Geliebten Snow vermisst. Als sie ihn aber wiedersieht, bleibt sie so ungerührt, als wäre er fünf Minuten im Bad gewesen. Beim besten Willen: Eine solche Erzählweise erschließt sich mir einfach nicht. Dennoch: Unterm Strich wusste der Vorgänger trotz ähnlicher Schwächen eine interessante Geschichte zu erzählen. Man darf diese Qualität gerade einem Spiel dieser Serie also nicht vorschnell absprechen. Ich bin zwar ernüchtert, aber noch immer auf die offene Zeitreise gespannt!

Hallo und Auf Wiedersehen!

Wichtiger sind ohnehin die spielerischen Werte - und leider hat Square Enix nicht überall ausgebaut, wo zuletzt wichtige Facetten fehlten. U.a. halten die Entwickler an dem Kampfsystem fest, das Detailtaktiker unterfordert. Das bedeutet, man weist jeder Figur eine Rolle zu (z.B. Heiler, Verzauberer oder Angreifer) und kann die ebenfalls zuvor bestimmte Kombination verschiedener Rollen aller Teammitglieder bei Bedarf ändern. Das bedeutet auch, dass die Mitstreiter durchgehend selbstständig kämpfen, wobei sie sich zwar clever anstellen, gerade als Angreifer aber das wichtige Timing nicht auf die Aktionen des Spielers abstimmen. Man ist nach wie vor mehr Zuschauer als in jedem anderen großen Final Fantasy. Immerhin lege ich jetzt von Beginn an fest, welchen Charakter ich steuern möchte. Das öffnet den taktischen Spielraum ein wenig, da Serah und Noel über sehr unterschiedliche Fähigkeiten verfügen.

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Die Charakterentwicklung verläuft in ähnlich engen Bahnen wie im Vorgänger.

Die Charakterentwicklung der Helden verläuft übrigens in ähnlichen Bahnen wie die von Lightning, Hope oder Vanille: Man wählt die Rolle, in der man eine Figur stärken möchte, erhält neue Fähigkeiten auf dem gewählten Weg aber nur in einer strikt vorgegebenen Reihenfolge. Ich vermisse offene Entfaltungsmöglichkeiten und wähne mich deshalb ähnlich wie in Final Fantasy XIII in einem Rollenspiel Light. Andere Charaktere spielen diesmal übrigens keine Rolle: Gelegentlich stoßen zwar Gastfiguren wie Snow zu dem Duo, diese kämpfen jedoch komplett eigenständig und verlassen das Team bald wieder. Den Einstieg in Valhalla erlebte ich zwar als Lightning und es soll auch später Veränderungen geben. Den Großteil ist man aber auf das junge Duo angewiesen.

Gotta Catch 'Em All

Auch Eidolons, also besonders mächtige Wesen, können die Helden nicht mehr beschwören. Stattdessen fügen sie besiegte Monster ihrer Gruppe zu. Mehr als 150 Kreaturen dürfen die beiden auf diesem Weg rekrutieren! Und jeweils eine darf an ihrer Seite kämpfen, als wäre sie ein menschlicher Begleiter. Weil jedes Wesen nur eine Rolle (Paradigma) beherrscht, wechselt man beim Rollentausch deshalb das Monster statt des Paradigmas eines Charakters. Man sollte also genau überlegen, welche Kreatur man trainieren will, denn der Preis für einen gut ausgebildeten Mitstreiter sind teure oder seltene Materialien. Tatsächlich hatte ich ungemein viel Spaß daran, meinen „Pokémons“ drollige Mützen aufzusetzen, ihnen einen Namen zu geben - und natürlich beim Entwickeln ihrer Fähigkeiten. Nicht zuletzt richten die Kreaturen mit gelegentlichen Spezialangriffen nämlich besonders viel Schaden an. In den richtigen Situationen sind sie daher besonders wichtig.

Neu sind auch Reaktionsspiele, wie sie durch God of War groß geworden sind: In großen Kämpfen wie gegen einen turmhohen Steinriesen muss man angezeigte Tasten drücken oder Bewegungen des Analogsticks nachahmen. Hin und wieder beeinflusse ich mit der Wahl zwischen Magie oder physischer Attacke sogar den Verlauf solcher Szenen. Einmal musste ich einen gesamten Kampf zwar wiederholen, nachdem ich gerade mal einen Tastendruck verfehlt hatte - das wird im fertigen Spiel hoffentlich anders gelöst! Doch obwohl den eindrucksvollen Sequenzen die Wucht eines Kratos-Kraftakts fehlt, sind es geschickt verteilte Höhepunkte, die Square Enix gewohnt aufwändig inszeniert.

Zufall statt Ordnung

Als ärgerlich empfinde ich hingegen den großen Schritt zurück zu den Zufallskämpfen. Denn feindliche Kreaturen streifen nicht erkennbar durch die Welt, sondern tauchen aus dem Nichts auf. Erscheint ein Monster, hat man die Wahl: Entweder stellt man sich den Angreifern oder man nimmt Reißaus. Sollte die Flucht nicht innerhalb weniger Sekunden gelingen, kommt es ebenfalls zum Kampf - der Gegner ist dann allerdings im Vorteil! Greift man hingegen sofort an, attackieren die Helden zuerst. Die Fortsetzung übernimmt also das System des Erstschlags, verknüpft diesen Vor- oder Nachteil aber mit der Reaktion auf das Erscheinen eines Gegners.

Gut, dass ein gelungener Erstschlag diesmal nicht die Komboleiste fast komplett füllt, denn zumindest in den ersten Stunden ist man ohnehin durchgehend im Vorteil. Weniger gut gefällt mir die schwammige Steuerung der Figuren. Es ist nämlich gar nicht so einfach, einen anvisierten Feind auch zu treffen. Gnade vor Recht: Final Fantasy XIII-2 ist kein Actionspiel. Da die aktive Bewegung so in den Vordergrund rückt, fällt die ungenaue Kontrolle aber auf. Immerhin springe ich diesmal sogar eigenhändig über oder auf kleine Hindernisse - was sich so anfühlt, als hebe eine magische Hand meine Figur in die Luft und ziehe sie dann langsam in die gewünschte Richtung, während sie in der Bewegung innehält.

Nein, dies sind keine schweren Fehler. Mehr und mehr werde ich aber den Eindruck nicht los, dass sich dieses Final Fantasy im Korsett seiner altmodischen Wurzeln dreht und windet - ohne sich davon befreien zu können.

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Anders als im Vorgänger darf man die Welt frei erkunden - ein neues Spielgefühl?

Sprachlos

Denn wenn es nur die schwammige Bewegung wäre... doch schon bald war es das gesamte Spiel. Natürlich wirkt es nach dem Vorgänger wie eine Befreiung, von Beginn offene Areale zu erkunden. Man spricht mit Anwohnern oder Soldaten, man erledigt kleine Find- und Kampfaufträge, man entdeckt Geheimnisse, manche sogar nur in einer bestimmten Zeitzone. Zum ersten Mal wählt man in einigen Gesprächen sogar eine von vier Antwortmöglichkeiten. Keine Frage: Die Offenheit ist die eines echten Final Fantasy!

Auf den ersten Blick jedenfalls. Denn besonders den Dialogen steht die Altersstarre ins Gesicht geschrieben. In Anbetracht von Dragon Age, The Witcher oder Alpha Protocol konnte ich mir das Schmunzeln jedenfalls nicht verkneifen, als sich inmitten einer Unterhaltung mit leisem Getöse ein Menü mit vier Antwortmöglichkeiten auftat. „Achtung, Dialogoption!“, denke ich mir eine tiefe, hallende Stimme dazu. Ach, Square Enix...

Die Figuren erstarren, das Spiel wird so lange pausiert, bis ich eine Antwort wähle. In den ersten Stunden darf ich mich meist zwischen Serahs recht banalen Gefühlsduseleien („Ich vermisse Lightning“ oder „Ich vermisse Snow“) entscheiden. Hin und wieder kann ich aber mein Gegenüber auch zu einem von vier Aspekten ausfragen. Um einen der anderen vier zu erfragen, muss ich das Gespräch dann von Neuem starten. Ach...

Vielleicht gewinnen die Gespräche im Verlauf noch an Tiefe, zumal sich das Abenteuer um meine Entscheidungen drehen soll. Ich gehe also davon aus, dass mein Auftreten in den Unterhaltungen noch eine wichtige Rolle spielt. Bisher ist das Gesehene allerdings überhaupt nicht zeitgemäß.

Multiple Fantasy

Abgesehen davon fühlte ich mich selbst nach mehreren Stunden noch seltsam eingeengt. Woher kommt dieses Gefühl? Es liegt an den Schauplätzen, die nie so weitläufig sind, dass man sich in einer glaubwürdigen Umgebung wähnt. Man muss Final Fantasy XIII-2 nicht mit Skyrim, Fallout oder Mass Effect vergleichen - die Areale sind auch für sich genommen sehr überschaubar. Hinzu kommt, dass man diesmal keine zusammenhängenden Gebiete erforscht, sondern immer wieder zwischen ganz verschiedenen Orten zu völlig verschiedenen Zeiten wechselt. Man ist also nie in einer einheitlichen Welt unterwegs, sondern sieht stets nur Auszüge. Von einer Art Ausgrabungsstätte bin ich direkt in eine Wüste und von da in einen dichten Wald gesprungen. Fast überall bin ich mehr im Kreis statt geradeaus gelaufen. Größe wird so nur vorgetäuscht.

Die neue Rollenspielwelt ist offen, ja. Denn ich kann jederzeit ein bekanntes Areal erneut besuchen. Ich kann die Historia Crux sogar so einstellen, dass ich zu dem Zeitpunkt ankomme, an dem ich das Gebiet zuerst betreten hatte. Verhalte ich mich in entscheidenden Situationen dann anders als beim ersten Mal, öffne ich neue Ereignisfolgen auf dem verzweigten Handlungsbaum. Selbst dann kann ich aber scheinbar jederzeit in jeden bislang geöffneten Zweig springen. Natürlich ist das offen - schön. Aber auch beliebig. Weil man die Dringlichkeit drohender Konsequenzen nicht spürt, wenn man ohnehin

Durch Raum und Zeit: Solche Tore befördern die zwei Helden durch die vierte Dimension.
Durch Raum und Zeit: Solche Tore befördern die zwei Helden durch die vierte Dimension.
ständig probieren darf, was andernfalls geschehen wäre.

Die Zeit gibt Rätsel auf

Es muss sich erst zeigen, wie sehr sich Schauplätze und Figuren nach unterschiedlichen Entwicklungen unterscheiden - davon konnte ich mir noch kein Bild machen. Ich muss es aber frei heraus sagen: Ich werde den Verdacht nicht los, dass Square Enix das Zeitreisen nicht nur erzählerisch, sondern vor allem zum Strecken des Abenteuers nutzt. Drei Elemente stärken diesen Eindruck: Lange Dialogszenen füllen einen Großteil der Spielzeit und wenn man denn spielen darf, muss man auf engstem Raum auffallend viele Zufallskämpfe bestreiten. Zusätzlich öffnen sich manche Wege erst nach dem Lösen kleiner Rätsel: Einmal musste ich alle Felder einer Plattform überschreiten, durfte jedes Feld aber nur einmal berühren. Ein andermal musste ich durch das Verbinden der richtigen Punkte eine Art Sternbild zeichnen. Auf der einen Seite ist das ein spannender Zeitvertreib - ich habe die Rätsel jedenfalls sehr genossen und freue mich auf knifflige Herausforderungen. Auf der anderen Seite wirken die Rätsel aber aufgesetzt. Sie sind nämlich mit keinem anderen Spielelement verknüpft und wie genau die Lösung eines Puzzlespiels eine Zeitmaschine repariert, wird nie erklärt.

Es entstand das Bild weniger kleiner Schauplätze, die nur deshalb den Eindruck eines großen Abenteuers vermitteln, weil man „dank“ etlicher Zufallskämpfe kaum vorankommt und weil man viele Gebiete mehrmals besuchen sollte. Diese Aussicht - das ist für mich nach den ersten ausführlichen Stunden die große Enttäuschung.

Ausblick

Wie stark sind die zeitlichen Ebenen miteinander verknüpft? Wie entwickelt sich die Geschichte? Gibt es umfangreiche Nebenmissionen und wie genau wirken sich meine Entscheidungen auf den Fortgang der Handlung aus? Wenn Lightnings großer Gegenspieler plötzlich in verschiedenen Zeitzonen auftaucht und darüber spricht, was mein Handeln anrichtet, wirkt dieses Final Fantasy frisch und unverbraucht - hoffentlich macht es diese Eigenschaft im späteren Verlauf zu seiner Stärke! Auch die von Beginn an frei begehbare Welt hat mich begeistert. Doch die Freude über den spielerischen Fortschritt wurde immer trüber. Denn auch nach mehreren Stunden sind die Nebenaufträge banale Kampf- und Bringdienste. Auch nach mehreren Stunden darf ich mich im Gespräch nur zwischen unbedeutenden Gefühlsduseleien entscheiden. Das unterhaltsame Sammeln von Monstern konnte den Wegfall ausgewachsener Charaktere und Eidolons kaum ersetzen. Und nach mehreren Stunden war ich auch über die aus dem Vorgänger übernommenen Schwächen bei Charakterentwicklung und taktischer Vielfalt enttäuscht. Das zweite Final Fantasy XIII inszeniert noch immer rasante Gefechte vor schicken Kulissen. Es baut allerdings nicht die zentralen Elemente aus, sondern zieht das knorrige Fundament des Vorgängers lediglich in die Breite. Schwächen werden so nur noch deutlicher betont und die neuen Versatzstücke sind nicht so stark, dass sie einen spielerischen Fortschritt einleiten. Auch dieses Final Fantasy muss sich erst entwickeln - ein unterhaltsames Actionrollenspiel wird es allemal. Ein modernes Rollenspiel oder ein großes Final Fantasy sehe ich bislang allerdings nicht.

Ersteindruck: befriedigend

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