Far Cry 305.06.2012, Benjamin Schmädig
Far Cry 3

Vorschau:

"Die Geschichte wird auch auf einer metaphorischen Ebene erzählt, auf der jeder Charakter einen Aspekt der modernen Gesellschaft darstellt. Und sie wird auf einer Ebene erzählt, die sich um Videospiele dreht. Wir wollen über Spiele reden - und über Gewalt in Spielen. Spiele erzählen ihre Geschichte so, dass es für den Spieler ok ist, wenn er hunderte Menschen tötet. Das wollen wir ansprechen." Ja: Es geht um Far Cry 3 (ab 4,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen).

Spieglein, Spieglein

Der Mann, der sein Spiel als Reise in eine Ebene hinter der digitalen Welt beschreibt, heißt Jeffrey Yohalem. Er ist der Lead Writer, also der hauptverantwortliche Autor für Far Cry 3. Er will beweisen, dass Spiele mehr sein können als oberflächliche Reaktionstests. Er will zeigen, dass Spiele als Kunst wahrgenommen werden können.

Er will nicht auf Gewalt verzichten! Far Cry 3 ist ein großer Ego-Shooter in einer offenen Welt - mit Nebenmissionen, mit Charakterentwicklung, mit einer Vielzahl an Waffen, mit donnernden Explosionen und fiesen Attacken aus nächster Nähe. Gewalt wird hier eine zentrale Rolle spielen, wie in jedem Shooter. Das Spiel wird die auf den ersten Blick gewöhnliche Geschichte von Jason Brody erzählen, der auf einer Insel voller Verrückter strandet. Es will nur gleichzeitig auch ein Spiegel der aktuellen Spielewelt und des Spielers selbst sein - Yohalem erinnert an BioShock und an Braid. "Wir wollen ein Spiel entwickeln, das sich darum dreht, wie es ist, ein 25-Jähriger in der heutigen Gesellschaft zu sein", sagt der Autor, der für sein Skript zu Assassin's Creed: Brotherhood mit dem Writers Guild Award ausgezeichnet wurde.

Traum oder Wirklichkeit?

Der kurze E3-Abschnitt unterstreicht Yohalems Absichten mit einem fetten Filzstift, wenn die abschließende Szene auf beeindruckende Weise die Wand zwischen Spieler und Spiel

Der verrückte Vaas ist nicht irgendein Bösewicht. In welchre Beziehung steht er zu Jason Brody und zum Spieler?
Der verrückte Vaas ist nicht irgendein Bösewicht. In welchre Beziehung steht er zu Jason Brody und zum Spieler?
durchbricht. Denn als ich mit Brody endlich den Bösewicht, ein durchgeknallter Wirrkopf namens Vaas, ausfindig mache, rammt der mir glatt ein Messer in die Brust. Brody klappt zusammen und "wacht" in einer nebligen Traumwelt wieder auf. Flackernde Monitore auf dem Boden und an den Seiten weisen ihm den Weg. Als wären die Monitore kleine Bühnen, stehen darauf Figuren, die Szenen seines Inselausflugs darstellen. Und als Brody schließlich am Ende des "Gangs" bei Vaas ankommt, hält der sich Brodys Pistole an den Kopf, drängt ihn zu schießen - und sagt schließlich, als die Lichter ausgehen: "Ich bin du. Und du bist ich."

Schon hier - noch vor dem Interview mit dem Autor - hatte ich mich gefragt, wie real diese Insel ist und welche Bedeutung die Monitore haben, wenn ich die Szene doch selbst durch einen beobachte. Ich war sprachlos. Was Ubisoft von Far Cry 3 zeigt, gehört inhaltlich zu den großen Überraschungen dieser E3!

Ein Paradies...

Schon bevor Brody seinen Gegenspieler aufspürt, kommentiert dieser übrigens sein Vorankommen, schon bevor Brody träumt, stehen zahlreiche Monitore in dem Lager, in dem Vaas sich verschanzt hat. Und tatsächlich erlebe ich in diesem Lager einen wundervoll brachialen Shooter: Wie es sich für ein Spiel dieser Serie gehört, kann ich an einer beliebigen Stelle in das Lager eindringen - auch wenn in diesem Fall Stacheldraht auf hohen Mauern meine Möglichkeiten einschränkt. Ganz allgemein kostet Teil drei die Freiheit zwischen leisem Anschleichen von hinten und lauten Knall am Haupteingang aber voll aus.

Neu sind Nahkampf-Angriffe, mit denen Brody seine Opfer entweder direkt im

In erster Linie ist und bleibt Far Cry ein Shooter - ein Spektakel, bei dem die Entscheidungsfreiheit in einer offenen Welt an erster Stelle steht.
In erster Linie ist und bleibt Far Cry ein Shooter - ein Spektakel, bei dem die Entscheidungsfreiheit in einer offenen Welt an erster Stelle steht.
Feuergefecht ersticht oder sie ähnlich wie Ezio oder Sam Fisher von einem Vorsprung herunterzieht. Auch wenn er von oben auf einen Gegner springt, erledigt er ihn mit einem Messerstich. Abgesehen davon streunen diesmal endlich gefährliche Tiere über die Insel; in der Demo werden zwei Tiger in  Käfigen gefangen gehalten - die Raubkatzen greifen an, sobald Brody die Holzbarrieren zerschießt und wenn er es richtig anstellt, stürzen sich die Tiger auf seine Gegner, nicht auf ihn selbst. Yohalem erklärt mir noch, dass diese Tiere das Blut verletzter Menschen wittern und dass man sie auch durch einen geworfenen Stein auf ein Opfer aufmerksam machen kann. Nicht zuletzt helfen ihm Pfeil und Bogen dabei, seine Feinde lautlos auszuschalten.

Selbstverständlich hat Ubisoft aus den Versäumnissen des Vorgängers gelernt - das betrifft Checkpunkte ebenso wie das restliche Inselleben. So soll Brody beim Erkunden der farbenfrohen exotischen Kulisse keine Diamanten entdecken, sondern kleine Geschichten - Nebenmissionen - die den abgefahrenen Trip sowohl spielerisch als auch erzählerisch vertiefen. Bei Händlern kauft er neue Waffen und mit den Einheimischen scheint es Menschen zu geben, die anders als im verlassenen Afrika des Vorgängers das Land bevölkern. Immerhin zeigt der E3-Ausschnitt gleich zu Beginn, wie Brody Sex mit einer Eingeborenen hat - und anschließend als Führer ihres ganzen Stammes zum Angriff auf Vaas aufruft. Keine Frage: Es ist verdammt viel passiert in Far Cry!

Ausblick

Ich gebe gerne unverhohlen zu: Wenn der Autor Sätze wie "Wir legen das Spiel an sich unter das Mikroskop" sagt, muss ich bis zum Erscheinen des Spiels nichts mehr trinken - mein Mund ist dann für Jahre wässrig genug. Es scheinen ja nicht nur Worte zu sein, denn schon das Erleben des kurzen E3-Abschnitts hatte mich mit Haut und Haaren gefesselt. Klar muss sich das Spiel erst beweisen, zumal im Vorgänger die Action bedeutend spannender war als das Entdecken seiner leeren offenen Welt. Für den Moment nehme ich den Entwicklern allerdings gerne ab, dass sie die offensichtlichen Schwächen ausgemerzt haben und bin begeistert darüber, dass Spiel und Spielemacher den Blick hinter ihre eigene Fassade so offen zum Ziel erklären. Spielerisch und erzählerisch ist dieses kurze Far Cry 3 damit der Shooter, den ich neben BioShock Infinte mit Abstand am meisten ersehne!

Ersteindruck: sehr gut

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