Fable: The Journey01.06.2012, Michael Krosta
Fable: The Journey

Vorschau:

Das Ziel, das sich Lionhead mit Fable - The Journey gesetzt hat, klingt so einfach, erweist sich in der Umsetzung aber oft als schwierig: Beim Kinect-Abenteuer soll der Spieler zu keinem Zeitpunkt den Controller vermissen, sondern voll in der Bewegungssteuerung aufgehen. Große Ambitionen und (wieder) nichts dahinter? Wir sind mit Pferd und Kutsche durch Albion gereist...

„Sitz!“

Kinect macht es  erfahrenen Spielern nicht einfach, es zu mögen: Neben der fehlenden Präzision, unter der vor allem die Starttitel zu leiden hatten, scheiterten die Versuche, diese neue Art der Steuerung mit Produktionen wie Rise of Nightmares oder dem Shooter Blackwater schmackhaft zu machen. Warum? Zum einen, weil man immer das Gefühl hatte, dass sich der Controller besser eignen würde. Zum anderen, weil es mit der Zeit schichtweg zu anstrengend wird, auf diese Weise zu spielen. Was bei Minispiel-Sammlungen wie Kinect Sports prima funktioniert, erweist sich bei Titeln mit einer Spielzeit von mehreren Stunden als körperliche Tortur. Genau hier setzt Lionhead an: The Journey ist dank technischer Weiterentwicklungen im Bereich der Skelett-Erfassung einer der ersten Kinect-Titel, die von Anfang an auf ein bequemes Spielen im Sitzen ausgerichtet sind. Und das Beste: Es funktioniert!

Mit Black Beauty auf Erkundungstour

Nun gut, zumindest in den etwas zähen Reitabschnitten wäre es ohnehin nicht nötig, den kompletten Körper zu erfassen, denn hier hält man nur die virtuellen Zügel in der Hand und dirigiert das Ross mit gefühlvollen Armbewegungen über die mitunter schmalen Pfade. Peitsche ich die Zügel, geht es im Galopp voran - zumindest so lange, bis dem Vierbeiner die Puste ausgeht. Dem kann man entgegenwirken, indem man die Augen nach farbigen Orbs offen hält, die scheinbar einen starken Enerydrink enthalten. Einmal aufgesammelt, ist das Pferd auch vor der automatischen Regeneration auf einen Schlag wieder topfit. Vor allem in Fluchtsequenzen, in denen man z.B. aus einer einstürzenden Höhle entkommen muss, sind die „Energie-Orbs“ von großer Bedeutung.

Die Beziehung zwischen Protagonist Gabriel und seinem Pferd soll eines der zentralen Themen werden.
Die Beziehung zwischen Protagonist Gabriel und seinem Pferd soll eines der zentralen Themen werden.
Man erlebt das Geschehen aus der Ego-Perspektive - ein Novum in der Fable-Reihe. Laut Gary Carr, Creative Director des Projekts, funktioniert diese Ansicht am besten in Kombination mit Kinect. Wie bei einem klassischen Schienen-Shooter wird man hier überwiegend automatisch durch die Schauplätze dirigiert. Zwar kann man Tempo sowie Richtung beeinflussen und soll auch die Wahl zwischen verschiedenen Routen haben, doch die große Freiheit der Vorgänger gibt es hier nicht mehr. Trotzdem bietet The Journey laut Carr die bislang größte Spielwelt der Reihe - vor allem deshalb, weil man mit dem Gespann aus Pferd und Wagen viel weitere Strecken zurücklegen kann als früher. Dabei zeigt sich Albion von seiner schönsten Seite: Dank Unreal-Technologie sehen Kulissen und Figuren überraschend gut aus für einen reinen Kinect-Titel. Wenn Sonnenstrahlen leicht durch die Baumkronen scheinen oder man vom Gebirge aus in ein Tal blickt, entsteht eine tolle Atmosphäre. Obwohl durch den Wechsel zwischen langsamen Erkundungsausflügen mit vielen Dialogen aus dem Off und rasanten Fluchtsequenzen schöne Tempowechsel geboten werden, erscheinen mir die Reiteinlagen etwas zu langatmig - es fehlt noch dieses gewisse Extra, das mich immer wieder gerne die Zügel in die Hand nehmen lässt. Zumindest kann ich Lionhead aber schon mal in einem Punkt gratulieren: Den Controller habe ich in diesen Momenten nicht vermisst, denn ohne Kinect wären die Ausflüge mit Pferd und Wagen vermutlich noch dröger.

Erbe von Hogwart

Der Einsatz von Magie litt beim Anspielen noch unter Kalibierungsproblemen.
Der Einsatz von Magie litt beim Anspielen noch unter Kalibierungsproblemen.
Zum Glück ist das nicht alles, was der Fable-Ableger zu bieten hat: Protagonist Gabriel reist nicht nur mit seiner Kutsche durch das Land, sondern versucht sich auch als Harry Potter-Ersatz. Klassische Waffen wie Schwerter oder Pfeil und Bogen bleiben hier außen vor - stattdessen kommt ausschließlich Magie bei Meinungsverschiedenheiten mit Gegnern wie Spinnenwesen oder Gnomen zum Einsatz. Mit einer Bewegung des rechten Arms schleudert man Energieblitze auf die bösen Schergen, der linke Arm leitet dagegen einen Stoßangriff aus, mit dem man auch Objekte wie Felsen bewegen und dadurch den Weg freilegen kann. Hier hat man sich scheinbar von Jedi-Kräften inspirieren lassen, denn die Bewegung ist mit den Machtdemonstrationen von Obi Wan & Co vergleichbar. Zusätzlich wird die Kraft auch bei kleinen Rätseleinlagen verwendet, indem man diverse Blöcke verschiebt. Hält man den gebeugten linken Arm schützend vor sein Gesicht, werden Angriffe abgewehrt.

Die Rollenspielelemente werden zwar auf ein Minimum reduziert, sind aber immer noch vorhanden: Die gewonnenen Erfahrungspunkte, die man auch durch das Aufsammeln weiterer Orbs erhöht, dienen vornehmlich dazu, die Magieangriffe oder Heilfähigkeiten aufzupeppen.

Probleme bei der Kalibrierung

Die Kulissen reichen von idyllisch bis düster und strahlen eine tolle Atmosphäre aus.
Die Kulissen reichen von idyllisch bis düster und strahlen eine tolle Atmosphäre aus.
Bevor man zum Zauberer werden darf, muss man erst eine Kalibrierung erfolgreich abschließen, die ähnlich funktioniert wie bei den meisten Move-Spielen. So muss man auch hier diverse Punkte auf dem Bildschirm anvisieren und die gewünschte Bewegung ausführen. Hmmm, sollte es nicht eine der Vorteile von Kinect sein, solche Dinge automatisch zu erkennen? Wie dem auch sei: Bei meinem Besuch bei Lionhead versagte die Kalibrierung, obwohl ich das Prozedere eigentlich erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Auch Neuversuche und die Veränderung meiner Sitzposition brachten nicht den gewünschten Erfolg, wobei mir Mitarbeiter im Anschluss an die Session verraten haben, dass es derzeit wohl noch Probleme bei der Erfassung von etwas größeren Menschen gibt. Doch genau das sind die Art von Problemen, die bis zum Release auf jeden Fall noch behoben werden müssen!

Ausblick

In den ersten Minuten meiner Reise durch Albion war ich positiv überrascht: Die Welt sieht nicht nur klasse aus und versprüht eine tolle Abenteuer-Atmosphäre, sondern auch das Reiten via Kinect funktioniert intuitiv und präzise, während eine leichte Wackelkamera die Illusion wunderbar verstärkt. Ihren größten Vorsatz konnten die Entwickler von Lionhead scheinbar umsetzen, denn den Controller habe ich zu keinem Zeitpunkt vermisst. Im Gegenteil: Hier würde er sich sogar negativ auf das Mittendrin-Gefühl auswirken. Doch leider verpufft die anfängliche Begeisterung recht schnell: Zwar halten gut inszenierte Tempowechsel bei Laune und das Einsammeln aller Orbs erfordert viel Geschick, doch fallen mir die dialoglastigen Reitabschnitte noch zu zäh aus. Das Element der Entscheidungen wurde leider noch nicht gezeigt, soll im fertigen Spiel aber eine Rolle spielen. Die Magie könnte für Abwechslung sorgen und hat Potenzial, das ich aufgrund der Kalibrierungsprobleme nur schlecht einschätzen kann. So schön es auch ist, bequem im Sitzen spielen zu können, muss es dann auch funktionieren - egal ob ein großer oder kleiner Mensch vor dem Sensor hockt! Von daher fällt mein Eindruck bisher  befriedigend aus. Sollte Lionhead die technischen Probleme mit Kinect noch in den Griff bekommen und die Reitabschnitte aufpeppen, ist durchaus mehr drin...


Ersteindruck: befriedigend

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