F1 201231.08.2012, Michael Krosta
F1 2012

Vorschau:

Die Sommerpause ist vorbei: Während die Formel Eins an diesem Wochenende in Belgien zur zweiten Saisonhälfte durchstartet, schraubt man bei Codemasters an den letzten Feinheiten für die Veröffentlichung von F1 2012 (ab 3,86€ bei kaufen) am 21. September. Eine virtuelle Ausbildung zum F1-Piloten sowie eine Reihe von Herausforderungen gegen die sechs Weltmeister zählen zu den großen Neuerungen in diesem Jahr.

Alles wie gehabt?

Wenn eine Serie im jährlichen Rhythmus erscheint, lässt sich eine gewisse Stagnation nicht vermeiden: Zwar dürfen die virtuellen F1-Piloten noch vor ihren realen Vorbildern den  neuen Kurs im texanischen Austin begutachten, doch ist ein Großteil der 20 Pisten des Rennkalenders schon aus den Vorgängern bekannt. Immerhin legt Codemasters erneut Hand an, um die Beleuchtung weiter zu optimieren, so dass sich im direkten Vergleich mit F1 2011 die leichten Veränderungen sofort auffallen. Das Design der Boliden, die dank neuer Lichteffekte noch besser in Szene gesetzt werden, hat sich aufgrund einer Regeländerung ebenfalls verändert, so dass die Flitzer mit ihren Stufennasen im Spiel genauso hässlich aussehen wie die Vorlagen - immerhin bildet das McLaren-Team eine der wenigen Ausnahmen.

Bei den Spielmodi findet man ebenfalls viel Bewährtes: Einzelrennen, Zeitfahren und (Koop-)Weltmeisterschaft laden zum Rasen ein. In die Karriere konnte ich leider noch nicht rein schnuppern - sie ist in unserer Vorschaufassung gesperrt. Bleibt zu hoffen, dass Codemasters für etwas mehr Abwechslung in den Upgrade-Tests und Interviews sorgt, damit das Leben auf der Überholspur an Pepp gewinnt.     

Ab in die Fahrschule

Im Spiel hat Altmeister Schumacher hoffentlich weniger Pech als in der laufenden Saison.
Im Spiel hat Altmeister Schumacher hoffentlich weniger Pech als in der laufenden Saison.
Darüber hinaus haben sich die Entwickler auch einige neue Modi einfallen lassen - allen voran der Young Drivers Test: Hinter dem Steuer eines Red Bull, Ferrari oder McLaren lernen vornehmlich Anfänger in Videos und Praxistests den richtigen Umgang mit einem Formel 1-Boliden - angefangen bei der sinnvollen Verwendung von KERS und DRS bis hin zum Kurvenfahren, Windschatten sowie Benzinmanagement. Die Idee dahinter ist aber alles andere als neu, bot doch bereits das erste Gran Turismo (1997) mit der Fahrschule ein ähnliches Konzept. Trotzdem ein netter Zusatz, auch wenn ich bei den Tutorial-Videos Filmschnipsel aus der echten Formel Eins den Engine-Zwischensequenzen vorziehen würde. Immerhin hat man mit Anthony Davidson einen aktuellen Testfahrer aus der Formel Eins verpflichtet, der Codemasters als technischer Berater zur Seite steht. Zudem soll er für jeden Kurs eine Runde kommentieren und dem Spieler Profi-Tipps zu Bremspunkten, Gängen und der Ideallinie liefern.

Ebenfalls neu ist der Champions-Modus, der die sechs Weltmeister Kimi Räikkönen, Lewis Hamilton, Jenson Button, Fernando Alonso, Sebastian Vettel und Michael Schumacher in den Mittelpunkt stellt. Jeder von ihnen hält eine freischaltbare Herausforderung mit drei Schwierigkeitsgraden bereit, in der man den jeweiligen Champion innerhalb einer begrenzen Rundenzeit schlagen muss. Der Bolide, die Piste sowie Strecken- und Rahmenbedingungen werden automatisch vorgegeben, so dass man z.B. mit der Aufgabe konfrontiert wird, den prominenten Fahrer auf pitschnasser Piste nicht nur zu überholen, sondern auch noch die beste Rundenzeit des Rennens in den Asphalt zu brennen. Eine schöne Idee, auch wenn man nicht besonders viel Zeit in diesem Modus verbringen wird. Weniger schön sind dagegen die Polygonmodelle, die trotz des netten Auftritts nur bedingt eine Ähnlichkeit mit den realen Champions aufweisen.

Noch mehr Szenarien

Mit den schwächeren Teams, die z.T. kein KERS verwenden, hat man in höheren Schwierigkeitsgraden keine Chance, vorne mitzufahren.
Einige der schwächeren Teams haben kein KERS an Bord.
In eine ähnliche Kerbe wie der Champions Modus schlägt die Zeitfahr-Attacke. Zwar war der Zugang in der vorliegenden Fassung ebenfalls noch gesperrt, doch ist bereits aus dem Vorjehr bekannt, dass man hier diverse Szenarien meistern muss, bei denen die Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Einen ganz neuen Ansatz verfolgt man in der Season Challenge: Hier startet man zunächst in einem kleinen Team und fordert einen anderen Fahrer für eine Serie von Rennen heraus. Gewinnt man, landet man danach im Cockpit des besseren Wagens und arbeitet sich so Schritt für Schritt zu den Top-Teams vor. Auch hier machen die Einschränkungen der Preview-Version der erhofften Probefahrt noch einen Strich durch die Rechnung.

Verbesserungen im Detail

Das Wettersystem wird weiter optimiert.
Das Wettersystem wird weiter optimiert.
Was dagegen jetzt schon auffällt, sind die vielen Verbesserungen im Detail, wenn man in den Einzelrennen seine Runde dreht. Alternativ zur kompletten und gekürzten Qualifikation gibt es neuerdings auch eine extrem kurze Variante, die an das Einzelzeitfahren erinnert, das zwischendurch in der Formel Eins eingeführt wurde. Hier zählt nur eine schnelle Runde, während die Leistungen der anderen Piloten durch Geisterwagen abgebildet werden. Man ist also ganz alleine auf der Strecke und muss sich nicht mit dem Verkehr herum ärgern.

Dieser wird jetzt bei den übrigen Varianten des Qualifyings in Echtzeit auf einer Minikarte am Boxenmonitor angezeigt - man kann also selbst den Moment abwägen, wann man am besten aus der Garage herausfahren sollte. Zudem kann man sich im Vorfeld des Rennens bewusst für eine aggressive, normale oder vorsichtige Benzinstrategie entscheiden. Das Umschalten zwischen den Mischungen im Rennbetrieb funktioniert wie gehabt über das Digitalkreuz, doch je nach gewählter Strategie wird der Spielraum kleiner, das leistungsstärkste Gemisch einzusetzen, doch bekommt man dafür im Gegenzug mit weniger Benzin an Bord ein leichteres Fahrzeug, was sich positiv auf Beschleunigung und Geschwindigkeit auswirkt.  

Direktere Lenkung

Neuerdings kann man eine leicht versetzte TV-Ansicht anwählen.
Neuerdings kann man eine leicht versetzte TV-Ansicht anwählen.
Sitzt man endlich wieder im Cockpit, fallen gleich mehrere Dinge auf: Da wäre zum einen die neue, leicht versetzte TV-Ansicht, welche die bisherigen Außen- und Innenperspektiven ergänzt. Mein Fall ist sie zwar nicht, aber es wird sicher Spieler geben, die dem etwas abgewinnen können. Stärker fällt die überarbeitete Steuerung ins Gewicht, wodurch die Boliden beim Einlenken noch direkter reagieren. Freunde von Hardcore-Simulationen werden allerdings wieder bemängeln, dass sich die PS-Monster zu gutmütig anfühlen, aber die Fahrphysik stellt selbst ohne Hilfen wie ABS und Traktionskontrolle halt mehr einen Kompromiss aus Spielbarkeit und Realismus dar. Trotzdem wird die Illusion, in einem flotten F1-Boliden seine Runden zu drehen, wieder klasse eingefangen. Neben den detailliert modellierten Flitzern tragen auch die Motorenklänge ihren Teil dazu bei, die in der 2012er-Edition noch eine Spur kerniger wirken. Der Reifenverschleiß der Pirelli-Pneus ist in dieser Saison das große (Streit-)Thema in der Formel Eins und wird auch im Spiel berücksichtigt. Offensichtlich ist der Abbau standardmäßig aktiviert und lässt sich bisher in den Optionen nicht abschalten. So spürt man auch hier, wie das Grip-Niveau vor allem bei der weicheren Reifenmischung konstant abnimmt. Michael Schumacher beschrieb in einem Interview seine Erfahrungen mit den Pirelli-Pneus als Fahren wie auf rohen Eiern, bei dem man das Auto aufgrund der kurzen Haltbarkeit nicht mehr ans Limit bringen kann. Das ist bei F1 2012 anders: Hier rast man weiterhin auf der äußersten Rille und muss auch keinen plötzlichen Komplettverlust der Bodenhaftung befürchten. Codemasters hat sich wohl zugunsten der Spielerfahrung dafür entschieden, die Reifencharakteristik zu entschärfen - und das ist gut so. Plattfüße kann man sich allerdings trotzdem noch einfangen.    

Bei Überholmanövern mit oder ohne DRS kann es schon mal eng werden. Die KI wirkt aber fairer als im Vorjahr und ist weniger auf Rempeln aus.
Bei Überholmanövern mit oder ohne DRS kann es schon mal eng werden. Die KI wirkt aber fairer als im Vorjahr und ist weniger auf Rempeln aus.
Beim dynamischen Wettersystem wollen die Entwickler ebenfalls noch Hand anlegen: So soll es in der finalen Version möglich sein, dass nur Teilbereiche der Strecke bei Regenschauern nass werden, was für zusätzlichen Nervenkitzel sorgen dürfte. Die Auslegung der Flaggenregeln und Strafen gaben in den letzten Teilen immer wieder Anlass zu Diskussionen. Auch bei meinen Probefahrten konnte ich wieder beobachten, wie mich ein anderer Fahrer ungestraft in einer Gelbphase überholte und mir den Sieg vor der Nase wegschnappte. Doch es gibt auch Lichtblicke, denn die Entwickler haben auch hier sinnvolle Verbesserungen in petto: Verschafft man sich z.B. durch eine Abkürzung einen unfairen Vorteil und überholt dabei ein Fahrzeug, hat man ab sofort ein paar Sekunden lang die Gelegenheit, den Fehler auch unabhängig von der Rückspulfunktion auszubügeln, indem man den Fahrer vor dem Ablauf des Countdowns wieder passieren lässt. Auch Details wie das Überfahren der weißen Linie an der Boxenausfahrt werden mittlerweile erkannt und mit Strafen geahndet - so muss das sein! Bei leichten Berührungen scheint man zudem nicht mehr ganz so penibel zu sein: Wurde mir im Vorgänger selbst bei unverschuldeten Rempeleien oft der schwarze Peter in Form einer Zeitstrafe zugeschoben, halten sich die Stewards mit übertrieben drakonischen Maßnahmen zurück. Enttäuschend zeigt sich dagegen noch das Schadensmodell, bei dem selbst heftige Einschläge oft ohne schwere Konsequenzen bleiben. Hier müssen die Engländer noch zulegen! Ebenfalls schade, dass man auch 2012 wieder auf eine cool inszenierte Siegerehrung mit Podest, Champagner und Hymnen verzichten muss. Stattdessen gibt es wie gehabt Szenen aus dem Parc Fermé zu sehn.

Ausblick

Eines kann man Codemasters bei F1 2012 nicht vorwerfen: Anstatt nur das Spiel aus dem Vorjahr zu nehmen und flott an die aktuelle Saison anzupassen, sind die Engländer stets bemüht, die Reihe kontinuierlich zu verbessern. Kritikpunkte wie das Strafsystem werden genauso angegangen wie sinnvolle Ergänzungen - so z.B. die alternative „Sprint-Qualifikation“, das verfeinerte Wettersystem sowie die taktischere Ausrichtung beim Benzinverbrauch. Die KI scheint ebenfalls nicht mehr ganz so stark auf dem Aggro-Pfad zu sein wie früher, während die direktere Lenkung der Steuerung zu Gute kommt. Wer allerdings auf eine durchweg realistische Simulation hofft, wird auch in diesem Jahr enttäuscht: Reifenverschleiß, Schadensmodell und Fahrphysik stellen weiter einen Kompromiss zwischen Anspruch und Spielspaß dar - das Gefühl hinter dem virtuellen Steuer ist trotzdem klasse! Die neuen Spielmodi wie der Young Drivers Test oder die Herausforderungen gegen die sechs Weltmeister sind zwar nicht bahnbrechend, untermauern aber den Willen von Codemasters, bei den Fortsetzungen etwas mehr zu bieten als nur ein Lizenz-Update. Klar: Viele Elemente sind bekannt und werden einfach übernommen, aber trotzdem hinterlässt F1 2012 derzeit den Eindruck, als würde man wieder einen Gang höher schalten.   

Eindruck: sehr gut / Fit4Hit

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