Castlevania: Lords of Shadow 207.02.2014, Jörg Luibl
Castlevania: Lords of Shadow 2

Vorschau:

Dass man einen Klassiker auch radikal modernisieren kann, ohne dass der Spielspaß dabei flöten geht, hat Konami vor vier Jahren bewiesen. Castlevania: Lords of Shadow begeisterte als Action-Adventure mit ansehnlichen Schauplätzen und anspruchsvollen taktischen Kämpfen - satte 88% war uns das Abenteuer mit Dracula wert. Wie schlägt sich der Nachfolger? Wir haben die ersten Stunden gespielt.

Kampf gegen Satans Schergen

Vorhin sah sie nur aus wie eine kaltblütige, aber aufreizende Lady mit Pagenschnitt - jetzt faucht sie mich in ihrer wahren Gestalt an: Ein hässlicher Dämon mit Hörnern, Reißzähnen und Tentakeln. Dass sie Satan auf Erden dient, wird auch charakterlich zur Gewissheit, als sie die Fässer mit giftgrünen Gasen ohne zu zögern umstürzt und die panisch schreienden Arbeiter um sie herum in geifernde Monster verwandelt. Das hat diese miese Biotech-Firma also mit der Erde vor - alles ins Chaos stürzen, damit der Höllenfürst landen kann!

Warum das gerade einen Vampirfürsten stören sollte und warum der Totgeglaubte überhaupt wieder da ist, dürft ihr ab 28. Februar auf PS3 und 360 herausfinden. Es scheint zumindest so, als ob Dracula von einer dritten Macht erweckt und erpresst wird. Erzählerisch wirkt das Ganze zunächst etwas konfus, zumal der Orden des Lichts, der Belmont-Clan sowie Bastard-Söhne  auf der Bühne erscheinen, man recht früh zwischen mittelalterlichem Schloss und moderner Stadt wechselt – hinzu kommen Tagebücher von Rittern mit Anekdoten. Wird die Story zum bunten Flickenteppich oder zum Epos? Ergibt sich ein starkes erzählerisches Ganzes? Abwarten, schließlich soll dieser zweite Teil alle Fäden zu einem offiziellen Ende führen.

Lange schlafen, dann kräftig zubeißen

Warum wurde Dracula erweckt? Er soll keinen Geringeren als Satan aufhalten. dafür reist er zwischen Stadt und Schloss hin und her.
Dracula selbst beginnt nach dem langen Sargschlaf körperlich schwach, kann sich kaum auf den Beinen halten und braucht erstmal ein ziviles Blutopfer. Zwar schlägt er im fulminanten Einstieg noch zu wie Kratos zu besten Zeiten - inklusive eines Bildschirm füllenden Kolosses. Aber  wenn die eigentliche Story nach diesem spielbaren Prolog startet, ist der Vampirfürst nur noch ein Schatten seiner selbst, schlurft wie ein Greis durch die Gassen. Lediglich rudimentäre Kräfte und Waffen stehen ihm zur Verfügung – richtig, das kennt man von vielen zweiten Teilen. Welches Action-Adventure begründet nicht mit der Kastration des Helden die folgende Aufrüstorgie? Kratos und Tod lassen grüßen.

Zurück zum Bosskampf: Die überzeugte Satanistin hat allen Grund zum schiefen Siegergrinsen. Sie presst mich wie eine Spielzeugpuppe an die Wand und flüstert mir vulgäre Zukunftsvisionen ins Ohr – nicht nur das Artdesign ist deutlich düsterer und bizarrer als im Vorgänger, auch so mancher Dialog offenbart eine schonungslosere, manchmal allerdings zu plump wirkende Regie: es wird gekotzt, gekillt und zerfetzt.  Aber für Abscheu ist keine Zeit, denn ich muss in den nächsten Minuten clever kämpfen. Einfach draufhauen reicht nicht, denn die Lady ist viel zu schnell für meine Hiebe und stößt blitzartig zu - da hilft nur ausweichen. Mit dabei ist übrigens wieder der effiziente Sprung über den Gegner.

Taktisches Kampfsystem

Das Highlight sind pompös inszenierte Gefechte: Harte Bosse verlangen nach taktisch klugem Kampf.
Aber auch die monströsen Handlanger muss ich im Idealfall blocken. Mache ich das genau im Angriffsmoment, bekomme ich etwas Zeit für einen Konter. Verpasse ich den Moment, rammen mir diese Schergen ihre Schwerter in den Leib, so dass ich mich in Reaktionstests schnell wehren muss – wer auf das Knöpfchendrücken keine Lust hat, kann das übrigens komplett abstellen. Wie im Vorgänger wird man für erfolgreiches Ausweichen und Attackieren belohnt: Schafft man das ohne gegnerischen Treffer, lädt sich eine Blutanzeige auf, die bei kompletter Füllung wiederum Draculas besondere Waffenkräfte freischaltet – ein motivierendes System.

Die Kämpfe sind akrobatisch, schnell und hart: Da Treffer mit dem Schwert in der Linken meine Gesundheit füllen und Treffer mit der Peitsche in der rechten für mehr Schaden sorgen, muss ich je nach eigener Verfassung und Gegner ständig wechseln. Es gibt zig Kombos mit unterschiedlichen Wirkungen, hinzu kommen Stampf- und Luftattacken, Salti und Ausweichrollen. Schön ist, dass ich die Kamera entweder komplett manuell oder unterstützt einstellen kann - trotzdem mangelt es mitunter an der Übersicht. Für die Dämonenlady eignet sich übrigens ein frostiges Projektil aus dem Void-Schwert. Damit kann ich nicht nur stürzendes Wasser in Klettereis verwandeln, sondern sie so verlangsamen, dass auch meine Peitsche ordentlich trifft. 

 Schleichen und klettern

Schleichen und klettern gehören mit zum Spieldesign. Dracula kann auch Wachen übernehmen, sich in eine Ratte verwandeln und mit Fledermäusen verwirren.
Aber es geht nicht nur um Kills und Kombos: Dracula erinnert fast an Batman, wenn er Feinde mit Fledermäusen irritiert, um sich dann für einen tödlichen Biss anzuschleichen. Er kann sich nicht nur in dunklen Ecken in eine Ratte verwandeln, um schmale Korridore zu erforschen und Kabel zu zerbeißen, sondern auch Besitz von Menschen ergreifen, um in ihrer Haut z.B. Schalter zu bedienen, während Satans bullige Wache blöd zuschaut. Ähnlich wie in Darksiders muss man die monumentalen Kulissen auch nach Klettermöglichkeiten absuchen und kann unzugängliche Gebiete manchmal erst später dank eines Schlüssels oder einer neuen Fähigkeit betreten.

Die kurzweiligen Schleicheinlagen mit dem Verwirren von Wachen sind jedenfalls genau so offensichtlich zu lösen wie die Kletterpartien, bei denen schwarze Wölkchen oder gar einblendbare rote Kreise die nächsten Haltepunkte markieren. Warum dieser Komfort? Immerhin steigt der akrobatische Anspruch und auch das Leveldesign öffnet sich mit der Zeit. Die Schauplatzwechsel über Wolfsportale erinnern zudem ein wenig an Soul Reaver, aber bisher wurden diese Reisen zwischen mittelalterlichem Schloss und moderner Großstadt noch nicht für Rätsel genutzt. Konami hat Letzteres versprochen, also bin ich gespannt, was noch folgt.

Plumpes Zerdeppern und motivierendes Aufrüsten

Vollkommen überflüssig wirkt allerdings in den Ruhephasen, dass das plumpe Zerdeppern von Kisten, Tonnen oder Bänken mit Erfahrungspunkten oder gar Freischaltbarem belohnt wird. Warum soll Dracula mit einer Dämonenpeitsche auf blödes Interieur hauen, um etwas zu gewinnen? Das sieht nicht nur plump aus, sondern ist einfach dämlich. Bisher scheint es allerdings so, dass man über normale Kämpfe so viel mehr Erfahrung bekommt, dass man auf das Gekloppe verzichten kann. Zum Glück kann man viele der ebenfalls

In den ersten Stunden hinterlässt Dracula eine gute Figur. Können Story, Rätsel und Anspruch noch zulegen?
überflüssigen Anzeigen in den Menüs abschalten: So wird man nicht ständig darauf hingewiesen, dass hier ein neues Artwork und da genug Skills für eine Aufwertung bereit stehen.

Motivierender ist das Stöbern in den Fähigkeitenbäumen: Auch hier muss man sich im Wirrwarr der Möglichkeiten erstmal zurechtfinden, aber man kann seine Erfahrungspunkte in zig Angriffsmanöver für jede Waffe investieren. Und schon geht das Grübeln los, denn am liebsten würde man Schwert und Peitsche immer zusammen aufwerten. Was mir besonders gut gefällt ist, dass der Einsatz einer Technik irgendwann belohnt wird. Man gewinnt quasi für jeden Move etwas Erfahrung, bis man bei 100% ist und die Fähigkeit damit zur Meisterschaft und durchschlagender Effizienz bringt. So lohnt es sich, nicht nur einfache Dreier-, sondern auch Sechser-Kombos einzusetzen. Aber führt diese Fixierung auf wenige Spezialschläge auf Dauer zu mehr Effizienz oder zu einer taktischen Einengung? Brauche ich auf lange Sicht eine Vielfalt an Hieben oder wenige starke? Immerhin sollen die Gegner über Panzerungen und Immunitäten noch kniffliger zu knacken sein als im Vorgänger.

Ausblick

Blutig und barock, verwirrend und sprunghaft - dieser Dracula hinterlässt in den ersten Stunden zwar eine gute Figur, aber es bleiben Fragen offen. Noch ist nicht klar, welche Richtung dieses Castlevania einschlägt, welchen Schwerpunkt es findet. Im Vergleich zum Vorgänger geht es derber, brutaler und vulgärer zu. Spielerisch wird viel vermischt: Mal fühlt man sich im Schatten wie Batman, mal wütet man in Arenen wie Kratos, mal klettert man wie Ezio - aber richtig faszinierend war bisher kein Bereich. Was mir gefällt ist das Kampfsystem mit seinen fordernden Bossen und der Fähigkeitenausbau. Was mir bisher nicht gefällt, sind Erfahrungspunkte für schnödes Kistenkloppen, hektische Schauplatzwechsel, die undurchsichtige Story sowie ein Übermaß an visuellem Feedback. Etwas mehr epische Ruhe und offene Erkundungsreize à la Soul Reaver würden diesem nervös zwischen Aktionen wechselnden Vampir gut stehen. Oder kommt das noch? Genauso wie Rätsel über die Portalwechsel? Vielleicht geht es diesem zweiten Teil ja wie der sehr guten Premiere: Auch damals konnte der Einstieg nicht begeistern. Die Qualität des Spieldesigns und der Regie nahm aber mit jedem Kapitel zu. Ich bin gespannt auf die folgenden Stunden mit Dracula.

Einschätzung: gut

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