Wolfenstein: The New Order10.06.2013, Benjamin Schmädig
Wolfenstein: The New Order

Vorschau:

Fragt mal eure Eltern, wie das war, damals in den Sechzigern. Nachdem die Deutschen den Krieg gewonnen und die westliche Hemisphäre nach ihrem Gusto umgebaut hatten. Damals kam Blazkowicz wie aus dem Nichts: 20 Jahre lang lag der Mann im Koma – dann räumte er auf mit den eisernen Kriegsmaschinen der Nazis!

Realitätsverschiebung

Das mit den Kriegsmaschinen, das ist wörtlich gemeint. Hitlers Armee schickt in diesem Wolfenstein tatsächlich mannshohe Kampfhunde und drei Meter große Roboter in den Kampf. Warum? Na, klar: Damit Bill Blazkowicz aus allen Rohren auf die Faschisten feuern kann. Immerhin ist Wolfenstein trotz aller Realitätsverschiebung auch in dieser Ausgabe ein waschechter Shooter. Ganz klassisch geht es da um Reaktionsvermögen und Treffsicherheit, viel mehr nicht.

Einen kurzen Abschnitt lang durfte ich im Vorfeld der E3 in die Haut des Freiheitskämpfers schlüpfen. Auf dem Beifahrersitz eines Kleinwagens wurde ich in ein Forschungs- und Ausstellungsgebäude gefahren, in dem mein Alter Ego einen experimentellen Hubschrauber aufspüren sollte. Dank Rage-Technologie sieht das in dunklen Tönen gemalte London bedrückend aus, während im Inneren Fahnen und Propagandaplakate den Ton angeben. Das sieht in der kurzen Demo immer richtig gut, wenn auch nie beeindruckend aus.

Eine Engel auf Erden

Eingeleitet wurde das Spielen übrigens von einer Filmszene, in der der inkognito reisende

Die deutsche Version

Ein Spiel, das sich um die Nazizeit dreht, darf in Deutschland nicht in unveränderter Form erscheinen. Der Grund: Videospiele gelten laut Gesetz nicht als Kunstform und dürfen deshalb zahlreiche Symbole, Wörter und andere Elemente des Naziregimes nicht verwenden.

So werden die Faschisten z.B. auch in diesem Wolfenstein als „das Regime“ bezeichnet und Hakenkreuze durch rechtlich unbedenkliche Symbole ersetzt. Neben den äußerlichen soll es allerdings keine Änderungen geben: Sowohl die Gewalt als auch die Erzählung des in Deutschland veröffentlichten Spiels werden laut Bethesda der internationalen Fassung gleichen. Blazkowicz auf eine Gegenspielerin namens Frau Engel trifft. Sturmbannführer Engel, um genau zu sein, die ihn auf ähnlich sardonische Weise um einen Beweis seiner arischen Herkunft bittet, wie es Christoph Waltz alias Hans Landa getan hätte. Eine interessante Szene, die den erzählerischen Anspruch allerdings dort in seine Grenzen weist, wo Frau Engel mit ihrem überzeichnet stereotypen schwulen Begleiter spricht. Eine Karikatur – mehr scheinen die ehemaligen Starbreeze-Entwickler bei Machine Games nicht im Sinn zu haben.

Eine Karikatur, auf die ich sehr gespannt bin! Nicht wegen der Handlung oder der guten Action. Mir haben es die Monologe angetan, die Blazkowicz mit sich selbst führt. Dabei bin ich der Erste, der bei One-linern vom Schlage eines "Feuer und Flamme sein" (wenn's heiß her geht) die Augen verdreht. Dieser Blazkowicz murmelt seine Kommentare allerdings in einem so ruhigen, meditativen Tonfall, dass sein Charakter eine ungewöhnlich eigenwillige Dynamik entwickelt: die rohe Gewalt auf der einen Seite, die nachdenkliche Zen-Reflexion auf der anderen.

Altmodische Moderne

Richtig froh bin ich auch darüber, dass sich der Kriegsveteran nicht komplett von selbst heilt: Ganz altmodisch benötigt Blazkowicz Erste-Hilfe-Boxen. Ich kann mich also nicht

Können experimentelle Waffen wie diese den Spieltrieb wecken?
Können experimentelle Waffen wie diese den Spieltrieb wecken?
hastig in ein Feuergefecht stürzen, sondern muss taktisch vorgehen und in einer Notlage den Sprint zum nächsten Hilfspaket wagen. Beim taktischen Vorgehen hilft mir dabei ein Knopfdruck, mit dem ich mich ähnlich wie in Dishonored um die Ecke oder über eine Deckung lehne.

Eine weitere Besonderheit ist ein Laserschneider, mit dem ich Verschlüsse von Lüftungsschächten aufschneide oder kleine Gucklöcher in eine Deckung kratze. Auch Ketten, die z.B. Eingänge versperren, schneidet das Instrument, das ich in einem zweiten Feuermodus als Waffe gebrauchen kann. Hier will Machine Games wohl den Spieltrieb reizen, denn Blazkowicz trägt ein ansehnlichen Arsenal unterhaltsamer Kanonen umher, wenn er z.B. mit zwei Schrotgewehren gleichzeitig feuert.

Ausblick

Das ist alles weder neu noch einfallsreich und es bedarf auf gar keinen Fall der neuen Konsolengeneration, für die es erscheint: Wenn William Blazkowicz in den 60er Jahren auf Nazis und Naziroboter schießt, dann ist das in der kurzen Vorschaudemo einfach nur ein Shooter vor einer fantasievollen Kulisse.  Ein anspruchsvoller Shooter mit starken Gegnern immerhin. Schön, dass er auf altmodische Erste-Hilfe-Kisten setzt – das verlangt ein bedachtes Vorgehen und es entsteht aufregendes Auf-dem-Zahnfleisch-Gehen. Geschenkt, dass sich die Geschichte an Tarantinos Inglourious Basterds orientiert, Nazideutschland aber als Parodie wohl überstrapaziert. Ich freue mich vor allem auf die ruhigen Monologe des Helden, mit denen er der unerbittlichen Action eine unerwartet meditative Seite abgewinnt.

Einschätzung: befriedigend

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.