Vorschau: Cryteks Hoffnungsträger für VR
Allein auf dem fremden Planeten
Es ist schon seltsam: Obwohl ich gezwungenermaßen mit dem gewöhnlichen PlayStation-Controller steuern muss, fühle ich mich auf dem fremden Planeten auf Anhieb wohl. Vermutlich spielt die aufwändig gestaltete Dschungelkulisse dabei eine wichtige Rolle. Vielleicht liegt es aber auch an den zwei charmanten Begleitern, die ständig meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der schwebende Droide Higgs erklärt mir immer wieder neue Einzelheiten über unsere Absturzstelle sowie die Steuerung – und übernimmt nebenbei ein wenig die Rolle eines Elternteils. Ich spiele schließlich den erst zwölf Jahre jungen Robin, der nach der Havarie seines Siedlungsschiffs vom Rest der Crew getrennt wurde. Ein zweiter Begleiter ist Laika - ein putziger einheimischer Dino, der schnell Freundschaft mit meinem Alter Ego geschlossen hat und immer wieder für Rätsel eingesetzt wird. Mit Hilfe einiger Dressur-Kommandos verscheucht sie z.B. angriffslustiges Getier, das mir zu Beginn noch den Weg zu einer Schlucht versperrt, durch die ich in der halboffenen Welt später andere Abschnitte erreiche. Die beiden Begleiter können sich gegenseitig offenbar nicht sonderlich gut leiden, was immer wieder für Streitereien sorgt. Wirklich albern wird es angesichts der ernsten Lage natürlich nicht, die Interaktion zwischen dem Trio wirkt bislang aber wie ein charmanter Weg, die Aufmerksamkeit des Spielers auf die nächsten Aufgaben zu lenken.
Entspannte Entdeckung oder Überlebenskampf?
Spielerisch lässt sich der Titel schwer in ein einzelnes Genre einordnen, da der Ablauf allerlei Ergebnisse aus Cryteks VR-Experimenten miteinander vermischt. Im Grunde handelt es sich um ein Überlebens-Abenteuer, allerdings ohne Zeitdruck und mühsame Ressourcenbeschaffung. Stattdessen geht es eher darum, die Umgebung zu erforschen, mit Hilfe von Rätseln neue Gebiete zu erschließen, gefährliche Urzeitgiganten abzulenken, Maschinen zum Laufen zu bringen und kleine Geschicklichkeitstests zu bestehen. So klettere ich z.B. wie in The Climb an Vorsprüngen entlang, muss aber nicht auf nachlassende Griffkraft achten. Daher erinnern die Touren spielmechanisch eher an Kletterpassagen aus Uncharted 4 oder an Jump-n-Runs. Habe ich durch sorgfältiges Umschauen den passenden Weg gefunden, muss ich im passenden Rhythmus zugreifen. Die als Griffe benutzten Baumpilze klappen sich nämlich rhythmisch ein und aus.
Move muss draußen bleiben
Am kniffligsten gestalteten sich die Nebenbeschäftigungen, bei denen Präzision gefragt ist, z.B. das kleine Basketballspiel oder das Fischen mit einem Sieb. Wie beim Beseitigen von Trümmern lässt ein Multitool das Objekt der Wahl vor einem schweben, so dass man es per Knopfdruck nach vorne bugsieren kann. Schade, dass Crytek auf die Unterstützung der Move-Controllern verzichtet, ohne die sich das Hantieren mit einigen Objekten fummelig und nicht präzise genug anfühlt.
Perspektivwechsel
Zwischendurch kann sich der Spieler praktisch in den schwebenden Higgs hineinversetzen. Dann sieht man den Kugel-Droiden von innen, kann die Datenbank studieren oder andere technische Details erledigen. Später sollen noch weitere Droiden im Spiel auftauchen, die wichtige Aufgaben für die Rätsel erfüllen, näher wollte Crytek mit Rücksicht auf die Geschichte aber noch nicht ins Detail gehen. Die reale Welt mit all ihren Feinheiten sieht übrigens richtig schick aus – sogar deutlich schicker als der Großteil der VR-Konkurrenz am PC. Wie genau das Spiel die stärkere PS4 Pro nutzen wird, ist noch Zukunftsmusik, aber schon aus der aktuellen Hardware kitzeln die Entwickler ein Ergebnis, das während der Demo stets flüssig blieb. Als ich Özbayram darauf anspreche, welche Tricks man auf der verhältnismäßig schwachen „alten“ PS4 angewandt hat, lautet die Antwort „hauptsächlich Feintuning“. Die Szenen müssten deutlich häufiger von Testspielern durchlaufen werden als bei einem konventionellen Spiel – und zudem noch aus mehr unterschiedlichen Perspektiven.
Technische Tricks für VR
Da die Welt von Robinson mit Trümmerteilen des abgestürzten Raumschiffs Esmeralda übersät ist, sollen alle Gegenstände eine eigene Hintergrundgeschichte sowie eine Funktion für die Handlung einnehmen. Bei der Namensgebung und dem Design nahmen sich die Entwickler bekannte Namen aus der frühen Raumfahrt und Science-Fiction-Filmen der Siebziger und Achtziger zum Vorbild: Hündin Laika war z.B. das erste Lebewesen, das von Russland in die Umlaufbahn geschossen wurde (und übrigens tot zur Erde zurückkehrte).
Exklusiver Planeten-Ausflug
Auf anderen Plattformen dürfte das Spiel übrigens erst an einem unbestimmten Termin in der Zukunft erscheinen, vorerst hat sich Sony die Exklusivrechte gesichert. Der komplett auf das Einzelspieler-Abenteuer fokussierte Titel erscheint zum Start von PlayStation VR am 13. Oktober, und zwar zum Vollpreis. Dafür sollen rund drei bis acht Spielstunden geboten werden. Je nachdem, ob ein Hardcore-Spieler oder ein Neuling testgespielt hat, seien die Ergebnisse und die Dauer fürs Umsehen sehr unterschiedliche ausgefallen. Auch das Bestreiten oder Auslassen kleiner Nebenmissionen ist natürlich ein Faktor.
Ausblick
Eine Zeit lang war ich skeptisch, ob ich meine Vorbestellung für PlayStation VR nicht lieber zurückziehe und das begrenzte Budget lieber in eine private Vive stecke, die bekanntlich Roomscale-Titel unterstützt. Doch Robinson hat meine Vorfreude auf Sonys VR-Headset wieder gesteigert. Obwohl ich eigentlich Exklusivtitel im Bereich der noch jungen Technologie ablehne, könnte sich Sonys (zeitliche) Sicherung der Rechte als kluger Schritt erweisen. Robinson: The Journey gehört mit seiner liebevoll gestalteten Kulisse nicht nur zu den schönsten VR-Titeln, sondern erinnert im Gegensatz zum Großteil der Konkurrenz auch stärker an ein vollwertiges Abenteuer, in das ich gern viele Stunden versinken würde. Positiv für den Komfort beim Spielen ist außerdem, dass sich Crytek mit seiner Engine als technische Speerspitze im Bereich positionieren möchte – und dementsprechend viel experimentiert hat, bevor man zu dem jetzigen Genremix aus verschiedener Rätseln, Aufgaben, Minispielen und dem magenschonenden Steuerungsschema gelangte. Auch der für Neugier sorgende Absturz und die herumwuselnden Begleiter Higgs und Laika machen das Entdecken interessant. Eine herbes Versäumnis ist allerdings, dass PlayStation Move vorerst nicht unterstützt wird. Wenn filigrane Bewegungen gefragt sind, schreit das Spiel geradezu nach Bewegungs-Controllern, die vom Gamepad und dem Headtracking nur bedingt ersetzt werden können. Davon abgesehen ist Robinson: The Journey momentan aber mein Favorit für den Launch von PlayStation VR – neben Battlezone und Rez Infinite.
Einschätzung: gut
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