Virtua Striker 317.06.2002, Jörg Luibl
Virtua Striker 3

Im Test:

Fußball regiert derzeit die Welt: Die WM in Japan und Südkorea nähert sich dem Spannungs-Zenit und dürfte auch unter Spielern für so manchen heißen Kick sorgen. Sega hat mit Virtua Striker 3 einen ambitionierten Titel ins Rennen geschickt, der mit klasse Optik und einfachem Arcade-Gameplay überzeugen will. Ob der Titel am eher durchschnittlichen ISS2 oder gar GameCube-Spitzenreiter FIFA WM 2002 vorbeiziehen kann, erfahrt Ihr in unserem Test!

Fußball regiert derzeit die Welt: Die WM in Japan und Südkorea nähert sich dem Spannungs-Zenit und dürfte auch unter Spielern für so manchen heißen Kick sorgen. Sega hat mit Virtua Striker 3 einen ambitionierten Titel ins Rennen geschickt, der mit klasse Optik und einfachem Arcade-Gameplay überzeugen will. Ob der Titel am eher durchschnittlichen ISS2 oder gar GameCube-Spitzenreiter FIFA WM 2002 vorbeiziehen kann, erfahrt Ihr in unserem Test!

Inoffizielle Karriere

Auch Virtua Striker steht im Zeichen der WM: Insgesamt könnt Ihr auf 64 Nationalmannschaften mit über 1.400 Spielern zurückgreifen. Zwar kann Sega nicht mit einer offiziellen FIFA-Lizenz protzen, aber dafür könnt Ihr mit einem mächtigen Editor experimentieren, der Euch jeden Spieler individuell anpassen lässt: Name, Trikot-Nummer, Position, Gesicht, Größe, Statur, Können, Schuhe - alles kein Problem. Außerdem zeigt Sega der Konkurrenz, wie man einen motivierenden Einzelspielermodus gestaltet: Neben den obligatorischen Einzelspielen, einem erweiterten Trainingsmodus sowie diversen kleinen Turnieren und einer Liga, liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Karriere bis zur Weltmeisterschaft. Als Trainer habt Ihr in der WM-Qualifikation vier Jahre Zeit, um Euer Team spielerisch auf Vordermann zu bringen.

Mit dem Traumteam zur WM

Ihr verfügt zu Beginn über ein 2000 Punkte starkes Konto und könnt dafür diverse Trainingslager und Freundschaftsspiele absolvieren, um Euch optimal vorzubereiten. Im Training selbst habt Ihr dann unglaublich viele Möglichkeiten, Euer Team zu schulen. Jeder Spieler besitzt vier Grundwerte (Ausdauer, Körpereinsatz, Angriff, Abwehr) und lässt sich individuell im Detail verbessern: Ihr könnt z.B. einen der neun zusätzlichen Charakterwerte wie Schnelligkeit, Dribblings oder Ausdauer verbessern, oder einen Kicker intensiv auf eine von acht Spielweisen wie Manndecker, Spielmacher oder Ausputzer vorbereiten. Ähnlich wie bei Fußballmanagern lässt sich die Zeit dann wochenweise vorspulen, wobei etwaige Verbesserungen Eurer Spieler oder sonstige Boni sofort gemeldet werden. Wenn Ihr z.B. im Trainingsspiel vorher ankündigt, bewusst auf Distanzschüsse zu setzen, und diese dann auf dem Platz optimal umsetzt, verbessert sich gleich die Fähigkeit des gesamten Teams. Und wenn Ihr besonders spektakuläre Tore erzielt, gibt`s sofort mehr Punkte - das motiviert!

Steuerung für Arme

Leider hält die Motivation am Pad nicht lange an. Aber zunächst die gute Nachricht: Virtua Striker 3 lässt sich herrlich einfach steuern, weil nur drei Knöpfe belegt sind. Die Spieler reagieren präzise und die Animationen sind flüssig. Ihr könnt in der Offensive flache und hohe Pässe spielen, je nach Länge des Knopfdrucks weit und hoch schießen oder köpfen und in der Defensive ein Tackling ansetzen, das sich je nach Abstand zum Ball auch in eine Grätsche verwandeln kann.

Jetzt die schlechte Nachricht: das war`s! Es gibt keinen Doppelpass, keine Schuss-Varianten wie Heber, keine bewusst einsetzbaren Dribblings und vor allem keinen (!) Turbo. Selbst die aktiven Kicker werden automatisch gewechselt. Auch die Kamera schwenkt automatisch, mal in eine Frontalansicht und viel zu selten in eine übersichtlichere Schrägperspektive. So kann man sich zwar aufs Wesentliche konzentrieren, aber der Spielfluss bleibt immer auf dem gleichen, viel zu langsamen Niveau. Manchmal verkommt der virtuelle Kick so zu einem unansehnlichen Mittelfeldgehacke, das man nur selten mit öffnenden Pässen und weiten Flanken auflockern kann. Wenn sich die Verteidiger wie die Fliegen um den Ball scharen, sehnt man sich nach Körpertäuschung und schnellem Antritt...

Wo sind die Optionen?

Spätestens nach fünfzehn Minuten hat man alle mageren Gameplay-Geheimnisse aufgedeckt und sucht verzweifelt in den Menüs nach den erweiterten Spieloptionen - es gibt sie nicht. Kann man wenigstens die Spielgeschwindigkeit erhöhen? Nein. Kann man die Kamera etwas weiter vom Geschehen justieren? Nein. Tut mir leid Sega, aber mit dieser Steuerung für Arme und den fehlenden Einstellungsmöglichkeiten habt ihr einen im Ansatz vielversprechenden Titel vermurkst. Auch wenn sich Spielhallen-Puristen vielleicht mit diesem simplen Arcade-Feeling anfreunden können, dürften Options-verwöhnte Konsolenzocker schnell enttäuscht sein. Dafür entschädigen auch nicht die drei im Spiel modifizierbaren Taktiken (defensiv, normal, offensiv) oder die üblichen Formationen (3-5-2, 4-4-2 etc.).

Besser als die Spielhallenversion?

Ja, Sega kann in vielen Bereichen optisch punkten: Die Menüs sind sauber und übersichtlich gestaltet, das Gameplay ist ruckelfrei und die 13 verfügbaren Stadien zeigen sich nicht nur architektonisch stimmig, sondern auch in Sachen Zuschauerkulisse recht überzeugend. Allerdings wird auf keinen Fall die Präsentationsklasse von FIFA WM 2002 erreicht, was auch an der recht monotonen Geräuschkulisse und den wenig packenden Fanchören liegt. Richtig klasse sind hingegen die Lichteffekte in den Stadien (ich empfehle Spiele am Abend) und vor allem die Animationen der Kicker, die mindestens genau so sanft und lebendig wirken wie in der Spielhalle. Auch die physikalischen Eigenschaften des offiziellen WM-Balls hinterlassen einen realistischen Eindruck, obwohl die Pass- und Schussabfrage meist etwas verzögert vonstatten geht, was etwas bitter aufstößt.

Pro:

  • komplexe Trainingsmöglichkeiten
  • motivierender WM-Karriere-Modus
  • ansehnliche Animationen
  • einfache Steuerung
  • 13 Stadien
  • mächtiger Editor
  • freispielbare Teams & Stadien
  • 64 Mannschaften, 1400 Spieler
  • Kontra:

  • keine offizielle Lizenz
  • unglückliche Kameraperspektive
  • keine Steuerungsfinessen
  • nur Nationalmannschaften
  • langsamer, zäher Spielaufbau
  • magere Fankulisse
  • Vergleichbar mit:

    ISS2; Red Card 20-03; FIFA WM 2002

    Fazit

    Tolle Stadien, herrliche Animationen, mächtiger Editor, ein motivierender Karriere-Modus - da hätte Sega der Konkurrenz von Konami und EA ordentlich Paroli bieten können. Aber spätestens nach fünfzehn Minuten Virtua Striker 3 fragt man sich, warum die Entwickler wesentliche Spielspaßelemente einfach ignoriert haben: Die einzig verfügbare Kamera ist meist zu nah dran am Geschehen und die Steuerung wurde auf die einfachsten Bewegungen kastriert: kein Sprint, kein Doppelpass, kein Dribbling, nur ein Tackling. Sicher kommt man so dem simplen Arcade-Feeling der Automatenversion sehr nahe, aber man hätte dem Spieler noch einen erweiterten Home-Modus spendieren müssen - so kommt der Titel nicht an ISS2 oder gar FIFA WM 2002 heran und bleibt ein ansehnlicher Kick für anspruchlose Einsteiger. Schade, denn dass Arcade-Fußball bei einfacher Handhabung auch enorme Spieltiefe bieten kann, hat erst kürzlich Red Card Soccer auf der PS2 gezeigt. Bleibt festzuahlten: Fans der Spielhallenfassung können bedenkenlos zugreifen, alle anderen sparen besser für die GameCube-Fassung von Red Card.

    Wertung

    GameCube

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