The Italian Job30.12.2003, Jens Bischoff
The Italian Job

Im Test:

Während PS2- und Xbox-Besitzer bereits seit Ende Oktober rach- und goldsüchtig durch die Straßen von Los Angeles heizen, standen die GameCube-Boliden aus The Italian Job (ab 4,95€ bei kaufen) bis vor kurzem noch in der Entwickler-Garage. Jetzt sind die flotten Mini Cooper aber auch auf dem Würfel startklar und wurden von uns nochmals kritisch Probe gefahren. Zu welchem Ergebnis wir dabei gekommen sind, erfahrt ihr im Testgutachten.

Rache statt Goldraub

Wie im gleichnamigen PSone-Original geht es auch in der Neuauflage um einen Goldraub und heiße Verfolgungsjagden, die es missionsbasiert nachzuspielen gilt. Doch statt Turin und London ist dieses Mal Los Angeles der Schauplatz und anstelle des eigentlichen Raubes geht es einzig um den Racheplan geprellter Komplizen. Ihr schlüpft nämlich in die Rolle von Charlie Croker, der mit seinen Kumpanen einen ehemaligen Kollegen aufspüren will, der beim letzten Coup einfach alleine mit der Beute abgehauen ist und sich nach Los Angeles abgesetzt hat. Doch bevor ihr ihm einen Denkzettel verpassen und das geklaute Gold zurückerobern könnt, müssen zahlreiche Vorbereitungen getroffen werden.

Einsame Runden: Den Busfahrer beeindrucken unsere Donuts nicht im geringsten (GC).

Menschenleeres LA

Für euch bedeutet das aber lediglich stets rechtzeitig am richtigen Ort zu sein, denn alles andere erledigen eure fiktiven Kumpels, die ihr trotz Erwähnung in den stimmungsvoll gesprochenen Story-Sequenzen nie zu Gesicht bekommt. Doch das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich bekommt ihr im Spiel überhaupt keine Menschen zu sehen - weder Komplizen, Gesetzeshüter, Euren Gegenspieler noch Passanten. Alles dreht sich nur ums Fahren. Trotzdem hätte man bei einem Story-Modus schon etwas mehr erwartet als stupides Rasen von A nach B. Okay, hin und wieder muss man auch mal der Polizei entwischen, ein Rennen gewinnen oder einen Wagen beschatten, aber das war`s dann auch schon.__NEWCOL__

Frustrierter Stuntman

Neben dem erwähnten Story-Modus wartet The Italian Job aber auch noch mit anderen Spielmodi auf: So kann man sich im Modus Stadtrallye mit drei CPU-Rivalen bzw. zwei CPU-Rivalen und einem menschlichen Mitstreiter heiße Checkpoint-Rennen durch LA liefern, im Modus Zeitrennen die gleichen Rennen gegen die Uhr fahren oder im Modus Spritztour völlig ungezwungen durch Hollywood und Downtown Los Angeles heizen. Zudem gibt es auch noch eine Hand voll vertrackter Stunt-Parcours, die es unter Zeit- und Punktedruck zu bewältigen gilt, was sich allerdings schon bei der ersten Strecke aufgrund geradezu utopischer Vorgaben als Frustmarathon aller erster Güte erweist.

Blaulicht-Harakiri: Die Cops riskieren bei Verfolgungsjagden oft Kopf und Kragen (GC).

Spritztour oder Extrajagd

Da halten wir uns doch lieber an die 15 Missionen des Story-Modus‘, die mit entsprechender Streckenkenntnis keine allzu große Herausforderung darstellen und schon nach kurzer Zeit gemeistert sind. Zwar kann man durch bessere Einsatz-Rankings noch zusätzliche Fahrzeuge wie Jeep, Muscle-Car, Streifenwagen oder Geldtransporter freispielen, aber die Motivation dazu tendiert nach einmaligem Durchzocken trotz separater Missionsanwahl fast gegen Null. Dann eher noch ein paar Stadtrallyes gewinnen, um weitere Streckenführungen frei zu schalten. Aber auch das ist nicht wirklich nötig, kann man sich bei einer Spritztour doch von Beginn an im gesamten Straßennetz austoben.

Kompaktes Werbepflaster

Allerdings gestaltet sich das virtuelle Los Angeles sehr kompakt und nicht sonderlich authentisch. Trotzdem erkennt man ein paar Hotspots wieder und die Umgebungen wirken bis auf das teilweise geradezu erdrückende Product Placement via Reklametafeln größtenteils glaubhaft. Zudem setzen sich die wenigen Quadratkilometer recht abwechslungsreich zusammen und bieten neben normalen Straßenfahrten auch Ausflüge in die Kanalisation, Einkaufszentren, Parkhäuser und U-Bahn-Schächte der Metropole. Auch die Ladezeiten sind angenehm kurz und Bremsspuren erinnern dauerhaft an Fahrfehler, Powerslides und Kavalierstarts. Lediglich an das Fehlen von Tacho und Drehzahlmesser muss man sich als Rennspielfan erst gewöhnen.

Abgehoben: Das Fahren auf zwei Rädern sieht gut aus, will aber auch gelernt sein (GC).

Elegant durch die Rushhour

Überhaupt ist das Fahrverhalten sehr arcadelastig. Schon nach kurzer Zeit zirkelt man gekonnt mit Bleifuß und Handbremse durch die Stadt, fährt angeberisch auf zwei Rädern und schanzt elegant über jede Rampe. Selbst Fußgängerzonen, Baustellen und Hausdächer sind nicht vor uns sicher und der rege Stadtverkehr sorgt dafür, dass die Rennen so schnell nicht langweilig werden. Allerdings scheinen nicht alle Verkehrsteilnehmer LAs einen Führerschein zu besitzen und selbst Busfahrer erlauben sich hin und wieder folgenschwere Ausflüge in den Gegenverkehr. Hinzu kommt, dass das Kollisionsverhalten teils recht merkwürdige Ergebnisse liefert und man sich das plumpe Schadensmodell lieber ganz hätte sparen sollen.__NEWCOL__

Augen zu und durch

Etwas plump wirken übrigens auch die polygonarmen und nur mit mäßigem Environment-Mapping überzogenen Fahrzeugmodelle. Auch die Umgebungen sind nur mäßig texturiert und die Licht- und Crash-Effekte von der Stange. Dafür bekommt Ihr jedoch eine 1A-Sichtweite und eine superflüssige Darstellung geboten, die wahlweise sogar in 16:9 erfolgt - auf der Xbox sogar in 60Hz. Zudem bleibt das Geschehen auf der Microsoft-Konsole auch im Splitscreen flüssig und überzeugt allgemein mit besserer Kantenglättung. Ansonsten gleichen sich die drei Versionen technisch jedoch wie ein Ei dem anderen - sogar die Ladezeiten sind weitestgehend identisch. Allerdings wäre hier auf allen Systemen eindeutig mehr drin gewesen und auch die Soundkulisse ist alles andere als herausragend.

Öder Splitscreen: Die Zwei-Spieler-Rennen werden schnell langweilig (GC).

Wer brummt besser?

Komischerweise sind die Motorengeräusche auf der Sony-Konsole deutlich besser gesampelt als auf Xbox und GC. Dadurch klingen die Ausflüge - vor allem mit PS-starken Motoren - auf der PS2 am authentischsten, was auch die Atmosphäre dezent aufwertet. Die übrigen Sound-FX und der Soundtrack sind hingegen auf allen drei Konsolen weitestgehend belanglos. Der deutsche Synchronsprecher macht aber einen guten Job, hat aber nur wenige Einsätze. Das freispielbare Bonusmaterial ist wiederum eher unspektakulär und bietet neben Leinwandfotos nur ein paar Skizzen, Modellentwürfe und Blicke hinter die Kulissen. Wer ein Making-Of, Interviews oder umfangreiches Videomaterial erwartet hat, wird daher wohl eher enttäuscht sein.

Fazit

Ein Gangsterspiel ganz ohne Waffen? Das konnte ja nicht gut gehen. Doch weit schwerer wiegt die Tatsache, dass man während des gesamten Spiels keine einzige Person zu Gesicht bekommt - weder Fahrer, Passanten, noch Story-Charaktere. Alles dreht sich nur um Autos, die möglichst schnell und unversehrt von A nach B gefahren werden müssen. Mit der Kinovorlage hat das natürlich reichlich wenig zu tun, auch wenn manche Szenen, Fahrzeuge und Locations halbwegs authentisch wirken und man ein paar Videoschnipsel und Bilder aus dem Film zu sehen bekommt. Doch abgesehen von der sterilen Präsentation ist der Story-Modus auch viel zu kurz, der Stunt-Modus viel zu schwer und der Mehrspieler-Modus viel zu öde, um aus The Italian Job mehr als einen Driver-Klon für Arme zu machen. Da hatte selbst das betagte PSone-Pendant mehr zu bieten. Doch immerhin ist das Arcade-Fahrverhalten ordentlich, das Streckendesign verhältnismäßig abwechslungsreich und auf den Straßen herrscht stets reger Verkehr. Für gelegentliche Spritztouren wären die verwinkelten Straßen, Einkaufspassagen, Hinterhöfe, Kanäle und U-Bahn-Schächte LAs sogar durchaus brauchbar, wenn es nicht deutlich bessere Alternativen gäbe.

Pro

reger Verkehr
flüssige Grafik
tolle Sichtweite
flotte Ladezeiten
60Hz-Modus (Xbox)
einfache Handhabung
solides Arcade-Gerase

Kontra

mäßige Technik
fade Präsentation
geringer Spielumfang
dreiste Schleichwerbung
lächerliches Schadensmodell
weder Tacho noch Drehzahlmesser
unausgewogener Schwierigkeitsgrad
teils merkwürdiges Kollisionsverhalten

Wertung

GameCube

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