Evolution Worlds24.03.2003, Jens Bischoff
Evolution Worlds

Im Test:

Im Gegensatz zur aktuellen Situation auf dem GameCube gab es auf Segas Dreamcast seinerzeit wirklich exquisite Rollenspiele. Evolution 1 und 2 gehörten zwar mit Sicherheit nicht dazu, aber das hielt die japanischen Entwickler offenbar nicht davon ab, gerade aus diesen beiden Titeln ein neues GameCube-Rollenspiele namens Evolution Worlds zu basteln. Ubi Soft bietet diesen Mix jetzt auch in Deutschland an, wo GameCube-Rollenspiele ja bekanntlich Mangelware sind. Was sich Genrefans von diesem Angebot erwarten dürfen und was nicht, verrät unser Testbericht.

Alles wie gehabt

Evolution Worlds startet dort, wo auch schon das Dreamcast-Evolution vor Jahren begann: In einer Fantasy-Welt, die aus den Ruinen einer antiken Zivilisation entstanden ist, die weit fortgeschrittener war als die jetzige. Schauplatz ist zunächst das kleine Dörfchen Pannam, das Zuhause von Abenteurer-Bengel Mag Launcher und seiner geheimnisvollen Gefährtin Linear Cannon, die zusammen mit Butler Gre Nade versuchen, den Schuldenberg der Familie Launcher durch Expeditionen in die umliegenden Ruinen abzubauen.

Da fehlt doch was...

Im weiteren Verlauf der Geschichte verlagert sich das Abenteurer-Hauptquartier dann ins entlegene Museville, wo ebenfalls mutige Schatzsucher angeheuert werden, um Artefakte aus den alten Ruinen zu bergen. Allerdings bekommt Ihr in Evolution Worlds nicht einfach die beiden Dreamcast-Evolutions hintereinander vorgesetzt, sondern erlebt vielmehr eine Symbiose aus Teil 1 und 2, die allerdings weit weniger umfangreich ist als wenn man die Originale einfach hintereinander gespielt hätte.__NEWCOL__Teuer erkaufte Vorzüge

Dafür genießt Ihr schon zu Spielbeginn alle Vorzüge, die es auf dem Dreamcast erst seit Evolution 2 gab, wie das facettenreichere Fertigkeitssystem oder die detaillierteren Charaktermodelle. Allerdings müsst Ihr dafür auch mit weniger Schauplätzen, weniger Story-Elementen und weniger Handlungsfreiheit leben, was natürlich bei einem Titel, der schon damals nicht gerade umfangreich war, erzählerisch oft auf der Strecke blieb und sich auch spielerisch sehr geradlinig präsentierte, doppelt unangenehm auffällt.

Wechselndes Trio

Dafür habt Ihr allerdings von Anfang an Einfluss auf die Zusammensetzung Eurer Party. Zwar sind Mag und Linear meist unaustauschbar, aber ob Ihr als Dritten im Bunde auf Schützen-Butler Gre, Klingen-Zicke Chain, Bazooka-Braut Pepper oder später auch Ganovenführer Carcano setzt, bleibt Euch überlassen. Umsonst sind die Dienste der meisten Mitstreiter allerdings nicht. Und je nach Zusammensetzung kann Euer Trupp auch über unterschiedliche Talente verfügen, die sich gezielt trainieren und verbessern lassen.

Individuelle Entwicklung

Doch auch beim Erlernen von neuen Fertigkeiten entscheidet Ihr, welche das sind. Dabei kommt es allerdings darauf an, ob Ihr einen sogenannten Cyframe Euer eigen nennt, der mit neuen Aufsätzen und Erweiterungen bestückt werden kann oder ob Ihr über angeborene Fertigkeiten verfügt, die sich unabhängig von Eurer Ausrüstung entwickeln. So oder so müsst Ihr für neue Fertigkeiten so genannte Taktikpunkte springen lassen, die Ihr neben den üblichen Erfahrungspunkten nach siegreichen Kämpfen erhaltet.

Ordentliches Kampfsystem

Ob Ihr Euch allerdings in jeden Kampf verstricken lasst oder lauernde Monster ab und zu einfach geschickt umgeht, bleibt Euch freigestellt. Während Eurer Streifzüge durch die meist zufallsberechneten Dungeons könnt Ihr Eure Gegner nämlich sehen und versuchen sie von hinter zu überfallen oder ihnen aus dem Weg zu gehen. Gelingt Euch ein Hinterhalt, dürft Ihr in den rundenbasierten Kämpfen als Erster zuschlagen. Ansonsten richtet sich die Zugfolge ähnlich wie in Final Fantasy X nach den Agilitätswerten und zuvor ausgeführten Aktionen der Kombattanten. Zur Auswahl steht der Einsatz von Waffengewalt, Zauber- und Spezialfertigkeiten, Talenten oder Gegenständen. Verteidigung und Flucht sind natürlich ebenfalls möglich.

Zudem dürft Ihr auch die Formation Eurer Party beeinflussen, um beispielsweise mehr Schaden anzurichten.__NEWCOL__Mit manchen Aktionen könnt Ihr zusätzlich auch die Aufstellung Eures Gegners beeinflussen, was zwar taktische Vorteile bringen, allerdings auch nach hinten losgehen kann, da Eure Widersacher ebenfalls Einfluss auf Eure Formation nehmen können. Insgesamt bieten Kampfs- und Fertigkeitssystem zwar kaum wirklich neue, aber immerhin ausreichend interessante Möglichkeiten, um einen spielerisch bei Laune zu halten.

Enttäuschende Verpackung

Doch leider reicht dies nicht aus, um dauerhaft zu unterhalten, denn die ohnehin maue Story wird viel zu stiefmütterlich behandelt, während längere Story-Sequenzen eher langweilen oder nerven als dass sie für Spannung oder Atmosphäre sorgen. Hin und wieder können die stereotypen Anime-Figuren zwar auch so etwas wie Charme versprühen, aber im Allgemeinen sind Handlung und Dialoge genauso wenig überzeugend wie das an Schlichtheit kaum zu unterbietende Level- und Monster-Design, bei dem nicht einmal Boss-Gegner bedrohlich wirken.

Allerdings bekommt man Letztere sowieso nur zu Gesicht, wenn man über die Ausdauer und Anspruchslosigkeit verfügt, zuvor jeweils unzählige mit Fallen gespickte Stockwerke der mitunter tristesten Gemäuer der Rollenspielgeschichte zu ergründen und Massen von Ohrringe tragenden Riesenmäusen, dickbäuchigen Vögeln und anderen idiotischen Geschöpfen zu bezwingen. Technik und Präsentation des Ganzen wirken trotz dezent aufpolierter Grafik und lobenswerter englischer Sprachausgabe nach wie vor vorsintflutlich. Zudem werden gespeicherte Spielstände in der Regel nach dem Laden einfach wieder gelöscht, eine Lokalisierung hat überhaupt nicht stattgefunden und spielerische Neuerungen muss man mit der Lupe suchen.

Fazit


Für Besitzer der beiden Dreamcast-Vorlagen gibt es definitiv keinen Grund, sich Evolution Worlds zuzulegen, da es weit weniger Neuerungen als Streichungen gibt und grundlegend neu ist eigentlich ohnehin nichts. Doch selbst ausgehungerte GameCube-Rollenspieler ohne Vorkenntnisse sollten lieber auf hochwertigere Alternativen warten als sich an diesem halbgar zubereiteten Aufguss den Magen zu verderben. Dabei sind sowohl das Kampf- als auch das Fertigkeitssystem von Evolution Worlds durchaus ordentlich, aber der monotone und lineare Spielverlauf sowie die schon damals veraltete und nur minimal aufpolierte Technik dämmen jeden aufkommenden Spielspaß schnell wieder ein. Zudem ist das Spiel, obwohl es sich eher an ein kindliches Publikum richtet, komplett in Englisch, das Speichersystem selbst für Konsolenverhältnisse eine Frechheit, die Story ziemlich mau und die Präsentation von Spielwelt und Figuren trotz gelegentlich aufflammenden Anime-Charmes viel zu langweilig und steril. Bittere Ironie, dass die Entwickler diesen programmierten Stillstand noch immer Evolution nennen...

Pro

<li>gelegentlicher Anime-Charme</li><li>gelungene englische Sprachausgabe</li><li>ordentliches Kampf- & Fertigkeitssystem</li>

Kontra

<li>nicht lokalisiert</li><li>technisch veraltet</li><li>kaum Neuerungen</li><li>reduzierter Umfang</li><li>monotones Gameplay</li><li>zu wenig Story-Elemente</li><li>beschränktes Speichersystem</li><li>eingeschränkte Handlungsfreiheit</li><li>langweiliges Level
& Monsterdesign</li>

Wertung

GameCube

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.