Medal of Honor: Frontline21.12.2002, Mathias Oertel
Medal of Honor: Frontline

Im Test:

Nachdem Ego-Shooter-Fans mit PS2 und Xbox bereits zu den Waffen gegriffen haben und mit Medal of Honor Frontline gegen die deutsche Kriegsmaschinerie antreten konnten, sind nun die GameCube-Spieler gefordert. Ob sich der Ausflug in den Zweiten Weltkrieg auch auf dem GameCube lohnt und mit welchen Veränderungen Ihr gegenüber den anderen Versionen rechnen müsst, könnt Ihr in unserem Test erfahren.

D-Day ist nur der Anfang

Als Startschuss für die umfangreiche Kampagne dient die Landung in der Normandie, die auch schon in der PC-Fassung auf die Spieler wartete. In vielen Punkten ähnelt die PS2-Invasion von Ohama Beach auch dem PC-Pendant sowie dem Spielberg-Film "Saving Private Ryan": Um Euch herum ist im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los, während Ihr Kameraden rettet, MG-Nester ausschaltet und schließlich die Bunker leer räumt. Doch wie sich herausstellt, ist dies nur der Beginn einer lebensgefährlichen Kampagne, die Euch im Kampf gegen die deutsche Wehrmacht bis nach Holland und Norwegen führt.

Spielerische Hausmannskost

Die Story, die in ziemlich trockenen Zwischenszenen und original Archiv-Filmen erzählt wird, bleibt meist an der Oberfläche hängen und trägt nur wenig zur insgesamt eindrucksvollen Atmosphäre bei, die auch der GameCube-Fassung von MoH Frontline zwar aus allen Software-Poren strömt, aber hauptsächlich durch den Sound und die im Großen und Ganzen stimmige Grafik erzeugt wird.

Auch die grundsätzliche Linearität der einzelnen Abschnitte trägt nur unwesentlich zu dieser Stimmung bei: Annähernd 99 Prozent der Türen, an denen Ihr vorbei lauft, sind verschlossen und können nicht geöffnet werden.

Es gibt nur einen Weg, der zum Ziel führt - und der ist mit feindlichen Soldaten, Panzern und Ähnlichem gespickt, die einen mehr oder weniger direkt dazu auffordern, sie auf den Heldenfriedhof zu schicken.

Und trotzdem hat man nie das Gefühl, dass es sich bei Frontline um einen weiteren "Mäh-alles-nieder-was-sich-bewegt"-Shooter handelt.

Denn dank eines ausgefeilten Leveldesigns, geschickt platzierter Missionsobjekte und in die Levels gesetzte Gegner wird die Linearität gekonnt kaschiert und der Spieler immer wieder gefordert. Hin und wieder muss man sich auch mal eine Pause gönnen und nachdenken. Dies aber nicht, weil die sporadisch eingestreuten Rätsel so knackig sind, sondern weil man sich eine Taktik für den nächsten Levelabschnitt zurechtlegen muss.

Gute KI?

Natürlich können Shooter-Fans der alten Garde wie bei den Vorgängern immer noch stürmen, was das Zeug hält, den Abzug durchdrücken, bis die Rohre glühen und die Mission erfolgreich beenden.

Doch wer gelegentlich innehält, auch mal das Kriechen beginnt und eventuell seine Feinde wohlüberlegt aus der Entfernung mit dem Scharfschützengewehr ausschaltet, kommt meistens besser ans Ziel.

Denn die KI reagiert recht intelligent auf die eigenen Aktionen - so scheint es zumindest. Doch was vorher vollmundig als ausgereifte KI präsentiert wurde, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als eine Auswahl bestimmter Verhaltensweisen, die beim Näherkommen des Spielers abgespult werden. Anders lässt es sich wohl kaum erklären, dass man mit dem nicht gerade leisen Snipern einen Gegner ausschaltet, während ein Soldat, der nur 20 Meter entfernt ist, nicht reagiert.

Doch abgesehen davon, sind die Verhaltensmuster der deutschen Soldaten fordernd und sorgen immer wieder für spannende Momente - insofern man in ihre Nähe kommt und die Muster aktiviert.

Alles unter Kontrolle

Vor allem in Punkto Steuerung gibt sich die GameCube-Fassung von MoH: Frontline im Vergleich zur PS2-Version keine Blöße und ist in etwa gleichwertig zur Xbox-Version.

Die Drehgeschwindigkeit der Figur ist genau richtig und auch das manuelle Zielen wurde optimiert - geblieben ist allerdings, dass man sich beim genauen Anvisieren nicht bewegen kann, was unter Umständen zu mehreren Treffern seitens der Gegner führen kann.

Aber unter dem Strich werdet Ihr wenig Probleme mit der Bewegung und den Aktionen Eures wackeren Helden haben.

Das ist auch gut so, denn dafür müsst Ihr in Kauf nehmen, dass Ihr nur am Ende eines Levels speichern könnt. Dadurch wird zwar der Realismus etwas mehr betont, doch wenn man sich vergleichbare Produkte anschaut, fällt dieses Manko störend auf.

Andererseits braucht Ihr im Normalfall keine Sorge um Euren Gesundheitszustand haben, denn wenn Ihr Euch gut umschaut, werdet Ihr an allen Ecken und Enden Medi-Packs finden, die auch hin und wieder von gefallenen Gegnern fallengelassen werden.

Multiplayer ist drin, aber...

Der spielerische Hauptunterschied zwischen den GameCube- und PS2-Fassungen ist der neue Multiplayer-Modus, den man auf der PS2 schmerzlich vermisst hat und der auch schon für die Xbox integriert wurde. Allerdings bleibt der Mehrspieler-Spaß im Vergleich zur Konkurrenz doch weit hinter den Erwartungen zurück. Die Karten sind zwar clever designt (wenn auch aus der Kampagne übernommen) und man kann auch mit bis zu vier Spielern weitestgehend ruckelfrei am Splitscreen spielen, doch an Spielmodi stehen nur Deathmatch und Team Deathmatch zur Verfügung. Nicht einmal an ein Capture The Flag wurde gedacht

Und zu alledem gibt es keine Möglichkeit, das Spiel durch Hinzufügen von Bots spannender zu gestalten. Hier wurden einfach zu viele Möglichkeiten verschenkt bzw. nicht integriert, so dass der Multiplayer-Part sich gerade mal so auf einem brauchbaren Niveau einpendelt.

Grafik-Update?

Die grafische Gestaltung der GameCube-Frontlinien ist ein zweischneidiges Schwert. Insgesamt sind die umfangreichen Abschnitte zwar gut und abwechslungsreich designt und auch mit weitestgehend guten Texturen versehen. Doch die hin und wieder auftretenden, teilweise ziemlich üblen Ruckler können einem den Spielspaß schon verleiden.

Dennoch wird schon bei der Landung in der Normandie klar, dass die Entwickler das Ziel hatten, die Intensität und Schmutzigkeit des Krieges gnadenlos einzufangen. Und das ist ihnen auch zweifelsfrei gelungen. Denn mit den permanenten Explosionen und Gefehrfeuer-Einschlägen ist man sofort mittendrin und wird sich sofort der ernsten Lage bewusst.

Insofern ist die Atmosphäre, die von dem teilweise wackligen Grafikgerüst gebildet wird, immens hoch und lockt zum Weiterspielen.

Auch die Animationen der Figuren sind gut bis sehr gut und immer wieder schön anzusehen. Allerdings sollte man sich dabei nicht zu dicht an den Figuren aufhalten. Denn abgesehen von den hervorragend gestalteten und animierten Gesichtern bieten die unscharfen Texturen wenig optische Highlights. Und auch die Proportionen der einzelnen Körperteile ist auf dem GameCube unverständlicherweise total daneben gegangen.

__NEWCOL__Die Hände sind zu klein, die Schultern zu breit und Arme und Beine sind manchmal irgendwie sehr merkwürdig an den Körper gepflanzt worden.

Die Präsentation der Menüs ist, wie von der Serie gewohnt, spartanisch gehalten, bietet aber eine gute Navigation.

Bei den Missions-Briefings würde man sich statt der Textbildschirme zwar Render-Filme wünschen, aber die Entwickler wollten sich wohl nicht noch zusätzliche Arbeit machen und den Stil im Vergleich zu den Vorgängern und Kollegen auf anderen Systemen nicht ändern.

Kino-Atmosphäre

Was sich mit dem Leveldesign und der grundsätzlichen Stimmung schon angekündigt hat, wird durch die Soundkulisse geradezu perfekt gemacht: die Atmosphäre.

Gute deutsche Sprachausgabe, die sich auf Seiten der Gegner leider ein wenig zu häufig wiederholt, geht einher mit famosen Soundeffekten, die einen gelegentlich im Sessel zusammenzucken lassen.

Absoluter Höhepunkt ist jedoch die Musik-Untermalung, die seit Anbeginn der Serie schon immer begeistern konnte und die sich wieder einmal eines Spielberg-Filmes würdig erweisen kann.

Fazit


Alles, was die PS2- und Xbox-Spieler an Medal of Honor Frontline schätzen, findet sich auch in der GameCube-Fassung wieder: ein ausgefeiltes Leveldesign, eine fantastische Sounduntermalung und vor allem eine grandiose Atmosphäre, die es in dieser Form nur selten in Spielen gibt. Dass die Linearität und die hin und wieder auftauchenden KI-Probleme gleich mit konvertiert wurden, ist schade, war aber vorauszusehen. Bei der Grafik allerdings bleibt Frontline auf dem GameCube klar hinter den Cousins auf den anderen Systemen zurück. Das Ruckeln ist wahrlich nicht schön anzuschauen und hat einen immensen Einfluss auf das Spielgefühl und damit auch auf den Spielspaß. Trotzdem: auch auf dem Cube hat MoH Frontline das Zeug, in die vorderste Riege der Ego-Shooter vorzustoßen. Denn aselbst mit den auftretenden grafischen Mankos ist der Ausflug in die Wirren des Zweiten Weltkriegs kein schlechtes Spiel, das immer noch faszinieren kann. Für Multiplayer-Duelle solltet Ihr Euch aber lieber etwas anderes suchen, denn sowohl Spielmodi-Armut als auch das vollkommene Fehlen von Bots reizen nicht gerade zu Frag-Festen.

Pro

<li>fantastische Atmosphäre</li><li>gutes Leveldesign</li><li>famose Musikuntermalung</li><li>gute deutsche Sprachausgabe</li><li>knallige Soundeffekte</li><li>fordernde Missionen</li><li>gelungene Steuerung</li>

Kontra

<li>linear</li><li>trockene Präsentation</li><li>Speichern nur am Levelende</li><li>Multiplayer-Modus mit wenig Variation und ohne Bots</li><li>Grafik-Engine mit bösen Schluckauf-Problemen</li><li>Charaktermodelle mit unglücklichen Körperteil-Proportionen</li>

Wertung

GameCube

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