Der Anschlag04.04.2003, Jens Bischoff
Der Anschlag

Im Test:

Tom Clancys Romane werden von Ubi Soft ja inzwischen wie am Fließband versoftet. So auch The Sum of all Fears alias Der Anschlag (ab 0,98€ bei kaufen), der zunächst mit Ben Affleck und Morgan Freeman verfilmt, dann von Red Storm für den PC umgesetzt, anschließend in China auf die PS2 portiert und mittlerweile ebenfalls dort an den GameCube angepasst wurde. Dass bei so vielen Stationen in der Regel eher Qualität verloren geht als hinzukommt, liegt nahe. Welche Verluste Ihr einkalkulieren müsst, erfahrt Ihr in unserem erneuten Testeinsatz.

Atomares Schreckgespenst

Mit der Handlung des gleichnamigen Kinofilms hat der GameCube-Anschlag nur vage zu tun. Es geht zwar immer noch um einen terroristischen Nuklearanschlag während des amerikanischen Superbowls, aber dieser geschieht eher beiläufig, während Ihr fleißig irgendwelche Geiseln rettet, Unterlagen sicherstellt, Wanzen installiert und Terroristen eliminiert. Ihr, das ist in diesem Fall eine dreiköpfige Spezialeinheit des FBI, die sich weltweit durch insgesamt elf Missionen schlagen muss, um dem Terror ein Ende zu setzen.

Austauschbare Protagonisten

Statt namhafter Helden besteht Euer Team allerdings nur aus gesichtslosen Nobodys, die sich bis auf den Namen nicht voneinander unterscheiden und bei Bedarf einfach durch neue Namen ersetzt werden. Bringt Ihr Euch und Eure Kameraden jedoch stets heil nach Hause, winken als Belohnung schicke Abzeichen und Wimpel, die für besondere Leistungen und Erfolge vergeben werden. Zunächst sollte man aber erst einmal den Trainingsparcours durchlaufen, um sich mit der behäbigen, aber recht eingängigen Steuerung vertraut zu machen.__NEWCOL__Maßgeschneiderte Herausforderung

Ansonsten lassen sich sowohl Ziel-, Feuer- als auch Nachladeautomatik einstellen, Empfindlichkeit und Ausrichtung des Analog-Sticks festlegen oder der facettenreiche Schwierigkeitsgrad bestimmen. Neben den Stufen Leicht, Normal und Hart lassen sich nämlich auch zusätzliche Handicaps wie das Fehlen von Unterstützungsteams, eine eingeschränkte Spielstandsicherung und die Unannehmbarkeit eigener Verlust anordnen. Selbst vom Hauptquartier vorgeschlagene Marschrouten, Herzschlagsensoren und Gefahrenanzeigen lassen sich auf Wunsch deaktivieren.

Ende der Entscheidungsfreiheit

Vor Missionsbeginn lauscht Ihr aber zunächst komplett vertonten Einsatzbeschreibungen und entscheidet Euch für ein vorgegebenes Ausrüstungsprofil. Strategische Einsatzplanungen fallen weg. Auch während der Einsätze bleibt das Gameplay ungewohnt simpel: Ihr schleicht wahlweise anhand einer eingeblendeten Ideallinie oder nach eigenem Ermessen von Wegpunkt zu Wegpunkt und erledigt die Euch zugeteilten Aufgaben, während Eure zwei CPU-kontrollierten Teamkollegen selbstständig folgen.

Zu dumm für diese Welt

Um die Intelligenz Eurer Kameraden ist es aber leider nicht gerade gut bestellt. So bleiben sie oft grundlos zurück, rennen Euch unvermittelt in die Schusslinie oder brechen gar auf eigene Faust zum nächsten Zielpunkt auf. Zwar kann man per Knopfdruck zwischen allen drei Teammitgliedern hin und her wechseln, aber die direkte Kontrolle hat man stets nur über einen und taktische Anweisungen kann man seinen dämlichen Kollegen leider keine geben. Einziger Trost: die Terroristen sind mindestens genauso doof, bleiben wie angewurzelt stehen, entbehren jeglicher Sinneswahrnehmung oder nehmen wehrlose Wände unter Beschuss.

Abseits der Realität

Vielleicht liegt`s aber auch an der ungenauen Kollisionsabfrage, dass viele Schüsse trotz dynamischer Zielautomatik in Mauern verhängen oder eindeutige Fehlschüsse den Tod bringen. Zudem ist es nicht gerade realistisch, dass ein Gegner durch einen einzelnen Arm- oder Beintreffer plötzlich tödlich zu Boden geht und sich in Luft auflöst - in der GameCube-Fassung wenigstens ohne Abschiedsblinken. Dafür müsst Ihr auf dem Nintendo-Würfel jedoch komplett auf Verletzungsanzeigen verzichten und Euch beim Scharfschießen mit maximal drei Zoom-Stufen zufrieden geben, während Treffer am eigenen Leib lediglich mit hektischem Pad- und Kamera-Geruckel signalisiert werden.__NEWCOL__Lieblose Präsentation

Die Grafik-Engine hat ebenfalls nicht viel zu bieten. Die Texturen sind schwach, die Animationen staksig, die Framerate instabil und die Effekte belanglos. Insgesamt wirken Technik und Präsentation sogar noch schlichter und liebloser als auf der PS2. Die Soundkulisse ist unverständlicherweise sogar um Klassen schlechter als auf der Sony-Konsole: Der stimmungsvolle Soundtrack und die solide deutsche Sprachausgabe sind zwar im Prinzip unverändert, aber alles klingt irgendwie blechern und bei den einst tadellosen Soundeffekten meint man sogar, statt Lautsprecher-Boxen klappernde Heizungsrohre im Wohnzimmer stehen zu haben. Die Atmosphäre leidet darunter jedenfalls empfindlich und die endlosen Ladezeiten sind nach wie vor eine Zumutung.

Mach mal Pause

Dafür geht das jederzeit mögliche Zwischenspeichern während eines Einsatzes im GameCube-RAM flott vonstatten, auch wenn dort nur ein Spielstand erlaubt ist und man beim Laden teilweise feststellen muss, dass man sich bereits in einer auswegslosen Situation befindet, die zuvor noch nicht ersichtlich war. Die linearen Einsätze sind aber ohnehin nicht sehr umfangreich und die gesamte Kampagne schneller beendet als man glaubt. Zwar lassen sich absolvierte Missionen beliebig oft wiederholen sowie in leicht abgeänderter Form und auf einem anderen Schwierigkeitsgrad bestreiten, aber ein Mehrspielermodus wäre mit Sicherheit die motivierendere Alternative gewesen.

Fazit


Im Gegensatz zu andern Tom-Clancy-Versoftungen spielt taktisches Vorgehen in Der Anschlag eine deutlich untergeordnete Rolle. Statt komplexer Anti-Terror-Simulation erwartet Euch eher ein linearer Military-Shooter mit simplem Spielprinzip, eingeschränkter Handlungsfreiheit und wenig Realismus. Wer so etwas kaufen soll, ist allerdings fraglich. Vor allem, da man einfache Spielbarkeit offensichtlich mit primitivem Gameplay verwechselt und sich bei den KI-Routinen wohl an Zombies orientiert hat. Zudem ist der Spielumfang mickrig, die technische Umsetzung dürftig und die Präsentation noch liebloser als auf der PS2. Selbst die einst so stimmungsvolle Soundkulisse ist auf dem GameCube nur noch ein Schatten ihrer selbst und das obwohl der Preis im Vergleich zur inhaltlich identischen PS2-Fassung sogar verdoppelt wurde. Wer Ubi Soft diese peinliche Umsetzung eines ohnehin schon bescheidenen Spiels abkauft, ist wirklich selbst schuld...

Pro

<li>simples Gameplay</li><li>handliche Steuerung</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>komfortable Speicherfunktion</li>

Kontra

<li>dämliche KI</li><li>schwache Optik</li><li>geringer Umfang</li><li>endlose Ladezeiten</li><li>sehr unrealistisch</li><li>linearer Spielverlauf</li><li>lieblose Präsentation</li><li>keine Multiplayer-Modi</li><li>durchwachsene Soundkulisse</li><li>doppelt so teuer wie PS2-Version</li>

Wertung

GameCube

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