V-Rally 311.07.2003, Mathias Oertel
V-Rally 3

Im Test:

Sowohl auf PS2 als auch Xbox ist der Rallye-Markt heiß umkämpft: Spiele wie WRC 2 Extreme, die Colin McRae-Serie und Rallisport Challenge streiten sich um den Titel. Doch auf dem GameCube sieht die Sache anders aus. Es gibt zwar ein paar gut gemeinte Versuche, den Sport auch auf dem Würfel populär zu machen, doch unter dem Strich sind die bisherigen Umsetzungen eher misslungen. Doch nun kommt das bereits PS2- und Xbox-bewährte V-Rally 3 und möchte zeigen, dass der GameCube doch für Rennspiele im Allgemeinen und Rallye-Umsetzungen im Besonderen geeignet ist. Der Test verrät Euch, ob es die Rallye-Sim der Eden Studios schafft, die Schmach der bisher erschienenen Konkurrenz vergessen zu lassen.

Karriere ist alles

Bei allen bisherigen Genre-Vertretern -den guten alten Colin McRae bis Auflage 2.0 eingeschlossen- ging es nur um eines: die Konkurrenz Schlamm schlucken zu lassen und als Zeitschnellster die Ziellinie zu überqueren.

Und so ist V-Rally 3 neben Colin McRae 3 (das leider nie auf dem Cube erschien) bis heute das einzige Spiel im Genre, das einen Karrieremodus bietet. Und das sogar ausgefeilter als bei dem Vorzeige-Raser aus dem Hause Codemasters. Denn anstatt sich nur auf ein Team zu konzentrieren, könnt Ihr hier abhängig vom fahrerischen Können und den Angeboten von Team zu Team wechseln.

Ihr startet als Anfänger und müsst erst einmal mit Probefahrten die Teams überzeugen, Euch unter Vertrag zu nehmen. Seid Ihr in der glücklichen Lage, aus mehreren Teams auswählen zu können, solltet Ihr die Verträge genauer unter die Lupe nehmen.__NEWCOL__Denn sowohl Vertragsdauer als auch das vom Team vorgegebene Minimalziel unterscheiden sich unter Umständen erheblich.

Habt Ihr schließlich das Team Eures Vertrauens gefunden, geht es schon auf zur ersten Rallye - natürlich in der schwachen 1.6-Liter-Klasse, denn die Top-Teams fassen Euch nicht einmal mit der Kohlenzange an.

Also müsst Ihr Euch durch fahrerische Leistungen Respekt verschaffen. Sollte Euch dieses Vorhaben gelingen, dauert es nicht lange, bis bessere Teams anklopfen, die einen Saison-Gesamtsieg möglich machen, der Euch dann die Tore zur 2.0-Liter-Serie öffnet.

Neben stärkeren und schwerer unter Kontrolle zu haltenden Fahrzeugen warten in der "großen" Meisterschaft auch noch zwei neue Länder auf Euch, welche die vier Rallye-Stützpunkte der "Mini"-Klasse ergänzen.

Und hier geht das Spielchen wieder von vorne los: Team suchen, Vertrag unterschreiben, Leistung abliefern, neues Team finden usw.

So löblich der Ansatz des Karriere-Modus auch ist, der einen auch zugegebenermaßen eine ganze Zeit bei der Stange hält - er wirkt irgendwie unausgereift und spürt den Zahn der Zeit (immerhin liegt die PS2-Version fast ein Jahr zurück) mittlerweile erheblich.

So finden zum Beispiel keine Vertragsverhandlungen statt, in denen Ihr das Planziel eventuell beeinflussen könntet. Auch Zufalls-Elemente während der Saison, welche die Karriere spannender gestalten würden, sucht man vergeblich. Das könnten zum Beispiel unerwartete Finanzspritzen sein, die das Team erhält oder das Angebot eines anderen Teams, dessen Fahrer unerwartet ausgefallen ist usw.

Dadurch hätte der ganze Karriere-Modus noch einen zusätzlichen Kick bekommen und auch noch weiter von dem letzten Endes doch bekannten Rallye-Fahren abgelenkt. Zudem hätte man der GameCube-Version auch noch etwas Exklusivität gesichert.

Verdammt rutschig hier

Was die Spielbarkeit und das Fahrverhalten betrifft, waren alle bisherigen V-Rally-Teile eher Arcade- denn Simulations-lastig, ohne jedoch den Bezug zur Realität zu verlieren. Bei Teil 3 jedoch setzt man wie bei den Konsolen-Brüdern mehr als je zuvor auf eine realistische Fahrphysik, behält aber auch noch die Arcade-Wurzeln bei.

Das Problem beim Fahren liegt aber trotz aller Spagat-Versuche einfach darin, dass die verschiedenen Untergründe alle recht ähnlich zu befahren sind. Auf Schnee geratet Ihr annähernd im gleichen Maße ins Schleudern wie auf einer Sandpiste oder einer schlammigen Straße. Dabei sollte man eigentlich erwarten, dass eine staubige Straße mehr Grip bietet als vereister Asphalt.

Zudem ist es in neunzig Prozent aller Fälle möglich, ohne Einsatz der Bremse die Etappen mit Bestzeit zu bewältigen.

Dadurch werden die generellen Setup-Möglichkeiten wie Reifenwahl, Bremsbalance usw. auch wieder relativiert. Es lassen sich zwar auf der Piste deutliche Änderungen im Fahrverhalten feststellen, doch Ihr werdet selten an den Punkt kommen, wo der Wagen unkontrollierbar wird - es sei denn, Ihr habt Euch im verschneiten Schweden für Asphalt-Pneus entschieden, die Euch deutlich häufiger aus der Bahn werfen als ihre Schnee-geeigneten Kollegen.

Trotz der recht eingeschränkten Möglichkeiten lohnt es sich aber, in den Serviceparks Euren Wagen auf die nächsten Etappen abzustimmen. Auf diese Weise lässt sich vielleicht noch die eine oder andere Sekunde herauskitzeln.

Doch auch ohne Ideal-Setup lassen sich die Strecken gut bewältigen und beginnen auch, einen gewissen Spaß zu entwickeln. Das liegt vor allem daran, dass sowohl Sprungverhalten bei gewollten oder ungewollten Abflügen und Steuerung auf dem GameCube verbessert wurden. Zwar findet man immer noch Momente, in denen man sein schlingerndes Fahrzeug einfach nicht unter Kontrolle kriegen kann, doch im Großen und Ganzen reagiert die Steuerung im Zusammenspiel mit der Physik so wie man es sich wünschen würde.

Jenseits der Karriere

Wer abseits der Karriere ungezwungenen Rallye-Spaß erleben will, findet mit dem Zeitfahren und den sich im Schwierigkeitsgrad stetig steigenden Herausforderungen genügend Futter.

Und natürlich werden auch die Mehrspieler-Freunde unter Euch nicht vergessen. Bis zu vier menschliche Kontrahenten können gegeneinander antreten - leider nur nacheinander.

Das entspricht zwar dem realen Rallye-Geschehen, doch hätte ein Splitscreen-Modus für ein deutliches Ansteigen des Fun-Faktors sorgen können, wie das Beispiel Rallisport Challenge auf der Xbox zeigt.

"Da ist was kaputt"

Wie es sich für ein Rallye-Spiel gehört, wurde ein vollständiges Schadensmodell eingebaut. Doch wie im ganzen Spiel finden sich auch hier kleine Ungereimtheiten: So haben Schäden zum Beispiel erst einen spürbaren Einfluss auf das Fahrverhalten, wenn der Wagen kurz vor dem Zusammenbruch ist. Selbst mit einem Plattfuß ein bis zwei Kilometer vor dem Ziel kann man das Fahrzeug mit entsprechendem Geschick noch ins rettende Ziel manövrieren und verliert dabei nicht mal all zu viel Zeit.

Auch fehlende Karosserieteile und damit verbundener Verlust von Aero-Dynamik werden weitestgehend kompensiert.

Das ist im Endeffekt verschenkte Liebesmüh, denn so nett die Schäden optisch auch anzuschauen sind, würde man sich doch wünschen, dass sie einen größeren Einfluß auf die Fahrweise hätten. Selbst wenn man dem Spiel zu gute halten muss, dass man so niemals die Chance verliert, um gute Platzierungen mitzufahren, wodurch die Motivation erhalten bleibt.

Darüber hinaus ist auch der "Rückhol-Service" in einigen Fällen mangelhaft umgesetzt. Zwar ist die Zone jenseits der Strecke, die man befahren kann, verschwenderisch groß geraten, doch in manchen Fällen kann es passieren, dass man nach einer doch zu groß angelegten Kehre außerhalb dieser Zone landet und wieder auf die Strecke "gebeamt" wird. Gleiches passiert bei einem spektakulären Unfall, wenn Ihr auf dem Dach liegend wie von Geisterhand unheimlich zeitsparend wieder auf die Strecke gesetzt werdet.

Schafft man es jedoch, sich an einer schwer zugänglichen Stelle festzusetzen, kann es passieren, dass Ihr nicht zurückgesetzt werdet, sondern die Rallye auf der Stelle beendet wird - höchst ärgerlich, wenn man gerade die Aussicht auf einen Podiumsplatz hatte.

Schön anzusehen

Ein Riesenkritikpunkt bei der PS2-Fassung war die Strecken-Grafik, die zwar farbenfroh und detailliert war, dafür aber mit Slowdowns und weiteren technischen Problemen zu kämpfen hatte.

Was geblieben ist, sind die lebendigen Farben und der hohe Detailgrad, der mit den unterschiedlich gestalteten Abschnitten und zahllosen Objekten am Streckenrand überzeugen kann. Und was die technischen Probleme betrifft: Fehlanzeige! Jederzeit flüssig und ohne nennenswerte Popups oder das in der PS2-Fassung extrem vorkommende Tearing rast die Landschaft butterweich an Euch vorbei und vermittelt ein gutes Geschwindigkeitsgefühl.

Auch die Autos sind sehr gut gelungen, mit einem optisch schönen Schadenssystem versehen und fangen sich, nach entsprechender Fahrdauer, auch einen deutlich sichtbaren Schmutzfilm ein.

Die diversen Kameraperspektiven (inklusive gut umgesetzter Cockpitsicht) machen ebenfalls einiges her und geben Euch immer die bestmögliche Übersicht.

"Links Zwei, über Kuppe"

Der Co-Pilot und seine Streckenansagen sind bei vielen Genre-Kollegen häufig ein Stein des Anstoßes. Hier gibt es generell wenig Punkte zur Klage: Meist zuverlässig stimmen die qualitativ hochwertigen Ansagen in einem Großteil der Fälle mit der tatsächlichen Streckenführung überein und warnen auch vor potenziellen Gefahrenpunkten.

Zudem kriegt Euer virtueller Beifahrer durch Aussagen wie "Scheiß Nebel!" noch einen Anflug von Menschlichkeit und sorgt so immer wieder für ein Schmunzeln.

Das vergeht einem jedoch, wenn man nach Zieleinfahrt und Rallye-Gewinn auf einmal "Wir sind nicht gut" zu hören bekommt.

Neben den Ansagen bekommt man während der Rennen gelegentlich noch Umgebungsgeräusche mit, die jedoch von den dröhnenden und überzeugenden Motorengeräuschen in den Hintergrund gedrückt werden.

Rundherum gelungen ist die Musik, die in den Menüs für eine unaufdringliche und nie in den Nerv-Bereich abrutschende Sounduntermalung sorgt.

Fazit


Endlich hat der GameCube auch ein Rallye-Spiel, das Spaß macht. Im Vergleich zur konsolenübergreifenden Konkurrenz wie Colin McRae, WRC 2 oder RalliSport Challenge sind Unterschiede zwar deutlich spürbar, doch die bislang auf dem Würfel erschienene Konkurrenz steckt V-Rally 3 locker in die Tasche. Das Fahrgefühl ist zwar immer noch nicht absolut optimal, doch die Steuerungs-Unterschiede zu den Xbox- und PS2-Versionen sind deutlich und zeigen, dass die Entwickler nicht nur einen einfachen Port auf die Beine stellen wollten. Allerdings ist bedauerlich, dass der Karriere-Modus wie eh und je etwas hinter den Langzeit-Hoffnungen und sich bietenden Möglichkeiten zurück bleibt. Da sich V-Rally 3 aber auch grafisch und akustisch keine Blöße gibt, können alle Rallye-Fans, die bislang neidisch auf die anderen Konsolen schauen mussten, endlich aufatmen. Derzeit gibt es für GameCube-User keine bessere Umsetzung des Rallye-Sports.

Pro

<li>lizenzierte Fahrzeuge </li><li>Strecken in sechs Ländern</li><li>farbenfrohe, detaillierte Grafik</li><li>gutes Geschwindigkeitsgefühl</li><li>optisch gut in Szene gesetztes Schadensmodell</li><li>zumeist passender, guter Co-Pilot-Kommentar</li><li>passable Setup-Möglichkeiten</li><li>mit wenigen Ausnahmen gut reagierende Steuerung</li>

Kontra

<li>Schäden mit wenig Auswirkungen</li><li>Karrieremodus immer noch unausgereift</li><li>kein Splitscreen im Multiplayer</li><li>Fahrphysik mit Mängeln</li><li>keine spielerischen Unterschiede zu den anderen Versionen</li>

Wertung

GameCube

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