Tiger Woods PGA Tour 200430.09.2003, Jörg Luibl
Tiger Woods PGA Tour 2004

Im Test:

Letztes Jahr konnte Tiger Woods PGA Tour 2003 unseren Multiplayer-Award auf allen Konsolen einheimsen. Wir waren gespannt, was EA dieses Jahr an Veränderungen parat hat und haben mit Birdies, Eagles & Co die Karriereleiter vom Amateurgolfer bis zum Vollprofi erklommen. Warum dieses Jahr trotz einer ganzen Flut an neuen Gimmicks eher Ernüchterung auf hohem Niveau anstatt Award-Euphorie angesagt ist, klärt der Test!

Ernüchterung statt Euphorie

Bevor wir zur Kosmetik kommen, gleich die ungeschminkte Golfwahrheit: Sobald man ein paar mal seinen Driver schwingt, sich aus dem Bunker befreit oder auf dem Grün einlocht, wird klar, dass Spielgrafik, Spieltechnik und vor allem das Spielgefühl kaum zu unterscheidende Zwillinge der sehr guten Vorjahresversion sind.

Auch wenn die Kommentatoren im kurzen Tutorial einen "revolutionary new analog swing" ankündigen, bleibt alles beim alten Schwung und einem Mix aus einsteigerfreundlicher Bedienung, netten Arcade-Zutaten wie rauchenden Bällen sowie naturgetreuen Golfplätzen. Die spielerische Qualität ist hoch, aber Tiger fühlt sich einfach zu gleich an für eine Neuauflage.

Das Schlagarsenal beschränkt sich immer noch auf Abschlag, den flachen Punch, den Pitch zum Annähern, den sehr hohen Flop und den Putt. Neu ist lediglich der Chip für kurze Distanzen. Die Ballphysik erzeugt zwar mit Abprallern, Hangrollen und Windeinfluss ein realistisches Gefühl, aber ab und zu zweifelt man -wie letztes Jahr- doch ein wenig an der Bewegungslinie.

__NEWCOL__Immerhin sind die Caddie-Hinweise beim Putten diesmal ernst zu nehmen: "Straight in" heißt wirklich, dass der Ball reingeht. Eine nette Zutat ist die neue Puttansicht, die Euren Golfer quasi aus der Lochperspektive zeigt, so dass man sehr schön das Grün lesen kann. Sehr ärgerlich ist allerdings, dass man aus dieser Sicht nicht putten kann.

Grafisch hat sich ebenfalls wenig getan: Bis auf im Wind wehende Hosen, einige zusätzliche Animationen und sieben neue Golfplätze bleibt es beim alten optischen Gesamteindruck. Der ist bekanntlich gut, aber bot schon letztes Jahr einige Fehler, die sich leider wiederholen: Armselige Zuschauer, manch peinliche Texturtapete im Hintergrund und recht unbelebte Kurse trüben das ansonsten stimmige Golfpanorama.

Im direkten Vergleich schneidet die Xbox mit ihren kräftigen Farben am besten ab, der GameCube zeigt leider ein faderes Bild, als hätte man einen Grauschleier über die Plätze gelegt. Ein großes Lob gebührt der PS2-Fassung, die nur im Bereich der Kantenbildung und Bildschärfe ein klein wenig schwächelt, aber ihren großen Konsolenbrüdern ansonsten in nichts nachsteht und selbst den GameCube in Sachen Farbwirkung überrundet.

Ab zum Golfchirurgen

Musste man letztes Jahr mit vorgefertigten Golfern vorlieb nehmen, kann man dieses Jahr dank eines mächtigen Editors eine Figur nach Wunsch basteln - egal ob männlich oder weiblich, dick oder dünn, glatzköpfig oder langhaarig. EA geht sogar so weit, dass Ihr Kleinigkeiten wie Augenabstand, Nasenbreite, Wangenhöhe, Brauendichte, Schenkelumfang und Fußlänge bestimmen könnt.

Und das war nur ein kleiner Auszug der Möglichkeiten, mit denen das BKA mühelos Fahndungspolygone erstellen könnte. Ihr seht aus wie ein langhaariger Bombenleger mit viel zu großem Kopf, Pferdeschwanz und Entenhintern? Kein Problem, dieser Editor macht Euch möglich.

Accessoires ohne Ende

Aber damit nicht genug, könnt Ihr Euren Golfer noch komplett einkleiden, ihn in schwarze, blaue, beige, weiße, grüne, rote Boxershorts, Jeans oder Stoffhose stopfen, diverse Polo- oder Langarm-Shirts testen sowie aus einem Arsenal an Kappen, Mützen oder Stirnbänder wählen. Zu guter Letzt warten Uhren, Brillen, Handschuhe & Co. Selbst spezielle Jubel-, Schlag- und Frustanimationen lassen sich freikaufen.

__NEWCOL__Und damit sich die Einkleide-Orgie nicht nur optisch lohnt, spendieren besonders teure Accessoires Bonuspunkte auf Eure Golffähigkeiten: Mit der richtigen Brille bekommt man Glückspunkte, mit der richtigen Socke Recoveryboni und das teure Fingerpflaster sorgt für Präzisionsgewinn. Eine Golfausrüstung gibt`s übrigens auch noch, Schläger und Bälle aller Art inklusive.

Karriere nach Plan

Bevor Ihr im Shop jedoch an teure Nettigkeiten kommt, müsst Ihr harte Arbeit auf dem Golfplatz investieren. Nach einem kleinen Tutorial startet Ihr als Amateur mit sehr bescheidenen Werten in den Bereichen Power, Power Boost, Driving Accuracy, Ball Striking, Approach, Putting, Recovery, Spin und Luck.

Wie Ihr merkt, ist auch dieses Jahr bis auf das Handbuch nichts ins Deutsche übersetzt worden - alle Texte und Sprüche erschallen englisch; im Hintergrund laufen HipHop-Beats, sogar eigens kreierte Tiger-Raps.

Eure Karriere kommt allerdings schnell in Schwung und auch die Kasse klingelt kräftig, denn für besonders gute Schläge, Platzierungen und Gewinne in Duellen gibt`s einen motivierenden Belohnungscocktail bestehend aus Trophy-Balls für die Vitrine, harten Dollars, freigespielten Plätzen, Golfern und Accessoires.

Hier kommt die Flut

Im Bereich der Spielmodi ist die Auswahl so groß, dass man als Einsteiger darin ertrinken kann: Neben normalen Trainingsrunden und Turnieren auf den etwa 20 realen und künstlichen Plätzen gibt es diverse Spezialmatches wie Strokeplay, Stableford oder Best Ball.

Hinzu kommen abwechslungsreiche Arcademodi wie Battle Golf, wo der Gewinner eines Lochs dem Kontrahenten jeweils einen Schläger stehlen darf.__NEWCOL__ Speed Golf, wo man tatsächlich zum nächsten Loch rennen muss; oder die SkillZone, wo man Zielscheiben anvisiert, um Dollars einzuheimsen.

Auf Dauer interessant dürften jedoch die neue PGA Tour und die Welttour sein. Erstere ermöglicht Euch, die komplette Tour eines Jahres inklusive entsprechendem Kalender, Sponsoren und Plätzen mitzuspielen.

Letztere ist noch interessanter, da Ihr hier auf einer Weltkarte verschiedene Orte bereist, um dort gegen die Platzhirsche anzutreten und neue Features freizuschalten - inklusive netter Kurzbiographien von Pops, Mo & Co.

Fazit


Ist ja klasse, dass ich mich jetzt dank des mächtigen Editors als Golfer verewigen kann - bis ins letzte Segelohr- und Bierbauchdetail. Dass ich mir Hosen, Shirts, Uhren und Kappen aussuchen und dass ich auf neuen Kursen auf Dollarjagd gehen kann ist auch nett. Aber gibt`s ein neues Spielgefühl? Nein. Eine neue Schlagtechnik? Nein. Mehr Spielspaß? Jein. Wenn Ihr Euer Glück als Einzelspieler versuchen wollt und die Karriere vom Amateur zum Profi anvisiert, findet Ihr dieses Jahr tatsächlich mehr Möglichkeiten. Vor allem die Welttour sorgt mit freispielbaren Plätzen, Golfern und Accessoires für lang anhaltenden Spaß. Aber wenn Ihr nur ab und zu mit Freunden eine Runde golfen wollt, werdet Ihr definitiv kein anderes Spielerlebnis haben als letztes Jahr - zumal man einen Online-Modus schmerzlich vermisst! Selbst optisch hat EA nur Feintuning angesetzt und enttäuscht sogar mit alten Fehlern. Und auf dem GameCube hinterlassen die Farben ein leicht fades Bild. Wer noch kein Golfspiel hat, kann bedenkenlos zugreifen. Wer den Vorgänger kennt, investiert für eine Schönheitsoperation mit viel Schnickschnack definitiv zu viel Geld.

Pro

<li>klasse Editor</li><li>fünf neue Profis</li><li>sieben neue Plätze</li><li>Spielmodivielfalt pur</li><li>motivierendes Bonisystem</li><li>neue PGA- und World-Tour</li><li>nette Accessoires & Gimmicks</li><li>abwechslungsreiche Soundtracks</li><li>immer noch das beste Golfspiel auf Konsolen</li>

Kontra

<li>magere Zuschauer</li><li>kein neues Spielgefühl</li><li>nur eine neue Schlagtechnik</li><li>weitestgehend unbelebte Plätze</li><li>so manch hässliche Texturtapete</li><li>komplett Englisch (nur dt. Anleitung)</li>

Wertung

GameCube

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