Donkey Kong: Jungle Beat17.02.2005, Jörg Luibl
Donkey Kong: Jungle Beat

Im Test:

Der berühmteste Affe der Videospielgeschichte ist wieder da - Donkey Kong! Aber diesmal ist alles anders. Neben starken Fäusten und mächtiger Sprungattacke bringt er gleich noch zwei Trommeln mit. Wir waren entsetzt: Wie soll man denn damit ein Jump`n´Run steuern? Muss man jetzt auch Schlagzeug-Erfahrung haben? Das geht doch gar nicht! Oh doch, es geht. Und wie.

Boxtalente gesucht

Was braucht ein guter Boxer? Schnelle Hände, ein gutes Auge, präzise Schläge. Und genau das verlangt auch Jungle Beat von euch. Wenn ihr mit Superaffe Donkey Kong durch den Dschungel jagt und springt, geht es schnell, körperbetont und rhythmisch zur Sache. Ist das eine kleine Revolution? Ja, zumindest was das Spielgefühl innerhalb des Jump`n´Run-Genres angeht - es ist intensiver, konzentrierter und spannender. Konnte man bisher als träge Couchkartoffel zum Hüpfhelden avancieren, ist jetzt der agile Mohammed Ali in euch gefragt. Aber keine Bange: Beinarbeit und Shuffles sind nicht nötig, es geht um flinke Handarbeit.

Sind die Trommeln erstmal im GameCube eingestöpselt, kann es losgehen. Das Spielprinzip ist sehr simpel, geht vom Konzept her sogar zurück in die glorreiche 2D-Zeit des Genres: Donkey Kong muss in vertikal und horizontal scrollenden Welten Bananen sammeln, um bei Gesundheit zu bleiben - sinkt der Wert auf Null, stirbt er. Außerdem kann man je nach Zahl der

Der Einstieg ins Trommelabenteuer wird durch zahlreiche Hinweise erleichtert. Es kann losgehen...

Video: Gameplay (Laufzeit: 2:21 Min.)Bananen am Ende des Levels Medaillen gewinnen. Ziel ist es, möglichst viel von der gelben Frucht einzusacken. Klingt unspektakulär? Ja, und das wäre es auch mit handelsüblichem Controller.

Trommeln & klatschen

Aber mit den Bongos geht die Post ab. Wie funktioniert die Steuerung? Donkey Kong geht bzw. rennt in die entsprechende Richtung, sobald man nur ein mal oder öfter links bzw. rechts trommelt. Er springt bei gleichzeitigen Treffern auf den beiden Oberflächen. Und es gibt zahlreiche enge Schluchten, die er mit zwei,- drei- oder vierfachen Klettersprüngen erklimmen kann. Außerdem setzt er zur Sprungattacke an, wenn man in der Luft erneut synchron zuschlägt. Das erfordert natürlich mehr Konzentration als die klassische Controller-Variante, ist aber nach ein wenig Einübung nicht nur sehr intuitiv, sondern vermittelt ein wesentlich stärkeres Mittendringefühl als bisher bekannt.

Wichtig ist auch das Klatschen. Es lässt den Affen wuchtige Angriffe und hilfreiche Aktionen ausführen: Man kann Feinde attackieren, Geschosse abwehren, lästige Gegner abschütteln, Gegenstände fangen und sie wieder zurückwerfen - manchmal in einem schnellen Stakkato, das punktgenaues Timing erfordert und bei Erfolg viel mehr Glückshormone strömen lässt als bei altbekannter Buttonakrobatik. Und wer gerade durch die Luft fliegt, kann über gut koordiniertes Klatschen gleich ganze Bananenreihen auf einmal einsacken - das sieht klasse aus, wird von coolen Jingles begleitet und bringt mehr Punkte.

Sensible Rhythmik

Wer jetzt befürchtet, dass das Spiel in eine feurige Handflächenpenetration mit Lärmbelästigung ausartet, darf aufatmen: Feste Schläge und lautes Trommeln sind gar nicht nötig. Gerade diese Sorge hat mich sehr skeptisch an diesen Titel herangehen lassen. Aber man kann seine Hände ruhig auf die weiche Trommeloberfläche legen und die sensiblen Buttons darunter mit leichtem

Hier ist Schnelligkeit gefragt, sonst frisst euch der Eiswurm!
Fingerdruck aktivieren. Auch das Klatschen braucht keine kräftige Bierzeltwucht: Das Mikrofon reagiert schon auf relativ leise Töne und lässt sich in den Optionen manuell einstellen. Die Bongos fühlen sich nicht nur gut an, die technische Qualität ist erstklassig.

Und die Begeisterung hat noch einen anderen Grund: Der motivierende Nebeneffekt der Controllerlosigkeit ist der kooperative Spaß. Man kann hervorragend mit einem Freund oder seinen Kids gleichzeitig loslegen - während der eine trommelt, klatscht der andere! Das setzt zwar ein wenig Teamdisziplin voraus, ist aber in der Praxis enorm unterhaltsam und gerade für Eltern mit Kindern interessant. Auch deshalb, weil beide sowohl Angriffs- als auch Bewegungsaufgaben übernehmen können: Das Klatschen sorgt nicht nur für Attacken, sondern auch für Lianenschwünge; die Trommeln bewegen Donkey nicht nur, sondern lassen ihn auch zur Stampfattacke oder im Bosskampf zu Schlägen ansetzen. So kann jeder das ganze Spektrum von Donkey Kongs Potenzial ausschöpfen.

            

Kunterbunte Hüpfaction

Trotz der altbekannten Dreigestirns Sammeln-Springen-Kämpfen ist das Spiel sehr abwechslungs- und temporeich: Neben klassischen Sprung-, Renn- und Dauerhüpfpassagen gibt es jede Menge akrobatische Lianenschwünge, ruhige Gleitschirmflüge,

Im Ring mit dem dunklen King: Ihr könnt rechts wie links schlagen sowie elegant ausweichen.
schwungvolle Blumenstengelwürfe, Tiefseetauchen auf einem Wal und wilde Vogelflüge - das alles in herrlich wechselnder Kombination. Und man wird immer wieder überrascht: Auf ein Klatschen wird aus Sternenstaub plötzlich eine gold glänzende Brücke oder aus einem schlaffen, schnell ein strammer Pilz, der als Plattform dient. Die Kulisse ist kunterbunt, entführt euch in Dschungel, Eiswüsten und Meere. Sie reicht zwar in der Qualität der Texturen von mäßig bis bezaubernd, aber Letztere überwiegen.

Das Figurendesign ist über alle Kritik erhaben: Nintendo lässt ein charmantes Sammelsurium an Tieren auf euch los, das in Sachen Witz, Coolness und Animationen besticht - vom kleinen helfenden Äffchen über bullig stampfende Stiere bis hin zum mächtigen Panzofanten in Tarnfarbe. Wie man den besiegt? Man stopft ihm erst den Rüssel und bewirft ihn dann mit Bomben. Diese Bossgegner sind echte Hingucker, wenn die Kamera ranzoomt: Da wird z.B. mit Zeitlupenmanövern und schnellen Haken gegen Gorillas geboxt, während man jedes Haar im flauschigen Fell erkennt. Oder man springt zickigen Riesenvögeln ans überdimensionierte Ei, um es mit einem Trommelfeuer zu zerschlagen.

Medaillenspiegel

Alle Fortschritte werden nach dem Sieg über einen mächtigen König gespeichert. Außerdem zeigt euch ein Bananenbaum an, wie gut ihr wart: je nach Obstbeute gibt es eine bronzene, silberne oder gar goldene Medaille. Um weitere Reiche freizuschalten, genügt nicht der Sieg gegen einen Boss, denn die Anzahl der Medaillen zählt. Also müsst ihr in bereits bekannten Gebieten noch mal lostrommeln - und zwar besser als zuvor. Das ist weniger nervig als vielmehr motivierend, denn man braucht schon einige Anläufe, um die Steuerung mit all ihren Finessen wie Rückwärtssalto & Co perfekt zu beherrschen.

Außerdem sind die Levels mit zig knifflig arrangierten Boni vollgestopft, die man erst als Trommelexperte einfangen kann: Die Zahl der Bananen steigt z.B., wenn man lange Sprungpassagen ohne Absturz bewältigt oder alle 100 Blumen eines Levels pflückt. Hinzu kommen lukrative Kombos,

Geschafft: Die Bananenstaude deutet auf den Levelausgang!
die alle gelungenen Sprünge und Attacken in der Luft addieren - erst, wer alle Kniffe beherrscht, wird sich die Gold-Medaillen sichern. Leider wird die funkelnde Beute bereits an einem Wochenende eingesackt sein, der Spaß ist sehr schnell vorbei.

Anstrengender Spaß?

Auf Dauer ist das Trommeln und Klatschen natürlich trotzdem anstrengender als die energiesparende Fingerakrobatik mit dem Controller. Aber Nintendo hat das Level-Design hervorragend auf die intensive Action abgestimmt: Die Abschnitte sind immer zweigeteilt und servieren danach einen attraktiven Bosskampf. Damit sind die Level wesentlich kürzer als in gewöhnlichen Jump`n´Runs - man muss in kurzer Zeit zwar mehr Konzentration investieren, sieht aber auch mehr.

Und zu Not kann der Affe auch mit Controller durch die Levels gescheucht werden: Gesprungen wird mit dem A-, gerannt mit dem B-Knopf. Und das Trommeln auf der Brust sowie in die Hände klatschen übernimmt der gelbe C-Stick. Allerdings entfaltet diese klassische Methode nicht mehr den Reiz der körperbetonten Trommelvariante. Trotzdem ist das Vorhandensein dieser Alternative begrüßenswerter als der Hardware-Zwang von Final Fantasy: Crystal Chronicles.

     

Fazit

Ich liebe Jump`n´Runs. Ich hasse Instrumente. Und mich hat bisher jedes zappelige Rhythmus-Spiel kalt gelassen - Samba de Amigo war schon auf Dreamcast der Alptraum für mich. Also habe ich mich mit einem Batzen negativer Energie diesem Akustik-Affen genähert, Zähne knirschend die Bongos eingestöpselt und…war nach einer halben Stunde hellauf begeistert! Warum? Weil die Steuerung mit ihrem Mix aus Schlägen und Tönen nicht nur unheimlich präzise, sondern auch verdammt intuitiv ist. Vor allem lässt sich der Affe auch zu zweit wunderbar durch die Level treiben - einer klatscht, einer trommelt! Und wenn das erst einmal in Fleisch und Blut übergegangen ist, kommt ein völlig neues Mittendrin-Gefühl auf - man erlebt die Faszination der guten alten 2D-Hüpfer aus neuer Perspektive! Und wem das alles zu anstrengend ist, der kann einfach mit dem Controller klassisch loslegen. Aber der alte Donkey Kong entfesselt erst wieder neue Lust auf die Bananenjagd, wenn die Bongos glühen. Und glaubt mir: das Feuer lässt sich kaum löschen. Es gibt eigentlich nur eine kalte Dusche: die Spielzeit. Ein Wochenende, dann ist man durch. Aber danach hat man nicht irgendein, sondern das innovativste Jump`n´Run seit Jahren erlebt!

Pro

witzige Figuren
coole Bosskämpfe
kooperativ spielbar
sehr gutes Level-Design
präzise Akustik-Steuerung
auch mit Controller spielbar
angenehmes Speichersystem
erfrischend neues Spielgefühl
kunterbuntes Level-Feuerwerk
Trommeln reagieren sehr präzise
ideal als Familienspiel mit Kindern
60 Hz-Modus, deutsche Bildschirmtexte
temporeich, actionreich, viel Abwechslung

Kontra

nur kurzer Spaß
einige optisch schwache Abschnitte

Wertung

GameCube

Rhythmisch, spaßig, gut: Hier erlebt man die Faszination der alten 2D-Hüpfer aus frischer Perspektive!

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