Tony Hawk's Underground 2 Remix03.09.2005, Paul Kautz
Tony Hawk's Underground 2 Remix

Im Test:

Tony Hawk's Underground 2 war vor knapp einem Jahr auf Konsole und PC keine echte Enttäuschung, aber auch kein wirklich hell glänzender Stern: zu viele Verschlimmbesserungen, zu wenig echte neue Ideen, zu bequeme Lorbeeren für Entwickler Neversoft. THUG 2 Remix ist eine fast identische Umsetzung auf die PSP – vermittelt der Handheld ein neues Spielgefühl?

Jackass-Sammelbecken

Wie üblich werdet ihr atmosphärisch gekonnt auf die Skateboard-Action eingestimmt: Das Neversoft-Logoauge wird kunstvoll aufgespießt, das mit The Doors-Musik unterlegte Introvideo fetzt und das Hauptmenü ist prallvoll: Ihr könnt einen eigenen Skater erstellen, euch dem Story-Modus zuwenden, eine Wireless-Mehrspieler-Runde drehen oder den »neuen« Klassik-Modus ausprobieren: Dahinter verbirgt sich ein interessanter Schritt in die Vergangenheit, denn er bietet euch das Spielgefühl der ersten drei Tony Hawk-Games im neuen Gewand. Das bedeutet, dass ihr klassische Aufgaben wie das Sammeln von SKATE bzw. COMBO oder das Finden des geheimen Tapes innerhalb eines Zwei-Minuten-Limits erledigen müsst. Für Nostalgiker

Im Klassik-Modus habt ihr ganz klassische Aufgaben wie das COMBO-Sammeln zu erledigen.
immer wieder eine Freude, zeigt aber speziell dieser Modus, welche Fortschritte Neversoft in Sachen Spieldesign gemacht hat. Wer es richtig Oldschool haben will, kann in den Optionen moderne Errungenschaften wie Revert, Manual oder das Laufen abschalten – zwar sind die Levels dann zum großen Teil nicht sinnvoll spielbar, aber lustig ist es allemal.

Weitaus wichtiger ist natürlich der Story-Modus. Hier dreht sich alles um einen kleinen Spaß zwischen Tony Hawk und »Jackass« Bam Margera. Die haben sich nämlich eine »World Destruction Tour« in den Kopf gesetzt, in der zwei Skater-Teams unter ihrer Fuchtel gegeneinander antreten und nebenbei die Welt ziemlich unsicher machen. Ihr landet zunächst in Tonys Team, der euch zur Auffrischung eurer Kenntnisse ins Tutorial schickt – welches übrigens im »Warehouse« aus dem allerersten Teil spielt.

Einmal um die Welt

Sitzen grundlegende Manöver wie Ollies, Fliptricks oder Grinds, geht es auch schon nach Santa Cruz, der ersten von insgesamt 13 Stationen, die euch einmal um den ganzen Globus befördern: Berlin, Barcelona oder den australischen Bondi Beach. Moment – Santa Cruz? Das ist doch neu! Genau: Entwickler Shaba Games hat, vermutlich um den Untertitel »Remix« zu rechtfertigen, vier neue Levels integriert: Atlanta, Las Vegas, Kyoto und eben Santa Cruz, die nicht nur  größtenteils hervorragend designt sind, sondern auch den von den Konsolen bekannten Storyverlauf minimal verändern. Das Spielkonzept bleibt in jedem Level dasselbe: Ihr habt einen dicken Batzen Aufgaben zu erledigen,

Die neuen Levels sind teilweise hervorragend designt.
die jeweils mehr oder weniger Punkte bringen. Habt ihr eine bestimmte Punktzahl erreicht, verkünden entweder Tony oder Bam per Handy, dass sie weiterziehen wollen – woraufhin ihr entweder sofort mitdackelt, oder weitere Missionen erledigt und später zur Reisegruppe stoßt. Die Aufgaben sind gewohnt abgefahren und haben mit klassischem Skateboarding nicht mehr viel zu tun: U.a. müsst ihr Statuen enthaupten, einen Ben Franklin-Imitator finden, Krankenhausdienst leisten, Tricks im Takt der Musik ausführen, Passanten mit Tomaten bewerfen, einen Stier befreien, Highscores an herumstehenden Spielautomaten knacken oder Mülleimer umkippen.

In jedem Level befinden sich noch ein Geheimgast sowie ein Skate-Profi, den ihr zu Beginn der Runde auswählt. Sprecht ihr beide an, werden zusätzliche Aufgaben freigeschaltet, die teilweise auch nur von der entsprechenden Person erledigt werden können – einfach den Skater wechseln und loslegen. Viele der Geheimcharaktere halten sich nicht mit dem Skateboard auf, sondern verfügen über ein verrücktes Vehikel: Steve-O (ebenfalls aus »Jackass« berüchtigt) flitzt auf einem motorisierten elektrischen Bullen dahin, ein anderer verlässt sich auf einen rasenden Rollstuhl oder ein Go-Kart. Alle Aufgaben sind von vornherein im Menü einzusehen, sobald sie freigeschaltet sind, außerdem gibt’s zu jeder Mission eine kurze Beschreibung, wie man

THUG 2 Remix bietet dem Skate-Fan jede Menge Herausforderungen und noch mehr zu entdecken.
sie am besten zu lösen hat. Allerdings darf man nicht mehr auf Knopfdruck zu der entsprechenden Location springen; außerdem lassen sich vermasselte Aufgaben nicht sofort wiederholen, sondern müssen immer komplett von vorn gestartet werden.

Hack das Board!

THUG 2 baut auf den Erweiterungen des Vorgängers auf und ergänzt diese: Nach wie vor dürft ihr vom Brett springen und zu Fuß weiterlaufen, was sich auch in einer Kombo verbinden lässt. Das haben die Designer recht oft genutzt, so dass ihr immer wieder Leitern erklettern oder an Gebäuden herumhangeln müsst. Neu ist, dass ihr (auch selbst erstellte) Graffitis versprühen dürft – was, abgesehen von einigen Aufgaben, in denen ihr Wandschmierereien übersprühen müsst, aber keinen echten Sinn hat. Leider hat sich nichts an der vermaledeiten Fußgängersteuerung geändert, die genauso zickig ist wie gehabt, und von den bekannten Kameraproblemen geplagt wird, so dass ihr die Perspektive dauernd nachkorrigieren müsst.             

Richtig neu im Vergleich zum Vorgänger sind nur zwei Dinge: Erstens der »Sticker Slap«, der im Grunde nur ein Walljump ist, bei dem ihr gleichzeitig einen Kleber an die Wand eurer Wahl pappt. Damit lassen sich auch rissige Wände zerbröseln, was neue Levelabschnitte öffnet. Hinzu kommt ist der »Fokus-Modus«: Im Grunde nichts

Im Mehrspielermodus dürfen vier Skater gegeneinander antreten.
weiter als eine grafisch ansehnlich umgesetzte Zeitlupe, die man etwas fummelig per Stups auf den Analognippel aktivieren kann, sobald die Special-Leiste gefüllt ist. Für Tony-Neulinge und kritische Manöver dennoch eine praktische Sache - schließlich lassen sich damit Tricks genauer landen, oder man hält Grinds präziser. Der »Freak Out« ist nur halb-neu, schließlich gab es ihn schon in THUG, allerdings wurde er dort zufällig gezündet: Vermasselt ihr eine aussichtsreiche Kombo, habt ihr kurz Zeit wie wild auf die Grind-Taste zu hämmern, um die Freak Out-Anzeige zu füllen. Je nachdem wie voll ihr sie kriegt, zerhackstückt euer Skater sein Board anders. Außerdem bekommt ihr so einen Teil eurer verlorenen Zähler zurück - da das Spiel allerdings kaum noch Wert auf Punktehascherei legt, spielt das im Grunde keine Rolle mehr. Und so erfreut man sich nur ein oder zwei Mal an den unterschiedlichen Wutausbrüchen, hinterher spart man sich die Zeit. Außerdem dürft ihr noch für einige Missionen mit Tomaten um euch werfen. Ihr steuert ausschließlich per Digipad, darüber hinaus ist der rechte Schulterbutton mehrfach belegt – je nach Aktion (Pipe-Übergang, Landung etc.) macht er etwas anderes, schließlich fehlen der PSP die zusätzlichen Schultertasten der PS2.

Last Skater Standing

Musstet ihr in früheren TH-Games noch umständlich Statistikpunkte sammeln, um eure Skater-Werte in die Höhe zu treiben, ist das seit THUG veraltet: Wie dort dürft ihr auch hier jederzeit eine Liste einsehen, die euch verrät, was ihr tun müsst, um z.B. höher springen oder stabilere Manuals fahren zu können. Führt ihr diese Aktionen aus, werden eure Werte automatisch erhöht. Wie gehabt dürft ihr auch extrem viel personalisieren: Der Skater-Editor ist sehr ausgefeilt, und lässt euch tausende Möglichkeiten, einen Sportler nach eurem Geschmack zu kreieren. Es gibt verschiedene Kopfformen, Haare, Stimmen,

Ihr dürft euren Skater optisch verändern und auch euer Gesicht ins Spiel bringen.
Klamotten, Schuhe, Tattoos, Rucksäcke, Mützen oder Brillen – und natürlich auch abgefahrenen Kram wie Zombie-Körper, Roboterbeine oder Clownsnasen. Ihr könnt auch euer Gesicht ins Spiel bringen, indem ihr einfach eine passende jpg-Datei auf den Memory-Stick packt und diese im Spiel einlest. Passt euer Alter Ego, könnt ihr noch eigene Strecken, Tricks oder auch Herausforderungen selber schrauben.

Im Mehrspielermodus dürft ihr bis zu vier Skater hoch gegeneinander antreten – entweder Ad-Hoc oder hierzulande auch via Infrastructure, allerdings ohne Gamesharing. Satte 13 Modi stehen zur Auswahl; neben den gängigen Varianten wie HORSE oder Slap auch zwei neue Spielarten: »Scavenger Hunt« ist im Wesentlichen ein Versteckspiel mit Münzen; »Elimiskate« dagegen ist eine Art »Last Skater Standing«: Ein Countdown läuft, wer am Ende der Zeit die wenigsten Punkte hat, fliegt raus.

Bam in Action

Optisch erwarten euch im Vergleich zu THUG keine großen Veränderungen: Das Hauptaugenmerk liegt immer noch auf den weich animierten Figuren, die jetzt allerdings weniger realistisch, dafür etwas comicmäßig überzogen dargestellt sind. Die Levels stecken voller Details und witziger Ideen, sind allerdings auch nach wie vor sehr eckig aufgebaut. Besonders gelungen sind die zahlreichen Zwischensequenzen mit all den Skate-Cracks, die nicht nur cool geschnitten, sondern teilweise auch sehr witzig sind. Allerdings ist nicht alles eitel

Die eckigen Levels sind keine Hingucker, dafür sind die Animationen der Skater umso besser.
Sonnenschein: die Ladezeiten sind sehr lang, das nahe Aufpoppen von Objekten und Personen stört zwar nicht direkt, sieht aber nicht schön aus. Außerdem zieht die Grafik bei schnellen Bewegungen immer wieder mal nach, was den Spieler kurz in Verwirrung stürzt.

Akustisch gilt schon seit einiger Zeit, dass man mit einem Tony Hawk-Game nichts falsch machen kann – und so ist es auch dieses Mal: Euch erwarten 53 Songs, die abwechslungsreicher nicht sein könnten. Eine sehr bunte Mischung aus Hip-Hop, Punk, Rock, Metal – und 60er Songs! Wer noch nie zu The Doors, Frank Sinatra oder Johnny Cash geskatet ist, kann dies hier nachholen. Ihr dürft eine eigene Trackliste zusammenstellen, und natürlich auch einzelne Songs oder gleich ganze Genres sperren. In Sachen Sprachausgabe hat Neversoft wie üblich alle Skater selbst vor die Mikros gezerrt, die speziell die Zwischensequenzen einmalig gut sprechen – aus diesem Grund gibt es auch keine deutschen Stimmen (mit Ausnahme der akzentverseuchten Passanten im Berlin-Level), sondern nur Untertitel.    

Fazit

Neues Jahr, neuer Tony? Nicht ganz. Das »Remix« im Namen ist eher ein Euphemismus – vier neue, zugegebenermaßen sehr gute Levels, der Rest entspricht exakt der großen Vorlage. Und das macht das Game zu einem Jekyll & Hyde-Hybriden: Zum einen ist THUG 2 Remix ganz klar das beste Handheld-Skatespiel - irrsinnig viele Skate-Tricks, abwechslungsreiche und herausfordernde Levels, trotz eckigem Design, Verwischproblemen und Pop-Ups immer noch ganz ansehnliche Grafik, ein grandioser Soundtrack sowie abgefahrene Aufgaben erfreuen mein Spielerherz. Auf der anderen Seite erreicht das Spiel nie die Klasse von THPS 2 oder 4, zu viele Verschlimmbesserungen (allen voran die Fahrzeuge sowie das nervende Herumgelaufe mit fürchterlicher Kamera und zickiger Steuerung) ziehen dem Gold-Award den Zahn. Für Skater-Fans mit PSP ein Muss, aber irgendwie ein leicht schmerzhaftes. Nichts Neues im Tonyland also – bewährte Qualität, die langsam etwas ausgelutscht wirkt, mit der einen oder anderen Macke, an denen Fans zurecht herummaulen dürften.

Pro

einfache Steuerung
eigene Gesichtsgrafik verwendbar
vier neue Levels
Story- und Klassikmodus
perfekte Skateboard-Steuerung
etliche Tricks
tolle Personalisierungs-Möglichkeiten
extrem umfangreich
weiche Animationen
großartiger Soundtrack
witzige Zwischensequenzen
viele versteckte Extras
drei Schwierigkeitsgrade
massig Bonusmaterial

Kontra

kaum Neuerungen zur Konsolen-Version
gelegentliche Grafikprobleme
schwache Texturen
schlechte Laufsteuerung
kein direktes Anwählen der Aufgaben mehr
eckige Levels
nur englische Sprachausgabe
unnötige Fahrzeuge
sporadische Kameraprobleme
Fokus-Modus umständlich zu aktivieren
»Freak Out« im Grunde wertlos

Wertung

PSP

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